σ-Endlichkeit

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Der Begriff der -Endlichkeit (auch -Finitheit) wird in der mathematischen Maßtheorie verwendet und liefert eine Abstufung von (messbaren) Mengen von unendlichem Maß in -endliche und nicht -endliche Mengen. Er wird aus ähnlichen Gründen eingeführt wie der Begriff der Abzählbarkeit bezüglich der Anzahl von Elementen einer Menge. Allgemein ist die σ-Endlichkeit eine Eigenschaft von Mengenfunktionen in Verbindung mit einem Mengensystem. Oftmals wird aber auf die Angabe des Mengensystems verzichtet, wenn klar ist, um welches es sich handelt.

Definition

Gegeben sei ein Mengensystem auf der Grundmenge , also . Sei

eine positive Mengenfunktion. Dann heißt die Mengenfunktion σ-endlich, wenn es eine abzählbare Folge von Mengen aus gibt, so dass

gilt und

gilt. Allgemeiner wird ein signiertes Maß σ-endlich genannt, wenn seine Variation σ-endlich ist.

Ist ein Maß und σ-endlich auf der σ-Algebra , so nennt man den Maßraum auch einen σ-endlichen Maßraum.

Anwendung

  • Nicht endliche Maße können pathologische Eigenschaften aufweisen, jedoch sind viele der häufig betrachteten Maße nicht endlich. Die Klasse der -endlichen Maße teilt mit den endlichen Maßen einige angenehme Eigenschaften, -Endlichkeit kann in dieser Hinsicht mit der Separabilität von topologischen Räumen verglichen werden. Einige Sätze der Analysis, wie der Satz von Radon-Nikodým und der Satz von Fubini, gelten zum Beispiel nicht mehr für nicht -endliche Maße (mitunter ist jedoch eine Übertragung auf allgemeinere Fälle möglich, indem man den Satz für alle -endlichen Teilräume anwendet).
  • Das Birkhoff-Integral für Banachraum-wertige Funktionen wird mit Hilfe von -endlichen Maßen definiert.

Beispiele

  • Das Zählmaß auf der Potenzmenge einer Menge ist genau dann endlich, wenn endlich ist, und genau dann -endlich, wenn abzählbar ist.
  • Das Lebesgue-Maß auf den reellen Zahlen ist nicht endlich, aber -endlich. Denn betrachtet man die Intervalle für alle ganzen Zahlen , so hat jedes Intervall das Maß 1, und ist deren Vereinigung.
  • Ist eine lokalkompakte topologische Gruppe -kompakt, so ist ihr Haarmaß -endlich.

Äquivalenz zu Wahrscheinlichkeitsmaßen

Zwei Maße und auf einem gemeinsamen Messraum heißen äquivalent, wenn sie dieselben Nullmengen besitzen. Das heißt, es gilt sowohl als auch , sie sind gegenseitig absolut stetig. Hierdurch ist tatsächlich eine Äquivalenzrelation auf Maßen erklärt. Wir nehmen im Weiteren an, die Grundmenge sei nicht leer.

Viele der Anwendungen -endlicher Maße ergeben sich nun aus dem folgenden Satz:

Jedes -endliche Maß ist äquivalent zu einem Wahrscheinlichkeitsmaß .

Die Bedeutung des Satzes liegt in der Äquivalenz zu einem endlichen Maß, selbst dann, wenn unendlich ist. Insbesondere gibt es stets eine -integrierbare Funktion , so dass für alle gilt.

Inhalte und Prämaße

Völlig analog spricht man auch auf Halbringen von -endlichen Inhalten und Prämaßen. Nach dem Maßerweiterungssatz von Carathéodory ist jedes -endliche Prämaß auf einem Halbring eindeutig zu einem Maß auf der erzeugten -Algebra fortsetzbar (ohne -Endlichkeit folgt nicht die Eindeutigkeit).

Verwandte Begriffe

Ein dem σ-endlichen Maß verwandter Begriff ist der eines moderaten Maßes. Hierbei handelt es sich um ein Borel-Maß, für dass eine abzählbare Überdeckung der Grundmenge mit offenen Mengen endlichen Maßes existiert.

Literatur