Ein Oger ist ein menschenähnlicher Unhold in Märchen, Sagen, fantastischen oder ähnlichen Erzählungen.

Der Oger aus Der kleine Däumling
Kindlifresserbrunnen in Bern, Schweiz
Shrek

Das Wort bezeichnet heute ein fiktives, menschenartiges, aber missgestaltetes Wesen, das sich in der Regel durch enorme Körpergröße und Kraft auszeichnet. „Oger“ wirken hässlich und scheuen den Kontakt mit Menschen. Sie werden meist als gewalttätig, aggressiv und eher dumm dargestellt. Auch eine Vorliebe für Menschen-, am liebsten Kinderfleisch wird ihnen zugeschrieben.

Wortherkunft und Sprachgebrauch

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Das Wort ist erst in neuerer Zeit aus dem Englischen übernommen worden, stammt aber ursprünglich aus dem Französischen. Im Deutschen gibt es keine genaue Entsprechung. Das französische Lexem ogre („Unhold, Menschenfresser“) seinerseits ist erstmals 1697 in den Märchen von Charles Perrault belegt, z. B. in dem vom Kleinen Däumling. Moritz Hartmann umschreibt es in einer Nacherzählung des Däumlings (Märchen nach Perrault, Stuttgart 1867) mit „Riese“.

Perrault hat den Begriff vermutlich von dem als Vorlage benutzten italienischen Autor Giambattista Basile (1575–1632) übernommen, bei dem es als orco erscheint. Dessen Ursprung ist vermutlich lateinisch Orcus („Gott der Unterwelt“). Orcus wurde auf Gemälden in etruskischen Gräbern als haariger, bärtiger Riese dargestellt.

Etymologisch betrachtet, ist der Oger daher vermutlich mit dem Ork verwandt, einem fiktiven Wesen nichtmenschlicher Art, das im 20. Jahrhundert unter anderem in den Erzählungen Der kleine Hobbit und Der Herr der Ringe von J. R. R. Tolkien wiederbelebt wurde.

Wegen der oben genannten Vorliebe für Menschen- bzw. Kinderfleisch wurde das französische ogre ins Deutsche meist als „Menschenfresser“ oder „Kinderfresser“ übersetzt. Letzteres ist der deutsche Titel eines Romans von Jacques Chessex. In dem Roman Zurück kommt nur der Tod von Charlie Higson heißt es, das Wort „Oger“ stamme vom Wort „Ungar“ ab.

Der Afrikaforscher Henry Hamilton Johnston spekulierte, dass die Begegnung zwischen dem aus seiner Sicht monströsen, gorillahaften Neandertaler und dem steinzeitlichen Menschen der Ursprung des Ogers in der Folklore sein könnte. Basierend darauf baute H.G. Wells in der Kurzgeschichte The Grisly Folk die Darstellung der Neandertaler als Oger und menschenfressende Giganten aus.[1] Allerdings geht die moderne Anthropologie heute davon aus, dass der Neandertaler keine enorme Körpergröße hatte, sondern etwa 150–170 cm groß war.

Der männliche Held in Theodor Fontanes 1888 erschienenem Roman Irrungen, Wirrungen wird von einem Freund scherzhaft „Oger“ (der eigenen Frau gegenüber) genannt. Der Oger lautet auch der Titel eines 1921 erschienenen Romans von Oskar Loerke. Allerdings war das Wort im deutschsprachigen Raum eher unbekannt, bis 2001 der Trickfilm Shrek – Der tollkühne Held in die Kinos kam, dessen Hauptfigur Shrek ein „Oger“ ist.

Eine besondere Abart des Ogers ist der zweiköpfige Oger (siehe auch: Ettin).

„Die Blendung des Ogers“

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Die tragenden Handlungselemente der Geschichte von Odysseus und Polyphem (u. a. „Ein Ungeheuer überprüft Tiere, die weggehen.“) sind in der Folklore vieler anderer europäischer Ethnien erkennbar, oft zusammengefasst unter dem Titel „Die Blendung des Ogers“. Wilhelm Grimm sammelte Versionen auf Serbisch, Rumänisch, Estnisch, Finnisch, Russisch und Deutsch.[2][3] Versionen auf Baskisch, Lappisch, Litauisch, Syrisch und Keltisch sind ebenfalls bekannt.[3] Als deutsche Variante des Ogerblendungs-Motivs wird die Erzählung Der Räuber und seine Söhne genannt.[4] Auf Grund der weiten Verbreitung der zentralen Handlungselemente geht die Finnische Schule von einem gemeinsamen Ursprung aus. Es wurde vermutet, dass wohl praktisch alle Versionen auf Johannes de Alta Silvas Dolopathos zurückgingen.[5] Auf Basis von insgesamt 98 Handlungselementen aus 44 verschiedenen Überlieferungen wurde dazu eine phylogenetischen Rekonstruktion, eine Methode aus der Evolutionsbiologie zur Bestimmung der genetischen Abstammung bzw. Verwandtschaftsbeziehungen, durchgeführt. Die Überlieferung in der Version der Walliser erwies sich dabei als diejenige, die einer prähistorischen, europäischen Ursprungsversion am nächsten kam.[6]

Oger im Märchen

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Darstellung in den digitalen Medien

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Die Details der verschiedenen Darstellungen von Ogern können je nach Quelle sehr unterschiedlich sein. Bestimmte Charakteristika werden ihnen aber fast immer zugeschrieben: eine stattliche Größe und enorme Stärke. Insbesondere erscheinen sie als fettleibig oder aber muskelbepackt. Ihre Kleidung ist in der Regel primitiv. Aus den Knochen ihrer Opfer fertigen sie Trophäen und Talismane, mit denen sie sowohl ihre Behausungen als auch sich selbst schmücken. Oft gibt man ihnen nicht einmal eine zivilisierte Sprache. In diesem Fall beschränkt sich ihre Kommunikation auf das Notwendigste und besteht zu einem Großteil aus Gebärden und Rufen. Ähnlich wie Riesen führen sie oft eine Keule oder andere plumpe Waffen mit sich, sind aber stark auch im waffenlosen Kampf.

Vorkommen von Ogern in Kultur und Medien

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Literatur

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  • In der Serie Gummibärenbande sind Igzorns Ungeheuer an Oger in vielen Farbvarianten angelehnt
  • In der Serie Die Schlümpfe taucht der Oger Großmaul auf.

Videospiele

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Hörspiele

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Brett- und Rollenspiele

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Sonstiges

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  • Laut einer Urban Legend gab die Lettische SSR Plaketten oder Anstecker heraus mit Lenins Konterfei und dem Namen größerer Städte des Landes, darunter auch Ogre, was in diesem Fall einen reißenden Absatz unter englischsprachigen Reisenden verursachte, bis das „Problem“ behördlicherseits entschärft wurde.
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Commons: Oger – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Charles DePaolo: Wells, Golding, and Auel: Representing the Neanderthal. In: Science Fiction Studies. Band 27, Nr. 3, S. 418–438.
  2. Wilhelm Grimm: Die Sage von Polyphem. Königl. Akad. der Wissenschaften, 1857 (google.de [abgerufen am 17. Januar 2018]).
  3. a b Robarts - University of Toronto: Pausanias's Description of Greece, tr. with a commentary by J.G. Frazer. London Macmillan, 1898 (archive.org [abgerufen am 17. Januar 2018]).
  4. Hans-Peter Naumann: Das Polyphem-Abenteuer in der altnordischen Sagaliteratur. Hrsg.: Schweizerisches Archiv für Volkskunde. Band 75, Nr. 3-4, 1979 (e-periodica.ch).
  5. Uther, Hans-Jörg: Handbuch zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Berlin 2008. S. 482–484. (de Gruyter; ISBN 978-3-11-019441-8)
  6. Julien d'Huy: Julien D’Huy. Polyphemus (Aa. Th. 1137): A phylogenetic reconstruction of a prehistoric tale. Hrsg.: Nouvelle Mythologie Comparée. Band 1, Nr. 1, 2013 (archives-ouvertes.fr).
  7. 👹 Japanese Ogre Emoji. Abgerufen am 1. Mai 2023 (englisch).