Trucksystem

historisches Vergütungssystem mit Fabrikgeld

Trucksystem (von englisch to truck ‚eintauschen‘) bezeichnet die in der Zeit des Manchester-Liberalismus aufgekommene Entlohnung von Arbeitnehmern durch Waren, die beispielsweise Lebens- und Genussmittel sein können, insbesondere die Praxis, als Arbeitgeber seine Arbeitnehmer mit Waren aus der eigenen Produktion zu entlohnen oder in Form von Gutscheinen.[1]

Veilsdorfer Kupfermarke im Wert von 3 Kreuzern, Jahr 1822

In der frühindustriellen Zeit war das Trucksystem weit verbreitet. Es wurde von Arbeitgebern häufig dazu genutzt, den Lohn in Form von minderwertigen und zu überhöhten Preisen bewerteten Waren auszuzahlen. Ein Beispiel sind die Veilsdorfer Kupfermarken, die im Jahr 1822 vom Porzellanwerk Kloster Veilsdorf in Sachsen-Hildburghausen als Fabrikgeld herausgegeben wurden.

Dagegen richten sich Regelungen in der Gesetzgebung verschiedener Staaten. Der Arbeitgeber soll seine Arbeitnehmer mit Geld bezahlen, also mit einem fungiblen Zahlungsmittel ausstatten. Das Truckverbot soll auch verhindern, dass den Arbeitnehmern das Absatzrisiko für die Waren aufgebürdet wird.[2]

In vielen Staaten, wie beispielsweise Österreich und Deutschland, ist es aber zulässig, dass ein Teil der Arbeitsvergütung als Sachbezug gewährt wird. Dieser Deputatlohn oder Rabatte auf Produkte des Arbeitgebers muss zwischen den Arbeitsvertragsparteien vereinbart sein und im Interesse des Arbeitnehmers liegen.[3][2]

Internationale Truckverbote

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In Großbritannien wurden in den Jahren 1831, 1887 und 1896 Truck Acts erlassen, die das Trucksystem einschränkten oder verboten.[4]

In Preußen wurde das Trucksystem 1849 verboten. In Deutschland wurden in den 1860er Jahren Fabrikinspektionen eingerichtet, auch um die bestehenden Verbote durchzusetzen.[5] Gemäß § 107 Gewerbeordnung ist es unzulässig, dass ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Waren gegen Ratenzahlung verkauft und die Raten dann vom Arbeitsentgelt abzieht.[1]

Das Truckverbot gilt auch im schweizerischen Arbeitsrecht nach Art. 323b Abs. 3 OR.[6]

In der Österreichisch-Ungarischen Monarchie wurde das Trucksystem 1885 mit der Novellierung (§78, a–e) der Gewerbeordnung von 1859 ungesetzlich.[3] Auf die Ausbeutung der Arbeiter mittels Trucksystem in den Lehmgruben und Produktionsbetrieben im Süden Wiens zur Zeit des Ringstraßenbaus machte insbesondere der Arzt und Mitbegründer der österreichischen Sozialdemokratie Victor Adler in seinen sozialkritischen Reportagen aufmerksam. Diese investigativen Reportagen machten das Trucksystem erstmals einer größeren Öffentlichkeit bekannt und führten zur zögerlichen Durchsetzung der Gesetzeslage.[7]

In Deutschland findet sich das Truckverbot in § 107 GewO[8].

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. a b Thomas Bartscher: Art. „Trucksystem“. In: Gabler Wirtschaftslexikon.
  2. a b Joachim Wichert: Art. „Truckverbot“. In: Gabler Wirtschaftslexikon.
  3. a b Gewerbeordnung 1859 – Gewerbliches Hilfspersonal: §78 Lohnzahlungen, Inkrafttretensdatum 1. Juni 1885, Österreichische Nationalbibliothek.
  4. George W. Hilton: The British Truck System in the Nineteenth Century. Journal of Political Economy, 65/3 (Juni 1957), S. 237–256.
    Verena Guttenberg: Schutz vor Diskriminierung im Beschäftigungsverhältnis in Großbritannien – Equality Act 2010 (= Neue Juristische Beiträge 103). Herbert Utz Verlag, München, 2015, ISBN 978-3-8316-4414-8, S. 130.
  5. Wolfram Siemann: Vom Staatenbund zum Nationalstaat: Deutschland 1806–1871 (= Neue Geschichte 7). C.H.Beck, München, 1995, ISBN 3-406-30819-8, S. 183.
    Hermann Beck: The Origins of the Authoritarian Welfare State in Prussia: Conservatives, Bureaucracy, and the Social Question, 1815–70. University of Michigan Press, 1997, ISBN 0-472-08428-3, S. 212.
  6. Der Arbeitsvertrag, SR: 220 – BG vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht).
  7. Karl R. Stadler: Victor Adler. In: Walter Pollak (Hrsg.): Tausend Jahre Österreich. Eine Biographische Chronik, Band 3: Der Parlamentarismus und die beiden Republiken. Verlag Jugend und Volk, Wien 1974, ISBN 3-7141-6523-1, S. 50–60, hier S. 57.
    Victor Adler und die Ziegelarbeiter. SPÖ Favoriten, abgerufen am 30. August 2015.
    Johannes Luxner: Viel Elend für den Glanz. orf.at, 1. Mai 2015.
  8. § 107 GewO - Einzelnorm. Abgerufen am 15. November 2017.