Emplektit
Emplektit (silbrig-grau, gestreift) mit Quarz (farblos) aus der Grube Tannenbaum bei Schwarzenberg (Erzgebirgskreis), Sachsen
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Emp[1]

Andere Namen
  • englisch Emplectite[2]
  • Hemichalcit
  • Kupferwismutglanz
  • Strahliger Wissmuthglanz[3]
  • Strahliges Wismuthkupfererz
  • Tannenit
Chemische Formel Cu1+BiS2[4][5][2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfide und Sulfosalze
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

II/D.02
II/E.04-020[6]

2.HA.05
03.07.05.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-dipyramidal; 2/m2/m2/m[7]
Raumgruppe Pnma (Nr. 62)[8]
Gitterparameter a = 6,1426(3) Å; b = 3,9189(4) Å; c = 14,5282(7) Å[8]
Formeleinheiten Z = 4[8]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2[4]
Dichte (g/cm3) gemessen: 6,38; berechnet: 6,393[4]
Spaltbarkeit vollkommen nach {010}, undeutlich nach {001}[4]
Bruch; Tenazität uneben bis muschelig[4]
Farbe zinnweiß, grauweiß bis graugelb, auf polierten Flächen auch hellgelb[6][4]
Strichfarbe schwarz[6]
Transparenz undurchsichtig (opak)[4]
Glanz Metallglanz

Emplektit (IMA-Symbol Emp[1]) ist ein relativ selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ mit der chemischen Zusammensetzung Cu1+BiS2 und damit chemisch gesehen ein Kupfer-Bismut-Sulfid, dass aber strukturell gesehen zu den Sulfosalzen gehört.

Emplektit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem und entwickelt kleine, prismatische Kristalle, die parallel der c-Achse [001] gestreift sind. Auf polierten Flächen wurden auch Zwillingsbildungen beobachtet, wobei das zugrunde liegende Zwillingsgesetz bisher unbekannt ist.[4] Das Mineral ist in jeder Form undurchsichtig (opak) und zeigt auf den Oberflächen der zinnweißen bis grauweißen oder graugelben Kristalle einen metallischen Glanz.

Etymologie und Geschichte

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Benannt wurde Emplektit nach dem altgriechischen Wort έμπλεκτος [emplektos] für „verflochten“ oder „verwoben“. Der Name verweist damit auf die Tatsache hin, dass Emplektit häufig innig verwachsen mit Quarz auftritt.[9][4]

Erstmals erwähnt wird das Mineral bereits 1817 durch Carl Josef Selb in der Beschreibung der „Wissmuth-Ordnung“ innerhalb seiner Mineraliensammlung. Seiner Feststellung nach zerfällt der „Wissmuthglanz“ in zwei Arten, einen strahligen und einen blättrigen, wobei der strahlige aus der Grube Tannenbaum zu Johann-Georgenstadt und der blättrige aus Riddarhyttan in Schweden stammt. Selb stellt zudem fest, dass es sich bei dem „strahligen Wismutglanz“ um ein Wismut-Kupfer-Sulfid handelt, dass sich deutlich vom Wismutglanz (heute: Bismuthinit) unterscheidet.[3]

Möglicherweise erhielt die Veröffentlichung von Selb nicht die erhoffte Beachtung, denn unabhängig von Selb untersuchte auch R. Schneider 1853 verschiedene Bismutminerale und stellte ebenfalls fest:

„Das an verschiedenen Orten (Schneeberg, Schwarzenberg, Johanngeorgenstadt) des sächsischen Erzgebirges unter dem Namen "Wismuthglanz" vorkommende Mineral ist bisher noch niemals Gegenstand genauer analytischer Untersuchungen gewesen; nur nach seinem äusseren Ansehen und nach der Art seines Vorkommens scheint man es ohne weiteres für identisch mit Wismuthglanz genommen zu haben.“

R. Schneider[10]

Für seine Untersuchungen erhielt Schneider von Gustav Rose ebenfalls Proben von Wismuthglanz aus der Grube Tannenbaum im Johanngeorgenstädter beziehungsweise dem Schwarzenberger Bergbaurevier. Als genaue Typlokalität gilt inzwischen der „Tannenbaumstollen (September)“ (eigentlich September mit dem Zusatz „Tannebaum“; englisch Tannebaum Mine (Wismut Shaft 98) bei Antonsthal (Breitenbrunn) im sächsischen Erzgebirgskreis.[11] Ein Aufbewahrungsort für das Typmaterial des Minerals ist allerdings nicht dokumentiert.[12]

Seinen heute gültigen Namen Emplektit (englisch Emplectite[2]) erhielt das Mineral 1855 durch Gustav Adolf Kenngott.[13] Ein Jahr zuvor hatte James Dwight Dana das Mineral zwar bereits nach dessen Typlokalität als Tannenit bezeichnet, schloss sich aber 1868 Kenngotts Benennung als Emplektit an.[10]

Da der Emplektit bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt war, wurde dies von ihrer Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen und bezeichnet den Emplektit als sogenanntes „grandfathered“ (G) Mineral.[2] Die seit 2021 ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Emplektit lautet „Emp“.[1]

Klassifikation

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Bereits in der zuletzt 1977 überarbeiteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Emplektit zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur Abteilung „Komplexe Sulfide (Sulfosalze)“, wo er gemeinsam mit Chalkostibit, Cuprobismutit und Wittichenit sowie im Anhang mit Berthierit in der „Kupferspießglanz-Gruppe“ mit der Systemnummer II/D.02 steht.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer II/E.04-020. Dies entspricht der Abteilung „Sulfosalze (S : As,Sb,Bi = x)“, wo Emplektit zusammen mit Chalkostibit, Cuprobismutit, Grundmannit, Hansblockit, Hodrušit, Kupčíkit, Pizgrischit, Příbramit und Quijarroit eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer II/E.04 bildet.[6]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[14] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Emplektit in die Abteilung „Sulfosalze mit SnS als Vorbild“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit Cu, Ag, Fe (ohne Pb)“ zu finden ist, wo es zusammen mit Chalkostibit die „Chalkostibitgruppe“ mit der Systemnummer 2.HA.05 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Emplektit die System- und Mineralnummer 03.07.05.02. Auch dies entspricht der Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort der Abteilung „Sulfosalze“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Sulfosalze mit dem Verhältnis z/y = 2 und der Zusammensetzung (A+)i(A2+)j [ByCz], A = Metalle, B = Halbmetalle, C = Nichtmetalle“ in einer unbenannten Gruppe mit der Systemnummer 03.07.05, in der auch Chalkostibit eingeordnet ist.

Kristallstruktur

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Emplektit kristallisiert in der orthorhombischen Raumgruppe Pnma (Raumgruppen-Nr. 62) mit den Gitterparametern a = 6,1426(3) Å; b = 3,9189(4) Å; c = 14,5282(7) Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[8]

Die Kristallstruktur von Emplektit besteht aus Endlosketten mit eckenteilenden trigonalen Bi2S4-Pyramiden und CuS4-Tetraedern parallel der Flächen (001) beziehungsweise senkrecht zur c-Achse [001]. Diese sind wechselseitig miteinander zu Schichten senkrecht zur c-Achse [001] verknüpft.[8]

Kristallstruktur von Emplektit
Farblegende: 0 _ Cu 0 _ Bi 0 _ S

Bildung und Fundorte

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Emplektit bildet sich Hydrothermal-Adern bei mittleren Temperaturen zusammen mit anderen Sulfiden und Sulfosalzen. Als Begleitminerale können je nach Fundort unter anderem die Sulfidminerale Chalkopyrit, Laitakarit, Mawsonit, Nekrasovit, Molybdänit, Pyrit und Sphalerit sowie verschiedene Mischkristalle aus der Reihe TetraedritTennantit und LuzonitFamatinit auftreten. Zusätzlich fanden sich weitere, gemeinsam mit Emplektit vorkommende Minerale wie unter anderem Baryt, gediegen Bismut, Calcit, Fluorit und Quarz.[4]


Als eher seltene Mineralbildung kann Emplektit an verschiedenen Orten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Weltweit sind bisher rund 290 Vorkommen für Emplektit dokumentiert.[15] [16]

Siehe auch

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Literatur

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  • O. Selb: Die oryktognostische mineralien – Sammlung des Herrn Oberbergrathes Selb. In: Karl Cäsar von Leonhard (Hrsg.): Taschenbuch für die gesammte Mineralogie mit Hinsicht auf die neuesten Entdeckungen. Band 11, 1817, S. 441–453 (rruff.info [PDF; 538 kB; abgerufen am 10. August 2024]).
  • Adolf Kenngott: Emplektit (ein neuer Wismuth-Glanz). In: Uebersicht der Resultate Mineralogischer Forschungen im Jahre 1853. T.O. Weigel, Leipzig 1855, S. 125 (rruff.info [PDF; 100 kB; abgerufen am 10. August 2024]).
  • Jan C. Portheine, W. Nowacki: Refinement of the crystal structure of emplectite, CuBiS2. In: Zeitschrift für Kristallographie. Band 141, 1975, S. 387–402 (englisch, rruff.info [PDF; 760 kB; abgerufen am 10. August 2024] mit Zusammenfassung in Deutsch).
  • M. F. Razmara, C. M. B. Henderson, R. A. D. Pattrick, A. M. T. Bell, J. M. Charnock: The crystal chemistry of the solid solution series between chalcostibite (CuSbS2) and emplectite (CuBiS2). In: Mineralogical Magazine. Band 61, 1997, S. 79–88 (englisch, rruff.info [PDF; 515 kB; abgerufen am 9. August 2024]).
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Commons: Emplectite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 16. August 2024]).
  2. a b c d Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 10. August 2024 (englisch).
  3. a b O. Selb: Die oryktognostische mineralien – Sammlung des Herrn Oberbergrathes Selb. In: Karl Cäsar von Leonhard (Hrsg.): Taschenbuch für die gesammte Mineralogie mit Hinsicht auf die neuesten Entdeckungen. Band 11, 1817, S. 441–453 (rruff.info [PDF; 538 kB; abgerufen am 10. August 2024]).
  4. a b c d e f g h i j Emplectite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 49 kB; abgerufen am 10. August 2024]).
  5. Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 128 (englisch).
  6. a b c d Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  7. David Barthelmy: Emplectite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 10. August 2024 (englisch).
  8. a b c d Jan C. Portheine, W. Nowacki: Refinement of the crystal structure of emplectite, CuBiS2. In: Zeitschrift für Kristallographie. Band 141, 1975, S. 387–402 (englisch, rruff.info [PDF; 760 kB; abgerufen am 10. August 2024] mit Zusammenfassung in Deutsch).
  9. Emplectite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 10. August 2024 (englisch).
  10. a b Thomas Witzke: Emplektit – Entdeckungsgeschichte. In: strahlen.org/tw/. Abgerufen am 10. August 2024.
  11. Typlokalität Tannenbaumstollen (September) ({enS|Tannebaum Mine (Wismut Shaft 98)}}) von Emplektit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 16. August 2024.
  12. Catalogue of Type Mineral Specimens – E. (PDF 132 kB) Commission on Museums (IMA), 9. Februar 2021, abgerufen am 10. August 2024 (Gesamtkatalog der IMA).
  13. A. Kenngott: Uebersicht der Resultate Mineralogischer Forschungen im Jahre 1853. T. O. Weigel, Leipzig 1855, S. 125, Emplektit (ein neuer Wismuth-Glanz). R. Schneider’s Kupferwismuthglanz (rruff.info [PDF; 103 kB; abgerufen am 16. August 2024]).
  14. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 10. August 2024 (englisch).
  15. Localities for Emplectite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 10. August 2024 (englisch).
  16. Fundortliste für Emplektit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 8. August 2024.