Gudrun Pausewang

deutsche Schriftstellerin

Gudrun Pausewang (* 3. März 1928 in Mladkov (Wichstadtl), Tschechoslowakei; † 23. Januar 2020 in Baunach bei Bamberg;[1][2] Ehename Gudrun Wilcke) war eine deutsche Schriftstellerin. Sie schrieb vor allem Kinder- und Jugendliteratur. Zu ihren bekanntesten Werken gehören Die Not der Familie Caldera (1977), Die letzten Kinder von Schewenborn (1983) und Die Wolke (1987). 2017 wurde Pausewang mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis für ihr Gesamtwerk ausgezeichnet.

Gudrun Pausewang 2017 bei der Preisverleihung zum Deutschen Jugendliteratur-preis, rechts Bundesministerin Katarina Barley.

Als älteste Tochter eines Landwirts und seiner Frau Elfriede wuchs Gudrun Pausewang mit fünf Geschwistern, darunter die spätere Autorin Freya Pausewang, in der Lebensreform-Siedlung Rosinkawiese bei Wichstadtl in Ostböhmen auf.[3] Eine weitere Schwester, Sieglinde Pausewang (1934–2020), war die Begründerin des Kinderhilfswerks Ayudame in Arequipa (Peru). Nach der Grundschule besuchte Gudrun Pausewang ein Mädchengymnasium. Ihr Vater fiel im Zweiten Weltkrieg, als sie 15 Jahre alt war. Nach Kriegsende floh sie mit ihrer Familie nach Westdeutschland. In Wiesbaden machte sie 1948 das Abitur, studierte am Pädagogischen Institut in Weilburg an der Lahn und unterrichtete als Grund- und Hauptschullehrerin.

Ab 1956 lehrte sie fünf Jahre an Deutschen Schulen in Chile und zweieinhalb Jahre in Venezuela. Sie bereiste in dieser Zeit Mittel-, Nord- und Südamerika, unter anderem das Amazonasgebiet, Feuerland, Peru, Bolivien, Kolumbien und Mexiko. Ende 1963 ging sie zurück nach Deutschland, studierte Germanistik und war als Lehrerin an einer Grundschule beschäftigt. Vier Jahre später ging sie mit ihrem Mann Hermann Wilcke nach Kolumbien, wo sie fünf Jahre an der Deutschen Schule Barranquilla unterrichtete. 1972 kehrte sie mit ihrem damals zweijährigen Sohn endgültig nach Deutschland zurück und lebte bis 2016 im hessischen Schlitz. Diese Kleinstadt wurde später Ort der Handlung ihrer Werke Die letzten Kinder von Schewenborn und Die Wolke. Bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1989 arbeitete sie dort als Lehrerin.[4] Einer ihrer Schüler war der spätere Journalist und Kunsthändler und ehemalige Rowohlt-Verleger Florian Illies. Ab 2016 lebte sie in einem Seniorenheim bei Bamberg.[5]

Für Die Wolke erhielt Pausewang 1988 den Deutschen Jugendliteraturpreis, 2017 erhielt sie den Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises für ihr Lebenswerk. 1998 promovierte sie an der Universität Frankfurt am Main mit ihrer Dissertation Vergessene Jugendschriftsteller der Erich-Kästner-Generation.

Gudrun Pausewang starb am 23. Januar 2020 in der Nähe von Bamberg im Alter von 91 Jahren.[6]

Während der ersten zehn Jahre ihrer Schriftstellertätigkeit schrieb Pausewang nur Bücher für Erwachsene, später auch für Kinder und Jugendliche. Sie beschäftigte sich mit Problemen der Dritten Welt, auf die sie in Südamerika aufmerksam wurde. Außerdem setzte sie sich für Frieden und Umweltschutz ein und warnte vor der Nutzung von Atomenergie und vor neonazistischen Tendenzen. 1989 ging sie als Lehrerin in den Ruhestand und widmete sich seitdem ganz dem Schreiben und Lesungen in Schulen, Büchereien und Buchhandlungen.

Pausewang veröffentlichte viele Bücher, die sich häufig um die Themen Frieden und Umweltschutz drehen und von denen mehrere mit Preisen ausgezeichnet wurden. Die Gesamtauflage ihrer Bücher betrug zum Zeitpunkt ihres Todes etwa 5 Millionen. Im Zeitgeist der Friedens- und Ökologiebewegung der 1980er-Jahre geschrieben, bezieht sie in ihren Büchern eine klare und deutliche politische Stellung. So wurden Die letzten Kinder von Schewenborn oder auch Der Aufstieg und Untergang der Insel Delfina zu Kultbüchern für die Anti-Atomkraft-Bewegung und für die Generation der Aussteiger in den frühen 80er-Jahren. Kritiker halten dagegen gerade diese Positionierung für überzeichnet und einseitig. Auch auf die Doppelbödigkeit ihrer Schilderungen ist verwiesen worden: Pausewangs Die letzten Kinder von Schewenborn erzähle „von Kindern, die nach einem Atomkrieg qualvoll sterben. Gerahmt durch die Erklärung der Autorin, politisch engagieren zu wollen, pflegt der Text zugleich eine negative Beziehung zur Leserschaft: Die Brutalität der Schilderungen wütet gegen die Welt der durch die ‚Gnade der späten Geburt‘ Verschonten.“[7]

Seit Anfang der 1990er-Jahre schrieb Pausewang auch eine Reihe von Jugendbüchern zum Thema Nationalsozialismus, den sie als Jugendliche selbst erlebt und gelebt hatte, darunter 1997 auch eine Biographie des jungen Hitler.[8]

Unter ihren Romanen und Kurzgeschichten befinden sich auch einige heitere Texte, wie etwa Aufstieg und Untergang der Insel Delfina oder Roller und Rosenkranz.

Die vier erfolgreichsten Bücher Pausewangs sind:

In dem Roman Die Wolke beschreibt die Autorin die Erlebnisse eines Strahlenopfers nach einem Super-GAU in einem deutschen Kernkraftwerk. Der Roman wurde nach der Verfilmung im Jahr 2006 ihr auflagenstärkstes Werk. Ausgehend von der Nuklearkatastrophe von Fukushima thematisierte Pausewang später erneut die Risiken der Nukleartechnologie in ihrem Roman Noch lange danach (2012).

Literarische Werke

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Ehrungen und Auszeichnungen

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Literatur

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  • Uwe Jahnke: Gudrun Pausewang: Leben und Werk (= Ravensburger Taschenbuch, Band 58352). Ravensburger, Ravensburg 2010, ISBN 978-3-473-58352-2.
  • Peter Morris-Keitel: „Hoffnung im Überfluß.“ Über die Erfahrbarkeit einer anderen Welt im Werk Gudrun Pausewangs. In: The German Quarterly 67, 1994. S. 391–401.
  • Celia Ndzala-Ballesteros: Gudrun Pausewang, Die letzten Kinder von Schewenborn. Johannes Diekhans (Hrsg.) (= Schöningh-Schulbuch. Band 22299; Einfach Deutsch; Unterrichtsmodell). Schöningh, Paderborn 1999, ISBN 3-506-22299-6.
  • Franz-Josef Payrhuber: Bekannte Autoren – beeindruckende Bücher. Was Lehrerinnen und Lehrer über Kinder- und Jugendbücher wissen und wie sie mit ihnen umgehen. In: Kurt Franz (Hrsg.): Blickpunkt: Autor. (= Schriftenreihe der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur Volkach e.V. Band 20) Schneider-Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler 1996, ISBN 3-87116-495-X, S. 58–78.
  • Jessica Rödl: Praxis Lesen: z. B. Gudrun Pausewang. AOL-Verlag, Lichtenau 2003, ISBN 3-89111-654-3.
  • Wilhelm Roer: Ein Buch macht Schule: „Die letzten Kinder von Schewenborn“. Dokumentation von Projekttagen zu diesem Buch und Darstellung des politischen Lernprozesses von Schülern, Eltern, Lehrern und Schulaufsicht. AOL-Verlag, Lichtenau 1986, ISBN 3-923478-18-6.
  • Gabriele Runge (Hrsg.): Über Gudrun Pausewang (= Ravensburger Taschenbücher, Band 4000; Jeans). Maier, Ravensburg 1991, ISBN 3-473-54000-5.
  • Rüdiger Steinlein: Auschwitz und die Probleme narrativ-fiiktionaler Darstellung der Judenverfolgung als Herausforderung der gegenwärtigen Kinder- und Jugendliteratur. Gudrun Pausewangs Holocausterzählung „Reise im August“. In: Petra Josting (Hrsg.): Bücher haben ihre Geschichte. Kinder- und Jugendliteratur, Literatur und Nationalsozialismus, Deutschdidaktik. Norbert Hopster zum 60. Geburtstag. Olms, Hildesheim u. a. 1996, ISBN 3-487-10226-9. S. 177–191.
  • Susan Tebbutt: Gudrun Pausewang in context. Socially critical „Jugendliteratur“, Gudrun Pausewang and the search for utopia. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1, Deutsche Sprache und Literatur; Band 1489) Peter Lang, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-631-47845-3.
  • Kati Tonkin: From 'Sudetendeutsche' to 'Adlergebirgler': Gudrun Pausewang’s „Rosinkawiese“ Trilogy. In: David Rock, Stefan Wolff (Hrsg.): Coming Home to Germany? The Integration of Ethnic Germans from Central and Eastern Europe in the Federal Republic. Berghahn Books, New York/Oxford 2002, ISBN 1-57181-718-2, S. 199–212.
  • Jenny Willner: Die letzten Zombies von Schewenborn. Gudrun Pausewang und die enigmatischen Signifikanten der Friedensbewegung. In: The Germanic Review: Literature, Culture, Theory. Vol. 96:2, 2021: Schuld in the Anthropocene, S. 177–194. doi:10.1080/00168890.2021.1897776
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Commons: Gudrun Pausewang – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Gudrun Pausewang mit 91 Jahren gestorben. In: Bote der Urschweiz. 24. Januar 2020, abgerufen am 23. März 2020.
  2. Personen - Deutschsprachige Literatur - Goethe-Institut Russland. Abgerufen am 18. Januar 2024.
  3. Bernd Wedemeyer-Kolwe: Aufbruch. Die Lebensreform in Deutschland. Philipp von Zabern/WBG, Darmstadt 2017, ISBN 978-3-8053-5067-9, S. 30, 144 ff.
  4. Die Frau hinter der Wolke. Interview mit Gudrun Pausewang, jetzt.de, 26. Februar 2006
  5. Nordwest-Zeitung: Autoren: Sie schrieb das Buch zur Katastrophe. 1. März 2018, abgerufen am 13. Dezember 2019.
  6. „Die Wolke“-Autorin ist tot, stuttgarter-zeitung.de, 24. Januar 2020
  7. Jenny Willner: Die letzten Zombies von Schewenborn. Gudrun Pausewang und die enigmatischen Signifikanten der Friedensbewegung. In: The Germanic Review: Literature, Culture, Theory. Band 96, Nr. 2, 3. April 2021, ISSN 0016-8890, S. 177–194, doi:10.1080/00168890.2021.1897776 (tandfonline.com [abgerufen am 23. Oktober 2021]).
  8. „Die Wolke“-Autorin Gudrun Pausewang gestorben, deutschlandfunk.de, erschienen und abgerufen am 24. Januar 2020.
  9. Dissertation, veröffentlicht unter dem Namen Gudrun Wilcke. Erschienen bei Peter Lang, Frankfurt am Main, ISBN 3-631-34588-7.
  10. Pausewang, Gudrun (Memento vom 12. August 2018 im Internet Archive), Eintrag beim Hessischen Literaturrat, abgerufen am 12. August 2018.
  11. Frankfurter Buchmesse. Jugendliteraturpreis vergeben. Sonderpreis für Gudrun Pausewang, Stuttgarter Nachrichten, 13. Oktober 2017.