Assimilation (Kolonialismus)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 16. Oktober 2011 um 22:35 Uhr durch Roxanna (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Als Politik der Assimilation wurde der Versuch Frankreichs und Portugals bezeichnet, in ihren afrikanischen Kolonialgebieten durch Vernichtung der Stammestraditionen und durch Europäisierung eine kooperationswillige Elite heranzubilden.[1][2] Diese kolonialistische Sonderform der Assimilierung scheiterte.

Koloniale Assimilationspolitik der Franzosen

"So [kolonisiert] der Franzose",
Detail einer rassistischen Karikatur der französischen Assimilationspolitik im Simplicissimus 1904

Die Idee, durch die Einbeziehung in den kolonialen Verwaltungsapparat Minderheiten für eine Zusammenarbeit zu gewinnen, wurde erstmals 1885 von Arthur Girault formuliert. Dazu gehörte es, unterworfenen Afrikanern nicht nur gewisse staatsbürgerliche Rechte zu gewähren, sondern sie so auch z.B. zum Militärdienst zu verpflichten. Im Zusammenhang mit der Rekrutierung afrikanischer Soldaten wurde daher 1916 die Bewohnern vier senegalesischer Städte zu vollberechtigten Staatsbürgern erklärt. Aus diesen Städten wurde dann z.B. Blaise Diagne in die französische Nationalversammlung nach Paris entsandt. Das 1924 verabschiedete Gesetz über das indigénat (Eingeborenenstatut) unterschied zwischen Assimilierten (Assimilées) und Eingeborenen (Indigènes). Assmilierte konnten beispielsweise Grundbesitz erwerben und unterstanden nicht mehr der von den Behörden angeordneten Pflicht zu "öffentlicher Arbeit".[3]

Nicht aus dem Senegal stammende Bewohner mußten für den Erwerb der Bürgerrechte Militärdienst und Dienst in den Kolonialbehörden leisten sowie eine französische Schulbildung, ein Vermögen und französische (christliche) Lebensweise vorweisen, wurden aber auch dann nicht vollwertige Staatsbürger.[4] Einige aber machten aber sogar Karriere in den Kolonialbehörden, Félix Éboué beispielsweise wurde Gouverneur des Tschad.

Da die Assimilierungspolitik von französischer Schulbildung abhing ging und diese wiederum oft auf christlichen Missionsschulen basierte, war sie im überwiegend muslimischen Nord- und Westafrika weniger erfolgreich als in Äquatorial- und Zentralafrika. Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ sich die bisherige Kolonialpolitik jedoch nicht mehr aufrechterhalten. Mit der durch die Französische Union gewährten Staatsbürgerrechte an alle Bewohner der Kolonien wurde 1946 auch das Indigénat abgeschafft, das Konzept der Assimilation wurde damit hinfällig.

Koloniale Assimilationspolitik der Portugiesen

Die portugiesische Assimilationspolitik war zunächst dem französischen Vorbild entlehnt. Bereits 1921 hatte Portugal ein Eingeborenenstatut (Estatuto do indígena) erlassen. Nur wer die portugiesische Sprache in Wort und Schrift beherrschte, die christliche Religion annahm, Militärdienst geleistet hatte sowie Eigentum oder Einkommen nachweisen konnte, war als Assimilado von der Zwangsarbeit befreit und konnte in die untersten Kolonialbehörden eingebunden werden. Der Anteil der Assimilados an der Bevolkerung blieb minimal. In Angola, das am längsten unter portugiesischer Kolonialherrschaft gestanden hatte (faktisch seit der Christianisierung des Königreichs Kongo um 1500), lag der Anteil 1950 mit 0,77% am höchsten.[1]

Nach dem Scheitern der französischen Assimilationspolitik schuf zwar auch Portugal 1954 den Assimilado-Status, die Zwangsarbeit und 1961 das Eingeborenstatus ab, nur jedoch um nun zwischen "Zivilisierten" und "Nichtzivilisierten" zu unterscheiden. Allein die Goa-Katholiken und die Nachkommen portugiesischer Einwanderer auf den Kapverden erhielten volle Bürgerrechte. Statt des Prinzips der Assimilierung sah sich Portugal nun durch die Ideologie des Lusotropikalismus zur Zivilisierung der Afrikaner auserkoren.

Stärker noch als in den französischen Kolonien, wo die Assimilierungspolitik zumindest in Westafrika lediglich keine ausreichende Loyalität gegenüber der Kolonialmacht hervorbringen konnte, schlug sie in den portugiesischen Kolonien sogar ins Gegenteil um. Gerade die wenigen Assimilados stellten sich an die Spitze der Unabhängigkeitsbewegungen.[5]

Einzelnachweise

  1. a b Mährdel, Seiten 150-154
  2. Hermann Kinder, Werner Hilgemann: dtv-Atlas zur Weltgeschichte, Band 2, Seite 457. München 1996
  3. Märdel, Seite 130ff
  4. Loth, Seite 166f
  5. Mährdel, 253ff

Literatur

  • Heinrich Loth: Geschichte Afrikas - Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Teil 2 (Afrika unter imperialistischer Kolonialherrschaft und die Formierung der antikolonialen Kräfte 1884-1945), Seiten 166ff. Akademie-Verlag Berlin 1976
  • Christian Mährdel: Geschichte Afrikas - Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Teil 3 (Afrika vom zweiten Weltkrieg bis zum Zusammenbruch des imperialistischen Kolonialsystems), Seiten 130ff, 150-154 und 253ff. Akademie-Verlag Berlin 1983

Siehe auch