Benutzer:Peter in s/Baustelle 2

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Unter der 4. Reinigungsstufe versteht man einen zusätzlichen Reinigungsschritt in der Klärtechnik, um Spurenstoffe zu eliminieren.

Problemstellung

Es werden eine große Zahl von Chemikalien durch den Menschen an die Umwelt abgegeben. Einige davon haben ökotoxische Eigenschaften. In einigen Fällen ist die Chemikalie selber zwar nicht ökotoxisch, aber deren Abbauprodukte. Dieser Umstand ist bereits seit langem bekannt. Bei Untersuchungen der Gewässerqualität in europäischen Flüssen durch das Helmholzzentrum für Umweltforschung wurden 610 Chemikalien, deren Vorkommen oder problematische Wirkung bekannt sind, genauer betrachtet und analysiert, ob und wenn ja in welchen Konzentrationen sie in den Fließgewässern Europas vorkommen. Dabei ergab die Auswertung von 445 Proben aus insgesamt 22 Flüssen: Die Forschenden konnten insgesamt 504 der 610 Chemikalien nachweisen. Insgesamt fanden sie 229 Pestizide und Biozide, 175 pharmazeutische Chemikalien sowie Tenside, Kunststoff- und Gummizusätze, Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) und Korrosionsinhibitoren. In 40 Prozent der Proben wiesen sie bis zu 50 chemische Substanzen nach, in weiteren 41 Prozent zwischen 51 und 100 Chemikalien. In 4 Proben konnten sie sogar mehr als 200 organische Mikroschadstoffe belegen. Mit 241 Chemikalien stellten sie die meisten Substanzen in einer Wasserprobe der Donau fest.[1]

Gesetzgebung

In der EU

Bis lang ist der die 4. Reinigungsstufe in der EU noch nicht verpflichtend. Im Oktober 2022 legte Die EU-Kommission einen Entwurf zur Überarbeitung kommunalen Abwasserrichtlinie vor.[2] Am 29. Januar 2024 einigten sich der EU-Rat und das EU-Parlament vorläufig auf eine Novellierung der kommunalen Abwasserrichtlinie 91/271/EWG von 1991. Diese wurde im Anschluss im Trilog-Verfahren verhandelt.[3] Am 10. April 2024 verabschiedete das EU-Parlament die novellierte Kommunalabwasserrichtlinie. Sie muss nun noch formell vom EU-Rat angenommen werden um in Kraft zu treten.[2]

Die Novellierung sieht vor, dass neben strengeren Einleitwerten für Stickstoff und Phosphor, persistenten Spurenstoffe zumindest zu Teil abgetrennt werden müssen. Dabei werden mindestens 80% der Investitionen und der Betriebskosten für die 4. Reinigungsstufe nach dem Verursacherprinzip an die Pharma- und Kosmetikindustrie weitergegeben. Außerdem soll der Sektor der kommunalen Abwasserbehandlung bis 2045 energieneutral sein und die Emission von Mikroplastik unterbunden werden.[4][5]

In der Schweiz

Zeitliche Umsetzung

Die Umsetzung der Rahmenrichtlinien, je nach Größe der Kläranlage, zeitlich bis 2045 gestaffelt:

Zielvorgaben

Es gibt unterschiedliche Listen, auf denen schwer abbaubare ökotoxiksche Spurenstoffe aufgeführt sind. Neben der KARL-List der kommunalen Abwasserrichtlinie, die mit der Schweizer Liste identisch ist, gibt es noch die KomS-Liste des Kompetenzzentrum Spurenstoffe Baden-Württemberg.

Die KomS-Liste:[6]

Techniken

Es gibt eine Vielzahl von möglichen Techniken, die gegebenen Falles die Vorgaben erfüllen könnten. Bislang haben sich drei Techniken, zwei mit Aktivkohle und eine mittels Ozon, als wegweisend herausgestellt. Es gibt auch Ansätze die die verschiedenen Technologien kombinieren.

Aktivkohle

Ozonbehandlung

Aktuelle Situation

In der BRD

Bisher wurden verschiedene Techniken vor allem in Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen umgesetzt. In NRW sind Stand Mai 2024, 22 der insgesamt rund 600 kommunalen Kläranlagen mit einer 4. Reinigungsstufe ausgestattet. Zehn weitere befinden sich im Bau und 17 in der konkreten Planung. NRW hat 43 Kläranlagen Einzugsbereich von mehr als 150.000 Einwohnern.[7] In BW sind Stand April 2024, 30 Kläranlagen mit einer 4. Reinigungsstufe ausgebaut. 31 Weitere befinden sich in der Planung oder im Bau.[8] Da der Bodensee Europas größtes Trinkwasserreservoir darstellt, ist die Zusammenarbeit der vier angrenzenden Länder von entscheidender Bedeutung. Bereits 80 % des Abwassers im Bodenseekreis wird in Anlagen geklärt, die mit einer 4. Reinigungsstufe ausgestattet sind.[9]

In Östereich

In der Schweiz

In der Schweiz wird bereits deutlich länger an der Umsetzung einer 4. Reinigungsstufe gearbeitet. Entsprechend sind bereits viele Kläranlagen damit ausgestattet.

Einzelnachweise

  1. UFZ - Kartierung der chemischen Fußabdrücke in europäischen Flüssen, 07. März 2024, abgerufen am 6. Juli 2024
  2. a b [1]
  3. [2]
  4. [3]
  5. [4]
  6. KomS-Liste des Kompetenzzentrum Spurenstoffe Baden-Württemberg, 07. Februar 2023, abgerufen am 6. Juli 2024
  7. ZfK - NRW rüstet 43 Kläranlagen mit vierter Reinigungsstufe aus, vom 23. Mai 2024, abgerufen am 6. Juli 2024
  8. Kompetenzzentrum Spurenstoffe Baden-Württemberg - Kläranlagenausbau in Baden-Württemberg – Aktueller Stand, abgerufen am 6. Juli 2024
  9. CSC - KomS Technolgieforum Spurenstoffe 2024, abgerufen am 6. Juli 2024