Geschichte von Bosnien und Herzegowina

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Altertum und Frühes Mittelalter

Die Illyrer

Die Illyrer waren die frühesten Bewohner des Gebiets des heutigen Bosnien und Herzegowina, über die historische Informationen vorliegen. Sie sprachen eine dem heutigen Albanisch verwandte indoeuropäische Sprache. Archäologische Forschungen haben gezeigt, dass diese Stämme vor allem von der Zucht von Schafen, Schweinen und Ziegen lebten. Andere Stämme, auf die die Römer stießen, als sie im ersten und zweiten Jahrhundert vor Christus ihr Einflussgebiet von der Adriaküste ins Hinterland ausdehnten, waren die Skordisker im Nordosten Bosniens und die Daesitates in Mittelbosnien. Deren letzter Aufstand gegen das Römische Reich wurde im Jahr 9 n.Chr. niedergeschlagen.

Die Römer

Seitdem unterstanden alle illyrischen Gebiete römischer Herrschaft, und es entstand ein Netz von römischen Straßen und Siedlungen, darunter einigen wohlhabenden Handelsstädten. In Ostbosnien wurden bereits damals Gold, Silber und Blei abgebaut. Das karge und gebirgige Gebiet war zudem ein wichtiges Transitland zwischen Adria und Donauraum. Bosnien gehörte überwiegend zur römischen Provinz Dalmatia, nur der Nordteil zu Pannonien. Von der römischen Präsenz zeugen heute noch viele Ausgrabungsstücke und Befestigungsanlagen. Als gemeinsame Sprache der neuen Siedler, die aus den verschiedenen Teilen des römischen Weltreichs einwanderten, war das Lateinische vermutlich weit verbreitet.

Germanische Goten

Die folgenden Invasoren waren germanische Goten, die im 3. Jahrhundert plündernd in die römischen Balkanprovinzen einfielen, bis sie zu Beginn des 6. Jahrhunderts von Kaiser Justinian I. vertrieben wurden. Im 4. und 5. Jahrhundert erschienen zudem asiatische Hunnen und iranische Alanen, im 6. Jahrhundert Awaren und Slawen. Letztere behielten schließlich die Oberhand und gründeten Siedlungen. Um 620 waren sie vermutlich auch in den größten Teil Bosniens vorgedrungen. Innerhalb weniger Jahre erschienen dann zwei neue slawische Stämme: Kroaten und Serben. Sie waren nach Ansicht der meisten Forscher slawische Stämme mit einer iranischen Herrscherkaste oder ursprünglich iranische Stämme, die slawische Untertanen gewonnen hatten (vgl. Sarmaten).

Die Serben

Die Serben besiedelten ein Gebiet, das etwa dem heutigen Südwestserbien entspricht und erweiterten ihre Herrschaft über Duklje/Dioclea (Montenegro) und Hum/Zachumlje (Herzegowina). Die Kroaten siedelten in Gebieten, die ungefähr dem heutigen Kroatien entsprechen, dazu dem größten Teil Bosniens. Die ansässige slawische Bevölkerung war nach dem überlieferten Stammessystem organisiert: Familien/Großfamilien, Sippen, Stämme (Plemena). Oberhaupt eines Stammes war der Župan. Sie verehrten Götter wie Veles und Perun/Pirun/Pir. Seit dem 7. Jahrhundert gab es Versuche, von den dalmatinischen Küstenstädten aus die Kroaten zu christianisieren.

Die Geschichte zwischen dem 7. und dem 11. Jahrhundert ist durch eine Reihe von Eroberungen und wechselnden Loyalitäten gekennzeichnet. Das oströmische Reich war zwar die älteste in der Region etablierte Staatsmacht, konnte seine Autorität aber nur zeitweise und örtlich begrenzt ausüben, am stärksten noch in den Küstenstädten und Inseln Dalmatiens. Im späten 8. und frühen 9. Jahrhundert wurde Nordkroatien mit einem großen Teil Nord- und Nordwestbosniens von den Franken Karls des Großen erobert. Vermutlich wandelte sich in dieser Zeit das alte Stammessystem zu einer westeuropäisch geprägten Form des Feudalismus. In der heutigen Herzegowina und in Montenegro waren Territorien unter serbischer Herrschaft entstanden. Zu Beginn des 10. Jahrhunderts schloss der kroatische König Tomislav Nord- und Nordwestbosnien in sein Reich ein. Nach seinem Tod wurde der größte Teil Bosniens von einem vorübergehend mächtigen serbischen Fürstentum annektiert, das die Oberherrschaft des byzantinischen Kaiserreichs anerkannte. Aus dieser Zeit stammt die erste überlieferte Erwähnung Bosniens als eines gesonderten Territoriums, kleiner als das heutige Bosnien. In der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts fiel das Gebiet wieder unter kroatische Herrschaft. Im 11. Jahrhundert wurde es wechselnd mal von einem kroatischen Gouverneur, mal von serbischen Herrschern regiert, die wiederum Byzanz unterstanden. Im Süden des eigentlichen Bosnien widersetzten sich serbische Fürsten stärker der byzantinischen Herrschaft; dort entstand ein serbisches Königreich, das sich zunächst auf das serbische Territorium Raška ausweitete und ab den 1080er Jahren unter König Konstantin Bodin den größten Teil Bosniens einschloss.

Mittelalter und osmanische Zeit

Burg in der Nähe des Ortes Srebrenik. Sie ist eines der ältesten Bauwerke Bosnien und Herzegowinas und spielte bei der Verteidigung gegen osmanische Angriffe im Mittelalter eine grosse Rolle.

Nach der Einwanderung der Slawen im 6. und 7. Jahrhundert war Bosnien weiterhin meist eine von Byzanz abhängige Provinz mit lokalen Fürsten. Der Begriff Bosnien taucht erstmals um das 10. Jahrhundert auf, allerdings bezieht er sich hier nur auf das Kernland am Oberlauf der Bosna, siehe Karte. In den Jahren 1154 bis 1463 war es meist ein selbstständiges Fürstentum bzw. später Königreich. Das wohl wichtigste Jahr in der gemeinsamen Geschichte von Kroatien und Bosnien ist 1102. In diesem Jahr ging Kroatien, da der letzte kroatische Köning Zvonimir 1089 verstarb, der mit einer ungarischen Prinzessin verheiratet war, durch fehlende Nachkommenschaft eine Personaluninon mit Ungarn ein. So konnte sich in der schwer zugänglichen Berglandschaft um den Fluss Bosna, ein am Anfang kleines Fürstentum entwickeln, das später schnell in ein grösseres unabhängiges Königreich entwickelte. Die Bevölkerung, wie auch der vor allem kroatische Adel war grösstenteils katholisch, daneben gab es noch die kleine bosnische Kirche und in östlichen Randgebieten ortodoxe Bevölkerung.

1463 wurde Sarajewo von den Osmanen eingenommen. Nach mehreren Jahren des Krieges fielen auch die letzten Städte im Süden, so das die letzte Königin Katarina Kosac(a-Kotromanic' ins Exil gehen musste. Am 25. Oktober 1478 starb sie in Rom. Sie wurde durch einen Venezianischen Auftragsmörder erstochen. Bosnien wurde damit zu einem osmanischen Wilajet (Provinz).

Infolge der Reconquista in Spanien siedelten sich von dort vertriebene sephardische Juden in Bosnien an, da sie von den Osmanen nicht verfolgt wurden.

Bosnien und die Herzegowina (Rama) vor den osmanischen Eroberungen

Mit der Rückeroberung Südungarns und Slawoniens durch Prinz Eugen wurde das Land zur Grenzzone. Österreichische Truppen versuchten mehrmals, auch unter anderem mit überflüssigen Söldnerherren aus anderen Kriegen, auch Bosnien zu erobern, was aber scheiterte, so dass sich die Savegrenze stabilisieren konnte. Allerdings zerstörte Prinz Eugen bei einem Feldzug Sarajewo. In den Gebieten um Bihac' und entlang der Save wurden Befestigungen und Wehrdörfer eingerichtet. In diesem Grenzgebiet wurden auch Serben (als Vlachen bezeichnet) angesiedelt.

1878 wurde Bosnien österreichisch-ungarischer Verwaltung unterstellt (Kondominium), während es bis 1908 formell weiterhin dem Sultan unterstand. In dieser Zeit wurde der Begriff Bosnien-Herzegowina (Bosna i Hercegovina) geprägt.

Der mittelalterliche Staat Bosnien war zum grossen Teil katholisch. Zeitweilig war die aus Bulgarien kommende Bogomilen-Bewegung, hier auch als bosnische Kirche bekannt stark. Sie konnte sich in Bosnien länger halten als in Bulgarien selbst. Die slawischen Bosnier haben sich sowohl dem katholischen wie auch dem byzantinischen Glauben verweigert und stattdessen nach der osmanischen Besetzung lieber den Islam angenommen (Bogomilen). Die Osmanen hatten eine relative Religionsfreiheit, Adel der bestehen bleiben wollte oder Bauern die besseres Land oder ähnliche Privilegien haben wollten, mussten jedoch den Glauben aufgeben und zum Islam wechseln. In bestimmten Gebieten, wie die Hercegovina, mit Bevölkerung die nicht den Glauben wechselte, wurde auch später die Kindessteuer eingeführt, wo den Familien jedes 5 Kind geraubt und diese dann ausführlich geschult und zu Elite Kämpfern und Anführern an Sultans Hof ausgebildet wurden.

Zeittafel

Österreichisch-ungarische Zeit

  • 1878 sprach der Berliner Kongreß Österreich-Ungarn die türkischen Provinzen Bosnien, die Herzegowina sowie den Sandschak von Novipazar zur Verwaltung zu. Die Verwaltung wurde vom k.u.k. Finanzministerium ausgeübt. Dies alles geschah in Einvernehmen mit dem Sultan, welcher formal noch bis 1908 (Annexion) Regent war. In österreichischer Zeit beginnt die industrielle Ausbeutung der Bodenschätze und Wälder Bosnien-Herzegowinas, wobei jedoch mit Augenmaß vorgegangen wurde (Aufforstungsprojekte und dergl.) Wichtige Eisenbahnlinien und Fernstraßen werden errichtet.

Siehe auch: Bosnische Annexionskrise

Jugoslawische Zeit

Bosnien-Herzegowina während des 2. Weltkrieges

Jugoslawien war während des Zweiten Weltkriegs Schauplatz mehrerer miteinander verwobener Kriege: des von Deutschland und Italien gegen Jugoslawien geführten Krieges, der Kriegsanstrengungen der "Achse" gegen die Alliierten, des Krieges der Besatzungsmächte gegen jugoslawische Widerstandsbewegungen, des Bürgerkriegs kroatischer Extremisten gegen die serbische Bevölkerung in Kroatien und Bosnien und des Kriegs der wichtigsten Widerstandsbewegungen (Tschetniks und kommunistische Partisanen) gegeneinander. (siehe auch: Jugoslawischer Bürgerkrieg)

Insgesamt wurden in Jugoslawien während dieser Zeit mindestens eine Million Menschen getötet; darunter waren wahrscheinlich die Mehrzahl von Jugoslawen getötete Jugoslawen.

Nach dem Überfall auf Jugoslawien am 6. April 1941 hatten die Achsenmächte unter Führung Deutschlands am 10. April den "Unabhängigen Staat Kroatien" (Nezavisna država Hrvatska, NDH) proklamiert. Der war entgegen seiner Bezeichnung alles andere als unabhängig. Er umfasste ganz Bosnien und die Herzegowina und wurde in eine deutsche und eine italienische Einflusszone eingeteilt. Die Trennungslinie verlief diagonal durch Bosnien. Der Ustascha-Führer Ante Pavelić wurde aufgefordert, diesen "Staat" als Poglavnik ("Führer") zu regieren.

Am 16. April 1941 marschierten deutsche Truppen in Sarajevo ein und verwüsteten die dortigen Synagogen. Im Juni begann die Masseninternierung von Juden. Nach Kriegsende schätzte man, dass von 14.000 Juden in Bosnien fast 12.000 getötet worden waren. Einheimische waren daran beteiligt. Das Hauptziel der Ustascha-Bewegung war jedoch, die große serbische Minderheit (1,9 von insgesamt 6,3 Millionen Einwohnern) zu vertreiben. Terrorakte gegen Serben begannen im Mai 1941 und weiteten sich in den folgenden Monaten aus, mindestens mehrere hundert Serben wurden dabei ermordet. Im Juni 1941 vertrieben daraufhin serbische Bauern in der Region Nevesinje die Ustascha-Milizen und etablierten für kurze Zeit ein "befreites Gebiet". Dann wandten sie sich gegen kroatische und muslimische Dorfbewohner, die sie als Kollaborateure ansahen. Im Bezirk Bileća im Süden der Herzegowina wurden mehr als 600 Muslime umgebracht, im Juli/August weitere rund 500 in der Gegend um Višegrad. Tausende von bosnischen Serben schlossen sich einer der organisierten Widerstandsbewegungen an. Diese hatten jedoch unterschiedliche Merkmale und Ziele, so dass der beginnende Bürgerkrieg zwischen Tschetniks und kommunistischen Partisanen schon im Oktober 1941 sichtbar war. Ein Aspekt ihrer Konkurrenz war auch ihre Haltung gegenüber den Muslimen und dem Status Bosniens. Einige führende Tschetniks waren fanatische serbische Nationalisten, die Bosnien, Dalmatien, Montenegro, Teile Kroatiens, Slawonien und Nordalbanien Serbien zuschlagen wollten. Stevan Moljević, ab 1943 politischer Leiter der Bewegung, schrieb im Februar 1942, dass dann „die Säuberung des Landes von allen nichtserbischen Elementen“ folgen müsse. Die Haltung der Kommunisten war während des Krieges vieldeutig und widersprüchlich. Milovan Djilas legte einen Plan vor, nach dem Bosnien autonome Provinz, aber keine „Nationalrepublik“ werden sollte.

Beide Widerstandsbewegungen kämpften gegen die Achsenmächte, häufiger aber gegeneinander. Tito war Ende 1941 aus Serbien in die Region Foča in Bosnien geflohen. Im Sommer 1942 marschierte er mit seinen Partisanen nach Nordwesten in die Gegend um Bihać. Anfang 1943 beschloss die deutsche Führung, Titos Truppen von dort zu vertreiben. Sie wollte die Kontrolle über das wichtige Hinterland verstärken, weil sie befürchtete, die Alliierten könnten an der Küste Dalmatiens landen. Aus dem gleichen Grund plante sie eine Offensive gegen Tschetniks in der Herzegowina und in Montenegro. Der Tschetnik-Führer Draža Mihailović wollte seinerseits die Partisanen vertreiben, um einem raschen Vormarsch der Alliierten landeinwärts zur Vereinigung mit seinen eigenen Truppen den Weg frei zu machen. Tito befürchtete dagegen, dass eine alliierte Besetzung die Wiedereinsetzung des jugoslawischen Königs bedeuten würde und erklärte der deutschen Seite seine Bereitschaft, gemeinsam mit deren in Kroatien stehenden Divisionen gegen die an Land gesetzten Truppen der Westmächte vorzugehen.

Solche widerstreitenden Interessen führten 1943 zu wechselnden taktischen Bündnissen. Letztlich wurden die Partisanen Anfang 1943 in Richtung Herzegowina zurückgedrängt. Tito hatte aber ohnehin den Plan, dort und in Montenegro gegen Tschetnik-Truppen vorzugehen.

Im Mai 1943 entwaffneten deutsche Truppen auch mehrere Tausend montenegrinische Tschetniks. Anschließend wandten sie sich gegen die Partisanen und schlossen sie auf dem Berg Durmitor in Nordmontenegro fast ein. In heftigen Auseinandersetzungen durchbrachen die Partisanen jedoch den Ring und zogen durch Südostbosnien westwärts. Schließlich errichtete Tito sein Hauptquartier im Bezirk Jajce.

Berichte von britischen Offizieren, die die Partisanen besucht hatten, veranlassten die Allierten, ihre Unterstützung von Mihailović abzuziehen und Tito zuzuwenden. Dessen Partisanen gewannen einen weiteren Vorteil gegenüber den Tschetniks, als ihnen nach der Kapitulation der italienischen Armee im September 1943 große Mengen an Ausrüstung in die Hände fielen. Nun begannen Tschetnik-Kommandeure erstmals, direkt mit der deutschen Seite zu kollaborieren.

Die alliierte Unterstützung Titos wurde 1944 verstärkt; außerdem gewann Tito kroatische und muslimische Kämpfer, die nach dem allgemeinen Zusammenbruch der Ustascha-Herrschaft unzufrieden waren. Aber auch weitere Serben schlossen sich den Partisanen an. Im Sommer 1944 begann der Rückzug der deutschen Besatzer. Tito bekam neue Waffenvorräte geschickt, um diesen Abzug zu verhindern, zielte aber viel mehr auf die Vollendung seines Sieges im Bürgerkrieg. Ende des Jahres hatten sowjetische und verbündete bulgarische Streitkräfte den Osten des Landes zu einem großen Teil eingenommen. Am 6. April 1945 befreiten Titos Partisanen Sarajevo. Innerhalb weniger Wochen kontrollierten sie ganz Bosnien. Am 28. April wurde eine „Volksregierung“ eingesetzt.

Die Bosnier selbst waren auf unterschiedliche Weise an den Kämpfen in den Jahren 1941 bis 1945 beteiligt. Eine Minderheit der bosnischen Kroaten unterstützte aktiv die Ustascha. Die Mehrheit begrüßte zunächst die Ausrufung des NDH, wurde aber zunehmend desillusioniert und schloss sich 1943/44 in großer Zahl den Partisanen an. Die bosnischen Serben gerieten schnell in Opposition zum Ustaschastaat und zu den Besatzungsmächten. Sie schlossen sich teilweise den Partisanen an, aber auch den Tschetniks. Am unübersichtlichsten war die Situation der bosnischen Muslime. Ante Pavelić hatte ihnen wenige Tage nach Beginn seiner "Amtszeit" Schul- und Religionsautonomie zugesagt und versichert, sie könnten sich "frei, gleichberechtigt und zufrieden fühlen". Elf frühere Politiker der Jugoslawischen Muslimischen Organisation wurden aufgefordert, in das Zagreber Pseudoparlament einzutreten. Die zugesagte Rechtssicherheit ging aber im NDH schnell verloren; schon im Sommer und Herbst 1941 protestierten muslimische Geistliche öffentlich an vielen Orten vor allem gegen die Gewalt gegen Juden und Serben. Die Gewalttaten serbischer Dorfbewohner, besonders in der Herzegowina, gegen Muslime, machten es diesen aber unmöglich, sich dem serbischen Widerstand gegen die Ustascha anzuschließen. An anderen Orten hatten Tschetniks und andere serbische Streitkräfte im Winter 1941/42, im Sommer 1942 und im Februar 1943 Tausende von Muslimen getötet. Einige Muslime traten den Ustaschamilizen bei; eine größere Zahl schloss sich Titos Partisanen an. Die erste muslimische Partisaneneinheit, die Mujina četa, wurde ab August 1941 aufgestellt. Im Laufe des Jahres 1942 entstanden weitere muslimische Einheiten, im Dezember die 8. Regionale (Muslimische) Brigade.

Insgesamt blieb die Zahl muslimischer Rekruten zunächst jedoch relativ klein. Es gab auch Muslime, die sich für eine Kooperation mit Tschetniks einsetzten. Im Dezember 1943 wurde geschätzt, dass bis zu acht Prozent der Soldaten Mihailovićs Muslime seien. Zeitweise stellten Muslime lokale eigene Einheiten auf, die z.T. als „grüne Kader“ bekannt wurden. Im Oktober 1942 gab es eine „Muslimische Freiwilligenlegion“ von rund 4000 Mann, die direkt mit der deutschen Seite zu verhandeln versuchte. Eine ähnliche Truppe, die im Sommer 1943 in der Region Cazin entstand, brachte es auf acht Bataillone. Viele muslimische politische Führer sahen in einer Art Autonomie für Bosnien die einzige Lösung. Aus dieser Haltung entstand das berühmte „Memorandum“ bosnischer Muslime an Hitler vom November 1942. Abgesehen davon, dass sie sich der „gotischen Abstammung“ rühmten, beschwerten sich die Autoren bitterlich über die Morde der Ustascha an Muslimen, forderten einen Stop dieser Aktivitäten und baten um die Genehmigung, die muslimische Freiwilligenlegion zu vergrößern. Sie wären im Gegenzug bereit, diese direkter deutscher Kontrolle zu unterstellen. Die Forderung nach einer Autonomie Bosniens war für die deutsche Führung mit Rücksicht auf ihre Verbindungen nach Zagreb nicht annehmbar. An der Rekrutierung weiterer Soldaten hatte sie jedoch starkes Interesse. Gegen heftige Einwände aus Zagreb wurde 1943 die SS-Division Handschar gegründet. Bosnische SS-Einheiten kämpften auf Seiten der deutschen SS und der Ustascha gegen Serben, Juden und Roma, die in den Partisanen-Verbänden kämpften. Zudem wurden Gräueltaten gegenüber der Zivilbevölkerung ausgeübt, so im Frühjahr und Sommer 1944 in Nord- und Ostbosnien (Tuzla, Gradačac, Brčko, Bijeljina und Zvornik) mit Hunderten, vielleicht Tausenden Opfern.

Krieg in Bosnien-Herzegowina 1992 bis 1995

Datei:Croatia corps boundaries Jan 95.jpg
Territoriale Kräfteverteilung in Kroatien und Bosnien und Herzegowina vor der Militäroperation Oluja. Januar 1995.
Politische Gliederung (Dayton 1995)

Siehe auch

Bosnien, Herzegowina, Geschichte Jugoslawiens, Internationale Konflikte der Nachfolgestaaten Jugoslawiens.

Literatur

  • Agilolf Kesselring (Hrsg., im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamts): Wegweiser zur Geschichte. Bosnien-Herzegowina. Paderborn: Ferdinand Schöningh 2005 ISBN 3-506-72976-4
  • Noel Malcolm: Bosnia. A Short History, London 1994 (deutsch: Geschichte Bosniens, S. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1996, ISBN 3-10-029202-2)
  • Holm Sundhaussen: Geschichte Jugoslawiens 1918-1980, Stuttgart 1982