Militärfahrzeug

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Willys MB (1943)
MB Zetros 2733 (6×6)

Militärfahrzeuge englisch military vehicle sind Fahrzeuge, die von Streitkräften zur Erfüllung ihrer Aufgaben verwendet werden. Dies können Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge sein. Meist werden militärische Landfahrzeuge als Synonym mit Militärfahrzeugen betrachtet. Kennzeichnend für Militärfahrzeuge sind technische Modifikationen und/oder Beschaffungsvorgänge. Definitionsgemäß werden Dual-Use-Gerätschaften wie Fahrzeuge nicht allein bedingt durch die militärische Nutzung zu Material der Wehrtechnik. Für den militärischen Gebrauch erfolgt die Beschaffung dieser Gerätschaften nach militärischen Auftragsvorgaben oder mittels Konterbande von entsprechend geeigneten Fahrzeugen. Technicals und provisorisch/feldmäßig ohne offizielle Ordonanz militärische Belange adaptierte Fahrzeuge sind ein Graubereich der Militärfahrzeuge, wobei meist die Eignung als Miltiärfahrzeug gegeben ist. Allein eine nachträglich aufgebrachte Lackierung macht noch kein Militärfahrzeug. Dagegen ist die offizielle Bestellung des Militärs für mehrere Fahrzeuge nach militärischen Farbvorgaben ein Indiz. Meist werden bei solchen Bestellungen neben der Farbgebung zusätzlich Details wie zu Halterungen oder weiteren technischen Vorgaben oder Ausstattungsdetails geregelt.

Definition

Als militärische Fahrzeuge sind die Fahrzeuge zu bezeichnen, welche den Streitkräften einer Nation dazu dienen die gestellten militärischen Aufgaben zu erfüllen. Sie schließen alle Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge gleichermaßen ein, wenn sie in militärischen Handlungen zum Einsatz kommen. Dabei ist zu beachten, dass nicht jedes Fahrzeug, welches von den Streitkräften einer Nation genutzt wird oder wurde, bereits durch die Nutzung zum Militärfahrzeug wird. Es ist für Militärfahrzeuge üblich, deren Eigenschaften von zu beschreiben. Dazu werden in unterschiedlichste Dokumentenformaten verfasst: Normen wie STANAG, Beobachtungs- und Forschungsberichte, Dienstvorschriften, Anleitungen, Auftragsvorgaben und so weiter.[1] Darunter ist eine Fülle von Dokumenten bekannt, die im Kern folgende Sachverhalte zu den Anforderungen von Militärfahrzeugen abdecken.

Es gelten für offizielle Militärfahrzeug als Kennzeichen:

  • grundsätzlich für militärische Zwecke geeignet
  • in militärischer Weise eingesetzt bzw. hierfür umgebaut
  • optisch als Militärfahrzeug eindeutig erkennbar gemacht
  • technisch nicht vollständig identisch mit zivilen Fahrzeugen

Darüber hinaus können weitere Spezifikationen für Land- Luft- und Wasserfahrzeuge bekannt sein:

In modernen Armeen oder bei den rückwärtigen Einheiten der vergangenen Konflikte wurden und werden in großem Umfang Fahrzeuge von den Streitkräften zu militärischen Zwecken verwendet, die ursprünglich dem zivilen Dual-Use-Bereich entstammen, jedoch in diesen Fällen nur durch spezielle Umbauten als Technicals vorübergehend zu Militärfahrzeugen werden und ansonsten weiterhin als klassische Fahrzeuge anzusehen sind.

Ein Militärfahrzeug mit offizieller Ordonanz wird in der Regel in Serie, zumindest in einer Kleinserie, gefertigt. Militärische Prototypen sind naturgemäß solche Fahrzeuge, die vor der Einführung der Serienproduktion hergestellt worden sind. Fahrzeugprototypen für militärische Entwicklungen, die mit Eigen- oder Fremdantrieb bewegt werden können, sind je nach Nähe zu den späteren geplanten Militärfahrzeugen fallweise als Militärfahrzeug anzusehen. Standmodelle oder Funktionsgruppen sind keine Fahrzeuge.

Keine Militärfahrzeuge sind Geräte, Waffen, Waffenstationen, Waffencontainer etc., die zum Zweck der Mobilisierung verlastbar oder rollfähig konzipiert worden sind, deren Hauptzweck jedoch nicht der Transport von Gegenständen, Waffen oder Personen zu Einsatzorten sind. Munition, Geschosse, Raketen, nicht motorisierte Geschütze, Lenkflugkörper etc. sind keine Fahrzeuge; Lafettenwagen wie Protzem oder Selbstfahrlafetten dagegen schon.

Geschichte

Die Entwicklung des Militärfahrzeugs beginnt mit dem Einsatz von Schiffen. Überliefert ist der Kampf einer Flussflotte zwischen den ägyptischen Städten Theben und Memphis um 2200 v. Chr. zu Zeiten des Alten Reiches. Eine militärische Nutzung des Rades begann wohl erst mit der Sintaschta-Kultur in der Bronzezeit um 2100–1800 v. Chr. Erst mit dem Beginn der der Metallverarbeitung dürfte eine ausreichende Stabilität des Rades für eine solche Nutzung möglich geworden sein. Die Sintaschta-Leute betrieben intensiven Kupferbergbau und bedeutende Bronzeherstellung[3]. In Gräbern der Kultur wurden Reste von mindestens 30 der frühesten Streitwagen identifiziert[4][5][6].

Bis kurz vor Beginn der Motorisierung stellen Kriegsschiffe den größten Teil der Militärfahrzeuge. Die ersten typischen Kriegsschiffe wurden von den Griechen, Persern und Phöniziern gebaut. Es waren Langschiffe, die später zu Galeeren mit Rammsporn weiterentwickelt wurden. Es folgte eine lange Zeit, in der die Schifffahrt von Wind und Segel abhängig war. Erst im 19. Jahrhundert mit der Erfindung der Dampfmaschine wurden Metallpanzerungen möglich.

Bei den Landfahrzeugen kam um das 18. Jahrhundert das Erfordernis auf, ein Heer mit eigenen organisierten Versorgungseinheiten zu versehen. Die ersten standardisierten Versorgungs- und Transportfahrzeuge, also ersten Militärfahrzeuge, wurden unter dem Begriff des Train gefasst. Geschütze wurde beispielsweise mit Hilfe von einer standardisierten Protze (nach Definition dann auch ein Militärfahrzeug) bewegt, die auch Munition mitführen konnte.

Die Ära der militärischen Luftfahrzeuge beginnt mit dem Einsatz von Ballonen als Beobachtungsplattform, zeitlich folgten Zeppeline und leichte Flugzeuge mit Stoffbespannung als Aufklärer und später als Jagdflugzeuge und Bomber.

Durch die Erfindung des Verbrennungsmotors wurden in den Armeen aller Länder nichtmotorisierte Fahrzeuge vom motorisierten verdrängt. Die Motorisierung begann insbesondere mit der Verwendung des Lkw als Transportmittel für Truppen, Artillerie und Material bei den Landfahrzeugen, und des Motorbootes bzw. Kriegsschiffes bei den Wasserfahrzeugen, sowie den Transportflugzeugen, Kampfhubschraubern, Aufklärern und bei den Luftfahrzeugen, mitsamt deren maritimen Trägerplattform dem Flugzeugträger. In der nächsten Entwicklungsstufe kamen Düsenantriebe für Kampfjets und andere Flugzeuge. Mit den Luftkissenfahrzeugen wurden Militärfahrzeuge entwickelt, die sowohl an Land als auch im Wasser einsetzbar sind.

Unter den nichtmotorisierten Fahrzeugen befand sich auch bereits der Schlitten zur Bergung der Verwundeten / Gefallenen, aber auch zum Transport von Gütern. Auch hier wurden durch den Motor in Form der Aerosani eine Weiterentwicklung erreicht. Abgelöst wurden diese durch Schneekettenfahrzeuge.

Heute bilden Landfahrzeuge (KFZ) das Gros der militärischen Fahrzeuge innerhalb einer jeden Streitkraft.

Farbgebung

Bis ins 19. Jahrhundert waren Militärfahrzeuge oft einheitlich mit einer bestimmten Farbe angestrichen, um die Zugehörigkeit zu einer Kriegspartei kenntlich zu machen. Erst mit dem Ersten Weltkrieg gewann das Thema Tarnung an Bedeutung, dies wurde durch weitreichende Artillerie und Luftaufklärung bedingt. Heute hilft dieser Aspekt bei der Unterscheidung von Militärfahrzeugen und nicht militärischen Fahrzeuge im Dienst der Streitkräfte. Bei der Bundeswehr wird die Fahrgebung der Militärfahrzeuge unter anderem mit den Richtlinien „BAAINBw TL A-0003 (kampfstoffbeständig STANAG 4360“ und „TL 8010-0002“) vorgegeben.[7]

Entwicklung von militärischen Landfahrzeugen

Um die Fahrzeuge den zugedachten Aufgaben anzupassen, haben diese, soweit erforderlich, verstärkte Fahrgestelle zum Schutz vor Landminen oder anderen Sprengfallen, Allradantrieb und Geländegetriebe. Aus Kostengründen werden jedoch nach Möglichkeit Serienkomponenten aus der zivilen Fahrzeugproduktion verwendet. Zusätzlich zur üblichen Fahrzeugbeleuchtung können Tarnlichter vorhanden sein, die nur eine schwache Lichtausbeute haben.

Umgekehrt werden speziell entwickelte Fahrzeuge später auch als zivile Fahrzeuge für Sonderaufgaben verwendet, z. B. bei Einsatzfahrzeugen und beim Straßenkontrolldienst von Zoll oder Bundesamt für Güterverkehr.

Seit dem Ersten Weltkrieg werden spezielle Kampffahrzeuge entwickelt, insbesondere Kampfpanzer.

Der Schell-Plan diente im Zweiter Weltkrieg zur Standardisierung der Militärfahrzeugproduktion.

Aktuell lässt sich feststellen das moderne Armeen 4 Arten von Kampfplattformen im Inventar halten oder zuführen.

  • Kettenpanzerfahrzeuge bis 60 Tonnen zulässiger Gesamtmasse
  • Radpanzer bis zu 36 Tonnen
  • Mraps bis zu 12 Tonnen
  • Angriffsfahrzeuge bis 6 Tonnen

Typenklassen militärischer Landfahrzeuge

  • Panzer
  • Pionierfahrzeuge
  • Selbstfahrlafetten
  • Amphibische Fahrzeuge
  • Spähwagen / Aufklärungsfahrzeuge
  • Geländefahrzeuge (Lkw- und Pkw)
  • Panzerzüge
  • Sanitätsfahrzeuge

Abbildungen

Siehe auch

Literatur

  • Herman Frobenius: Militärlexikon. Handwörterbuch der Militärwissenschaften. Verlag von Martin Oldenbourg, Berlin 1901 (Online – Internet Archive).
  • R. Germershausen, E. Schaub et al.: Waffentechnisches Taschenbuch. Hrsg.: Rheinmetall. 3. Auflage. Düsseldorf 1977, OCLC 664599417.
  • E. Hartmann: Kriegstechnische Zeitschrift. Organ der kriegstechnischen Entdeckungen auf allen militärischen Gebieten. Ernst Siegfried Mittler & Sohn, Berlin 1898 (Online – Internet Archive).
  • Adolf Kellenberger: Vom Stein zur Atombombe : Ein Einblick in die Wehrtechnik und Militärgeschichte der europäisch-atlantischen Welt. 1. Auflage. BoD, Norderstedt 2022, ISBN 978-3-7504-8745-1.
  • Bernhard von Poten: Handwörterbuch der gesamten Militärwissenschaften. Enzyklopädie in 9 Bänden 1877–1880. Velhagen & Klasing, Bielefeld und Leipzig 1866 (Online-Auswahl).
  • Wilhelm Rüstow: Militärisches Hand-Wörterbuch. 1 1858, von Aa bis L, Band 2 1859 von M bis Z. Friedrich Schultheß, Zürich 1858 (Band 1 Band 2).
Commons: Militärfahrzeuge – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Militärfahrzeug – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Zum aktuellem Stand geschützter Radfahrzeuge der Bundeswehr - hardthoehenkurier.de (Memento vom 16. Juli 2014 im Internet Archive)
  2. E. Hartmann: Kriegstechnische Zeitschrift. Organ der kriegstechnischen Entdeckungen auf allen militärischen Gebieten. Ernst Siegfried Mittler & Sohn, Berlin 1898, S. 85–89 (Online – Internet Archive).
  3. Hanks, Linduff (Hrsg.): Social Complexity in Prehistoric Eurasia. Monuments, Metals and Mobility. 2009.
  4. Kuznetsov: The emergence of Bronze Age chariots in eastern Europe. In: Antiquity. Bd. 80, Nr. 309, 2006, S. 638–645
  5. Stefan Burmeister, Peter Raulwing: Festgefahren. Die Kontroverse um den Ursprung des Streitwagens. Einige Anmerkungen zu Forschung, Quellen und Methodik. In: Peter Anreiter, Eszter Bánffy, László Bartosiewicz, Wolfgang Meid, Carola Metzner-Nebelsick (Hrsg.): Archaeological, Cultural and Linguistic Heritag. Festschrift for Erzsébet Jerem in Honour of her 70th Birthday (= Archaeolingua. 25). Archaeolingua Alapítvány, Budapest 2012, ISBN 978-963-9911-28-4, S. 93–113, (Rezension: Katharina Rebay-Salisbury, in: European Journal of Archaeology. Band 16, Nr. 3, 2013, S. 569–573, doi:10.1179/146195713X13721616775719).
  6. Hans J. J. G. Holm: The Earliest Wheel Finds, their Archaeology and Indo-European Terminology in Time and Space, and Early Migrations around the Caucasus (= Archaeolingua. Series minor. 43). Archaeolingua Alapítvány, Budapest 2019, ISBN 978-615-5766-30-5.
  7. BW-Farben, Technisches Merkblatt zur TL 8010 0002. militaerlacke.de, abgerufen am 16. Dezember 2022.