Schubkarre

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Moderne Schubkarre
Alte Schubkarre

Eine Schubkarre (in der Schweiz auch Garette oder Karette[1], in Österreich auch Scheibtruhe[2]) ist ein Hilfsmittel zum Transport von Schüttgütern und anderen Lasten durch eine Person.

Karrette bezeichnet auch ein schmalspuriges Gefährt der Gebirgstruppen.[3]

Geschichte

Antikes Griechenland

Die Schubkarre wurde im antiken Griechenland erfunden.[4] Zwei Bauinventurlisten aus Eleusis von 408-407 und 407-406 v. Chr. führen „ein Kasten für ein einrädiges Fahrzeug (hyperteria monokyklou)“ auf. Da 'dikyklos' und 'tetrakyklos' im antiken Griechenland nichts anderes als ein 'zweirädiges Fahrzeug' und 'vierrädiges Fahrzeug' bezeichneten, und da der Kasten des einrädigen Fahrzeug in der Liste zwischen einem Kasten für ein vierrädiges Fahrzeug einerseits und seinen vier Rädern andererseits auftaucht, muss mit dem einrädigen Fahrzeug eine Schubkarre gemeint sein, die notwendigerweise von einer Person benutzt und ausbalanciert wurde. Es gibt jedoch keine weiteren Hinweise auf den Gebrauch von Schubkarren im antiken Griechenland.

China

Alte chinesische Schubkarre

Im Kaiserreich China wurden zweirädrige Schubkarren zum Transport von Verletzten bereits im 2. Jahrhundert verwendet. Erfunden durch Chuko Liang (181–234). Die Verlagerung des Rades unter die Karre in den Schwerpunkt scheint in China schon lange üblich gewesen zu sein, wobei relativ große Räder verwendet wurden und die Last links und rechts neben dem Rad befestigt wurde (also keine Mulde, sondern im Prinzip zwei Bretter mit einem Rad dazwischen).

Mittelalter

Die Schubkarre tauchte im mittelalterlichen Europa zwischen 1170 und 1250 auf.

Mittelalterliche Schubkarrentypen

Im Gegensatz zu chinesischen Schubkarren, deren Rad zentral unter der Transportfläche lag, besaßen Schubkarren im Mittelalter das Rad durchweg vorne oder fast vorne.[5][6] Alte Abbildungen deuten darauf hin, dass sich die europäische Schubkarre möglicherweise aus der Trage entwickelt hat, bei der der vordere Träger durch ein Rad ersetzt wurde. Dies würde auch die völlig unterschiedliche Konstruktion gegenüber der dem Karren ähnlicheren chinesischen Schubkarre erklären, sowie die Mulde.

Die Erforschung der frühen Geschichte der Schubkarre wird durch das Fehlen einer gemeinsamen Terminologie erschwert. Der englische Wissenschaftshistoriker M. J. T. Lewis hat in englischen und französischen Quellen vier Erwähnungen von Schubkarren zwischen 1172 und 1222 ausgemacht, bei denen dreimal ein anderer Begriff verwendet wurde.[7] Der Kunsthistoriker Andrea Matthies datiert die erste urkundliche Erwähnung der Schubkarre auf einen Kaufvertrag einiger Schubkarren für ein Werk des Königs von England in Dover 1222.[8] Die erste Darstellung erscheint in einem englischen Manuskript (Vitae Offarum) des Matthäus von Paris um 1250.[9]

Bis zum 13. Jahrhundert hatte sich die Schubkarre im Baugewerbe, im Bergbau und bei der Landwirtschaft etabliert. Nach der Anzahl der erhaltenen Dokumenten und Illustrationen zu urteilen, blieb die Schubkarre jedoch bis zum 15. Jhd. relativ selten.[10] Ihr Gebrauch schien überdies auf England, Frankreich und die Niederlande beschränkt zu sein.[11]

Neuzeit

Schubkarren in Europa sind bis Ende des 19. Jahrhunderts in der Regel aus Holz, doch schon 1822 gab es in England komplett eiserne Schubkarren (Loudon, Encyclopaedia of Gardening, 1822, S. 332).

Schubkarre

Eine Lastkarre (Pferde gehen in der Gabeldeichsel) könnte Vorbild für die Verlagerung der Räder unter (oder näher an) den Schwerpunkt gewesen sein. Etwa seit den 1950er Jahren gibt es Schubkarren mit Luftbereifung und Blechwannen aus einem Stück.

Beim Arbeiten mit der Schubkarre ist es sinnvoll, die Last überwiegend über dem Rad zu lagern (vollzuschaufeln), um den Benutzer zu entlasten. Beim Arbeiten in unebenem, morastigem Gelände kann es sinnvoll sein, das Rad zu entlasten. In diesem Fall sollte die Last näher zu den Haltebügeln platziert werden. Alternativ kann man den Reifenluftdruck verringern, um mehr Auflagefläche für den Reifen zu erhalten. Zum Transport über größere Entfernungen eignet sich ein Handwagen besser.

Werte für eine typische Schubkarre:

Traglast: 50 kg
Volumen: 80 l
Größe der Mulde (B x L Mulde): 640 x 840 mm

Schubkarre als Sportgerät

  • Im angelsächsischen Raum wird ein (leerer) Schubkarren auch als Gerät zum Durchführen von Kunststücken verwendet (wheelbarrow freestyle).
  • Weiterhin gibt es das Kinderspiel Schubkarre. Dabei hält ein Partner die Füße des anderen fest. Der Festgehaltene läuft nun auf seinen Händen. Das Spiel wird oft als Wettbewerb zwischen verschiedenen Schubkarren gespielt.
  • Im sächsischen Bischofswerda findet während der Schiebocker Tage die Weltmeisterschaft im Schiebockrennen (Schubkarrenrennen) statt.
  • In den bayerischen Orten Prüfening und Sinzing bei Regensburg gilt die Schubkarre (dort bekannt als Ravern) als Ziel, um Wurfgeräte Torgel beim Ravernsport aus verschiedenen Distanzen in der Mulde zu versenken.

Verschiedene Ausführungen

Zweirädrige Schubkarre: „Japaner“

Zweiräderige Kippmulden, meist mit einer wasserdicht verschweißten Mulde, deren Inhalt 100 bis 250 Liter betragen kann, nennt man auch Japaner oder Kipp-Japaner. Hiervon werden auch motorisierte Ausführungen angeboten, die aufgrund von Gewicht und Antriebskraft auch für andere Zwecke wie Schneeräumen oder Kehren umgerüstet werden können.

Literatur

  • M. J. T. Lewis: The Origins of the Wheelbarrow. In: Technology and Culture. Bd. 35, Nr. 3. (Juli 1994), S. 453–475
  • Andrea L. Matthies: The Medieval Wheelbarrow. In: Technology and Culture. Bd. 32, Nr. 2, Teil 1. (April 1991), S. 356–364
Commons: Schubkarre – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. http://www.dict.cc/deutsch-englisch/Garette+%5Bauch+Karette%5D+%5Bschweiz+Schubkarre%5D.html
  2. http://www.ostarrichi.org/wort-531-at-Scheibtruhe.html
  3. Duden, Die deutsche Rechtschreibung 1996.
  4. M. J. T. Lewis, S. 470 ff.
  5. M. J. T. Lewis, S. 453-475
  6. Matthew Paris: Life of SS Alban and Amphibalus [1]
  7. M. J. T. Lewis, S. 463
  8. Andrea L. Matthies, S. 357
  9. Andrea L. Matthies, S. 358.
    Die oft geäußerte Ansicht, dass eine Schubkarre in einem Kirchenfenster in der Kathedrale von Chartres kurz nach 1200 (um 1220) zu sehen ist, ist nach Lewis „eine Legende. Es gibt keine solche Abbildung, das ähnlichste ist eine Handkarre“, M. J. T. Lewis, S. 463)
  10. M. J. T. Lewis, S. 456
  11. Andrea L. Matthies, S. 358

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