Philipps-Universität Marburg

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Philipps-Universität Marburg
Mensa auf den Lahnbergen
Daten und Fakten
Präsident: Prof. Dr. Volker Nienhaus
Kanzler: Dr. Friedhelm Nonne
Gründungsdatum: 1. Juli 1527
Ort: Marburg
Trägerschaft: Bundesland Hessen
Semesterbeitrag: 219,10 € inkl. Semesterticket
und Verwaltungskostenbeitrag
(SS 2006)
Studiengebühren: noch keine, bei
Überschreitung der
Regelstudienzeit
um mehr als 4 Semester
500-900 € pro Semester,
ab WS 2007 500 Euro
pro Semester, u.a. für
Ausländer und
Masterstudiengänge
1500 Euro pro Semester
Fachbereiche: 17 + katholisch-
theologisches Seminar
Studiengänge: ca. 160
immatrikulierte Studenten: 19.000 (WS 2005)
Mitarbeiter: ca. 3.400
Universitätsbibliothek: 13 Teil- und ca. 100
dezentrale Bibliotheken
Buchbestand: ca. 1,9 Mio.
Anschrift des Präsidiums: Biegenstrasse 10
D-35032 Marburg
Tel. +49 6421 28-20
Fax +49 6421 28-22500
Offizielle Website: www.uni-marburg.de
Offizielle E-Mail: E-Mail

Die Philipps-Universität (historisch: Alma Mater Philippina) in Marburg wurde im Jahre 1527 von Landgraf Philipp dem Großmütigen als protestantische Hochschule gegründet. Sie gehört heute mit rund 19.000 Studierenden zu den mittelgroßen deutschen Universitäten und hat in mehreren Fachbereichen (Medizin, Jura, Chemie etc.) Renommee als besonders drittmittel- und forschungsstark.

Geschichte

Am 1. Juli 1527 gründete Landgraf Philipp die Universität, der damals elf Professoren und 84 Studenten angehörten. Die Hochschule nutzte zunächst in erster Linie die vorhandenen Klostereinrichtungen der Dominikaner, Franziskaner und Kugelherren. Zwei Jahre später war die Universität Schauplatz der Marburger Religionsgespräche zwischen Martin Luther, Ulrich Zwingli und Philipp Melanchthon. Im Jahr 1541 erhielt der Landgraf von Kaiser Karl V. das Universitätsprivileg.

In der Zeit von 1580 bis 1628 war der damals äußerst bekannte Rudolf Goclenius d. Ä. Professor für Philosophie, Logik und Ethik an der Philipps-Universität. Er versuchte, wie zahlreiche andere Professoren seiner Zeit, Melanchthons Philosophie mit der von Petrus Ramus zu verbinden. 1609 wurde Johannes Hartmann (Hartmanni) zum Professor für Chymiatrie berufen und erhielt damit den weltweit ersten pharmazeutisch-medizinisch orientierten Chemie-Lehrstuhl.

Als Landgraf Moritz zum Calvinismus übertrat, nahm die Universität ebenfalls das reformierte Bekenntnis an (und behielt es bis zum Ende der konfessionellen Ausrichtung 1866), was viele lutherische Professoren an die neu gegründete Gießener Universität vertrieb. Als 1624 Marburg vorübergehend an das lutherische Hessen-Darmstadt fiel, wurde die Universität von 1625 bis 1649 mit der Gießener Universität vereinigt und danach geschlossen.

Datei:Seal of University of Marburg.png
Siegel der Universität
Alte Universität
Alte Universität, Detail
Geisteswissenschaften und UB
Geisteswissenschaften (Philfak)
Universitätsbibliothek
Hörsaalgebäude
Biomed. Forschungszentrum
Marburger Student um 1700

Am 24. Juni 1653 wurde die Universität durch Wilhelm VI. (Hessen-Kassel) wiedereröffnet, der den Universitätsstandort des Landes wieder von Kassel nach Marburg verlegte. Die Hochschule erlebte danach wegen der Konfessionalisierung und Finanzknappheit schwere Jahre. 1866 wurde die Philipps-Universität mit der Annexion Hessens durch Preußen königlich preußische Universität mit 264 Studenten (davon 22 Nicht-Hessen) und 51 Professoren.

Nach der Übernahme durch Preußen bis zum Ersten Weltkrieg wurde die Universität allmählich ausgebaut. Bedingt durch die Grundstückssituation und das Bestreben, geeignete Gebäude in Staatsbesitz zu nutzen, bleiben die Einrichtungen der Hochschule über die Stadt verteilt, was - im Gegensatz zur Campus-Universität anglo-amerikanischer Prägung - auch viele Vorteile für Stadt und Universität hat (vgl. Bochum, Bielefeld, Konstanz).

1880 waren 500 Studenten eingeschrieben, und 1887 stieg die Studentenzahl erstmals auf 1.000. Bis 1909 verdoppelte sie sich wiederum. 1908 wurden die ersten Frauen zum Studium zugelassen, und im Jubiläumsjahr 1927 war die Zahl von 3.000 Immatrikulierten erreicht. Ab 1931 (4.387) erlebte die Studentenzahl - auf Grund geburtenschwacher Jahrgänge, ab 1933 aber auch auf Grund nationalsozialistischer Reglementierung (Beschränkung des Frauenstudiums, Vorschalten von Pflichtdiensten wie Reichsarbeitsdienst und Militärdienst vor die Immatrikulation) - einen deutlichen Einbruch.

Historisch gab es zahlreiche prominente Universitäts-Angehörige.

Der Machtübernahme der Nazis im Jahre 1933 folgte die Amtsenthebung Wilhelm Röpkes und seine Emigration in die Türkei sowie die Selbsttötung des jüdischen Professors für indogermanische Sprachen Hermann Jacobsohn am 27. April.

Marburg verfügte historisch über ein ausgeprägtes Couleurstudententum, was bis heute insbesondere anlässlich des alljährlich am ersten Julisonntag stattfinden Marktfrühschoppens der Verbindungsstudenten zu Konflikten und großen Polizeiaufgeboten führt. Marburger Verbindungsstudenten waren 1920 verantwortlich für die Mechterstädter Morde. Bis 1936 erfolgte die weitgehende Selbstauflösung der Marburger Studentenverbindungen im Zuge der Gleichschaltung der Verbindungen in Form so genannter Kameradschaften im Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund.

Ab 1960 wurde die Universität wiederum ausgebaut und erweitert, auch um den Anforderungen der nach 1945 stark anschwellenden Studentenschaft zu begegnen (im Sommersemester 1964 zählte diese 8.000 Köpfe). Die Neubauten des Verwaltungsgebäudes, der Mensa und des Auditoriengebäudes beendeten die ärgste Platznot der weit über ihre Kapazitäten belasteten Universität. Daneben entstand die Philosophische Fakultät an der B3, und die alte Elisabethschule musste dem Savignyhaus der Rechtswissenschaften weichen. Die Auslagerung der Naturwissenschaften auf den Campus auf den Lahnbergen außerhalb der Stadt fand Ende der 1960er Jahre statt.

In den 1970er und 80er Jahren galt die Marburger Universität und insbesondere der Fachbereich 03 "Gesellschaftswissenschaften und Philosophie" als linke Hochburg. Bereits seit den 1950er Jahren wirkte hier der marxistische Politikwissenschaftler Wolfgang Abendroth. Nach 1968 wurden viele seiner Schüler der "zweiten Generation" wie Frank Deppe, Georg Fülberth, Reinhard Kühnl und Dieter Boris auf Professorenstellen in der Politikwissenschaft und der Soziologie berufen. Auch die Vertretung der Studierenden war in den 1970er Jahren vom DKP-nahen Marxistischen Studentenbund Spartakus (MSB) und in den 80er Jahren von der Grün Bunt Alternativen Liste (GBAL) geprägt.

Die Philipps-Universität ist heute geprägt durch ihre Vielzahl an kleinen, vor allem geisteswissenschaftlichen Fächern, die zahlreiche Kombinationen ermöglichen. Führend in Rankings ist sie vor allem in den Naturwissenschaften, insbesondere Chemie und Biologie, ebenso wie in der Psychologie. Hervorragend ausgewiesen ist sie beispielsweise in den Materialwissenschaften und der Nanotechnologie, in der Tumorbiologie und der Mikrobiologie, in den Neurowissenschaften, auf dem Gebiet der Optodynamik, der Friedens- und Konfliktforschung sowie weiteren natur- und geisteswissenschaftlichen wie auch medizinischen Fachgebieten. Im Bereich der Forschung gilt sie als überdurchschnittlich erfolgreich, was durch hohe Auszeichnungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, insbesondere elf Leibniz-Preise, belegen.

Bundesweit historisch ohnegleichen ist der Verkauf des Universitätsklinikums an einen privatwirtschaftlichen Klinikkonzern zum Januar 2006, nachdem es zuvor mit dem Universitätsklinikum Gießen fusioniert wurde. Im Rahmen des begonnenen zweiten Bauabschnitts des Klinikums auf den Lahnbergen sind inzwischen die beiden Neubauten des Biomedizinischen Forschungszentrums und der Zentralen Medizinischen Bibliothek eingeweiht worden, der Umzug des Mutter-Kind-Zentrums erfolgte im Sommer 2006. Jetzt bietet sich in zentraler Innenstadtlage eine Chance zur Verwirklichung eines neuen "offenen" Campus für die Geisteswissenschaften. Deren bisheriger Gebäudekomplex in der Wilhelm-Röpke-Straße soll komplett aufgegeben werden zugunsten eines neuen Campus am Alten Botanischen Garten, der nach den Plänen der Universität die Anziehungskraft der Universität im Herzen der Stadt steigern und das bisherige Klinikviertel städtebaulich aufwerten soll.

Zwölf Prozent der Studierenden kommen aus 120 Nationen, über die Hälfte der Studierenden sind mittlerweile weiblich.


Fächerangebot

Im Zuge des Bologna-Prozesses führt die Marburger Universität zur Zeit eine große Zahl neuer Bachelor- und Master-Studiengänge ein. Parallel dazu werden die klassischen Studiengänge mit Abschluss Magister, Diplom usw. eingestellt. Das aktuelle Studienangebot befindet sich auf der Homepage der Universität unter "Studium" [1].

Studentenwohnheime

Das Christian-Wolff-Haus (CWH-Marburg) ist eines der Marburger Studentenwohnheime. Es wurde nach dem Universalgelehrten Christian Wolff (1679-1754) benannt und ist bei vielen ehemaligen Marburger Studenten bekannt. Das Gebäude in der Friedrich-Ebert-Straße 111 wurde 1962 als Wohnheim für ca. 100 Promotionsstudenten erbaut und in den Jahren 1990 und 1992 zu einem Wohnheimkomplex mit 5 Gebäuden und insgesamt 258 Wohnheimplätzen erweitert (Friedrich-Ebert-Str. 113, 115, 117 und 119). Es ist inzwischen für Studenten jeder Art geöffnet und gehört zum Eigentum des Studentenwerks Marburg. Der Gebäudekomplex liegt in der Nähe des Marburger Waldes und der Universitätsgebäude der naturwissenschaftlichen Fachbereiche auf den Lahnbergen.

Das Collegium Philippinum ist ein selbstverwaltetes Studentenwohnheim, dessen Träger die Universität ist. Es dient seit 1946 den Stipendiaten der Hessischen Stipendiatenanstalt als Wohnheim, steht aber prinzipiell allen Studierenden offen. In traumhafter Lage, soweit man den Schlossberg hochzusteigen nicht scheut, am Marburger Schloss stehen 38 Wohnheimplätze zur Verfügung, davon 6 in Doppelzimmern.

Das in der Nachkriegszeit mit Erlass der US-Truppen eingerichtete "Collegium Gentium" im Obergeschoss der Psychologie-Fakultät, einem ehemaligen preußischen Kasernengebäude, wird nach knapp 60 Jahren Bestehens gegenwärtig wegen Baumängeln abgewickelt.

Quellenangaben

  1. http://www.uni-marburg.de/studium/zas/wasstudieren/index_html

Literatur

  • Franz Gundlach: Catalogus Professorum Academiae Marburgensis (1527-1910). Marburg 1927 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen; 15)
  • Die Philipps-Universität zu Marburg 1527-1927. Fünf Kapitel aus ihrer Geschichte (1527-1866) von H(einrich) Hermelink und S(iegfried) A(ugust) Kaehler. Die Universität Marburg seit 1866 in Einzeldarstellungen. Marburg 1927
  • Georg Heer: Marburger Studentenleben 1527 bis 1927. Eine Festgabe zur 400jährigen Jubelfeier der Universität Marburg. Marburg 1927
  • Kurt Goldammer (Red.): Marburg. Die Philipps-Universität und ihre Stadt. Herausgegeben aus Anlass der 425. Wiederkehr ihrer Stiftung. Marburg 1952
  • Inge Auerbach (Bearb.): Catalogus professorum academiae Marburgensis. Die Akademischen Lehrer der Philipps-Universität in Marburg von 1911 bis 1971. Marburg 1979 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen; 15,2)
  • Wilfried Frhr. von Bredow (Hg.): 450 Jahre Philipps-Universität Marburg. Das Gründungsjubiläum 1977. Marburg 1979
  • Julius Caesar (Hg.): Catalogus studiosorum scholae Marpurgensis. Nendeln; Liechtenstein: Kraus, 1980 (Nachdruck der Ausgabe 1875-1888)
  • Theodor(us) Birt (Hg.): Catalogi studiosorum Marpurgensium cum annalibus coniuncti series recentior annos 1653-1829 complectens. Nendeln; Liechtenstein: Kraus, 1980 (Nachdruck der Ausgabe 1903-1914)
  • Hans Günther Bickert, Norbert Nail: Marburger Karzer-Buch. 15 Kapitel zum Universitätsgefängnis und zum historischen Studententum. 2. Aufl., Marburg 1995
  • Jörg Jochen Berns (Hg.): Marburg-Bilder. Eine Ansichtssache. Zeugnisse aus fünf Jahrhunderten. Bd. 1-2. Marburg 1995-1996 (Marburger Stadtschriften zur Geschichte und Kultur; 52-53)
  • Die Philipps-Universität Marburg im Nationalsozialismus. Veranstaltungen der Universität zum 50. Jahrestag des Kriegsendes 8. Mai 1995, herausgegeben vom Konvent der Philipps-Universität Marburg, Marburg 1996, ISBN 3-8185-0217-X
  • Inge Auerbach (Bearb.): Catalogus professorum academiae Marburgensis. Die akademischen Lehrer der Philipps-Universität Marburg. Dritter Band: Von 1971 bis 1991. Erster Teil, Fachbereich 01-19. Marburg 2000 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen; 15,3.1)
  • Die Philipps-Universität Marburg im Nationalsozialismus: Dokumente zu ihrer Geschichte. Herausgegeben von Anne Christine Nagel, bearbeitet von Ulrich Sieg, Stuttgart 2000
  • Inge Auerbach (Bearb.): Catalogus professorum academiae Marburgensis. Die akademischen Lehrer der Philipps-Universität Marburg. Dritter Band: Von 1971 bis 1991. Zweiter Teil, Fachbereich 20-21. Marburg 2001 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen; 15,3.2)
  • Holger Zinn: Zwischen Republik und Diktatur. Die Studentenschaft der Philipps-Universität Marburg in den Jahren von 1925 bis 1945. Köln 2002 (Abhandlungen zum Studenten- und Hochschulwesen; 11)
  • Die Philipps-Universität Marburg zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus, hg. vom Verein für hessische Geschichte und Landeskunde e. V. Kassel 2006 (Hessische Forschungen zur geschichtlichen Landes- und Volkskunde; 45). [Beiträge u. a. zu: Rudolf Bultmann, Heinrich Hermelink, Martin Heidegger, Adolf Reichwein, Edmund E. Stengel, Ernst Robert Curtius, Rudolf Klapp, Ernst Freudenberg, Johannes Gadamer]

Weitere Titel zur Marburger Universitäts- und Studentengeschichte sind abrufbar unter: http://www.uni-marburg.de/bis/ueber_uns/dezbib/bibgw/bibbg/studbibl

Siehe auch