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Raum und Zeit (Minkowski)

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Textdaten
Autor: Hermann Minkowski
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Titel: Raum und Zeit
Untertitel:
aus: Jahresberichte der Deutschen Mathematiker- Vereinigung, Leipzig, 1909.
Herausgeber: B.G. Teubner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1909
Verlag:
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Sammlung der Familie Henry Posner Sr
Kurzbeschreibung: In diesem Vortrag führt Minkowski die mathematischen Notationen ein mit den die Spezielle Relativitätstheorie Einsteins zur Allgemeinen Relativitätstheorie erweitert werden können. Die Grundlegende Idee ist das 4-dimensionale Raum-Zeit Kontinuum
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[3] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]]



[4] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]] Nach einer Photographie von Emit Loges, Zurich.


[5] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]] RAUM UND ZEIT

VORTRAG, GEHALTEN AUF DER 80. NATUR-

FORSCHER-VERSAMMLUNG ZU KOLN

AM 21. SEPTEMBER 1908

VON

HERMANN MINKOWSKI

MIT DEM BILDNIS HERMANN MINKOWSKIS SOWIE EINEM VORWORT VON A. GUTZMER

LEIPZIG UND BERLIN DRUCK UND VERLAG VON B. G.TEUBNER

1909


[6] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]] f SONDERABDRUCK AUS DEM 18. BANDE DES JAHRESBERICHTS DER DEUTSCHEN MATHEMATIKER-VEREINIGUNG


[7] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]] Vorwort. Der Vortrag iiber ,,Raum imd Zeit", den Hermann Minkowski auf der Versammlung Deiitscher Natnrforscher and Arzte zu Koln ge-halten hat, bildet die letzte seiner genialen Schdpfongfen. Leider ist, es ihm nicht beschieden gewesen, den feineren Ansbau seines kfihnen Entwurfs einer Mechanik, in wclcher die Zeit den drei Dimensionen des Raumes koordiniert ist, zn vollendon. Denn ein tragisches (Jcscli.irk hat den als Mensch und Forscher gleich geschitzteii VerfastMT Buf dor Hohe seines Lebens und Schaffens am 12. Januar d. .1. der Wissenschaft, seinen Lieben und Freunden jiih entrissen. Das verstiindnisvolle und bco'cisterte Interes.se, das scin Vortrag erweckt hatte, erfiillte Minkowski nrit innerer Befriedigong, ond er wiinschte, seine Darlegungen durch eine Sonderausgabe weiteren Kreisen znganglich zu machen. Der Verlagsbuchhandlung von B. Gh Teubner und dem Unterzeichneten ist es eine schmerzliche Pflicbt der Pietiit und Freundschaft, diesen letzten Wunsch des Verstorbenen hiermit zu erfiillen. Halle a. 8., den 20. Februar 1909. A. Gutzmer.


[8] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]]



[9] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]] M. H.! Die Anschauungen iiber Raum und Zeit, die ich Ihnen entwickeln mochte, sind auf experimentell-pkysikalischem Boden er-wachsen. Darin liegt ihre Starke. Ihre Tendenz ist eine radikale. Von Stund' an sollen Raum fiir sich und Zeit fur sich vollig zu Schatten herabsinken und nur noch eine Art Union der beiden soil Selbstiindig-keit bewahren. I. Ich mochte zunachst ausfiihren, wie man von der gegenwiirtig an genommenen Mechanik wohl durch eine rein mathematisehe Uberlogung zu veranderten Ideen iiber Raum und Zeit kommen konnte. Die Glei-chungen der Newtonschen Mechanik zeigen eine zweifache Inv.iiinn/.. Einmal bleibt ihre Form erhalten, wenn man das zugrundo gelegte raumliche Koordinatensystem einer beliebigen Lugcnvvr'iindetung unter-wirft, zweitens, wenn man es in seinem Bewegungszustande veriindert, namlich ihm irgendeine gleichformigc Translation aufpriigt; auoh spielt der Nullpunkt der Zeit keine Rolle. Man ist gewohnt, die Axiom e der Geometrie als erledigt anzusehen, wenn man sich reif fiir die Axiome der Mechanik fiihlt, und deshalb werden jene zwei Invarianzen wohl selten in einem Atemzuge genannt. Jede von ihnen bedeutet eine ge-wisse Gruppe von Transformationen in sich fiir die Differentialgleichungen der Mechanik. Die Existenz der ersteren Gruppe sieht man als einen fundamentalen Charakter des Raumes an. Die zweite Gruppe straft man am liebsten mit Verachtung, um leichten Sinnes dariiber hinweg-zukommen, daft man von den physikalischen Erscheinungen her niemals entscheiden kann, ob der als ruhend vorausgesetzte Raum sich nicht am Ende in einer gleichformigen Translation befindet. So fiihren jene zwei Gruppen ein vollig getrenntes Dasein nebeneinander. Ihr ganz-lich heterogener Charakter mag davon abgeschreckt haben, sie zu kom-ponieren. Aber gerade die komponierte voile Gruppe als Ganzes gibt uns zu denken auf. Wir wollen uns die Verhaltnisse graphisch zu veranechaulichen suchen. Es seien x, y, z rechtwinklige Koordinaten fiir den Raum, und t bezeichne die Zeit. Gegenstand unserer Wahrnehmung sind immer nur Orte und Zeiten verbunden. Es hat niemand einen Ort anders


[10] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]] — 2 — bemerkt als zu einer Zeit, eine Zeit anders als an einein Orte. Ich respektiere aber noch das Dogma, daB Raum und Zeit je eine unab-hangige Bedeutung haben. Ich will einen Raumpunkt zu einem Zeit-punkt, d. i. ein Wertsystem x, y, z, t einen Weltpunkt nennen. Die Mannigfaltigkeit aller denkbaren Wertsysterne x, y, z, t soil die Welt heiBen. Ich konnte mit kiihner Kreide vier Weltachsen auf die Tafel werfen. Schon eine gezeichnete Achse besteht aus lauter schwingenden Molekiilen und macht zudem die Reise der Erde im All mit, gibt also bereits genug zu abstrahieren auf; die mit der Anzahl 4 verbundene etwas groBere Abstraktion tut dem Mathematiker nicht wehe. Um nirgends eine gahnende Leere zu lassen, wollen wir uns vorstellen, daB aller Orten und zu jeder Zeit etwas Wahrnehmbares vorhanden ist. Um nicht Materie oder Elektrizitat zu sagen, will ich fiir dieses Etwas das Wort Substanz brauchen. Wir richten unsere Aufmerksamkeit auf den im Weltpunkt x, y, z, t vorhandenen substantiellen Punkt und stellen uns vor, wir sind imstande, diesen substantiellen Pnnkt zu jeder anderen Zeit wieder zu erkennen. Einem Zeitelement dt mogen die Anderungen dx, dy, dz der Raumkoordinaten dieses substantiellen Punktes entsprechen. Wir erhalten alsdann als Bild sozusagen fiir den ewigen Lebenslauf des substantiellen Punktes eine Kurve in der Welt, eine Weltlinie, deren Punkte sich eindeutig auf den Parameter t von — oo bis -f- oo beziehen lassen. Die ganze Welt erscheint aufgelost in solche Weltlinien, und ich mochte sogleich vorwegnehmen, daB meiner Meinung nach die physikalischen Gesetze ihren vollkommensten Ausdruck als Wechselbeziehungen unter diesen Weltlinien finden diirften. Durch die Begriffe Raum und Zeit fallen die x, y, ^-Mannigfaltigkeit t = 0 und ihre zwei Seiten t > 0 und t < 0 auseinander. Halten wir der Einfachheit wegen den Nullpunkt von Raum und Zeit fest, so bedeutet die zuerst genannte Gruppe der Mechanik, daB wir die x, y, z-Achsen in t = 0 einer beliebigen Drehung um den Nullpunkt unter-werfen diirfen, entsprechend den homogenen linearen Transformationen des Ausdrucks x* + if + 02 in sich. Die zweite Gruppe aber bedeutet, daB wir, ebenfalls ohne den Ausdruck der mechanischen Gesetze zu verandern, x, y, z, t durch x — at, y — fit, z — yt, t mit irgendwelchen Konstanten a, /3, y ersetzen diirfen. Der Zeitachse kann hiernach eine vollig beliebige Richtung nach der oberen halben Welt t > 0 gegeben werden. Was hat nun die Forderung der Ortho-


[11] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]] - 3 — ire Fig. 1. Jy gonalitat im Raume mit dieser volligen Freiheit der Zeitachse nach oben bin zu tun? Die Verbindung herzustellen, nehmen wir einen positiven Parameter c und betrachten das Gebilde c2t2 — x2 — if — z2 = 1. Es bestebt aus zwei durcb t = 0 getrennten Scbalen nach Analogie eines zweischaligen Hyperboloids. Wir betrachten die Schale im Ge-biete t > 0, und wir fassen jetzt diejenigen homogenen linearen Transformationen von x, y, z, t in vier neue Variable x', y', z', t' auf, wobei der Ausdruck dieser Schale in den neuen Variabeln entsprechend wird. Zu diesen Transformationen gehoren offenbar die Drehungen des Raumes urn den Nullpunkt. Ein voiles Verstandnis der iibrigen jener Transformationen er-halten wir hernach bereits7 wenn wir eine solche unter ihnen ins Auge fassen, bei der y und z ungeilndert bleiben. Wir zeichnen (Fig. 1) den Durchschnitt jener Schale mit dor Ebene der x- und der £-Achse, den oberen Ast der Hyperbel c2£3 — x2 = 1, mit seinen Asymptoten. Ferner werde ein beliebiger Radiusvektor OAr dieses Hyperbelastes vom Nullpunkte 0 aus eingetragen, die Tangente in A' an die Hyperbel bis zum Schnitte B' mit der Asymptote rechts ge-legt, OA'B' zum Parallelogramm OA'B'C vervollstandigt, endlich fur das spatere noch B'C bis zum Schnitt D' mit der #-Achse durch-gefiihrt. Nehmen wir nun OC und OA' als Achsen fur Parallel-koordinaten x', t' mit den MaBstaben OC = 1, OA' = 1/c, so erlangt jener Hyperbelast wieder den Ausdruck c2t"2 — x'% = 1, £'>0, uud der Ubergang von x, y, z, t zu x', y, z, t' ist eine der fraglichen Transformationen. Wir neb men nun zu den charakterisierten Transformationen noch die beliebigen Verschiebungen des Raum- und Zeit-Nullpunktes hinzu und konstituieren damit eine offenbar noch von dem Parameter c abhangige Gruppe von Transformationen, die ich mit Go bezeichne. Lassen wir jetzt c ins Unendliche wachsen, also 1/c nach Null konvergieren, so leuchtet an der beschriebenen Figur ein, daB der Hyperbelast sich immer mehr der a;-Achse anschmiegt, der Asymptoten-winkel sich zu einem gestreckten verbreitert, jene spezielle Transformation in der Grenze sich in eine solche verwandelt, wobei die £'-Achse eine beliebige Richtung nach oben haben kann und x immer genauer sich an x annahert. Mit Riicksicht hierauf ist klar; daB aus der


[12] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]] Gruppe Gc in der Grenze fur c = oo, also als Gruppe G*, eben jene zu der Newtonschen Mechanik gehorige voile Gruppe wird. Bei dieser Sachlage, und da Gc mathematisch verstandlicher ist als G^, hatte wohl ein Mathematiker in freier Phantasie auf den Gedanken verfallen konnen, dafi am Ende die Naturerscheinungen tatsachlich eine Invarianz nicht bei der Gruppe Gx, sondern vielmehr bei einer Gruppe Gc mit bestimmtem endlichen, nur in den gewohnlichen MaBeinheiten dufierst grofien c besitzen. Eine solche Ahnung ware ein auBerordent-licher Triumph der reinen Mathematik gewesen. Nun, da die Mathe-matik hier nur mehr Treppenwitz bekundet, bleibt ihr doch die Ge-nugtuung, daB sie dank ihren gliicklichen Antezedenzien mit ihren in freier Fernsicht gescharften Sinnen die tiefgreifenden Konsequenzen einer solcher Ummodelung unserer Naturauffassung auf der Stelle zu erfassen vermag. Ich will sogleich bemerken, um welchen Wert fiir c es sich schlieB-lich handeln wird. Fiir c wird die Fortpflanzungsgeschwindiglceit des Lichtes im leeren Raume eintreten. Um weder vom Raum noch von Leere zu sprechen, konnen wir diese GroBe wieder als das Verhaltnis der elektrostatischen und der elektromagnetischen Einheit der Elektri-zitatsmenge kennzeichnen. Das Bestehen der Invarianz der Naturgesetze fiir die beziigliche Gruppe Gc wiirde nun so zu fassen sein: Man kann aus der Gesamtheit der Naturerscheinungen durch suk-zessiv gesteigerte Approximation en immer genauer ein Bezugsystem x, y, z und t, Raum und Zeit, ableiten, mittels dessen diese Erschei-nungen sich dann nach bestimmten Gesetzen darstellen. Dieses Bezugsystem ist dabei aber durch die Erscheinungen keineswegs eindeutig festgelegt. Man Jcann das Bezugsystem noch entsprechend den Trans-formationen der genannten Gruppe Gc beliebig vera'ndem, ohne dafi der Ausdruck der Naturgesetze sich dabei verandert. Z. B. kann man der beschriebenen Figur entsprechend auch t' Zeit benennen, muB dann aber im Zusammenhange damit notwendig den Raum durch die Mannigfaltigkeit der drei Parameter x', y, z definieren; wobei nun die physikalischen Gesetze mittels xr, y, z, t' sich genau ebenso ausdriicken wiirden, wie mittels x, y, z, t. Hiernach wiirden wir dann in der Welt nicht mehr den Raum, sondern unendlich viele Raume haben, analog wie es im dreidimensionalen Raume unendlich viele Ebenen gibt. Die dreidimensionale Geometrie wird ein Kapitel der vierdimensionalen Physik. Sie erkennen, weshalb ich am Eingange sagte, Raum und Zeit sollen zu Schatten herabsinken und nur eine Welt an sich bestehen.


[13] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]] — 5 — II. Nun ist die Frage, welche Umstande zwingen uns die veranderte Auffassung von Raum und Zeit auf, widerspricht sie tatsachlich niemals den Erscheinungen, endlich gewahrt sie Vorteile fiir die Beschreibung der Erscheinungen? Bevor wir hierauf eingehen, sei eine wichtige Bemerkung voran-gestellt. Haben wir Raum und Zeit irgendwie individualisiert, so ent-spricht einem ruhenden substantiellen Punkte als Weltlinie eine zur £-Achse parallele Gerade, einem gleichforniig bewegten substantiellen Punkte eine gegen die £-Aehse geneigte Gerade, einem ungleichformig bewegten substantiellen Punkte eine irgendwie gekriimmte Weltlinie. Fassen wir in einem beliebigen Weltpunkte x, y, z, t die dort durch-laufende Weltlinie auf, und finden wir sie dort parallel mit irgendeinem Radiusvektor OA' der yorhin genannten hyperboloidischen Schale, so konnen wir OA' als neue Zeitachse einfiihren, und bei den damit ge-gebenen neuen Begriffen von Raum und Zeit erscheint die Substanz in dem betreffenden Weltpunkte als ruhend. Wir wollen nun dieses fundamentale Axiom einfiihren: Die in einem beliebigen Weltpunkte vorhandene Substanz hann stets bei geeigneter Festsetzung von Raum und Zeit als ruhend aufgefafit werden. Das Axiom bedeutet, da6 in jedem Weltpunkte stets der Ausdruck

- dx2 — dif - dz2

positiv ausfallt oder, was damit gleichbedeutend ist, daB jede Ge-schwindigkeit v stets kleiner als c ausfallt. Es wiirde danach fiir alle substantiellen Geschwindigkeiten c als obere Grenze bestehen und hierin eben die tiefere Bedeutung der GroBe c liegen. In dieser anderen Fassung hat das Axiom beim ersten Eindruck etwas MiBfalliges. Es ist aber zu bedenken, daB nun eine modifizierte Mechanik Platz greifen wird, in der die Quadratwurzel aus jener Differentialverbindung zweiten Grades eingeht, so daB Falle mit Uberlichtgeschwindigkeit nur mehr eine Rolle spielen werden, etwa wie in der Geometrie Figuren mit imaginaren Koordinaten. Der Anstofi und wahre Beweggrund fur die Anndhme der Gruppe Gc nun kam daher, daB die Differentialgleichung fiir die Fortpflanzung von Lichtwellen im leeren Raume jene Gruppe Gc besitzt.1) Andererseits hat der Begriff starrer Korper nur in einer Mechanik mit der Gruppe Gx einen Sinn. Hat man nun eine Optik mit Gc, und g'abe es andererseits 1) Eine wesentliche Anwendung dieser Tatsache findet sich bereits bei W. Voigt, Gottinger Nachr. 1887, p. 41.


[14] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]] — 6 — starre Korper, so ist leicht abzusehen, daB durcli die zwei zu Gc und zu Gm gehorigen hyperboloidisclien Schalen eine tf-Richtung ausgezeichnet sein wurde, und das wiirde weiter die Konsequenz haben, daB man an geeigneten starren optischen Instrumenten ini Laboratorium einen Wechsel der Erscheinungen bei verschiedener Orientierung gegen die Fortschreitungsrichtung der Erde miiBte wahrnehmen konnen. Alle auf dieses Ziel gerichteten Bemuhungen, insbesondere ein beriihmter Interferenzversuch von Michel son, hatten jedoch ein negatives Ergeb-nis. Um eine Erklarung hierfiir zu gewinnen, bildete H. A. Lorentz eine Hypothese, deren Erfolg eben in der Invarianz der Optik fur die Gruppe Gc liegt. Nach Lorentz soil jeder Korper, der eine Bewegung besitzt, in Richtung der Bewegung eine Verkiirzung erfahren haben, und zwar bei einer Geschwindigkeit v ini Verhaltnisse Diese Hypothese klingt auBerst phantastisch. Denn die Kontraktion ist nicht etwa als Folge von Widerstanden im Ather zu denken, son-dern rein als Geschenk von oben, als Begleitumstand des Umstandes der Bewegung. Ich will nun an unserer Figur zeigen, daB die Lorentzsche Hypothese vollig aquivalent ist mit der neuen Auffassung von Raum und Zeit, wodurch sie viel verstandlicher wird. Abstrahieren wir der Ein-fachheit wegen von y und 0 und denken uns eine raumlich eindimen-sionale Welt, so sind ein wie die £-Achse aufrechter und ein gegen die £-Achse geneigter Parallelstreifen (siehe Fig. 1) Bilder fur den Ver-lauf eines ruhenden, beziiglich eines gleichformig bewegten Korpers, der jedesmal eine konstante raumliche Ausdehnung behalt. Ist OA' parallel dem zweiten Streifen, so konnen wir t' als Zeit und x' als Raumkoordinate einffihren, und es erscheint dann der zweite Korper als ruhend, der erste als gleichformig bewegt. Wir nehmen nun an, daB der erste Korper als ruhend aufgefaBt die Lange I hat, d. h. der Querschnitt PP des ersten Streifens auf der #-Achse = 1 • OC ist, wo OG den EinheitsmaBstab auf der #-Achse bedeutet, und daB anderer-seits der zweite Korper als ruhend aufgefafit die gleiche Lange I hat; letzteres heiBt dann, daB der parallel der x'-Aclise gemessene Querschnitt des zweiten Streifens, Q'Q' = 1- OC ist. Wir haben nunmehr in diesen zwei Korpern Bilder von zwei gleiclien Lorentzschen Elek-tronen, einem ruhenden und einem gleichformig bewegten. Halten wir aber an den urspriinglichen Koordinaten x, t fest, so ist als Ausdehnung des zweiten Elektrons der Querschnitt QQ seines zugehorigen Streifens parallel der x-Achse anzugeben. Nun ist offenbar, da Q'Q' = 1 • OG'


[15] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]] — 7 — ist, QQ = I • OB'. Eine leichte Rechnung ergibt, wenn dx/dt fiir den zweiten Streifen = v ist, OB' = OC y 1 —v^, also auch PP:QQ = 1:1/1-----§• Dies ist aber der Sinn der Lorentzschen Hypothese von der Kontraktion der Elektronen bei Bewegung. Fassen wir anderer-seits das zweite Elektron als ruhend auf, adoptieren also das Bezug-systern. x', t', so ist als Lange des ersten der Querschnitt P'P' seines Streifens parallel OC zu bezeichnen, und wir wiirden in genau dem namlichen Verhaltnisse das erste Elektron gegen das zweite verkurzt finden; denn es ist in der Figur P'P'-.Q'Q' = OB: OC - OB': OC=QQ:PP. Lorentz nannte die Verbindung t' von x und t Ortszeit des gleich-formig bewegten Elektrons und verwandte eine physikalische Kon-struktion dieses Begriffs zum besseren Verstandnis der Kontraktions-hypothese. Jedoch scharf erkannt zu naben, daB die Zeit des einen Elektrons ebenso gut wie die des anderen ist, d. h. daB t und t' gleich zu behandeln sind, ist erst das Verdienst von A. Einstein.1) Damit war nun zunachst die Zeit als ein durch die Erscheinungen eindeutig festgelegter Begriff abgesetzt. An dem Begriffe des Raumes riittelten weder Einstein noch Lorentz, vielleicht deshalb nicht, weil bei der genannten speziellen Transformation, wo die x', ^'-Ebene sich mit der x, ^-Ebene deckt, eine Deutung moglich ist, als sei die #-Achse des Raumes in ihrer Lage erhalten geblieben. IJber den Begriff des Raumes in entsprechender Weise hinwegzuschreiten, ist auch wohl nur als Ver-wegenheit mathematischer Kultur einzutaxieren. Nach diesem zum wahren Verstandnis der Gruppe Gc jedoch unerlaBlichen weiteren Schritt aber scheint mir das Wort Relativitdtspostulat fiir die Forderung einer Invarianz bei der Gruppe Gc sehr matt. Indem der Sinn des Postulats wird, daB durch die Erscheinungen nur die in Raum und Zeit vier-dimensionale Welt gegeben ist, aber die Projektion in Raum und in Zeit noch mit einer gewissen Freiheit vorgenommen werden kann, mochte ich dieser Behauptung eher den Namen Postulat der absoluten Welt (oder kurz Weltpostulat) geben. III. Durch das Weltpostulat wird eine gleichartige Behandlung der vier Bestimniungsstucke x, y, s, t moglich. Dadurch gewinnen, wie ich jetzt 1) A. Einstein, Ann. d. Phys. 17, 1905, p. 891; Jahrb. d. Radioaktivitat u. Elektronik 4, 1907, p. 411.


[16] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]] ausftihren will, die Formen, unter den en die physikalischen Gesetze sich abspielen, an Verstandlichkeit. Vor allem erlangt der Begriff der Beschleunigung ein scharf hervortretendes Geprage. Ich werde mich einer geometrischen Ausdrucksweise bedienen, die sich sofort darbietet, indem man im Tripel x, y, z stillschweigend von z abstrahiert. Einen beliebigen Weltpunkt 0 denke ich zum Raum-Zeit-Nullpunkt gemaeht. vrn 0 i?ig. 2. c t — x — y z === \j mit 0 als Spitze (Fig. 2) besteht aus zwei Teilen, einem mit Werten t < 0, einem anderen mit Werten t > 0. Der erste, der Vorkegel von 0, besteht, sagen wir, aus alien Weltpunkten, die ,,Licht nach 0 senden", der zweite, der NacJikegel von 0, aus alien Weltpunkten, die ,,Licht von 0 empfangen". Das vom Vorkegel allein begrenzte Gebiet mag diesseits von 0, das vom Nachkegel allein begrenzte jenseits von 0 heiBen. Jenseits 0 fallt die schon betrachtete hyperboloidische Schaie Das Gebiet zwischen den Kegeln wird erfiillt von den einschaligen hy-perboloidischen Gebilden zu alien konstanten positiven Werten h2. Wichtig sind fur uns die Hyperbeln mit 0 als Mittelpunkt, die auf den letzteren Gebilden liegen. Die einzelnen Aste dieser Hyperbeln mogen kurz die Zwischenhyperheln zum Zentrum 0 heiBen. Ein solcher Hyperbelast wiirde, als Weltlinie eines substantiellen Punktes gedacht, eine Bewegung reprasentieren, die fur t = — oo und t = -\- oo asymptotisch auf die Lichtgeschwindigkeit c ansteigt. Nennen wir in Analogie zum Vektorbegriff im Raume jetzt eine gerichtete Strecke in der Mannigfaltigkeit der x, y, z, t einen Vektor, so haben wir zu unterscheiden zwischen den zeitartigen Vektoren mit Rich-tungen von 0 nach der Schaie + F = 1, t > 0 und den raumartigen Vektoren mit Richtungen von 0 nach — F = 1. Die Zeitachse kann jedem Vektor der ersten Art parallel laufen. Ein jeder Weltpunkt zwischen Vorkegel und Nachkegel von 0 kann durch das Bezugsystem als gleichzeitig mit 0, aber ebensogut auch als friiher als 0 oder als spdter als 0 eingerichtet werden. Jeder Weltpunkt diesseits 0 ist not-


[17] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]] __ 9 __ wendig stets friiher, jeder Weltpunkt jenseits 0 notwendig stets sp'ater als 0. Dem Grenziibergang zu c = oo wiirde ein volliges Zusammen-klappen des keilformigen Einschnittes zwischen den Kegeln in die ebene Mannigfaltigkeit t = 0 entsprechen. In den gezeichneten Figuren ist dieser Einschnitt absichtlich mit verschiedener Breite angelegt. Einen beliebigen Vektor wie von 0 nach x, y, z, t zerlegen wir in die vier Komponenten x, y, z, t. Sind die Richtungen zweier Vektoren beziehungsweise die eines Radiusvektors OR von 0 an eine der Flachen + F = 1 und dazu einer Tangente RS im Punkte R der betreffenden Fl'ache, so sollen die Vektoren normal zueinander heiBen. Danach ist tx — xxt — yyx — zzx = 0 die Bedingung dafiir, daB die Vektoren mit den Komponenten x,y,z,t und X1)yv0vt1 normal zueinander sind. Fiir die Betrdge von Vektoren der verschiedenen Richtungen sollen die Einlieitsmafistabe dadurch fixiert sein, daB einem raumartigen Vektor von 0 nach — F — 1 stets der Betrag 1, einem zeitartigen Vektor von 0 nach -\-F—\} £> 0 stets der Betrag 1/c zugeschrieben wird. Denken wir uns nun in einem Weltpunkte P(x,y,z,t) die dort durchlaufende Weltlinie eines substantiellen Punktes, so entspricht danach dem zeitartigen Vektorelement dx, dy, dz, dt im Fortgang der Linie der Betrag dx = ~YcW - dx* - dy2 - dz\ Das Integral Jdx = t dieses Betrages auf der Weltlinie von irgend-einem fixierten Ausgangspunkte Po bis zu dem variablen Endpunkte P gefuhrt, nennen wir die Eigenzeit des substantiellen Punktes in P. Auf der Weltlinie betrachten wir x,y,z,t, d. s. die Komponenten des Vektors OP, als Funktionen der Eigenzeit r, bezeichnen deren erste Differentialquotienten nach t mit x, y, z, i, deren zweite Differential-quotienten nach t mit x,y,'z,i und nennen die zugehorigen Vektoren, die Ableitung des Vektors OP nach t den Bewegungsvektor in P und die Ableitung dieses Bewegungsvektors nach t den BeschleunigungsveMor in P. Dabei gilt n (O * o * 9 '9 9 c2? — x* — if — z- = c2, cHi — xx — yy — z'z = 0, d. h. der Bewegungsvektor ist der zeitartige Vektor in Richtung der Weltlinie in P vom Betrage 1, und der Beschleunigungsvektor in P ist normal zum Bewegungsvektor in P, also jedenfalls ein raumartiger Vektor.


[18] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]] — 10 — Nun gibt es, wie man leicht einsieht, einen bestimmten Hyperbel-ast, der mit der Weltlinie in P drei unendlieh benachbarte Punkte gemein hat, und dessen Asymptoten Erzeugende eines Vorkegels und eines Nachkegels sind (siehe unten Fig. 3). Dieser Hyperbelast heiBe die Kriimmungshyperbel in P. Ist M das Zentrum dieser Hyperbel, so handelt es sich also hier um eine Zwischenhyperbel zum Zentrum M. Es sei q der Betrag des Vektors MP, so erkennen ivir den Beschleu-nigungsvektor in P als den Vektor in Biehtung MP vom Betrage c2Jq. Sind x,y,z,t samtlich Null, so reduziert sich die Kriimmungshyperbel auf die in P die Weltlinie beriihrende Gerade, und es ist q = oo zu setzen. IV. Um darzutun, daB die Annahme der Gruppe Gc fiir die physi-kalischen Gesetze nirgends zu einem Widerspruche fiihrt, ist es un-umg'anglich, eine Revision der gesamten Physik auf Grund der Voraus-setzung dieser Gruppe vorzunehmen. Diese Revision ist bereits in einem gewissen Umfange erfolgreich geleistet fiir Fragen der Therrno-dynamik und W'armestrahlung]), fiir die elektromagnetischen Vorgange, endlich fiir die Meclianik unter Aufrechterhaltung des Massenbegriffs.2) Fiir letzteres Gebiet ist vor allem die Frage aufzuwerfen: Wenn eine Kraft mit den Komponenten X, Y, Z nach den Raumachsen in einem Weltpunkte P(x,y,z,t) angreift, wo der Bewegungsvektor x,y,h,t ist, als welehe Kraft ist diese Kraft bei einer beliebigen Anderung des Bezugsystemes aufzufassen? Nun existieren gewisse erprobte Ans'atze iiber die ponderomotorisclie Kraft im elektromagnetischen Felde in den Fallen, wo die Gruppe Gc unzweifelhaft zuzulassen ist. Diese Ans'atze fiihren zu der einfachen Regel: Bei Anderung des Bezugsystemes ist die vorausgesetzte Kraft derart als Kraft in den neuen Baumkoordinaten an-zusetzen, dafi ddbei der zugehb'rige Vektor mit den Komponenten iX, iY, tZ, iT, wo die durch c2 dividierte Arbeitsleistung der Kraft im Weltpunkte ist, sich unverdndert erhalt. Dieser Vektor ist stets normal zum Bewegungsvektor in P. Ein solcher, zu einer Kraft in P gehorender Kraftvektor soil ein betvegender Kraftvektor in P heiBen. 1) M. Planck, Zur Dynamik bewegter Systeme, Berliner Ber. 1907, p. 542 (auch Ann. d. Phys. 2G, 1908, p. 1). 2) H. Minkowski, Die Grundgleichungen fur die elektromagnetischen Vor-gange in bewegten KSrpern, Gottinger Nachr. 1908, p. 53.


[19] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]] — 11 — Nun werde die durch P 1 auf end e Weltlinie von einem substantiellen Punkte mit konstanter mechanischer Masse m beschrieben. Das m-fache des Bewegungsvektors in P heiBe der Impulsvektor in P, das m-fache des Beschleunigungsvektors in P der Kraftvektor der Bewegung in P. Nach diesen Definitionen lautet das Gesetz dafiir, wie die Bewegung eines Massenpunktes bei gegebenem bewegenden Kraftvektor statthat:1) Der Kraftvektor der Bewegung ist gleicli dem beivegenden Kraftvektor. Diese Aussage faBt vier Gleichungen fiir die Komponenten nach den vier Achsen zusammen, wobei die vierte, weil von vornherein beide genannten Vektoren normal zum Bewegungsvektor sind, sich als eine Folge der drei ersten ansehen laBt. Nach der obigen Bedeutung von T stellt die vierte zweifellos den Energiesatz dar. Als kinetische Energie des Massenpunktes ist daher das c2-fache der Komponente des Impidsvektors nach der t-Achse zu definieren. Der Ausdruck hierfiir ist



[20] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]] — 12 — V. Die durch das Weltpostulat geschaffenen Vorteile werden vielleicht durch nichts so schlagend belegt wie durch Angabe der von einer beliebig bewegten punktformigcn Ladung nach der Maxwell-Lorentzschen Theorie ausgehenden Wirkungen. Den-xy ken wir uns die Weltlinie eines solchen punktformigen Elektrons mit der Ladung e und fiihren auf ihr die Eigen-zeit x ein von irgendeinem Anfangs-punkte aus. Um das vom Elektron in einem beliebigen Weltpunkte Pt veranlaBte Feld zu haben, konstru-ieren wir den zu P3 gehorigen Vor-kegel (Fig. 4). Dieser trifft die un-begrenzte Weltlinie des Elektrons, weil der en Richtungen uberall die von zeitartigen Vektoren sind, offenbar in einem einzigen Punkte P. Wir legen in P an die Weltlinie die Tangente und konstruieren durch Pt die Normale Pt Q auf diese Tangente. Der Betrag von Px Q sei r. Als der Betrag von PQ ist dann gemaB der Definition eines Vorkegels rjc zu rechnen. Nun stellt der Vektor in JRichtung PQ vom Betrage ejr in seinen Komponenten nach den x-,y-,s-Achsen das mit c multiplizierte Vektorpotential, in der Komponente nach der t-Achse das skalare Potential des von e erregten Feldes fur den Weltpunkt Px vor. Hierin liegen die von A. Lienard und von E. Wiechert aufgestellten Elementargesetze.1) Bei der Beschreibung des vom Elektron hervorgerufenen Feldes selbst tritt sodann hervor, daB die Scheidung des Feldes in elektrische und magnetische Kraft eine relative ist mit Riicksicht auf die zugrunde gelegte Zeitachse; am ubersichtlichsten sind beide Krafte zusammen zu beschreiben in einer gewissen, wenn auch nicht volligen Analogie zu einer Kraftschraube der Mechanik. Ich will jetzt die von einer beliebig bewegten punktformigen Ladung auf eine andere beliebig bewegte punktfdrmige Ladung ausgeubte pondero-motorische Wirkung beschreiben. Denken wir uns durch den Weltpunkt Fig. 4. 1) A. Lienard, Champ electrique et magnetique produit par une charge concentrie en un point et animee d'un mouvement quelconque, L'Eclairage electrique 16 (1898), p. 5, 53, 106; Wiechert, Eiektrodynamische Elementargesetze, Arch, neerl. (2), 5 (1900), p. 549.



[21] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]] — 13 — P die Weltlinie eines zweiten punktformigen Elektrons von der Ladling e fiihrend. Wir bestimmen P, Q, r wie vorhin, konstruieren sodann (Fig. 4) den Mittelpunkt der Kriimmungshyperbel in P, endlich die Normale MN von M aus auf eine durch P parallel zu QPX gedachte Gerade. Wir legen nun, mit P als Anfangspunkt, ein Bezugsysteni folgendermaBen fest, die £-Achse in die Richtung PQ, die #-Achse in die Richtung QPV die y-Achse in die Richtung MN, womit schlieBlich auch die Richtung der £-Achse als normal zu den t-, x-, ^/-Achsen be-stimmt ist. Der Beschleunigungsvektor in P sei x, y, 'k, t, der Bewegungs-vektor in P1 sei xlfyuel,tx. Jetzt lautet der von dem ersten beliebig bewegten Elektron e auf das sweite beliebig beivegte Elektron ex in Px ausgeubte bewegende KraftvcMor: wobei fiir die Komponenten $tx,§:y,§iz, ®t des Vektors & die drei Bela-tionen bestehen: c®t ~ ®x = pi ^y ^ eV' ®j = 0 und viertens dieser Vektor & normal zum Bewegungsvektor in Px ist und durch diesen Umstand allein in Abhangigkeit von dem leMeren Bewegungsvektor steht. Vergleicht man mit dieser Aussage die bisherigen Formulierungenx) des namlichen Elementargesetzes iiber die ponderomotorische Wirkung bewegter punktformiger Ladungen aufeinander, so wird man nicht um-hin konnen7 zuzugeben, da6 die hier in Betracht kommenden Verhalt-nisse ihr inneres Wesen voller Einfachheit erst in vier Dimensionen enthullen, auf einen von vornherein aufgezwungenen dreidimensionalen Raum aber nur eine sehr verwickelte Projektion werfen. In der dem Weltpostulate gemaB reformierten Mechanik fallen die Disharmonien, die zwischen der Newtonschen Mechanik und der modernen Elektrodynamik gestort haben, von selbst aus. Ich will noch die Stellung desNewtonschen Attraktionsgesetzes zu diesemPostulate beriihren. Ich will annnehmen, wenn zwei Massenpunkte m, m1 ihre Weltlinien beschreiben, werde von m auf mx ein bewegender Kraftvektor ausgeiibt genau von dem soeben im Falle von Elektronen angegebenen Ausdruck, nur daB statt — eex jetzt + mmx treten soil. Wir betrachten nun speziell den Fall, daB der Beschleunigungsvektor von m konstant Null ist, wobei wir dann t so einfiihren mogen, daB m als ruhend aufzufassen ist, und es erfolge die Bewegung von m1 1) K. Schwarzschild, Gottinger Nachr. 1903, p. 132. — H. A. Lorentz, Enzykl. d. math. Wissensch., Art. V, 14, p. 199.


[22] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]] __ 14 __ allein mit jenem von m herriihrenden bewegenden Kraftvektor. Modi-fizieren wir nun diesen angegebenen Vektor zunachst durch Hinzusetzen des Faktors i~1 = yl — ^, der bis auf GroBen von der Ordnung 1/c2 auf 1 hinauskommt, so zeigt sich1), daB fur die Orte xx,yx^zx von mx und ihren zeitlichen Verlauf genau wieder die Keplerschen Gesetze hervorgehen wiirden, nur daB dabei an Stelle der Zeiten tx die Eigen-zeiten tx von m1 eintreten wiirden. Auf Grund dieser einfachen Be-merkung laBt sich dann einsehen, daB das vorgeschlagene Anziehungs-gesetz verkniipft mit der neuen Mechanik nicht weniger gut geeignet ist, die astronomischen Beobachtungen zu erklaren als das Newtonsche Anziehungsgesetz verkniipft mit der Newtonschen Mechanik. Auch die Grundgleichungen fiir die elektromagnetischen Vorgange in ponderablen Korpern fiigen sich durchaus dem Weltpostulate. Sogar die von Lorentz gelehrte Ableitung dieser Gleichungen auf Grund von Vorstellungen der Elektronentheorie braucht zu dem Ende keines-wegs verlassen zu werden, wie ich anderwarts zeigen werde. Die ausnahmslose Giiltigkeit des Weltpostulates ist, so mochte ich glauben, der wahre Kern eines elektromagnetischen Weltbildes, der von Lorentz getroffen, von Einstein weiter herausgeschalt, nachgerade vollends am Tage liegt. Bei der Fortbildung der mathematischen Kon-sequenzen werden genug Hinweise auf experimented Verifikationen des Postulates sich einfinden, um auch diejenigen, denen ein Aufgeben altgewohnter Anschauungen unsympathisch oder schmerzlich ist; durch den Gedanken an eine prastabilierte Harmonie zwischen der reinen Mathematik und der Physik auszusohnen. 1) H. Minkowski, a. a. 0., p. 110.


[23] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]] Verlag von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin. H. Minkowski: Geometrie der Zahlen In 2 Lieferungen. I. Lieferung. [240 S.] gr. 8. 1896. Geh. n. M. 8.— Diese Schrift enthalt eine neue Art Anwendungen der Analysis des Unendlichen auf die Zahlentheorie oder, besser gesagt, kniipft ein neues Band zwischen diesen beiden Gebieten. Es werden hier in bezug auf eine Klasse von vielfachen Integralen einige Un-gleichheiten entwickelt, die eine fundamentale Bedeutung haben fur Fragen fiber approximative Losungen von Gleichungen durch rationale Zablen und fur Probleme, welche mit derartigen Fragen zusammenhangen. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht ein arithroetisches Prinzip von besonderer Fruchtbarkeit, dessen viel-seitige Verwendung auf der Mannigfaltigkeit von Einzelgestalten beruht, die eine nirgends konkave Flache mit Mittelpunkt dar-zubieten imstande ist. Das erste Kapitel enthalt eine eingehende Begrtmdung der Eigenschaften der nirgends konkaven Flachen. Im zweiten sind einige hier zu verwendende bekannte Satze aus der Funktionentheorie mit ihren Beweisen dargestellt. Das dritte Kapitel ist der Entwicklung des genannten Prinzips gewidmet. Das vierte bis siebente Kapitel bringt Anwendungen des Prinzips auf die approximative Auflosung von Gleichungen durch rationale Zahlen und durch ganze Zahlen, auf die Theorie der algebraischen Zahlen, auf die Theorie der quadratischen Formen usw., das achte Kapitel endlich eine besondere Untersuchung, die mit jenem Prinzip in loserem Zusammenhange steht. Geometrie der Zahlen ist das Buch betitelt, weil der Verf. zu den Methoden, die die in ihm gegebenen arithmetischen Satze liefern, durch raumliche An-schauung gefiihrt worden ist. Die vorliegende erste Lieferung enthalt bereits die meisten allgemeinen Theoreme, wahrend die in Vorbereitung befindliche Schlufilieferung noch mancherlei Anwendungen bringen wird.


[24] [[Bild:|thumb|Vorlage:Localurl: Seite korrekturlesen ]]

Yerlag von B. G.Teubner in Leipzig und Berlin. H. Minkowski: Diophantische Approximationen Eine Einfuhrung in die Zahlentheorie A. u. d. T.: Mathematische Vorlesungen an tier Universitat Gottingen. Bd. II Mit 82 in den Text gedruckten Figuren. [YIII u. 236 S.] gr. 8. 1907. In Leinwand geb. n. M. 8.— Vorliegende Vorlesung bezweckt eine Metamorphose im Lehr-gang der Zahlentheorie. Dieses Gebiet gilt gemeinhin als das ver-schlossenste im ganzen Umkreis der Matheniatik, in dem manchen der Halt der raumlichen Vorstellung zu schwinden und denjenigen, der einzudringen sucht, befremdend eine Empfindung der Leere vor den grofien Theoremen von der Zerlegung der Ideale in Prim-ideale, vom Zusammenhang der Einheiten usw. zu iiberkommen droht. In vorliegendem Buche wird der Leser die genannten Theoreme und damit eine feste Grundlage der Theorie der algebra-ischen Zahlkorper gewinnen, indem er sich fortgesetzt anschau-lichen analytischen und geometrischen Fragestellungen gegeniiber befindet, deren Losungen bisweiien in der Tat nur durch zweck-mafiig angelegte Figuren zu erlangen waren. Das Buch gliedert sich in 6 Abschnitte: 1. Anwendungen eines elementaren Prinzips. 2. Vom Zahlengitter in der Ebene. 3. Vom Zahlengitter im Raume. 4. Zur Theorie der algebraischen Zahlen. 5. Zur Theorie der Ideale. 6. Approximationen in ima-ginaren Korpern. Wenn auch die vom Verf. angewandten Methoden teilweise, allerdings in viel abstrakterer Darstellung, schon in seinem Buche ,,Geometrie der Zahlen" beriihrt worden sind, so durften doch die meisten Ausfiihrungen dieser Vorlesung (die zugleich als Vorl'aufer der noch ausstehenden Lieferung der Geometrie der Zahlen an-zusehen ist) als durchaus neu erscheinen.