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[[Datei:Bernhard Schlink.jpg|mini|Bernhard Schlink (2012)]]
 
'''Bernhard Schlink''' (* [[6. Juli]] [[1944]] in [[Dornberg (Bielefeld)|Großdornberg]], heute [[Bielefeld]]) ist ein [[Deutschland|deutscher]] [[Jurist]], ehemaligeremeritierter [[Hochschullehrer]] und [[Schriftsteller]]. Sein Roman ''[[Der Vorleser]]'' wurde zu einem internationalen Bestseller.
 
== Leben ==
Bernhard Schlinks Vater [[Edmund Schlink]] war [[Theologie]]professor in [[Heidelberg]], seine Mutter Irmgard Oswald, gebürtige Schweizerin, war ebenfalls Theologin. Sein Onkel mütterlicherseits war der Manager [[Heinrich Oswald (Manager)|Heinrich Oswald]],<ref>Jost auf der Maur: ''Dichter der Mutigen''. In: ''[[Schweizer Familie (Zeitschrift)|Schweizer Familie]]'' 20/2018 ([https://sonne.ch/images/content/presse/18/SFA1820_016_men_schlink.pdf PDF-Datei]).</ref> seine Tante väterlicherseits die evangelische Ordensgründerin [[Basilea Schlink]], sein Großvater [[Wilhelm Schlink (Physiker)|Wilhelm Schlink]] war Professor für Mechanik. Bernhard Schlinks Bruder [[Wilhelm Schlink (Kunsthistoriker)|Wilhelm Schlink]] war Professor für Kunstgeschichte an der Universität Freiburg. Seine Schwester Dorothea (1935–2019) war mit [[Klaus Engelhardt]] verheiratet, dem ehemaligen [[Landesbischof]] von [[Baden (Land)|Baden]].
 
Kurz nach seiner Geburt zog Schlinks Familie nach Heidelberg; dort verbrachte er seine Kindheit und besuchte das [[Kurfürst-Friedrich-Gymnasium Heidelberg|Kurfürst-Friedrich-Gymnasium]]. Er hat einen Sohn, der [[Zahnarzt]] ist. Heute lebt Schlink in [[New York City|New York]]<ref>[http://www.diogenes.de/leser/autoren/a-z/s/schlink_bernhard/biographie Bernhard Schlink].</ref> und [[Berlin]].
 
Schlink pendelt zwischen Wohnsitzen in New York und Berlin. Er hat eine US-ameikanische Lebensgefährtin und einen erwachsenen Sohn aus geschiedener Ehe.<ref>''„Der Vorleser“: Bernhard SchlinkSchiink wird 80 Jahre alt'', in: ''DIE WELT'' vom 5. Juli 2024</ref> Er ist Mitglied der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]].<ref>[http://www.tagesspiegel.de/politik/autor-und-spd-mitglied-bernhard-schlink-ich-erlebe-die-spd-als-einfallslos-mutlos-kraftlos/20921386.html „Ich erlebe die SPD als einfallslos, mutlos, kraftlos“].</ref>
 
== Schlink als Jurist ==
Schlink studierte [[Rechtswissenschaft|Jura]] an der [[Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg]] und an der [[Freie Universität Berlin|Freien Universität Berlin]]. Er war wissenschaftlicher Assistent an den Universitäten [[Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg|Heidelberg]], [[Technische Universität Darmstadt|Darmstadt]], [[Universität Bielefeld|Bielefeld]] und [[Albert-Ludwigs-Universität Freiburg|Freiburg]], in Heidelberg in der von seinem Doktorvater [[Adalbert Podlech]] geleiteten [[Arbeitsgruppe Recht und Mathematik]]<ref>A. Podlech (Hrsg.),: ''Rechnen und Entscheiden. Mathematische Modelle juristischen Argumentierens'', Berlin 1977.</ref>. Hier und bei einem Forschungsaufenthalt in den USA arbeitete er mit [[Walter Popp]] über [[künstliche Intelligenz]] im Recht, u.&nbsp;a. mit Stationen an der [[Stanford University]] und am [[Massachusetts Institute of Technology|MIT]]<ref>Popp, Walter und SchlinkPopp, Bernhard, Schlink: ''Artificial Intelligence (AI) in der Rechtsinformatik Stationen einer Forschungsreise in Nordamerika'', Band 4, Heft 4, Berlin-Boston 1975, S. 294–340.</ref>. Im Jahr 1975 wurde Schlink in Heidelberg zum Dr. jur. [[Promotion (Doktor)|promoviert]] (Titel der Dissertation: ''Abwägung im Verfassungsrecht'', erschienen 1976), und er [[Habilitation|habilitierte]] sich im Jahr 1981 bei [[Ernst-Wolfgang Böckenförde]] in [[Freiburg im Breisgau]] (mit einer Arbeit über ''Die Amtshilfe. Ein Beitrag zu einer Lehre von der Gewaltenteilung in der Verwaltung'', erschienen 1982). Vor der [[Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer]] berichtete Schlink auf der Tagung 1989 in [[Hannover]] über ''Die Bewältigung der wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen durch das Verwaltungsrecht''.<ref>{{Webarchiv|url=httphttps://www.dhv-speyer.de/wieland/vdstrl/inhalte/themen_berichterstatter.asp |wayback=20130630024814 |text=Themen und Berichterstatter des Jahrestagungen }} bei der [[Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer]].</ref>
 
Von 1982 bis 1991 war Schlink Professor für [[Öffentliches Recht]] an der [[Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn|Universität Bonn]] und von 1991 bis 1992 Professor für Öffentliches Recht, [[Sozialrecht (Deutschland)|Sozialrecht]] und [[Rechtsphilosophie]] an der [[Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main|Universität Frankfurt am Main]]. 1990 kam er als Gastprofessor und 1992 als Professor für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an die [[Humboldt-Universität zu Berlin]]. Von 1994 bis 2013 lehrte er außerdem an der [[Benjamin N. Cardozo School of Law]] in [[New York City|New York]] vergleichendes Verfassungsrecht, europäisches Recht und Recht und Literatur. Sein Nachfolger bei seiner Emeritierung 2009 wurde [[Christoph Möllers]]. Zu Schlinks Schülern zählen [[Stefan Korioth]] und [[Ralf Poscher]]. Zusammen mit dem Juristen und Hochschulprofessor [[Bodo Pieroth]] hat Schlink das Lehrbuch ''Grundrechte'' (30. Aufl. 2014) und mit dem Rechtsanwalt und ehemaligen Polizeipräsidenten [[Michael Kniesel]] das Lehrbuch ''Polizei- und Ordnungsrecht'' (7. Aufl. 2012) geschrieben; beide Lehrbücher werden seither von [[Thorsten Kingreen]] und Ralf Poscher fortgeführt. Seine [[Monografie]]n und Aufsätze beschäftigen sich außer mit rechtsdogmatischen und -philosophischen besonders mit wissenschaftsgeschichtlichen und -theoretischen Fragen.
Zusammen mit dem Juristen und Hochschulprofessor [[Bodo Pieroth]] hat Schlink das Lehrbuch ''Grundrechte'' (30. Aufl. 2014) und mit dem Rechtsanwalt und ehemaligen Polizeipräsidenten [[Michael Kniesel]] das Lehrbuch ''Polizei- und Ordnungsrecht'' (7. Aufl. 2012) geschrieben; beide Lehrbücher werden seither von [[Thorsten Kingreen]] und Ralf Poscher fortgeführt. Seine [[Monografie]]n und Aufsätze beschäftigen sich außer mit rechtsdogmatischen und -philosophischen besonders mit wissenschaftsgeschichtlichen und -theoretischen Fragen.
 
Von 1988 bis 2006 war Schlink Richter am [[Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen]] in [[Münster]]. 1990 hat er die Arbeitsgruppe des [[Runder Tisch|Runden Tisches]] ''Neue Verfassung der DDR''<ref>DocumentArchiv.de (HgHrsg.): ''[httphttps://www.documentarchiv.de/ddr/1990/ddr-verfassungsentwurf_runder-tisch.html Entwurf der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik der Arbeitsgruppe „Neue Verfassung der DDR“ des Runden Tisches]'', Berlin 1990.</ref> beraten.
 
Er war als Verfahrensbevollmächtigter und Gutachter vor dem [[Bundesverfassungsgericht]] und vor Verfassungsgerichten der Länder tätig, u. a. in Verfahren zur nordrhein-westfälischen [[Gemeinschaftsschule]], zur [[Bundestagswahl 1990|ersten gesamtdeutschen Wahl des Deutschen Bundestags]] und zum [[Schwangerschaftsabbruch]]. Im August 2005 vertrat er die [[Bundesregierung (Deutschland)|Bundesregierung]] im Verfahren über die Klagen zweier Bundestagsabgeordneter gegen die Entscheidung von [[Horst Köhler|Bundespräsident Köhler]], den [[Bundestagsauflösung 2005|Bundestag aufzulösen]] und [[Bundestagswahl 2005|Neuwahlen]] anzuberaumen.
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Auch weitere Bücher Schlinks wurden Bestseller, darunter ''Die Heimkehr'' (2006), ''Die Frau auf der Treppe'' (2014)<ref>[http://popshot.over-blog.de/article-bernhard-schlink-bericht-zur-lesung-am-11-september-2014-im-berliner-ensemble-124573874.html ''Bericht zur Lesung am 11. September 2014 im Berliner Ensemble.''] In: ''Popshot.over-blog'' vom 14. September 2014.</ref><ref>[http://www.philamuseum.org/collections/permanent/51449.html Bezug auf das Gemälde ''Nude Descending a Staircase (No. 2)''] von [[Marcel Duchamp]] (1912) und auf das Gemälde von [[Gerhard Richter]] [http://www.artnet.de/k%C3%BCnstler/gerhard-richter/ema-akt-auf-einer-treppe-8fnaJ1ud6z4Zno3Dv-4ehg2 ''„Ema“ Akt auf einer Treppe.'' (1992)] bei [[artnet]].</ref>, ''Olga'' (2018) und die Erzählsammlung ''Abschiedsfarben'' (2020). Aus der Erzählsammlung ''[[Liebesfluchten]]'' (2000) verfilmte [[Richard Eyre]] 2008 die Erzählung ''Der Andere'' mit [[Liam Neeson]], [[Antonio Banderas]] und [[Laura Linney]].<ref>{{IMDb|tt0974613|Abruf=2015-06-08}}</ref> [[Nina Grosse]] verfilmte 2013 den Roman ''Das Wochenende''.
 
In seinem derzeit letzten, im Oktober 2021 erschienenen Roman ''Die Enkelin'' mit Elementen aus der eigenen Biografie<ref>https://www.youtube.com/watch?v{{YouTube | uploader=radioeins | id=ybxkY3c--jk | title=Die Schöne Lesung mit Bernhard Schlink - "Die Enkelin" | upload=2022-03-27 | abruf=2024-02-25 | laufzeit=86:51 min}}</ref> geht es unter anderem um das noch immer schwierige Verhältnis zwischen Ost- und Westdeutschland. Dazu regte Schlink in einem in [[chrismon (Zeitschrift)|''chrismon'']] veröffentlichten Interview vom Dezember 2021 an, statt Ostdeutschen die Demokratiefähigkeit abzusprechen, solle man die Defizite sehen und beheben, auf die die Rechten reagieren.<ref>https://chrismon.evangelisch.de/artikel/2021/52178/bernhard-schlink-ueber-ost-und-west-und-voelkisches-denken</ref>
 
Schlinks Bücher behandeln laut Beate Dreike oft den Komplex [[Recht]] und [[Gerechtigkeit]]. So erweise sich etwa in den Selb-Romanen das Gesetz als ein unpassendes Instrument für die Herstellung von Gerechtigkeit lange zurückliegender Taten, und auch in ''Der Vorleser'' stelle sich die Frage, wie über Taten, die unter einem anderen Rechtssystem begangen wurden, zu urteilen sei. Dabei bleibe das Buch in seiner Position offen, was ihm auch Kritik eingebracht habe.<ref name="guardian" />
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Befragt nach der Motivation seiner Schriftstellertätigkeit, antwortete Schlink in einem Interview: „Ich schreibe aus demselben Grund, aus dem man auch liest: Man will nicht nur ein Leben leben.“<ref name="krimilexikon" /> Zum 75.&nbsp;Geburtstag Schlinks erinnerte Peter Mohr in [[literaturkritik.de]] an dessen Äußerung in der ''Frankfurter Allgemeinen Zeitung'' zehn Jahre zuvor, sein „zweites Leben“ als Schriftsteller habe sein Leben insgesamt nicht mehr verändert: „Ich war zu alt, als dass die neue Rolle mein Leben entscheidend hätte verändern können. Ich hatte meinen Ort in der Welt bereits gefunden.“ An anderer Stelle habe er über sein Schreiben erklärt: „Ich fand immer die Vorstellung schön, dass mein Buch an der Bahnhofsbuchhandlung gekauft, auf die Reise mitgenommen und im Zug gelesen wird.“ Schuld sei ein bedeutsames, aber keineswegs das einzige Thema seiner Bücher.<ref>{{Literatur |Titel=Schuld als Lebensthema. Zum 75. Geburtstag des Schriftstellers Bernhard Schlink am 6. Juli |Autor=Peter Mohr |Sammelwerk=[[literaturkritik.de]] |Datum=2019-07-05 |Online=https://literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=25811}}</ref>
 
2009 schenkte Schlink seine literarischen [[Manuskript]]e und [[Korrespondenz]]en dem [[Deutsches Literaturarchiv Marbach|Deutschen Literaturarchiv Marbach]].<ref>[https://web.archive.org/web/20141006132343/http://www.dla-marbach.de/aktuelles/pressemitteilungen/2009/index.html?tx_ttnews%5Btt_news%5D=14459&cHash=821ac4d83aa2c49d47200b07fbb0a90f Pressemitteilungen des DLA aus dem Jahr 2009].</ref> Das Manuskript zu ''Der Vorleser'' ist im [[Literaturmuseum der Moderne]] in Marbach in der Dauerausstellung zu sehen. 2023 wurde ''Der Vorleser'' in Wien anlässlich der Aktion ''[[Eine Stadt. Ein Buch.]]'' gratis verteilt.
 
Schlink ist Mitglied in der Schriftstellervereinigung [[PEN-Zentrum Deutschland]].
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* ''Polizei- und Ordnungsrecht mit Versammlungsrecht.'' Mit Bodo Pieroth und [[Michael Kniesel]]. 7. Aufl. C. H. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-64345-3.
 
=== BelletristikRomane und Erzählungen ===
Sämtlich im [[Diogenes Verlag]], Zürich erschienen:
* 1987: mit [[Walter Popp]]: ''Selbs Justiz.'' [[Kriminalroman]]. ISBN 3-257-21543-6.
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* 2020: ''Abschiedsfarben.'' Geschichten. ISBN 978-3-257-07137-5. ([[Liste der meistverkauften Belletristikbücher in Deutschland#2011 ff.|Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste vom 1. August bis zum 7. August 2020]])
* 2021: ''Die Enkelin.'' Roman. ISBN 978-3-257-07181-8.
* 2023: ''Das späte Leben.'' Roman. ISBN 978-3-257-07271-6.
 
=== Hörbuchfassungen seiner belletristischen Werke ===
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* 2004: [[Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland|Bundesverdienstkreuz (I. Klasse)]]
* 2014: [[Park-Kyung-ni-Literaturpreis]]
* 2023: [[Max Friedlaender (Jurist, 1873)|Max-Friedlaender]]-Preis
 
== Verfilmungen seiner Werke ==
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* Juliane Köster: ''Bernhard Schlink, Der Vorleser. Interpretation.'' Oldenbourg, München 2000, ISBN 3-486-88745-9.
* Micha Ostermann: ''Aporien des Erinnerns: Bernhard Schlinks Roman Der Vorleser.'' Dolega, Bochum 2004, ISBN 3-937376-03-8.
* Jakob Nolte (Herausgeber): ''Die Verfassung als Aufgabe von Wissenschaft, Praxis und Öffentlichkeit: Freundesgabe für Bernhard Schlink zum 70. Geburtstag'', C.F.Müller, Karlsruhe 2014, ISBN 978-3-8114-3929-0 ([https://books.google.de/books?id=M8VEBAAAQBAJ&pg=PR5&hl=de&source=gbs_selected_pages&cad=1#v=onepage&q&f=false Online]).
 
== Weblinks ==
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* [https://edoc.hu-berlin.de/handle/18452/2273 Bernhard Schlink, ''Rechtsstaat und revolutionäre Gerechtigkeit''] (Antrittsvorlesung)
* [https://www.rewi.hu-berlin.de/de/lf/oe/hfr/deutsch/2003-08.pdf ''Ist Würde wägbar?'' – Interview mit Bernhard Schlink] in [[Humboldt Forum Recht]]
* Dieter Grimm / Bernhard Schlink / Winfried Brugger: [https://www.rewi.hu-berlin.de/de/lf/oe/hfr/deutsch/2002-04.pdf Dieter Grimm / Bernhard Schlink / Winfried Brugger: ''Darf der Staat foltern?'' – Eine Podiumsdiskussion] in Humboldt Forum Recht
* [[WDR 5]] (Westdeutscher Rundfunk): [https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/tischgespraech/bernhard-schlink-124.amp ''Bernhard Schlink im Gespräch mit Gisela Steinhauer''] Tischgespräch vom 19. Juni 2024
 
== Einzelnachweise ==