[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K Leerzeichen vor Beleg entfernt, Links optimiert
Linkfix
(5 dazwischenliegende Versionen von 5 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 2:
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-R30019, Dr. Carl Peters.jpg|mini|Carl Peters, ca. 1893/1900<ref>Das Bild wird vom [[Bundesarchiv (Deutschland)|Bundesarchiv]] neuerdings auf den Zeitraum „ca. 1893/1900“ datiert. Ausschlaggebend ist die auffällige halbautomatische Pistole [[Borchardt C93]], da dieser Waffentyp erst 1893 entwickelt und von 1894 bis 1898 produziert wurde.</ref> [[Datei:Signatur Carl Peters.PNG|rahmenlos|centre]]]]
[[Datei:Neuhaus (Elbe) - 10Pf. 1921a.png|mini|Das Geburtshaus von Carl Peters auf einem [[Notgeld]]schein aus [[Neuhaus (Amt Neuhaus)|Neuhaus]], von [[1921]].]]
'''Carl Friedrich Hubertus Peters<ref>Vollst. Name nach Grundmann 1962; dort Faksimile des Kirchenbuchausschnitts</ref>''' (Vorname auch: Karl; * [[27. September]] [[1856]] in [[Neuhaus (Amt Neuhaus)|Neuhaus/Elbe]], [[Königreich Hannover]]; † [[10. September]] [[1918]] in [[Woltorf]] bei [[Peine]])<ref>Lebensdaten, Geburts- und Sterbeort hier nach: Deutsches Biographisches Jahrbuch. Überleitungsband II: 1917–1920. Stuttgart u.&nbsp;a. 1928, S. 285–298. ''Peters, Carl, Dr. phil.'' von [[Heinrich Schnee (Historiker)|Heinrich Schnee]]. Diese Angabe stimmt überein mit dem Sterberegister-Eintrag Woltorf, Nr. 5 (C.). Spätestens mit den ''Gesammelten Schriften'' 1943 taucht in der biographischen Literatur der letzte Wohnort [[Bad Harzburg]] als Sterbeort auf – evtl. weil die ''Privat-Heil-Anstalt in Woltorf'' nicht zu dem Bild von Peters passte.</ref> war ein [[Publizist]], [[Kolonialismus|Kolonialist]] und Afrikareisender mit stark ausgeprägter [[Rassismus|rassistischer]] Einstellung. Er gilt als Begründer der [[Kolonie]] [[Deutsch-Ostafrika]].
 
== Leben ==
=== Herkunft und frühe Jahre ===
[[Datei:Dr carl peters circa 1864.jpg|mini|hochkant|Carl Peters, etwa 8 Jahre, mit Schwestern]]
Carl Peters wurde als achtes von elf Kindern des evangelischen Pastors Carl Johann Heinrich Arnold<ref>Vollst. Name nach Grundmann 1962; dort Faksimile des Kirchenbuchausschnitts{{NDB|20|239|240|Peters, Carl|Karin Bruns|118790536}}; Uwe Wieben: ''Carl Peters. Das Leben eines deutschen Kolonialisten.'' Neuer Hochschulschriftenverlag, Rostock 2000, S. 19. {{DHM-HdG|Bio=carl-peters|Titel=Carl Peters|Autor=Susanne Eckelmann, Manfred Wichmann}}, geben den Vornamen des Vaters mit Johann an.</ref> Peters und dessen Ehefrau Elisabeth Charlotte,<ref>Vollst. Name nach Grundmann 1962; dort Faksimile des Kirchenbuchausschnitts</ref> geborene Engel, geboren. Er besuchte das Gymnasium [[Johanneum Lüneburg]] sowie die [[Kloster Ilfeld|Klosterschule Ilfeld]] und galt als intelligenter wie auch sportlicher Schüler. 1876 legte er die Reifeprüfung ab und wurde wegen Kurzsichtigkeit vom Wehrdienst befreit.<ref>Carl Peters: Lebenserinnerungen. Rüsch’sche Verlagsbuchhandlung, Hamburg 1918, S. 44 ([https://books.google.co.tz/books?id=W0pZCwAAQBAJ&printsec=frontcover&dq=carl+peters+milit%C3%A4rdienst&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjCopOas-jhAhWtUxUIHeMgCxwQuwUITjAG#v=onepage&q&f=false online bei google books)]</ref> Er studierte an den Universitäten [[Georg-August-Universität Göttingen|Göttingen]], [[Eberhard Karls Universität Tübingen|Tübingen]] und [[Humboldt-Universität zu Berlin|Berlin]] in den Fachgebieten Geschichte, Philosophie und Geografie. Zu seinen Dozenten gehörten der Theologe [[Carl Heinrich Weizsäcker]], die Historiker [[Bernhard von Kugler]], [[Georg Waitz]], [[Theodor Mommsen]], [[Gustav Droysen]], [[Heinrich von Treitschke]] und [[Karl Wilhelm Nitzsch]] sowie der Geograph [[Heinrich Kiepert]]. Neben dem Studium schrieb er journalistische Beiträge. Während seines Studiums wurde er 1879 Mitglied der ''[[Burschenschaft]] Primislavia Berlin''. Carl Peters gewann 1878 die „Goldene Ehrenmedaille für Kunst und Wissenschaft“ und promovierte 1879 zum Doktor der Philosophie mit der Arbeit ''Untersuchungen zum Frieden von Venedig''. Mit Bestehen des Oberlehrerexamens 1880 hätte er eine anschließende Referendarstelle als Gymnasiallehrer für Geographie und Geschichte einnehmen können.
 
=== Begegnung mit dem Britischen Empire ===
Zeile 24:
 
[[Datei:Usagara Usegua Nguru.jpg|mini|350px|Die Ausgangsgebiete der DOAG 1885 (unterstrichen) in Usagara, Usegua und Nguru (Kolonialatlas 1920)]]
Am 11. November setzte die Gruppe über nach [[Sadani]] auf dem Festland gegenüber der Insel Sansibar. Sie folgten dem Lauf des Flusses Wami ins Landesinnere. Hier begann Peters dann, „[[Schutzvertrag|Schutzverträge]]“ mit einheimischen Herrschern abzuschließen. Das Ziel seiner Reise war die Region [[Usagara]], mit deren Herrscher<ref>Peters (Gründung S. 77) hielt dessen Namen irrtümlich als "Muinin Sagara" fest, Pfeil (S. 77) schrieb korrekter "Muinye Sagara"; "Mwinyi" ist ein Herrschertitel.</ref> er am 4.&nbsp;Dezember 1884 einen Vertrag geschlossen hatteschloss.<ref>[http://www.deutsche-schutzgebiete.de/ostafrika-schutzvertrag.htm Vertrag mit dem Sultan von Usagara vom 4. Dezember 1884]</ref> Auf dem Hinweg wurden in der Küstenlandschaft [[Useguha]] und auf dem Rückweg in den Regionen [[Nguru (Region)|Nguru]] und [[Ukami]] ebenfalls Verträge abgeschlossen.<ref>Rochus Schmidt: ''Deutschlands Kolonien''. Band 1, Berlin: Verlag des Vereins der Bücherfreunde Schall & Grund, 1898, S. 12ff. (Reprint durch Weltbild Verlag, Augsburg 1998, ISBN 3-8289-0301-0)</ref> Die Aktivitäten bestanden darin, dass Peters örtliche Oberhäupter aufsuchte und ihnen – oft nach reichlichem Alkoholgenuss – deutschsprachige Schriftstücke vorlegte, auf die sie dann Kreuze als Unterschrift zeichneten. Darin wurde ihnen Schutz vor Feinden zugesagt, umgekehrt wurden die Rechte der Kolonisationsgesellschaft so beschrieben, dass sie die alleinigen und uneingeschränkten Rechte hätten, Zölle und Steuern zu erheben, eine Justiz und Verwaltung einzurichten, bewaffnete Truppen ins Land zu bringen und Siedlern die „Berge, Flüsse, Seen und Forsten“ zur beliebigen Nutzung zu überlassen. Eine Prüfung, ob die afrikanischen Vertragspartner verstanden, was sie vorgelegt bekamen, oder ob sie überhaupt eine Vollmacht hatten, über die angesprochenen Befugnisse zu verfügen, wurde nicht vorgenommen.
 
Das Ziel von Carl Peters bestand darin, Schutzbriefe des Reiches für die „erworbenen“ Gebiete zu erhalten. Jedoch äußerte sich Reichskanzler [[Otto von Bismarck]] abschätzig über das, was Peters nach seiner Rückkehr der Reichsregierung vorlegte: „ein Stück Papier mit Neger-Kreuzen drunter“. Peters drohte damit, dass König [[Leopold II. (Belgien)|Leopold von Belgien]], der nach der [[Kongokonferenz]] gerade sein Reich in Zentralafrika ausbaute, auch an Ostafrika Interesse hätte.<ref>[https://archive.org/details/lebenserinnerung00peteuoft Carl Peters: Lebenserinnerungen, Hamburg (Rüsch’sche Verlagsbuchhandlung) 1918, S.&nbsp;78f, via archive.org] via google books, Ansicht im Mai 2016</ref> Bismarck lenkte ein, auch aus innenpolitischer Rücksicht gegenüber seinen [[nationalliberale]]n Verbündeten im Reichstag, und ließ, nach Vorbild britischer Charters, der in [[Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft]] (DOAG) umbenannten Kolonialvereinigung einen kaiserlichen Schutzbrief über die Landschaften Usagara, Nguru, Useguha und Ukami ausstellen.<ref> Eine Idee aus Peters Freundeskreis, diese Gebiete „Petersland“ zu nennen, fand keine Zustimmung; der Begriff fand später in der Kolonialpropaganda der NS-Zeit eine beschränkte Verwendung. Vgl. [http://books.google.com/books?id=orAvAAAAIAAJ&q=%22Petersland%22&dq=%22Petersland%22&hl=de&ei=hjKdTonJKc_BtAbpsfmYCQ&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=4&ved=0CDkQ6AEwAzge H. Froembgen (1941): Wissmann, Peters, Krüger, S.&nbsp;122]</ref> Damit hatte Peters Kolonialvereinigung den nötigen Rückhalt zur weiteren Ausdehnung.
Zeile 56:
 
== Rezeption ==
Vertreter des Kolonialwesens feierten Peters als weitblickendes Genie, als tatkräftigen Helden, als um sein Vaterland hochverdienten Kolonialpolitiker. „Der ebenso geniale wie tatkräftige Carl Peters trat in schärfster Weise gegen jene weltfremde Kreise an, die in der Kolonialfrage immer nur theoretisch herumreden, aber nie praktisch handeln wollten.“ Während des „Dritten Reichs“ wurde Peters als geistiger Vater des Nationalsozialismus „wiederentdeckt“ und in zahlreichen Büchern, auf einer Briefmarke sowie in dem [[Carl Peters (Film)|gleichnamigen Spielfilm]] mit [[Hans Albers]] in der Titelrolle geehrt. In zahlreichen Städten wurden Straßen nach ihm benannt. Das [[Schnellbootbegleitschiff]] der [[Kriegsmarine]] ''[[Carl Peters (Schiff, 1939)|''Carl Peters]]'']] trug seinen Namen. Ein Schiff mit dem Namen ''[[Dr. Carl Peters (Schiff)|Dr. Carl Peters]]'' wurde bereits zu Lebzeiten gebaut, aber nicht eingesetzt. An der Universität Berlin bestand ab 1937 eine nach dem Burschenschafter Peters benannte ''[[Kameradschaft (Studentenorganisation)|Kameradschaft]] Carl Peters'' des [[Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund|NSDStB]] (vormalige ''Berliner Burschenschaft Allemannia'').<ref>{{Literatur |Autor=Bernhard Grün |Titel=Zwischen Fronteinsatz und Freiheitsklang – Studententum und Kameradschaftswesen im Nationalsozialismus |Hrsg=Detlef Frische, Wolfgang Kümper |Sammelwerk=Historia academica |Band=57 |Ort=Würzburg |Datum=2019 |Seiten=67}}</ref> [[Adolf Hitler]] hob 1937 die Verurteilung des Jahres 1897 postum wieder auf. Die „[[Hans Hagemeyer#Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums|Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums]]“ lobte 1938, dass Peters „den Gedankengängen des Dritten Reiches bereits vor fünfzig Jahren“ nahestand.
 
{{Siehe auch|Deutscher Kolonialismus in der Zeit des Nationalsozialismus}}