„Ernährungssoziologie“ – Versionsunterschied

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Was Menschen essen und was nicht, in welchen Zubereitungsformen und zu welchen Mahlzeiten, ist gesellschaftlich bedingt und in verschiedenen Kulturen unterschiedlich. Da der Stoffwechsel des menschlichen Organismus prinzipiell omnivor funktioniert, kann darüber entschieden werden, welche Nahrungsmittel produziert oder aus einem bestehenden Angebot er konsumiert werden sollen. Dabei können in einzelnen Situationen sowohl bewusste als auch sozialstrukturell unbewusste Gründe eine Rolle spielen. Verschiedene kognitive und psychosoziale Faktoren spielen in der konkreten Entscheidungssituation ''womit'' sich ''wie'' ernährt wird, ebenso eine Rolle wie ökonomische und gesundheitliche Variablen, Gewohnheiten, persönlicher Geschmack und emotionale Befindlichkeit. Eine wichtige Rolle spielen auch Bezugspersonen und soziales Umfeld, zum Beispiel durch Vermittlung eines bestimmten [[Schönheitsideal]]s. Auch der [[Geltungskonsum]] erlesener Speisen und Getränke gehört hierzu. Das aus subjektiven Präferenzen resultierende Konsumverhalten muss aus objektiver [[Ernährungsphysiologie|ernährungsphysiologischer]] Sicht nicht optimal sein.
 
[[Sozialverhalten|Ernährungsverhalten]] kann erfasst, statistisch ausgewertet und in Modelle umgesetzt werden. Daraus ablesbare [[PatternMuster|Konsummuster]] können soziologisch analysiert und gedeutet werden.
 
Auch die [[Ethnologie]], wie etwa [[Audrey Richards]], hat hier einschlägige Beiträge erarbeitet, wobei es mehrfache Überschneidungen zur Ernährungssoziologie gibt, wie das deutschsprachige Einführungswerk "Kulinarische Ethnologie – Beiträge zur Wissenschaft von eigenen, fremden und globalisierten Ernährungskulturen" belegt, in dem Ethnologen und Soziologen gemeinsam den aktuellen Forschungsstand (2018) publizierten. Der Terminus "Kulinarische Ethnologie" wiederum leitet sich aus einem Werk des auch in der Soziologie stark rezepiertenrezipierten Ethnologen [[Claude Lévi-Strauss]] ab, der 1968 ein Buchkapitel mit dem Titel "Petit traité d’ethnologie culinaire" (dt. ''Eine kleine Abhandlung in kulinarischer Ethnologie'') veröffentlichte.
 
== Soziologische Klassiker zur Ernährungssoziologie ==
 
Ernährung ist in der Soziologie von Anfang an und wiederkehrend ein Thema gewesen, wenngleich keines, das herausragend ausgearbeitet worden wäre. Als wegweisend gilt der Aufsatz von [[Georg Simmel]] "''Soziologie der Mahlzeit"'' von 1910, in dem er vergemeinschaftende Aspekte des gemeinsamen Essen und Trinkens herausarbeitet.<ref>Georg Simmel: ''Soziologie der Mahlzeit.'' In: ''Der Zeitgeist, Beiblatt zum Berliner Tageblatt Nr. 41'' (= ''Festnummer zum hundertjährigen Jubiläum der Berliner Universität.''). Berlin 1910, S. 1–2. ([httphttps://socio.ch/sim/verschiedenes/1910/mahlzeit.htm online])</ref> [[Norbert Elias]] beschreibt in "''[[Über den Prozess der Zivilisation"]]'' wie sich Tischsitten und die Verwendung von Esswerkzeugen (Besteck) sukzessive über die Jahrhunderte entwickelte und auch [[Pierre Bourdieu]] führt in seinem Hauptwerk "''[[Die feinen Unterschiede"]]'' aus, wie Ernährungshandeln und Ernährungsverhalten als kulturelles Kapital habitualisiert zum Einsatz kommt.
 
== Komplexität der Ernährung in der Gegenwart ==
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== Materielle Kultur der Ernährung ==
Die Benutzung von bestimmtem [[Essbesteck]] ist nicht physiologisch zwingend, außer um die Nahrung mundgerecht vor dem Verzehr zu verkleinern. In [[Norbert Elias]]' ''[[Über den Prozess der Zivilisation]]'' findet sich eine aufschlussreiche Erörterung zum Bedeutungswandel des [[Messer]]s und der Einführung der [[Gabel (Werkzeug)|Gabel]]. Den Einfluss sozialkultureller Faktoren auf die Verwendung von Essbesteck lässt sich unter anderem daran erkennen, dass weltweit nur eine Minderheit der Menschen überhaupt Esswerkzeuge (Gabel, Löffel, Messer, Stäbchen) verwendet. Der Großteil der Esskulturen beinhaltet keinerlei Esswerkzeuge oder Reglements, solches zu benutzen. Stattdessen wurde die meiste Zeit der Menschheitsgeschichte und auch noch heute wird, weltweit gesehen, überwiegend mit der Hand gegessen.
 
== Siehe auch ==
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== Einzelnachweise ==
<references />
 
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