„Geschichte des Krankenhauses“ – Versionsunterschied

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Aus heutiger Sicht haben die psychosomatischen Ursachen vieler Krankheiten, die Bereitschaft und der Glaube der Hilfesuchenden sowie die Ausstrahlung des Ortes sehr wahrscheinlich zu der Wechselwirkung beigetragen, die den Erfolg der Tempelmedizin im Zeichen des Asklepios gewährleistet hat.<ref>Heinz Schmitz: [http://outis.info/asklepios.htm ''Wenn Götter heilen. Das Heiligtum des Asklepios in Epidauros''.]</ref><ref>Franz Biba: [http://www.apotheker.or.at/Internet/OEAK/NewsPresse_1_0_0a.nsf/ca4d14672a08756bc125697d004f8841/49712c01bd081b43c1256ac60034f51b/$FILE/schlange%C3%96AZ.pdf ''Asklepios und das Schlangensymbol in Pharmazie und Medizin''.] (PDF; 1,2&nbsp;MB)</ref>
 
== Indien ==
Der buddhistische König [[Ashoka|Aśoka]] hatte gemäß [[Iwan Bloch]] bereits im 3. Jahrhundert v. Chr. Krankenhäuser für Menschen und Tiere eingerichtet.<ref>[[Conrad Brunner]]: ''Über Medizin und Krankenpflege im Mittelalter in Schweizerischen Landen'' (= ''Veröffentlichungen der [[Schweizerische Gesellschaft für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften|Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften]].'' Band 1). Orell Füssli, Zürich 1922, S. 88.</ref>
 
== Valetudinarium ==
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== Xenodochion und Hospital ==
Mit der Gründung (um 370) einer großen Krankenanstalt (genannt Basileias) durch [[Basilius der Große|Basilius den Großen]] in der Nähe von [[Caesarea in Kappadokien]] begann die christliche „Hospitalgeschichte“.<ref>Michael Dörnemann: ''Krankheit und Heilung in der Theologie der frühen Kirchenväter.'' Mohr Siebeck, 2003. ISBN 978-3-16-148161-1. S. 198ff.</ref>
Sie bestand aus mehreren Abteilungen, vielleicht auf einzelne Häuser verteilt, in denen Reisende, Arme, Alte und Kranke entsprechend dem christlichen Gebot der Barmherzigkeit und Nächstenliebe Unterkunft und Pflege fanden. Wie das genannte Beispiel des ersten großen Xenodochions (griechisch ξενοδοχεῖον ''xenodocheion'', Fremdenheim, Fremdenhaus, Aufnahmeort für Fremde, Herberge, Fremdenspital; von ''xenos'' = Fremder, ''dechomai'' = aufnehmen; lateinisch ''Xenodochium'')<ref>Vgl. auch [[Conrad Brunner]]: ''Über Medizin und Krankenpflege im Mittelalter in Schweizerischen Landen'' (= ''Veröffentlichungen der [[Schweizerische Gesellschaft für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften|Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften]].'' Band 1). Orell Füssli, Zürich 1922, S. 89.</ref> zeigt, handelte es sich bei den Xenodochien (bzw. Xenodochia)<ref>Th. Szabó: ''Xenodochia, Hospitäler und Herbergen – kirchliche und kommerzielle Gastung im mittelalterlichen Italien (7. bis 14. Jh.).'' In: H. C. Peyer (Hrsg.): ''Gastfreundschaft, Taverne und Gasthaus im Mittelalter.'' München/ Wien 1983 (= ''Schriften des Historischen Kollegs.'' Band 3), S. 61–92.</ref> um Mischanstalten, die Fremden und Armen, aber auch Kranken, Unterkunft und Pflege boten, wobei die genannte Anstalt wahrscheinlich die erste war, die zur medizinischen Versorgung ausgebildete Ärzte bereithielt (siehe Hospital).
Dem Vorbild des vor allem im [[Westfrankenreich|westfränkischen]] Raum verbreiteten<ref>[[Siegfried Reicke]]: ''Das deutsche Spital und sein Recht im Mittelalter.'' 2 Bände. Stuttgart 1932 (= ''Kirchenrechtliche Abhandlungen.'' 111–114); Neudruck Amsterdam 1961, S. 3–9.</ref> frühchristlichen Xenodochiums folgend<ref>Kristian Bosselmann-Cyran: ''Xenodochium.'' In: [[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1509.</ref> entstanden zahlreiche Hospize oder Hospitäler speziell für Pilger. Sie wurden von der Kirche oder von Mönchen entlang der Pilgerwege und an den Zielorten der Pilger im östlichen Mittelmeerraum und in Nordafrika erbaut.
 
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== Klostermedizin ==
Die Hospitäler im Mittelalter waren vor allem Ort der Fürsorge für Arme und Hilfsbedürftige, für Alte, für Waisen- und Findelkinder, für Pilger und Fremde. Daneben dienten sie der Krankenversorgung, die allerdings nur in sehr bescheidenem Umfang möglich war; so war eine Präsenz von Ärzten in den frühen Hospitälern eher selten. Einen Stadtarzt (Physikus), der das Spital mitversorgte, gab es allenfalls in den großen Städten. Zunächst als geistliche Einrichtungen bei Klöstern und Kirchen gegründet, wurden die Hospitäler im 12. und 13. Jahrhundert zunehmend religiösen [[Bruderschaft|Laienbruderschaften]] übertragen, die neben dem karitativen Dienst auch die Verwaltung übernahmen. Durch Schenkungen und Stiftungen wurden die Hospitäler zu bedeutsamen Wirtschaftsbetrieben, die teilweise über beträchtliche Vermögen verfügten. Hierzu trugen vor allem die Pfründner bei, die sich in die Hospitäler zu ihrer Alterssicherung und Altersversorgung „einkauften“.
Die [[Klostermedizin]], die auch als [[monastisch]]e oder Mönchsmedizin bezeichnet wird, breitete sich nach dem Zusammenbruch des Römischen Weltreiches vom 6. bis zum 12. Jahrhundert im lateinischen Abendland aus.<ref>Tobias Niedenthal: ''Wie die Heilkunst in die Klöster kam.'' In: Rudolf Walter (Hrsg.): ''Gesundheit aus Klöstern.'' [[Verlag Herder]], Freiburg 2013. S. 6f. ISBN 978-3-451-00546-6</ref>
 
Sie ist grundsätzlich abzugrenzen von der [[Medizin in der mittelalterlichen islamischen Welt|arabischen]] und der [[Byzantinische Medizin|byzantinischen Medizin]], die – im Unterschied zur Klostermedizin – die wissenschaftliche Tradition der [[Antike]] systematisch aufnehmen und weiterführen.
Die [[Klostermedizin]], die auch als [[monastisch]]e oder Mönchsmedizin bezeichnet wird, breitete sich nach dem Zusammenbruch des Römischen Weltreiches vom 6. bis zum 12. Jahrhundert im lateinischen Abendland aus.<ref>Tobias Niedenthal: ''Wie die Heilkunst in die Klöster kam.'' In: Rudolf Walter (Hrsg.): ''Gesundheit aus Klöstern.'' [[Verlag Herder]], Freiburg 2013. S. 6f. ISBN 978-3-451-00546-6</ref> Sie ist grundsätzlich abzugrenzen von der [[Medizin in der mittelalterlichen islamischen Welt|arabischen]] und der [[Byzantinische Medizin|byzantinischen Medizin]], die – im Unterschied zur Klostermedizin – die wissenschaftliche Tradition der [[Antike]] systematisch aufnehmen und weiterführen. Die Mönchsmedizin begann mit der Klostergründung auf dem [[Montecassino|Monte Cassino]] durch [[Benedikt von Nursia]] um 529. Die [[Benediktinerregel]] macht die Krankenpflege für die Mönche zur christlichen Pflicht.<ref name="klostermedizin">[http://welterbe-klostermedizin.de/index.php/die-klostermedizin ''Die Klostermedizin''.] [[Forschergruppe Klostermedizin]].</ref> Auch die Regel des [[Chrodegang]] aus dem 8. Jahrhundert (''Regula canonicorum'') sah die Sorge um die Kranken (durch den ''infirmarius'') sowie die Sorge um die Bedürftigen (durch den ''hospitalarius'') vor.<ref>Peter Kolb: ''Das Spital- und Gesundheitswesen.'' In: Ulrich Wagner (Hrsg.): ''Geschichte der Stadt Würzburg.'' 4 Bände, Band I-III/2 (I: ''Von den Anfängen bis zum Ausbruch des Bauernkriegs.'' 2001, ISBN 3-8062-1465-4; II: ''Vom Bauernkrieg 1525 bis zum Übergang an das Königreich Bayern 1814.'' 2004, ISBN 3-8062-1477-8; III/1–2: ''Vom Übergang an Bayern bis zum 21. Jahrhundert.'' 2007, ISBN 978-3-8062-1478-9), Theiss, Stuttgart 2001–2007, Band 1, 2001, S. 386–409 und 647–653, hier: S. 386 f.</ref>
Die Mönchsmedizin begann mit der Klostergründung auf dem [[Montecassino|Monte Cassino]] durch [[Benedikt von Nursia]] um 529.
Die [[Benediktinerregel]] macht die Krankenpflege für die Mönche zur christlichen Pflicht.<ref name="klostermedizin">[http://welterbe-klostermedizin.de/index.php/die-klostermedizin ''Die Klostermedizin''.] [[Forschergruppe Klostermedizin]].</ref> Auch die Regel des [[Chrodegang]] aus dem 8. Jahrhundert (''Regula canonicorum'') sah die Sorge um die Kranken (durch den ''infirmarius'') sowie die Sorge um die Bedürftigen (durch den ''hospitalarius'') vor.<ref>Peter Kolb: ''Das Spital- und Gesundheitswesen.'' In: Ulrich Wagner (Hrsg.): ''Geschichte der Stadt Würzburg.'' 4 Bände, Band I-III/2 (I: ''Von den Anfängen bis zum Ausbruch des Bauernkriegs.'' 2001, ISBN 3-8062-1465-4; II: ''Vom Bauernkrieg 1525 bis zum Übergang an das Königreich Bayern 1814.'' 2004, ISBN 3-8062-1477-8; III/1–2: ''Vom Übergang an Bayern bis zum 21. Jahrhundert.'' 2007, ISBN 978-3-8062-1478-9), Theiss, Stuttgart 2001–2007, Band 1, 2001, S. 386–409 und 647–653, hier: S. 386 f.</ref>
 
Zur Unterbringung der Armen, Kranken und Fremden gab es in den Klöstern verschiedene Formen der Herbergen:
* das Haus für Arme und Pilger (''Hospitale pauperum'', „Spital der Dürftigen“<ref>Vgl. [[Conrad Brunner]]: ''Über Medizin und Krankenpflege im Mittelalter in Schweizerischen Landen'' (= ''Veröffentlichungen der [[Schweizerische Gesellschaft für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften|Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften]].'' Band 1). Orell Füssli, Zürich 1922, S. 99.</ref>),
* das Haus für Arme und Pilger (''Hospitale pauperum''),
* das Gästehaus für reiche Pilger (''Hospitium''),
* und den Krankensaal<ref>[[Kay Peter Jankrift]]: ''Infirmarium.'' In: [[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 671.</ref> für Mönche (''Infirmarium'').
 
Klosterhospitäler ähnelten z.&nbsp;T. Gotteshäusern (Kirchenschiff mit Altar); die Krankenpflege folgt hier neben der Pflege und Versorgung sonstiger Hilfsbedürftiger eher der Idee eines Gottesdienstes als einem medizinisch begründeten Hilfsprogramm. Die Ära der Klostermedizin ging im 12. Jahrhundert zu Ende. Das Konzil von Clermont sprach 1130 ein Praxisverbot für Geistliche aus.<ref name="klostermedizin" /> Im Vergleich zum Abendland, wo das Hospital aus religiösen Motiven weitgehend getrennt von der Medizin betrieben wurde, kam es im Orient relativ früh zu einem medizinischen Krankenhaus.
Die Ära der Klostermedizin ging im 12. Jahrhundert zu Ende. Das Konzil von Clermont sprach 1130 ein Praxisverbot für Geistliche aus.<ref name="klostermedizin" />
Im Vergleich zum Abendland, wo das Hospital aus religiösen Motiven weitgehend getrennt von der Medizin betrieben wurde, kam es im Orient relativ früh zu einem medizinischen Krankenhaus.
 
Im [[Perserreich|persischen Reich]] wurde schon in [[Sassanidenreich|sassanidischer]] Zeit die [[Akademie von Gundischapur]] gegründet, in der eine theoretische und praktische Ausbildung stattfand.
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Die Gründung von Krankenpflegeanstalten ist bei den Muslimen wie bei den Christen religiös begründet; Fürsorge für die Armen und Bedürftigen ist eine Pflicht. Das gesetzliche Almosen (arab. [[Zakat]]) ist die Dritte der „Fünf Säulen des Islam“.
 
Aufgrund dessen wurden Krankenhäuser meist im Rahmen einer religiösen Stiftung (''[[Waqf]]'') gegründet.<ref name="Shanks">{{cite journal| lastlast1=Shanks| first|first1=Nigel J.| author|last2=Dawshe, |first2= Al-Kalai | title=Arabian medicine in the Middle Ages| journal=Journal of the Royal Society of Medicine| date=1984-01| volume=77| pages=60–65| pmc=1439563 | pmid=6366229| issue=1}}</ref> Die Statuten solcher Stiftungen legten oft fest, dass niemand abgewiesen werden dürfe und bleiben solle, bis die Gesundheit vollständig wieder hergestellt worden sei.<ref name="Rahman">{{cite journal |last=Rahman |first=Haji Hasbullah Haji Abdul |title=The development of the Health Sciences and Related Institutions During the First Six Centuries of Islam |journal=ISoIT |year=2004 |pages=973–984}}</ref><ref name="Miller">{{cite journal| url=http://jrs.sagepub.com/content/99/12/615.short| first=Andrew C.| last=Miller| title=Jundi-Shapur, bimaristans, and the rise of academic medical centres| journal=Journal of the Royal Society of Medicine| doi=10.1258/jrsm.99.12.615| date=2006| volume=99| pages=615–617| accessdate=2015-12-29| archiveurl=https://web.archive.org/web/20151229013045/http://jrs.sagepub.com/content/99/12/615.short| archivedate=2015-12-29}}</ref><ref name="Nagamia">{{cite journal |last=Nagamia |first=Hussain |title=Islamic Medicine History and Current Practice |journal=Journal of the International Society for the History of Islamic Medicine |date=2003-10 |volume=2 |issue=4 |pages=19–30 |url=http://www.ishim.net/ishimj/not%20used/not%20used/JISHIM%20VOL.2%20NO.4%20PDF.pdf#page=24 |format=PDF |accessdate=2015-12-29}}</ref>
 
In der islamischen Kultur entstanden in den meisten großen Städten Krankenhäuser ({{faS|بیمارستان&lrm;|DMG=Bimaristan|de=Krankenhaus}}, {{trS|Darüşşifa}} oder auch Şifahane), die zunächst Personen mit ansteckenden oder psychiatrischen Krankheiten eher isolieren als behandeln sollten.<ref name="Horden">{{cite journal |last=Horden |first=Peregrine |title=The Earliest Hospitals in Byzantium, Western Europe, and Islam |journal=Journal of Interdisciplinary History |date=2005 |volume=35 |issue=3 |pages=361–389 |doi=10.1162/0022195052564243}}</ref> Später waren die Bimaristans wie öffentliche Krankenhäuser und Forschungseinrichtungen organisiert, und bildeten auch Studenten aus.<ref>{{Literatur |Autor=Françoise Micheau |Titel=The Scientific Institutions in the Medieval Near East, in: Régis Morelon, Roshdi Rashed, Encyclopedia of the History of Arabic Science |Verlag=Routledge |Datum=1996 |ISBN=0-415-12410-7 |Seiten=991–2}}</ref>
 
In Konstantinopel gab es bereits im späten 7. Jahrhundert stationäre Einrichtungen für Kranke, sogenannte ''Nosokomien'', die auch eine Ausbildung am Krankenbett ermöglichten.<ref>[[Ortrun Riha]]: ''Mittelalterliche Heilkunst. Das Arzneibuch Ortolfs von Baierland (um 1300).'' [[Deutscher Wissenschafts-Verlag]], Baden-Baden 2014, ISBN 978-3-86888-071-7, S. 17.</ref>
 
Bimaristans behandelten Kranke unabhängig von Herkunft oder Religion. Krankenhäuser finden sich meist als Teil eines Gebäudekomplexes um eine [[Moschee]] herum, dem eine Schule ([[Madrasa]]), Bibliothek, Apotheke und Küche zugeordnet waren. Männer und Frauen wurden in getrennten, aber gleich ausgestatteten Abteilungen behandelt.<ref name="Nagamia" /><ref name="Rahman" /> Je nach Größe des Bimaristan konnten eigene Abteilungen für Geistes-, Infektions- und Augenkrankheiten, chirurgische und nicht-chirurgische Fälle eingerichtet werden.<ref name="Shanks" />
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== Vom Spital für Arme zum modernen Krankenhaus ==
 
Im 17. Jahrhundert brachte der französische [[Absolutismus]] einen neuen Hospitaltyp hervor, der in anderen Staaten zum Vorbild genommen wurde. In Paris wurde das [[Hôpital général]] für Männer und Frauen gegründet, in denen sich eigene Irrenabteilungen befanden.
Zu den frühesten deutschen Anstalten gehörte das Zucht- und Tollhaus in [[Celle]] (Bau: 1710–1739). Die staatspolitische Zielsetzung der zentralen Erfassung und [[Disziplinierung]] der gesamten arbeitsfähigen Bevölkerung spiegelte sich im Grundriss wider.
Das vorgeschaltete [[Zuchthaus]] für ein Strafvollzug, um den Zuchthof gruppiert, und das anschließende [[Psychiatrische Klinik|Tollhaus]], das um den Tollhof angeordnet war.
Im Zentrum stand eine Kirche. Die Irren waren in Tollkoyen (Zellen) untergebracht, die das Aussehen von Käfigen hatten. Diese waren jeweils mit einer eigenen Toilette ausgestattet; die Exkremente wurden direkt in einen Kanal eingeleitet, der unter dem Tollhaus hindurchfloss.
 
Im 17. Jahrhundert wurde die Unterweisung der Medizinstudenten am Krankenbett, der klinische Unterricht, eingeführt.,<ref>[[Robert Schwab (Mediziner, 1905)|Robert Schwab]]: ''Über die Bedeutung des Juliusspitals für die Entwicklung der Inneren Medizin.'' In: ''Das Juliusspital Würzburg in Vergangenheit und Gegenwart: Festschrift aus Anlaß der Einweihung der wiederaufgebauten Pfarrkirche des Juliusspitals am 16. Juli 1953.'' Hrsg. vom Oberpflegeamt des Juliusspitals. Würzburg 1953, S. 14–24, hier: S. 16.</ref> dessen erste Anfänge im 16. Jahrhundert von Padua ausgingen.<ref>[[Paul Diepgen]], [[Heinz Goerke]]: ''[[Ludwig Aschoff|Aschoff]]/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin.'' 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 23.</ref> Im 18. Jahrhundert kamen die ersten modernen Krankenhäuser auf. So wurde im Jahre 1710 die [[Charité]] als Pestkrankenhaus gegründet, jedoch erst 1727 zum „Lazareth und Hospital“ für das 1724 gegründete, staatliche „[[Collegium medico-chirurgicum]]“.<ref name="frank12" /> 1717 wurde durch J. Juncker in [[Halle (Saale)|Halle an der Saale]] das Krankenhaus der [[Franckesche Stiftungen]] für den klinischen Unterricht (Collegium clinicum Halense) genutzt. Eine erstmals als „Krankenhauß“ bezeichnete, jedoch weitgehend noch als Asyl für schwerkranke alte Menschen fungierende Anstalt wurde am 9. Juli 1770 in Nürnberg<ref>Manfred Vasold: ''Zur Situation der Nürnberger öffentlichen Krankenhäuser und Spitäler 1770 bis 1845.'' In: ''Würzburger medizinhistorische Mitteilungen.'' Band 17, 1998, S. 399–438, hier: S. 400 f.</ref> eröffnet.
[[Datei:AAKH-1784.jpg|mini|Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien 1784]]
[[Datei:Peter Friedrich Ludwig Hospital Oldenburg.JPG|mini|[[Peter Friedrich Ludwigs Hospital]] von 1841 war das erste Krankenhausmuseum der Welt]]
[[Datei:Irrenschloss am Affenstein, Frankfurt.jpg|mini|Irrenschloss, Frankfurt, Main 1864]]
Mit der Eröffnung des [[Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien|Allgemeinen Krankenhauses in Wien]] setzte 1784 Kaiser Joseph&nbsp;II. Maßstäbe bei Großkrankenhäusern in Mitteleuropa. Die 2000 Betten fassende Einrichtung entstand durch Umbau des Großen Armenhauses. Ungewohnt waren die weiten baumbewachsenen Höfe und Gärten. Die 111 Krankenzimmer mit durchschnittlich 20 Betten waren geräumig. Anders als etwa in Paris, wo sich drei bis vier Kranke ein Bett teilten, bekam hier jeder ein eigenes Bett. Zusammen mit der gepriesenen Reinlichkeit führte dies zu einer deutlich niedrigeren Sterblichkeit. Im letzten Hof wurde ein fünfstöckiger festungsähnlicher Rundbau mit schlitzartigen Fenstern für 200 bis 250 Geisteskranke erbaut, der [[Narrenturm]]. Jede Zelle hatte starke Gittertüren und Ringe zur Ankettung unbändiger Insassen. Zehn Jahre später galt der Turm infolge der Neuerungen in der Therapie von Geisteskranken bereits als völlig überholt.
Mit der Eröffnung des [[Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien|Allgemeinen Krankenhauses in Wien]] setzte 1784 Kaiser Joseph&nbsp;II. Maßstäbe bei Großkrankenhäusern in Mitteleuropa.
Die 2000 Betten fassende Einrichtung entstand durch Umbau des Großen Armenhauses.
Ungewohnt sind die weiten baumbewachsenen Höfe und Gärten.
Die 111 Krankenzimmer mit durchschnittlich 20 Betten waren geräumig. Anders als etwa in Paris, wo sich drei bis vier Kranke ein Bett teilten, bekam hier jeder ein eigenes Bett.
Zusammen mit der gepriesenen Reinlichkeit führte dies zu einer deutlich niedrigeren Sterblichkeit. Im letzten Hof wurde ein fünfstöckiger festungsähnlicher Rundbau mit schlitzartigen Fenstern für 200 bis 250 Geisteskranke erbaut, der [[Narrenturm]].
Jede Zelle hatte starke Gittertüren und Ringe zur Ankettung unbändiger Insassen.
Zehn Jahre später galt der Turm infolge der Neuerungen in der Therapie von Geisteskranken bereits als völlig überholt.
 
Ab 1836 arbeiteten, nach der Idee des evangelischen Theologen [[Theodor Fliedner]], zivil gekleidete [[Diakonissen]], die eine Krankenpflegeschule mit moderner Unterrichtsform besuchten, in Krankenhäusern.
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Bis ins 19. Jahrhundert waren die öffentlichen Krankenanstalten in erster Linie Versorgungsstätten für die Unterschicht. Wer es sich leisten konnte, rief den Arzt zu sich nach Hause. Das änderte sich durch den raschen Fortschritt der Medizin: Die seit 1846 entwickelte [[Narkose]] eröffnete neue Felder wie die [[Bauchchirurgie]], förderte den Ausbau von [[Operationssaal|Operationssälen]], die Beschaffung moderner medizinischer Geräte sowie den stationären Aufenthalt von Patienten. Gestärkt wurden die Krankenhäuser auch durch die Gründung von [[Universitätsklinikum|Universitätskliniken]], die ihre Ärzte vermehrt am Patientenbett ausbildeten<ref>{{Internetquelle |autor= |url=http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/geschichte-des-krankenhauses-wo-das-spital-gefuerchteter-war-als-der-tod-1.1316825 |titel=Geschichte des Krankenhauses Wo das Spital gefürchteter war als der Tod |werk=Süddeutsche Zeitung |hrsg= |datum=2012-03-26 |abruf=2016-10-19}}</ref>.
 
1889 wirdwurde in [[Rochester (Minnesota)|Rochester]] im [[US-Bundesstaat]] [[Minnesota]] die [[Mayo Clinic|Mayo-Klinik]] – damals noch St. Mary’s Hospital – eröffnet. Sie entwickelte sich zum Prototyp für eine neue Form der privaten Krankenhausorganisation, die durch die Kooperation verschiedener Spezialisten bestimmt wurde. Die neuen Methoden der Anästhesie, Asepsis und Antisepsis wurden von Anfang an berücksichtigt. Hier ist auch der Beginn der Großkrankenhäuser, mit 1000 Betten und mehr, zu sehen.
 
Als [[Sanatorium|Sanatorien]] werden Heilstätten, Kur- und Genesungsheime bezeichnet. Der Begriff abgeleitet von lat. [sanare] = heilen, ist eine Wortschöpfung des 19. Jahrhunderts. Die so bezeichneten Einrichtungen befinden sich zumeist in privater Trägerschaft.
Der Begriff abgeleitet von lat. [sanare] = heilen, ist eine Wortschöpfung des 19. Jahrhunderts.
Die so bezeichneten Einrichtungen befinden sich zumeist in privater Trägerschaft.
 
== Siehe auch ==