„Paulus von Tarsus“ – Versionsunterschied

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== Quellen ==
[[Datei:Saint-Paul.JPG|mini|hochkant|Byzantinisches Elfenbeinrelief, 6.–7. Jahrhundert, Paris, Musée de Cluny]]
Im Neuen Testament gibt es ein sogenanntes ''[[Paulusbriefe|Corpus Paulinum]]'', das aus 14 Schriften besteht. Davon werden Paulus [[Paulusbriefe|dreizehn Briefe]] namentlich zugeschrieben. Für sieben davon – [[Brief des Paulus an die Römer|Röm]], [[1. Brief des Paulus an die Korinther|1&nbsp;Kor]], [[2. Brief des Paulus an die Korinther|2 Kor]], [[Brief des Paulus an die Galater|Gal]], [[Brief des Paulus an die Philipper|Phil]], [[1. Brief des Paulus an die Thessalonicher|1 Thess]], [[Brief des Paulus an Philemon|Phlm]] – gilt auch in der aktuellen [[Historisch-kritische Methode (Theologie)|historisch-kritischen Forschung]] seine Autorenschaft als unstrittig.<ref>Konrad Schmid, Jens Schröter: ''Die Entstehung der Bibel. Von den ersten Texten zu den heiligen Schriften''. C.H.Beck, München 2019, S. 338.</ref> Sie wurden in den Jahren zwischen 50 und 60 n.&nbsp;Chr. verfasst und sind die Hauptquelle für Biografie, Theologie und Missionstätigkeit des Paulus. [[Brief des Paulus an die Epheser|Eph]], [[Brief des Paulus an die Kolosser|Kol]], [[2. Brief des Paulus an die Thessalonicher|2 Thess]] sowie die [[Pastoralbrief]]e ([[1. Brief des Paulus an Timotheus|1 Tim]], [[2. Brief des Paulus an Timotheus|2 Tim]] und [[Brief des Paulus an Titus|Tit]]) erheben ebenfalls den Anspruch, von Paulus verfasst zu sein, sind aber nach Mehrheitsmeinung der historisch-kritischen Forschung später entstandene [[Pseudepigraphie (Bibel)|Pseudepigraphen]]. Sie bezeugen demnach, dass Paulus in der Region, wo diese Schriften entstanden, als der Apostel schlechthin galt.<ref>Konrad Schmid, Jens Schröter: ''Die Entstehung der Bibel. Von den ersten Texten zu den heiligen Schriften''. C.H.Beck, München 2019, S. 338 f.</ref>
 
Die vierzehnte Schrift des ''Corpus Paulinum'' ist der [[Brief an die Hebräer]]. Er nennt im Text keinen Verfasser, und es gibt kein gesichertes Wissen über seinen Autor. Die Zuschreibung an Paulus ist alt und durch [[Papyrus 46]] bereits für den Anfang des 3. Jahrhunderts bezeugt; durchsetzen konnte sie sich erst im 4. Jahrhundert,<ref>Konrad Schmid, Jens Schröter: ''Die Entstehung der Bibel. Von den ersten Texten zu den heiligen Schriften''. C.H.Beck, München 2019, S. 346.</ref> wird aber heute aufgrund großer Unterschiede in Theologie und Stil weitgehend abgelehnt.<ref>{{Internetquelle |autor=Klaus-Michael Bull |url=https://www.bibelwissenschaft.de/bibelkunde/neues-testament/paulinische-briefe/1-timotheus/ |titel=Der Hebräerbrief (Hebr) |werk=[[Deutsche Bibelgesellschaft|bibelwissenschaft.de]] |abruf=2019-12-10 |abruf-verborgen=1}}</ref>
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Laut {{B|Gal|1|18}} besuchte er „drei Jahre später“ erstmals die [[Jerusalemer Urgemeinde]]. Die Angabe wird meist nicht auf den vorangehenden Damaskuskurzaufenthalt, sondern auf die Frist seit der Berufung bezogen, weil Paulus damit seine unabhängige Völkermission begründet. Laut {{B|Gal|2|1}} hielt er sich längere Zeit in Syrien und Kilikien auf und besuchte Jerusalem „14 Jahre später“ zum Apostelkonzil erneut (manche Theologen beziehen diese Angabe allerdings auf den in Apg 11,30; 12,25 erwähnten Besuch<ref>Beispielsweise von [[Frederick Fyvie Bruce]]: ''The Acts of the Apostles:'' The Greek Text with Introduction and Commentary. 3rd edition, Grand Rapids, Michigan: 1990, S. 330f, sowie Witherington, Ben: ''The Acts of the Apostles. A Socio-Rhetorical Commentary.'' Grand Rapids 1998, ISBN 0-8028-4501-0.</ref>). Weil {{B|Gal|1|18}} den Zeitabstand zur Berufung betont, wird auch {{B|Gal|2|1}} nicht auf den Reiseaufenthalt davor, sondern auf die Frist zwischen beiden Jerusalemaufenthalten bezogen. In antiker Zählweise wurde das angebrochene Jahr voll mitgezählt: Aus 48 (Apostelkonzil) minus 13 ergibt sich das Jahr 35 für den ersten Jerusalembesuch. Aus 35 minus 2 ergibt sich, dass Paulus etwa im Jahr 33 Christ wurde und seine Missionstätigkeit begann.
 
Da Paulus laut {{B|Apg|8|3}} und {{B|Apg|9|1–2}} längere Zeit als Christenverfolger in Palästina und Syrien tätig war, wo sich schon christliche Gemeinden gebildet hatten, muss seine Bekehrung einige Jahre nach Jesu Tod geschehen sein. Das angenommene Bekehrungsjahr 33 passt daher zum vermuteten Todesdatum Jesu am 14.&nbsp;Nisan (7.&nbsp;April) des Jahres 30. Jedoch widersprechen einige Angaben der Apg den Eigenangaben der Paulusbriefe. Laut {{B|Apg|9|26}} reiste Paulus von Damaskus direkt nach Jerusalem, nicht zuerst nach Arabien. Laut {{B|Apg|11|27–30}} besuchte er Jerusalem vor dem Konzil ein zweites Mal. Diese Widersprüche zu {{B|Gal|1|17–18}} (falls der Galaterbrief, wie von den meisten Theologen, auf einen Zeitpunkt nach dem Konzil datiert wird)<ref>Anders beispielsweise Hemer, Colin&nbsp;J.: ''The Book of Acts in the Setting of Hellenistic History'' (posthum editiertediert von Conrad H. Gempf), Tübingen: 1989, S.&nbsp;278. Dies entspricht der Provinz-Hypothese, die Hemer in einem Kapitel dieses Buches ausführlich begründet (S.&nbsp;277–307).</ref> werden mit dem theologischen Konzept des Lukas erklärt: Er betont die Einheit der werdenden Kirche mit einem sofortigen Kontakt des Paulus zu den Jerusalemer Autoritäten und verwendet auch weitere Jerusalembesuche des Paulus (bei ihm insgesamt fünf) als Kompositionsmittel, das die Ausbreitung des Evangeliums von Jerusalem aus in der Welt illustrieren soll. Wegen dieser idealisierenden Tendenz halten die meisten Exegeten die Eigenangaben des Paulus für zuverlässiger. In {{B|Gal|1|21}} fehlt ferner die in {{B|Apg|13–14}} beschriebene Missionsreise von Antiochia aus nach [[Zypern]] und einige Landstriche in Kleinasien. Diese Reise halten viele Exegeten dennoch für wahrscheinlich, weil Paulus hier noch als untergeordneter Begleiter des [[Barnabas (Apostel)|Barnabas]] erscheint {{Bibel|Apg|14|12}} und seine Reisen in Gal 1,21 nur grob skizziert, ohne sie auszuführen.
 
Die in {{B|Apg|18|18–23}} genannten Zwischenstationen [[Caesarea Maritima|Caesarea]] und Jerusalem werden auch bezweifelt. Als zuverlässige Angaben gilt nur, dass er nach seinem Korinthaufenthalt (50–52) nach Antiochia zurückkehrte und später nach [[Ephesos]] aufbrach. Der dortige Aufenthalt wird nach {{B|Apg|19|1.8.10}}; {{B|Apg|20|31}} sicher auf zwei Jahre und neun Monate, also etwa von Sommer 52 bis Frühjahr 55 datiert. Darauf folgte die Kollektenreise durch Makedonien und Achaia, nach der Paulus wieder Korinth besuchen wollte ({{B|Apg|19|21}}; {{B|1 Kor|16|5}}). Dort blieb er laut {{B|Apg|20|3}} rund drei Monate (Anfang 56). Weil Juden seine geplante Weiterreise nach Syrien verhindert hätten, sei er über Makedonien, Philippi, Troas, Assos, Milet und Caesarea nach Jerusalem zurückgekehrt ({{B|Apg|20|6}}; vgl. {{B|Röm|15|25}}). Dort wurde er durch [[Claudius Lysias]], den Kommandenten der Garnison, inhaftiert und an den Prokurator [[Marcus Antonius Felix]] überstellt, als dieser schon einige Jahre im Amt war {{Bibel|Apg|24|10}}. Dessen Amtszeit begann nach römischen Quellen um 52/53. Sein Nachfolger war [[Porcius Festus]] {{Bibel|Apg|24|27}}; dieser löste ihn laut [[Flavius Josephus]] unter [[Nero]] ab, wahrscheinlich um 58. Dies passt zur Amtszeit des Hohenpriesters Ananias nach {{B|Apg|24|1}} (47–59). Nach seinem Appell an den Kaiser {{Bibel|Apg|25|11}} wurde Paulus wohl bis Frühjahr 59 nach Rom überführt. Heinz Warnecke vertrat die These, auf der Überfahrt sei das Schiff nicht, wie lange vermutet, auf [[Malta]] gestrandet, sondern auf der [[Griechenland|griechischen]] Insel [[Kefalonia#Geschichte|Kefalonia]].<ref>Agnes Seppelfricke: [https://www.zeit.de/1988/52/paulus-war-nie-auf-malta/komplettansicht ''Paulus war nie auf Malta.''] In: ''[[Die Zeit]].'' 23. Dezember 1988, abgerufen am 8. Oktober 2018 (Artikelanfang frei abrufbar).</ref><ref>{{Literatur |Autor=Heinz Warnecke, Thomas Schirrmacher |Titel=Paulus im Sturm. Über den Schiffbruch der Exegese und die Rettung des Apostels auf Kephallenia |Auflage=2. |Verlag=VTR |Ort=Nürnberg |Datum=2000 |ISBN=3-933372-29-1 |Umfang=183}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Heinz Warnecke |Titel=Die tatsächliche Romfahrt des Apostels Paulus |Auflage=2. |Verlag=Verlag Katholisches Bibelwerk |Ort=Stuttgart |Datum=1989 |ISBN=3-460-04271-0 |Umfang=164}}</ref><ref>[http://www.imk.gr/eng/opk/opk04.htm Holy Metropolis of Cephalonia: St. Paul the Apostel], Bericht über drei internationale Konferenzen 1993, 1996 und 1999 hierzu mit weiteren Argumenten, abgerufen am 8. Oktober 2018.</ref><ref>A. Warsberg: ''Ithaka.'' Wien 1887; Heinz Warnecke: ''Paulus im Sturm.'' VTR, 2000, S. 115 f.; Heinz Warnecke: ''Die tatsächliche Romfahrt des Apostels Paulus'' (= ''Stuttgarter Bibelstudien.'' Band 127). Stuttgart 2/1989 (1/1987).</ref> Diese Hypothese wird aber in der Exegese weithin abgelehnt; ein neuer Konsens besteht folglich nicht.<ref>Jens Börstinghaus: ''Sturmfahrt und Schiffbruch: zur lukanischen Verwendung eines literarischen Topos in Apg 27,1-28,6''. Mohr Siebeck, Tübingen 2010, S. 440–442.</ref>
Zeile 153:
Die Apostelgeschichte berichtet von mehreren Reisen des Apostels, die üblicherweise in „Missionsreisen“ eingeteilt werden, was aber der Darstellung der Apostelgeschichte nicht ganz entspricht.
 
In der „ersten Missionsreise“ besuchte er nach Darstellung der Apostelgeschichte zusammen mit [[Barnabas (Apostel)|Barnabas]] und dessen Neffen [[Markus (Evangelist)|Markus]] Zypern sowie anschließend die Heimat des Prokonsuls ''Sergius Paul[l]us'',<ref>Zu möglichen Identifizierungen des Sergius Paullus siehe [[Alexander Weiß (Historiker)|Alexander Weiß]]: ''Sergius Paullus, Statthalter von Zypern.'' In: ''[[Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik]].'' Band 169, 2009, S. 188–192 ([https://www.academia.edu/17105522/Sergius_Paullus_Statthalter_von_Zypern Online]).</ref> dessen Familie in [[Antiochia in Pisidien]] beheimatet war. Durch [[Christenverfolgung|Verfolgungen]] gezwungen, reiste er auch noch in weitere Städte und kehrte schließlich mit Barnabas nach [[Antakya|Antiochia am Orontes]] zurück, nachdem Markus die beiden verlassen hatte.<ref>{{Literatur |Autor=Josef Holzner |Titel=Paulus |Verlag=Herder |Datum=1964 |Seiten=50f}}</ref> Historisch ist für diese von der Apg als eine einzige Reise stilisierte Lebensphase ein Zeitraum von 12 bis 13 Jahren anzunehmen; weder sind Briefe des Paulus aus dieser Zeit bekannt, noch äußerte er sich später brieflich dazu (mögliche Ausnahme: Gal 1,21).<ref>Klaus Dorn: ''Paulus: Geschichte – Überlieferung – Glaube''. Schöningh, Paderborn 2019, S. 51–53.</ref>
 
Die „zweite Missionsreise“ bestand aus einer Reise zu den in der ersten Reise gegründeten Gemeinden in Galatien<ref>Und nach vielen Auslegern auch in die ''Landschaft'' Galatien, die weiter nördlich lag.</ref> und anschließend nach Griechenland, einem längeren Aufenthalt in Korinth und dann einer Reise nach Jerusalem und Antiochia am Orontes. Letztere beschreibt Lukas nur kurz, diese Reise bildet zusammen mit dem Anfang der „dritten Missionsreise“ einen kurzen Bericht über eine Reise von Korinth in den Osten und zurück nach Ephesos, das auf der Hinreise kurz besucht wurde. Während der zweiten Missionsreise schrieb Paulus den ersten Thessalonicherbrief, der folglich seine älteste erhaltene Schrift darstellt.<ref>{{B|Apg|18|18–23}}; {{B|Apg|19|1}}, dazwischen ist noch ein Bericht über [[Apollos]] eingeschoben.</ref><ref>Klaus Dorn: ''Paulus: Geschichte – Überlieferung – Glaube''. Schöningh, Paderborn 2019, S. 78–84, Zusammenfassung S. 84.</ref>
Zeile 226:
Paulus ist der Meinung, dass das von Gott gegebene Gesetz nicht zur Erlösung führen kann. Dennoch ist es für Paulus ein gutes, heiliges und gerechtes Gesetz. Denn durch den Akt des Glaubens ist der Mensch befreit von der Macht der Sünde und befähigt, das Gesetz Christi zu erfüllen. Grundlage des Gesetzes ist das [[Nächstenliebe|Liebesgebot]] Christi. Keine Grundlage hingegen sind äußerliche Rituale wie Beschneidung.<ref>[[Günther Bornkamm]]: ''Paulus.'' In: ''[[Religion in Geschichte und Gegenwart]]''. 3. Auflage Bd. V, directmedia, Berlin 2004, Sp. 182–189.</ref>
 
Nach {{Bibel|Röm|9|2-3}} lebte Paulus in einer ununterbrochenen Gebets-Beziehung zu Gott. Aus diesem Grund war er bestrebt alles, was er getan hatte und ihm widerfahren ist, in diese Gebets-Beziehung zu integrieren.<ref>{{Literatur |Autor=Karl-Heinrich Ostmeyer |Titel=Das Vaterunser. Gründe für seine Durchsetzung als ‚Urgebet’ der Christenheit |Sammelwerk=New Testament Studies |Band=50 |Nummer=3 |Verlag=Cambridge University Press |Datum=2004-07-19 |Seiten=334}}</ref>
 
Paulus hat darüber hinaus eine feste Vorstellung eines Segenskonzeptes: Paulus vergleicht den [[Segen]] mit einem Raum, in dem Gott und Gläubige miteinander kommunizieren. Die Heilstat Christi eröffnet den Gläubigen den Zugang zu diesem Heils- und Segensbereich.<ref>{{Literatur |Autor=Karl-Heinrich Ostmeyer |Hrsg=Martin Leuenberger |Titel=Der Segen nach dem Neuen Testament – Kontinuitäten und Spezifika |Sammelwerk=Segen. Themen der Theologie |Band=UTB 4429 |Verlag=Mohr Siebeck |Ort=Tübingen |Datum=2015 |Seiten=119}}</ref>
Zeile 337:
* [[Günther Bornkamm]]: ''Paulus.'' 7. Auflage, Kohlhammer, Stuttgart 1993, ISBN 3-17-012467-6.
* [[Jürgen Becker (Theologe)|Jürgen Becker]]: ''Paulus. Der Apostel der Völker.'' Mohr, Tübingen 1989, ISBN 3-16-145500-2.
* Josef Holzner: ''Paulus.'' ''Ein Heldenleben im Dienste Christi - in religionsgeschichtlichem Zusammenhang dargestellt.'' Herder, Freiburg 1937.
 
'''Theologie'''
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* [[Herbert Frohnhofen]]: [http://www.theologie-systematisch.de/ekklesiologie/3nt.htm Auswahlbibliographie] aktueller Literatur zur ekklesiologischen Bedeutung von Wirkung und Theologie des Paulus
* Peter Pilhofer: [http://www.neutestamentliches-repetitorium.de/inhalt/vorlesungen.html Paulus – Leben und Werk], Vorlesungsskript, Erlangen 2006
* ''[https://ad-fontes.org/josef-holzner-paulus-herder-1964/ Josef Holzner: Paulus. Herder 1964]'' auf [https://ad-fontes.org/ adfontes.org].
 
== Einzelnachweise ==