„Röntgenstrahlung“ – Versionsunterschied

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'''Röntgenstrahlung''' oder '''Röntgenstrahlen''' sind [[elektromagnetische Welle]]n mit [[Energie#Energie in der Quantenmechanik|Quantenenergien]] oberhalb etwa 100 [[Elektronenvolt|eV]], entsprechend Wellenlängen[[Wellenlänge]]n unter etwa 10 [[Nanometer|nm]]. Röntgenstrahlung liegt im [[Elektromagnetisches Spektrum|elektromagnetischen Spektrum]] im Energiebereich oberhalb des [[ultraviolett]]en Lichts. Von der [[Gammastrahlung]] unterscheidet sie sich durch die Art der Entstehung: Gammastrahlung sind [[Photon]]en, die durch [[Kernreaktion]]en oder [[Radioaktivität|radioaktive Zerfälle]] entstehen, während Röntgenstrahlung aus der Geschwindigkeitsänderung geladener Teilchen herrührt. Röntgenstrahlung kann Materie durchdringen und hat zahlreiche [[#Anwendungen|Anwendungen]].
 
Die Röntgenstrahlung wurde am 8. November 1895 von [[Wilhelm Conrad Röntgen]] in [[Würzburg]] entdeckt und wird nach ihm im deutschsprachigen sowie fast im gesamten mittel- und osteuropäischen Raum benannt. In anderen Sprachräumen wird sie häufig mit dem von Röntgen ursprünglich selbst verwendeten Ausdruck '''X-Strahlen''' bezeichnet. Röntgenstrahlung ist eine [[ionisierende Strahlung]].
 
[[Datei:ISO 7010 W003.svg|mini|[[DIN EN ISO 7010]] W003: ''Warnung vor radioaktiven Stoffen oder ionisierenden Strahlen'']]
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== Einordnung im elektromagnetischen Spektrum ==
 
Das Spektrum der Röntgenstrahlung beginnt unterhalb der [[Extrem ultraviolette Strahlung|extremen UV-Strahlung]] bei einer Wellenlänge um 10 [[Nanometer|nm]] (überweiche Röntgenstrahlung) und reicht bis weniger als 5 [[Pikometer|pm]] hinab (überharte oder [[hochenergetische Röntgenstrahlung]]). Die Energiebereiche der Gamma- und Röntgenstrahlung überschneiden sich in einem weiten Bereich. Beide Strahlungsarten sind elektromagnetische [[Strahlung]] und haben daher bei gleicher Energie die gleichen Wirkungen.
 
Das in [[Röntgenröhre]]n (siehe unten) erzeugte Strahlungsspektrum ist eine Überlagerung eines kontinuierlichen mit einem diskreten Spektrum. Die Lage des Intensitätsmaximums hängt von der Betriebsspannung der Röhre ab. Die minimale Wellenlänge kann mit dem [[Duane-Hunt-Gesetz]] berechnet werden. Photonen aus Röntgenröhren haben eine Energie von etwa 1&nbsp;keV bis 250&nbsp;keV, entsprechend einer [[Frequenz]] von etwa 0,25·10<sup>18</sup>&nbsp;Hz bis 60·10<sup>18</sup>&nbsp;Hz ([[Vorsätze für Maßeinheiten|Exa]]-[[Hertz (Einheit)|Hertz]]). Im kurzwelligen Bereich existiert keine einheitliche Definition der Grenzwellenlänge. Allerdings sind der Erzeugung immer kurzwelligerer Röntgenstrahlung technische Grenzen gesetzt.
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=== Erzeugung durch Elektronen ===
 
[[Datei:brems feyn.png|mini|[[Feynman-Diagramm]] der Bremsstrahlungserzeugung (Zeit von links nach rechts): ein Elektron (e⁻) wird in der Nähe eines Atomkerns gestreut, verliert Energie und erzeugt dabei ein Röntgenquant (γ). Die Nähe eines Kerns ist notwendig, umdamit durch ihn die Impulsbilanz ausgeglichen Impulswerden aufzunehmenkann.]]
[[Datei:Atom model for EDX DE.svg|mini|Entstehung der charakteristischen Röntgenstrahlung: ein Elektron wurde (z.&nbsp;B. durch Elektronenstoß) aus der K-Schale entfernt, ein Elektron aus der L-Schale fällt in das Loch in der K-Schale; die Energiedifferenz wird als Röntgenstrahlung emittiert.]]
 
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Eine weitere Quelle von Röntgenstrahlung sind zyklische [[Teilchenbeschleuniger]], insbesondere zur Beschleunigung von Elektronen. Hier entsteht, wenn der Teilchenstrahl in einem starken Magnetfeld abgelenkt und dadurch quer zu seiner Ausbreitungsrichtung beschleunigt wird, [[Synchrotronstrahlung]], eine Art der [[Bremsstrahlung]]. Bis zu einer Maximalenergie enthält die Synchrotronstrahlung eines Ablenkmagneten ein breites, [[elektromagnetisches Spektrum]]. Bei passend gewählten Parametern (Stärke des Magnetfeldes und Teilchenenergie) ist dabei auch Röntgenstrahlung vertreten. Außerdem kann an Synchrotronanlagen auch monoenergetische Röntgenstrahlung mit Hilfe von [[Undulator]]en erzeugt werden, die aus periodischen Anordnungen von starken Magneten bestehen.
 
Röntgen-Bremsstrahlung entsteht prinzipbedingt und meist unerwünscht in verschiedenen technischen Geräten wie etwa [[Elektronenmikroskop]]en, [[Elektronenstrahlschweißen|Elektronenstrahlschweißgeräten]] und im Bereich der Leistungsstufen von großen [[Radar]]anlagen, wo Elektronenröhrenzum wieSchalten Elektronenröhren dassowie [[Magnetron]]e oder [[Amplitron]]e zur Erzeugung großer Leistung von [[Nichtionisierende Strahlung|nichtionisierender Strahlung]] eingesetzt werden, unddie im Betrieb zusätzlich Röntgenstrahlung abgeben. Weitere technische Quellen, mit nur noch historischer Bedeutung, waren die ersten [[Farbfernsehen|Farbfernsehempfangsgeräte]] ab den 1960er Jahren mit [[Kathodenstrahlröhre#Röntgenstrahlung|Kathodenstrahlröhren]], da die Farbbildröhren höhere Anodenspannungen und Strahlströme als einfärbigeSchwarz-Weiß-Bildröhren Kathodenstrahlröhrenerforderten (ca. 27&nbsp;kV gegenüber bedingen18&nbsp;kV).
 
=== Erzeugung durch Protonen oder andere positive Ionen ===
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Photoabsorption und Compton-Streuung sind inelastische Prozesse, bei denen das Photon Energie verliert und schließlich absorbiert wird. Daneben ist auch ''elastische Streuung'' ([[Thomson-Streuung]], [[Rayleigh-Streuung]]) möglich. Dabei bleibt das gestreute Photon [[Kohärenz (Physik)|kohärent]] zum einfallenden und behält seine Energie.
 
* Bei Energien oberhalb <math>2m_e c^2 \approx 1{,}022\,\mathrm{MeV}</math> tritt außerdem Elektron-Positron-Paarbildung auf. Sie ist –&nbsp;abhängig vom Material&nbsp;– ab etwa 5&nbsp;MeV der dominierende Absorptionsprozess.<ref>{{Literatur |Autor=[[Wolfgang Demtröder]] |Titel=Experimentalphysik 3 |Auflage=3. |Verlag=Springer |Ort=Berlin/Heidelberg |Datum=2005 |ISBN=3-540-21473-9 |Seiten=243 |Kommentar=siehe insb. Abb. 7.33 in der Google-Books-Version}}</ref>
 
=== Biologische Wirkung ===
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=== Sichtbarkeit für das menschliche Auge ===
Entgegen der weit verbreiteten gegenteiligen Überzeugung kann das [[Wirbeltierauge#Das menschliche Auge|menschliche Auge]] Röntgenstrahlung teilweise wahrnehmen.<ref>{{Literatur |Autor=H. Schober |Titel=Die Direktwahrnehmung von Röntgenstrahlen durch den menschlichen Gesichtssinn |Sammelwerk=Vision Research |Band=4 |Nummer=3–4 |Datum=1964 |Seiten=251–269 |DOI=10.1016/0042-6989(64)90007-0}}</ref> Schon kurz nach Röntgens Entdeckung 1895 berichtete Brandes von einem schwachen, blau-grauen Schein, der im Auge selbst zu entstehen schien, wenn er sich in einem abgedunkelten Raum nahe bei einer Röntgenröhre befand. Daraufhin stellte Röntgen fest, dass auch er diesen Effekt beobachtet hatte. Zuerst hatte er es für Einbildung gehalten, da der Effekt nur von der stärksten Röntgenröhre erzeugt wurde und er ihn deshalb nur einmal bemerkt hatte.
 
Entgegen der weit verbreiteten gegenteiligen Überzeugung kann das menschliche Auge Röntgenstrahlung teilweise wahrnehmen.<ref>{{Literatur |Autor=H. Schober |Titel=Die Direktwahrnehmung von Röntgenstrahlen durch den menschlichen Gesichtssinn |Sammelwerk=Vision Research |Band=4 |Nummer=3–4 |Datum=1964 |Seiten=251–269 |DOI=10.1016/0042-6989(64)90007-0}}</ref> Schon kurz nach Röntgens Entdeckung 1895 berichtete Brandes von einem schwachen, blau-grauen Schein, der im Auge selbst zu entstehen schien, wenn er sich in einem abgedunkelten Raum nahe bei einer Röntgenröhre befand. Daraufhin stellte Röntgen fest, dass auch er diesen Effekt beobachtet hatte. Zuerst hatte er es für Einbildung gehalten, da der Effekt nur von der stärksten Röntgenröhre erzeugt wurde und er ihn deshalb nur einmal bemerkt hatte.
 
Das Wissen, dass Röntgenstrahlung mit dem bloßen, an die Dunkelheit angepassten Auge wahrgenommen werden kann, ist heute weitgehend vergessen. Der Grund dafür ist wahrscheinlich, dass der Versuch heute als unnötig gefährlich und schädlich gilt. Der genaue Mechanismus der Wahrnehmung ist nicht geklärt. Möglich ist der normale Weg über die Erregung der [[Netzhaut]], eine direkte Erregung des [[Sehnerv]]s oder beispielsweise auch, dass die Röntgenstrahlen im Augapfel [[Phosphoreszenz]] hervorrufen, und dann „normales“ Licht wahrgenommen wird.
 
[[Julius Edgar Lilienfeld]] beschrieb 1919 erstmals eine für das menschliche Auge sichtbare grau-weiße Strahlung an der Anode von Röntgenröhren, die nach ihm benannte „[[Lilienfeldstrahlung]]“.<ref>{{cite journal|last = Lilienfeld | first = Julius Edgar | authorlink= Julius Edgar Lilienfeld | year = 1919 | title = Die sichtbare Strahlung des Brennecks von Röntgenröhren | journal = Physikalische Zeitschrift | volume = 20 | issue = 12 | pages = 280 ff}}</ref> Ihr Ursprung konnte erst in späteren Jahren als Form der [[Übergangsstrahlung]] erklärt werden.<ref>{{Literatur |Autor=H. Boersch, C. Radeloff, G. Sauerbrey |Titel=Über die an Metallen durch Elektronen ausgelöste sichtbare und ultraviolette Strahlung |Sammelwerk=Zeitschrift für Physik |Band=165 |Nummer=4 |Datum=1961 |Seiten=464–484 |DOI=10.1007/BF01381902}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=H. Boersch, C. Radeloff, G. Sauerbrey |Titel=Experimental Detection of Transition Radiation |Sammelwerk=Physical Review Letters |Band=7 |Nummer=2 |Datum=1961-06-15 |Seiten=52–54 |DOI=10.1103/PhysRevLett.7.52}}</ref>
 
== Anwendungen ==
=== In der Diagnostik ===
 
[[Datei:Huefte-roentgen.jpg|mini|Röntgenaufnahme einer rechten Hüfte, Knochenbruch fixiert mit Lochblechstreifen und Senkkopfschrauben aus Metall, Operationsnaht verklammert]]
[[Datei:X-ray spectrometer, 1912. (9660569929).jpg|mini|Röntgenspektrograf, mit dem [[William Lawrence Bragg]] Kristalle untersuchte]]
 
Mit Röntgenstrahlung kann der menschliche Körper durchleuchtet werden, wobei vor allem Knochen, aber bei modernen Geräten auch innere Organe sichtbar werden (siehe auch [[Röntgen]]). Dabei wird ausgenutzt, dass das in den Knochen vorkommende Element [[Calcium]] mit ''Z'' = 20 eine deutlich höhere Ordnungszahl hat als die Elemente, aus denen die weichen Gewebe hauptsächlich bestehen, nämlich [[Wasserstoff]] (''Z'' = 1), [[Kohlenstoff]] (''Z'' = 6), [[Stickstoff]] (''Z'' = 7) und [[Sauerstoff]] (''Z'' = 8). Zudem werden [[Röntgenkontrastmittel]] eingesetzt, die meist [[Iod]] (''Z'' = 53) oder [[Barium]] (''Z'' = 56) enthalten. Neben herkömmlichen Geräten, die eine zweidimensionale [[Projektion (Optik)|Projektion]] produzieren, werden auch [[Computertomograph]]en eingesetzt, die eine räumliche Rekonstruktion des Körperinneren ermöglichen.
 
=== In der Therapie ===
Man kann mit Röntgenstrahlen auch [[Krebs (Medizin)#Behandlungsmöglichkeiten|Krebs behandeln]], indem man die Krebszellen, die meist strahlungsempfindlicher als das umgebende Gewebe sind, im Rahmen einer [[Strahlentherapie]] (Röntgenbestrahlung) durch gezielte Bestrahlung schädigt. Der erste Bericht über die Heilung eines Haut-Epithelioms erfolgte 1899 durch Tage Sjögren und [[Thor Stenbeck]]. Im Jahr 1902 berichtete F. J. Gentsch über erste Versuche der Röntgenbestrahlung von Gebärmuttertumoren. Um 1903 wandte Nicholas Senn (1844–1908) Röntgenstrahlen zur Behandlung von Erkrankungen des [[Leukozyt#Bildung der Leukozyten|leukopoetischen]] Systems an.<ref>[[Ludwig Aschoff]], [[Paul Diepgen]], [[Heinz Goerke]]: ''Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin.'' 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 52 und 57.</ref>
 
Bis zur Entwicklung der ersten [[Antimykotikum|Antimykotika]] wurden auch Hautpilzerkrankungen durch Röntgenstrahlung behandelt (siehe auch [[Ringelflechte-Affäre]]).
 
=== In Physik und Chemie ===
In der [[Materialphysik]], der [[Chemie]], der [[Biochemie]], der [[Kristallographie]] und in anderen Wissenschaften wird [[Röntgenbeugung|Beugung]] von Röntgenstrahlen zur Strukturaufklärung im weitesten Sinne benutzt, z.&nbsp;B. zur Untersuchung der [[Textur (Kristallographie)|Textur]] oder zur eigentlichen [[Kristallstrukturanalyse]]. Ein bekanntes Beispiel ist die Strukturaufklärung der [[Desoxyribonukleinsäure|DNA]]. Mit Hilfe der [[Photoelektronenspektroskopie|Röntgenphotoelektronenspektroskopie]] (XPS) kann die elementare Zusammensetzung einer Probe untersucht werden. Zusätzlich bietet XPS die Möglichkeit, chemische Bindungen zu untersuchen.
 
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Die erste Beobachtung von Röntgenstrahlung durch Wilhelm Conrad Röntgen erfolgte am Physikalischen Institut der [[Julius-Maximilians-Universität Würzburg]] am späten Freitagabend des 8. November 1895, als –&nbsp;wie er es selbst beschrieb&nbsp;– „sich keine dienstbaren Geister mehr im Hause befanden“. Bereits sieben Wochen später, am 28. Dezember 1895, reichte er eine Arbeit zur Veröffentlichung ein unter dem Titel: ''Über eine neue Art von Strahlen''.<ref>W. C. Röntgen: [[s:Ueber eine neue Art von Strahlen (Vorläufige Mittheilung)|''Ueber eine neue Art von Strahlen''. (Vorläufige Mittheilung.)]] In: ''Aus den Sitzungsberichten der Würzburger Physik.-medic. Gesellschaft'', Würzburg 1895 ([[Wikisource]])</ref><ref>[http://www.wilhelmconradroentgen.de/staette.htm Röntgen-Gedächtnisstätte Würzburg]</ref> Er entdeckte die Strahlung, als er fluoreszenzfähige Gegenstände nahe der Röhre während des Betriebs der Kathodenstrahlröhre beobachtete, die trotz einer Abdeckung der Röhre (mit schwarzer Pappe) hell zu leuchten begannen. Röntgens Verdienst ist es, die Bedeutung der neu entdeckten Strahlen früh erkannt und diese als Erster wissenschaftlich untersucht zu haben. Zu Röntgens Berühmtheit hat sicherlich auch die Röntgenaufnahme einer Hand seiner Frau beigetragen, die er in seiner ersten Veröffentlichung zur Röntgenstrahlung abbildete. Nachdem Röntgen am 1. Januar 1896 seine Schrift ''Über eine neue Art von Strahlen'' an Kollegen und Freunde geschickt hatte, darunter auch an den Wiener Physiker und Vorstand des II.&nbsp;physikalisch-chemischen Instituts der Universität Wien [[Franz Serafin Exner (Physiker)|Franz Exner]], von dem der Prager Physiker Lechner am 4. Januar die Neuigkeit erfuhr, wurde am 5. Januar in der Wiener Tageszeitung ''Die Presse'', herausgegeben von Lechners Vater, darüber publiziert. Ein Mitarbeiter der Tageszeitung machte den Wiener Vertreter des ''Daily Chronicle'' auf den Artikel aufmerksam und dieser telegrafierte ihn sofort nach London. Von London aus wurde am Abend des 6. Januar die Nachricht über Röntgens (bzw. „Professor Routgens“<!-- sic! -->) Entdeckung weltweit telegrafiert, am 7. Januar druckte der Londoner ''Standard'' seinen Bericht über die „fotografische Entdeckung“ und am 8. Januar wurde diese Kabelnachricht in amerikanischen Zeitschriften veröffentlicht. Auch in der ''Frankfurter Zeitung'' erschienen am 7. und 8. Januar ausführliche Berichte. Am 9. Januar wurde (ungenau und ohne Zustimmung Röntgens) in einer Würzburger Zeitung eine Notiz über die Ereignisse veröffentlicht, welche Grundlage weiterer Zeitungsberichte war.<ref>Heinz Otremba: ''Wilhelm Conrad Röntgen. Ein Leben im Dienst der Wissenschaft.'' Eine Dokumentation mit einer wissenschaftliche Würdigung durch [[Walther Gerlach]]. Fränkische Gesellschaftsdruckerei, Würzburg 1970, S. 12–16.</ref> Mitte Januar wurde über zahlreiche weitere Versuche mit Kathodenstrahlröhren in Boulevard- und Fachpresse berichtet.<ref>Erich Pirker (†): ''Gustav Kaiser (1871–1954) und Eduard Haschek (1875–1947): Zwei Pioniere der medizinischen Röntgenologie. Ein Beitrag zur Verifizierung eines umstrittenen Datums.'' In: ''Würzburger medizinhistorische Mitteilungen.'' Band 13, 1995, S. 97–107, hier: S. 97 und 103–105.</ref> Im März 1897 veröffentlichte Röntgen seine dritte Mitteilung. Zu dieser Zeit war der ursächliche Zusammenhang von Kathodenstrahlen und X-Strahlen sowie Entstehung der X-Strahlen in den dünnen Hertz-Lenardschen Metallfolien der Lenardschen Röhre erwiesen.<ref>Heinz Otremba: ''Wilhelm Conrad Röntgen. Ein Leben im Dienst der Wissenschaft.'' 1970, S. 56.</ref> Röntgen wurde 1901 mit dem ersten [[Nobelpreis für Physik]] geehrt, wobei das Nobelpreiskomitee die praktische Bedeutung der Entdeckung hervorhob.
 
Die Benennung ''Röntgenstrahlen'' geht auf den Anatomen [[Albert von Kölliker]] zurück, der am 23. Januar 1896 die Benennung als „Röntgen’sche Strahlen“ vorschlug. Anlass war der erste öffentliche Vortrag Röntgens über seine Entdeckung, der auf Einladung der von Kölliker gegründeten ''Physikalisch-medizinischen Gesellschaft zu Würzburg'' unter dem Vorsitz von [[Karl Bernhard Lehmann]].<ref>[[Werner E. Gerabek]]: ''Wilhelm Conrad Röntgen und seine Entdeckung der X-Strahlen.'' In: ''Würzburger medizinhistorische Mitteilungen.'' Band 13, 1995, S. 87–96, hier: S. 91.</ref> In manchenden meisten Sprachräumen blieb es beim von Röntgen selbst eingeführten Namen ''X-Strahlen'' (beispielsweise {{enS|X-rays}}).
 
Erstmalige Bedenken bezüglich des Einsatzes von Röntgenstrahlen hatte die um Genehmigung für einen in Wien geplanten Vortrag mit „Experiment mit den Röntgenstrahlen“ ersuchte Polizei am 26. März 1896.<ref>Heinz Otremba: ''Wilhelm Conrad Röntgen. Ein Leben im Dienst der Wissenschaft.'' 1970, S. 30.</ref> Bereits im Jahr 1896 wurden Röntgenstrahlen auch therapeutisch eingesetzt, so erstmals zur Behandlung von Hautkrankheiten durch [[Leopold Freund]].<ref>[[Paul Diepgen]], [[Heinz Goerke]]: ''[[Ludwig Aschoff|Aschoff]]: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin.'' 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 52.</ref> Die Natur der Röntgenstrahlung als elektromagnetische Wellen konnte 1912 durch [[Max von Laue]] bewiesen werden.<ref>Max von Laue: ''Interferenzerscheinungen bei Röntgenstrahlen.'' Theoretischer Teil von M. Laue, Experimenteller Teil von W. Friedrich und P. Knipping. In der Sitzung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften am 8. Juni 1912 vorgelegt von [[Arnold Sommerfeld]].</ref><ref>Heinz Otremba, [[Walther Gerlach]]: ''Wilhelm Conrad Röntgen. Ein Leben im Dienst der Wissenschaft.'' 1970, S. 62–71.</ref> Pathologisch-anatomische Veränderungen, welche Röntgenstrahlen am [[Eierstock]] hervorrufen können, wurden erstmals 1907 durch Vera Rosen untersucht. Im Jahr 1912 gelang [[Otto von Franqué]] die Heilung eines [[Ovarialkarzinom]]s mit Röntgenbestrahlung.<ref>[[Paul Diepgen]], [[Heinz Goerke]]: ''[[Ludwig Aschoff|Aschoff]]/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin.'' 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 58.</ref>
 
== N-Strahlen ==
Die kurz nach den Röntgenstrahlen vermeintlich entdeckten [[N-Strahlen]] erwiesen sich als wissenschaftlicher Irrtum.
 
== Literatur ==
* [[Monika Dommann]]: ''Durchsicht, Einsicht, Vorsicht: Eine Geschichte der Röntgenstrahlen, 1896–1963''. Chronos, Zürich, ISBN 3-0340-0587-3 (zugleich [[Dissertation]] an der [[Universität Zürich]], 2002).
 
* {{Literatur
|Autor=Ch. R. Friedrich
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|DOI=10.1002/mawe.19950261106}}
* Otto Glasser: ''Wilhelm Conrad Röntgen und die Geschichte der Röntgenstrahlen.'' Springer, Berlin 1931; 2. Auflage ebenda 1959.
* [[Richard Herz]]: ''Röntgenstrahlen. Physik, Technik, Anwendungen'' (= ''Sammlung Göschen.'' Band 950). Walter de Gruyter & Co., Berlin 1926.
* {{Literatur
|Autor=Karl Heinrich Lieser
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|ISBN=3-527-28329-3
|Seiten=143}}
* [[Monika Dommann]]: ''Durchsicht, Einsicht, Vorsicht: Eine Geschichte der Röntgenstrahlen, 1896–1963''. Chronos, Zürich, ISBN 3-0340-0587-3 (zugleich [[Dissertation]] an der [[Universität Zürich]], 2002).
 
== Weblinks ==
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[[Kategorie:Ionisierende Strahlung]]
[[Kategorie:Teilchenphysik]]
[[Kategorie:ElektromagnetischesElektromagnetische SpektrumStrahlung]]
[[Kategorie:1895]]
[[Kategorie:Radiologie]]