„Röntgenstrahlung“ – Versionsunterschied

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Entgegen der weit verbreiteten gegenteiligen Überzeugung kann das menschliche Auge Röntgenstrahlung teilweise wahrnehmen.<ref>{{Literatur |Autor=H. Schober |Titel=Die Direktwahrnehmung von Röntgenstrahlen durch den menschlichen Gesichtssinn |Sammelwerk=Vision Research |Band=4 |Nummer=3–4 |Datum=1964 |Seiten=251–269 |DOI=10.1016/0042-6989(64)90007-0}}</ref> Schon kurz nach Röntgens Entdeckung 1895 berichtete Brandes von einem schwachen, blau-grauen Schein, der im Auge selbst zu entstehen schien, wenn er sich in einem abgedunkelten Raum nahe bei einer Röntgenröhre befand. Daraufhin stellte Röntgen fest, dass auch er diesen Effekt beobachtet hatte. Zuerst hatte er es für Einbildung gehalten, da der Effekt nur von der stärksten Röntgenröhre erzeugt wurde und er ihn deshalb nur einmal bemerkt hatte.
 
Das Wissen, dass Röntgenstrahlung mit dem bloßen, an die Dunkelheit angepassten Auge wahrgenommen werden kann, ist heute weitgehend vergessen. Der Grund dafür ist wahrscheinlich, dass der Versuch heute als unnötig gefährlich und schädlich gilt. Der genaue Mechanismus der Wahrnehmung ist nicht geklärt. Möglich ist der normale Weg über die Erregung der [[Netzhaut]], eine direkte Erregung des [[Sehnerv]]s oder beispielsweise auch, dass die Röntgenstrahlen im Augapfel [[Phosphoreszenz]] hervorrufen, und dann „normales“ Licht wahrgenommen wird.
 
[[Julius Edgar Lilienfeld]] beschrieb 1919 erstmals eine für das menschliche Auge sichtbare grau-weiße Strahlung an der Anode von Röntgenröhren, die nach ihm benannte „[[Lilienfeldstrahlung]]“.<ref>{{cite journal|last = Lilienfeld | first = Julius Edgar | authorlink= Julius Edgar Lilienfeld | year = 1919 | title = Die sichtbare Strahlung des Brennecks von Röntgenröhren | journal = Physikalische Zeitschrift | volume = 20 | issue = 12 | pages = 280 ff}}</ref> Ihr Ursprung konnte erst in späteren Jahren als Form der [[Übergangsstrahlung]] erklärt werden.<ref>{{Literatur |Autor=H. Boersch, C. Radeloff, G. Sauerbrey |Titel=Über die an Metallen durch Elektronen ausgelöste sichtbare und ultraviolette Strahlung |Sammelwerk=Zeitschrift für Physik |Band=165 |Nummer=4 |Datum=1961 |Seiten=464–484 |DOI=10.1007/BF01381902}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=H. Boersch, C. Radeloff, G. Sauerbrey |Titel=Experimental Detection of Transition Radiation |Sammelwerk=Physical Review Letters |Band=7 |Nummer=2 |Datum=1961-06-15 |Seiten=52–54 |DOI=10.1103/PhysRevLett.7.52}}</ref>
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Die erste Beobachtung von Röntgenstrahlung durch Wilhelm Conrad Röntgen erfolgte am Physikalischen Institut der [[Julius-Maximilians-Universität Würzburg]] am späten Freitagabend des 8. November 1895, als –&nbsp;wie er es selbst beschrieb&nbsp;– „sich keine dienstbaren Geister mehr im Hause befanden“. Bereits sieben Wochen später, am 28. Dezember 1895, reichte er eine Arbeit zur Veröffentlichung ein unter dem Titel: ''Über eine neue Art von Strahlen''.<ref>W. C. Röntgen: [[s:Ueber eine neue Art von Strahlen (Vorläufige Mittheilung)|''Ueber eine neue Art von Strahlen''. (Vorläufige Mittheilung.)]] In: ''Aus den Sitzungsberichten der Würzburger Physik.-medic. Gesellschaft'', Würzburg 1895 ([[Wikisource]])</ref><ref>[http://www.wilhelmconradroentgen.de/staette.htm Röntgen-Gedächtnisstätte Würzburg]</ref> Er entdeckte die Strahlung, als er fluoreszenzfähige Gegenstände nahe der Röhre während des Betriebs der Kathodenstrahlröhre beobachtete, die trotz einer Abdeckung der Röhre (mit schwarzer Pappe) hell zu leuchten begannen. Röntgens Verdienst ist es, die Bedeutung der neu entdeckten Strahlen früh erkannt und diese als Erster wissenschaftlich untersucht zu haben. Zu Röntgens Berühmtheit hat sicherlich auch die Röntgenaufnahme einer Hand seiner Frau beigetragen, die er in seiner ersten Veröffentlichung zur Röntgenstrahlung abbildete. Nachdem Röntgen am 1. Januar 1896 seine Schrift ''Über eine neue Art von Strahlen'' an Kollegen und Freunde geschickt hatte, darunter auch an den Wiener Physiker und Vorstand des II.&nbsp;physikalisch-chemischen Instituts der Universität Wien [[Franz Serafin Exner (Physiker)|Franz Exner]], von dem der Prager Physiker Lechner am 4. Januar die Neuigkeit erfuhr, wurde am 5. Januar in der Wiener Tageszeitung ''Die Presse'', herausgegeben von Lechners Vater, darüber publiziert. Ein Mitarbeiter der Tageszeitung machte den Wiener Vertreter des ''Daily Chronicle'' auf den Artikel aufmerksam und dieser telegrafierte ihn sofort nach London. Von London aus wurde am Abend des 6. Januar die Nachricht über Röntgens (bzw. „Professor Routgens“<!-- sic! -->) Entdeckung weltweit telegrafiert, am 7. Januar druckte der Londoner ''Standard'' seinen Bericht über die „fotografische Entdeckung“ und am 8. Januar wurde diese Kabelnachricht in amerikanischen Zeitschriften veröffentlicht. Auch in der ''Frankfurter Zeitung'' erschienen am 7. und 8. Januar ausführliche Berichte. Am 9. Januar wurde (ungenau und ohne Zustimmung Röntgens) in einer Würzburger Zeitung eine Notiz über die Ereignisse veröffentlicht, welche Grundlage weiterer Zeitungsberichte war.<ref>Heinz Otremba: ''Wilhelm Conrad Röntgen. Ein Leben im Dienst der Wissenschaft.'' Eine Dokumentation mit einer wissenschaftliche Würdigung durch [[Walther Gerlach]]. Fränkische Gesellschaftsdruckerei, Würzburg 1970, S. 12–16.</ref> Mitte Januar wurde über zahlreiche weitere Versuche mit Kathodenstrahlröhren in Boulevard- und Fachpresse berichtet.<ref>Erich Pirker (†): ''Gustav Kaiser (1871–1954) und Eduard Haschek (1875–1947): Zwei Pioniere der medizinischen Röntgenologie. Ein Beitrag zur Verifizierung eines umstrittenen Datums.'' In: ''Würzburger medizinhistorische Mitteilungen.'' Band 13, 1995, S. 97–107, hier: S. 97 und 103–105.</ref> Im März 1897 veröffentlichte Röntgen seine dritte Mitteilung. Zu dieser Zeit war der ursächliche Zusammenhang von Kathodenstrahlen und X-Strahlen sowie Entstehung der X-Strahlen in den dünnen Hertz-Lenardschen Metallfolien der Lenardschen Röhre erwiesen.<ref>Heinz Otremba: ''Wilhelm Conrad Röntgen. Ein Leben im Dienst der Wissenschaft.'' 1970, S. 56.</ref> Röntgen wurde 1901 mit dem ersten [[Nobelpreis für Physik]] geehrt, wobei das Nobelpreiskomitee die praktische Bedeutung der Entdeckung hervorhob.
 
Die Benennung ''Röntgenstrahlen'' geht auf den Anatomen [[Albert von Kölliker]] zurück, der am 23. Januar 1896 die Benennung als „Röntgen’sche Strahlen“ vorschlug. Anlass war der erste öffentliche Vortrag Röntgens über seine Entdeckung, der auf Einladung der von Kölliker gegründeten ''Physikalisch-medizinischen Gesellschaft zu Würzburg'' unter dem Vorsitz von [[Karl Bernhard Lehmann]].<ref>[[Werner E. Gerabek]]: ''Wilhelm Conrad Röntgen und seine Entdeckung der X-Strahlen.'' In: ''Würzburger medizinhistorische Mitteilungen.'' Band 13, 1995, S. 87–96, hier: S. 91.</ref> In densämtlichen meistenanderen Sprachräumen blieb es beim von Röntgen selbst eingeführten Namen ''X-Strahlen'' (beispielsweise {{enS|X-rays}}).
 
Erstmalige Bedenken bezüglich des Einsatzes von Röntgenstrahlen hatte die um Genehmigung für einen in Wien geplanten Vortrag mit „Experiment mit den Röntgenstrahlen“ ersuchte Polizei am 26. März 1896.<ref>Heinz Otremba: ''Wilhelm Conrad Röntgen. Ein Leben im Dienst der Wissenschaft.'' 1970, S. 30.</ref> Bereits im Jahr 1896 wurden Röntgenstrahlen auch therapeutisch eingesetzt, so erstmals zur Behandlung von Hautkrankheiten durch [[Leopold Freund]].<ref>[[Paul Diepgen]], [[Heinz Goerke]]: ''[[Ludwig Aschoff|Aschoff]]: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin.'' 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 52.</ref> Die Natur der Röntgenstrahlung als elektromagnetische Wellen konnte 1912 durch [[Max von Laue]] bewiesen werden.<ref>Max von Laue: ''Interferenzerscheinungen bei Röntgenstrahlen.'' Theoretischer Teil von M. Laue, Experimenteller Teil von W. Friedrich und P. Knipping. In der Sitzung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften am 8. Juni 1912 vorgelegt von [[Arnold Sommerfeld]].</ref><ref>Heinz Otremba, [[Walther Gerlach]]: ''Wilhelm Conrad Röntgen. Ein Leben im Dienst der Wissenschaft.'' 1970, S. 62–71.</ref> Pathologisch-anatomische Veränderungen, welche Röntgenstrahlen am [[Eierstock]] hervorrufen können, wurden erstmals 1907 durch Vera Rosen untersucht. Im Jahr 1912 gelang [[Otto von Franqué]] die Heilung eines [[Ovarialkarzinom]]s mit Röntgenbestrahlung.<ref>[[Paul Diepgen]], [[Heinz Goerke]]: ''[[Ludwig Aschoff|Aschoff]]/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin.'' 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 58.</ref>
 
== N-Strahlen ==
Die kurz nach den Röntgenstrahlen vermeintlich entdeckten [[N-Strahlen]] erwiesen sich als wissenschaftlicher Irrtum.
 
== Literatur ==