„Sinus und Kosinus“ – Versionsunterschied

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{{Weiterleitungshinweis|''Sinus, Kosinus'' und ''Cosinus''|Zu weiteren Bedeutungen siehe [[Sinus (Begriffsklärung)]], [[Kosinus (Begriffsklärung)]] und [[Cosinus (Begriffsklärung)]].|mehrzahl=ja1}}
 
[[Datei:Sine cosine one period.svg|mini|380px|[[Funktionsgraph|Graphen]] der Sinusfunktion (rot) und der Kosinusfunktion (blau). Beide Funktionen haben eine [[Periodische Funktion#Eigenschaften der Perioden|kleinste positive Periode]] von <math>2 \pi</math> und nehmen jeweils alle [[Bild (Mathematik)|Werte]] von −1 bis 1 an.]]
 
'''Sinus-''' und '''Kosinusfunktion''' (auch '''Cosinusfunktion''') sind [[Elementare Funktion|elementare mathematische Funktionen]].
Vor [[Tangens und Kotangens]], sowie [[Sekans und Kosekans]] bildensind sie die wichtigsten [[Trigonometrische Funktion|trigonometrischen Funktionen]]. Sinus und Kosinus werden unter anderem in der Geometrie für [[Dreieck]]sberechnungen in der ebenen und [[Sphärische Trigonometrie|sphärischen]] [[Trigonometrie]] benötigt. Auch in der [[Analysis]] sind sie wichtig.
 
[[Welle]]n wie [[Schallwelle]]n, [[Wasserwelle]]n und [[elektromagnetische Welle]]n lassen sich als Zusammensetzung aus Sinus- und Kosinuswellen beschreiben, sodass die Funktionen auch in der [[Physik]] als [[harmonische Schwingung]]en allgegenwärtig sind.
 
== Herkunft des Namens ==
Die lateinische Bezeichnung ''Sinus'' „Bogen, Krümmung, Busen“ für diesen mathematischen Begriff wählte [[Gerhard von Cremona]] 1175<ref>J. Ruska: ''Zur Geschichte des „Sinus“.'' In: ''Zeitschrift für Mathematik und Physik.'' Teubner, Leipzig 1895. S. &nbsp;126 &nbsp;ff. Auch online zugänglich: [httphttps://gdz.sub.uni-goettingen.de/dms/load/imgid/PPN599415665_0040?PPNtify=PPN599415665_0040&DMDID=DMDLOG_0045&LOGID=LOG_0053&PHYSID=PHYS_0548%7B%22pages%22:%5B548%5D%7D Digitalisierungszentrum der Universität Göttingen.]</ref> als Übersetzung der arabischen Bezeichnung ''dschaib'' oder {{arF|جيب&lrm;|dschība|DMG=|de=Tasche, Kleiderfalte}}, selbst entlehnt von [[Sanskrit]] ''jiva'' „Bogensehne“ indischer Mathematiker.
 
Die Bezeichnung „Cosinus“ ergibt sich aus ''complementi sinus,'' also Sinus des [[Komplementärwinkel]]s. Diese Bezeichnung wurde zuerst in den umfangreichen trigonometrischen Tabellen verwendet, die von [[Georg von Peuerbach]] und seinem Schüler [[Regiomontanus]] erstellt wurden.<ref>Josef Laub (Hrsg.): ''Lehrbuch der Mathematik für die Oberstufe der allgemeinbildenden höheren Schulen. 2. Band.'' 2. Auflage. Hölder-Pichler-Tempsky, Wien 1977, ISBN 3-209-00159-6., S. &nbsp;207.</ref>
 
== Geometrische Definition ==
=== Definition am rechtwinkligen Dreieck ===
[[Datei:RechtwinkligesDreieckABC.svg|miniaturmini|hochkant=2|Dreieck mit den Punkten ABCA, B, C und den bzw. gegenüberliegenden Seiten a, b, c]]
[[Datei:RechtwinkligesDreieck.svg|mini|hochkant=2|Dreieck ABC mit einem rechten Winkel <math>\gamma</math> in C. (Benennung von An- und Gegenkathete unter der Annahme, dass sich diese Begriffe auf den Winkel <math>\alpha</math> der betrachtete Winkel ist.beziehen)]]
 
Alle ebenen, zueinander [[Ähnlichkeit (Geometrie)|ähnlichen]] Dreiecke haben gleiche [[Winkel]] und [[Seitenlänge#Seitenlänge von Dreiecken|gleiche Längenverhältnisse der Seiten]].
Zeile 22:
Diese Eigenschaft wird benutzt, um Berechnungen am [[Rechtwinkliges Dreieck|rechtwinkligen Dreieck]] durchzuführen. Sind nämlich die Längenverhältnisse im rechtwinkligen Dreieck bekannt, lassen sich die [[Winkelmaß|Maße von Winkeln]] und die [[Längenmaß|Längen von Seiten]] berechnen. Deshalb haben die Längenverhältnisse im rechtwinkligen Dreieck auch besondere Namen.
 
Die Längenverhältnisse der drei Seiten im rechtwinkligen Dreieck sind nur vom Maß eines der beiden [[Winkel#Arten von Winkeln|spitzen Winkel]] abhängig. Denn die Innenwinkelsumme in jedem Dreieck beträgt 180°. Und weil im rechtwinkligen Dreieck ein Winkel, nämlich der rechte Winkel, mit 90° bekannt ist, müssen die beiden anderen Winkel in der Summe ebenfalls 90° ergeben. Deswegen wird das Maß eines dieser Winkel durch das Maß des anderen Winkels bereits festgelegt. Aufgrund der [[Dreieck#Berechnung eines beliebigen DreiecksKongruenzsatz|DreieckssätzeKongruenzsätze]] (z. &nbsp;B. WSW) hängen die Längenverhältnisse im rechtwinkligen Dreieck nur noch vom Maß eines der beiden spitzen Winkel ab.
 
Deshalb werden die Längenverhältnisse in Abhängigkeit eines der beiden spitzen Winkel wie folgt definiert:
Zeile 41:
Da die Hypotenuse die längste Seite eines Dreiecks ist (denn sie liegt dem größten Winkel, also dem rechten Winkel, gegenüber), gelten die Ungleichungen <math>\sin\alpha\leq 1</math> und <math>\cos\alpha\leq 1</math>.
 
Wird statt von ''α'' von dem gegenüberliegenden Winkel ''β'' ausgegangen, so wechseln beide Katheten ihre Rolle, die Ankathete von ''α'' wird zur Gegenkathete von ''β und,'' die Gegenkathete von ''α'' bildet nun die Ankathete von ''β'' und es gilt:
 
:<math>\sin \beta = \frac{b}{c}</math>
Zeile 57:
:<math>\sin^2 \alpha + \cos^2 \alpha = 1</math>
 
Im rechtwinkligen Dreieck sind Sinus und Kosinus nur für Winkel zwischen 0 und 90 Grad definiert. Für beliebige Winkel wird der Wert der Sinus-FunktionKosinusfunktion als <math>yx</math>-Koordinate und der Wert der Kosinus-FunktionSinusfunktion als <math>xy</math>-Koordinate eines Punktes am [[Einheitskreis]] ([[#Definition am Einheitskreis|siehe unten]]) definiert. Hier ist es üblich, den Wert, auf den die Funktion angewendet wird (hier: den Winkel), als ''Argument'' zu bezeichnen. Dies betrifft insbesondere die Winkelfunktionen und die [[Exponentialfunktion#Exponentialfunktion auf den komplexen Zahlen|komplexe Exponentialfunktion]] ([[#Beziehung zur Exponentialfunktion|siehe unten]]).
 
=== Definition am Einheitskreis ===
[[Datei:Sinus und Kosinus am Einheitskreis 1.svg|miniaturmini|Definition des Sinus und Kosinus am Einheitskreis]]
[[Datei:Einheitskreis Ani.gif|miniaturmini|Trigonometrische Funktionen am Einheitskreis im ersten Quadranten]]
Im rechtwinkligen Dreieck ist der Winkel zwischen Hypotenuse und Kathete nur für Werte von 0 bis 90 Grad definiert. Für eine allgemeine Definition wird ein Punkt <math>P</math> mit den [[Koordinaten]] <math>(x,y)</math> auf dem [[Einheitskreis]] betrachtet, hier gilt <math>x^2+y^2=1</math>. Die positive <math>x</math>-Achse schließt mit dem [[Ortsvektor]] von <math>P</math> einen Winkel <math>\alpha</math> ein.
Der Koordinatenursprung <math>(0,0)</math>, der Punkt <math>(x,0)</math> auf der <math>x</math>-Achse und der Punkt <math>P(x,y)</math> bilden ein rechtwinkliges Dreieck. Die Länge der Hypotenuse beträgt <math>\sqrt{x^2+y^2}=1</math>. Die Ankathete des Winkels <math>\alpha</math> ist die Strecke zwischen <math>(0,0)</math> und <math>(x,0)</math> und hat die Länge <math>|x|</math>. Es gilt:
:<math>\cos\alpha = x</math>.
Die Gegenkathete des Winkels <math>\alpha</math> ist die Strecke zwischen <math>(x,0)</math> und <math>(x,y)</math> und hat die Länge <math>|y|</math>. Somit istgilt:
:<math>\sin\alpha = y</math>.
DarausWegen folgt durch dendes [[Strahlensatz]]es ist die folgende Definition des [[Tangens]] [[wohldefiniert]]:
:<math>\tan\alpha = \frac{\sin\alpha}{\cos\alpha}</math>.
 
Die <math>yx</math>-Koordinate eines Punktes im ersten [[Quadrant]]en des Einheitskreises ist also der SinusKosinus des Winkels zwischen seinem Ortsvektor und der <math>x</math>-Achse, während die <math>xy</math>-Koordinate der KosinusSinus desdieses Winkels ist. Die Fortsetzung über den ersten Quadranten hinaus ergibt eine Definition von Sinus und Kosinus für beliebige Winkel.
 
Die UmkehrungUmkehrungen der Sinus-/ und Kosinusfunktion istsind nicht eindeutig. Zu jeder Zahl <math>y</math> zwischen −1 und 1 (<math> -1 < y < 1</math>) gibt es schon zwischen 0° und 360° (<math> 0^\circ < \alpha \leq 360^\circ </math>) immer genau zwei Winkel. Symmetrien der Winkelfunktionen erkennt man an folgenden Beziehungen:
 
Punktsymmetrien:
:<math>\sin(-\alpha) = -\sin\alpha</math>
:<math>\cos(90^\circ+\alpha) = -\cos(90^\circ-\alpha)</math>
und
 
:<math>\cos(90^\circ+\alpha)=-\cos(90^\circ-\alpha)</math>,
Achsensymmetrien:
:<math>\cos(-\alpha) = \cos\alpha</math>
:<math>\sin(90^\circ+\alpha) = \sin(90^\circ-\alpha)</math>
und
:<math>\sin(90^\circ+\alpha)=\sin(90^\circ-\alpha)</math> .
 
Der Sinus ist also eine [[Gerade und ungerade Funktionen|ungerade]] Funktion, der Kosinus eine [[Gerade und ungerade Funktionen|gerade]].
 
Sinus und Kosinus sind [[periodische Funktion]]en mit der Periode 360 Grad. (Man kann einen Winkel von beispielsweise 365° nicht von einem Winkel von 5° unterscheiden. Aber der eine beschreibt eine Drehbewegung von reichlich einer Umdrehung, der andere eine sehr kleine Drehbewegung &nbsp;‒ nur eine zweiundsiebzigstel Umdrehung.) Also gilt auch
:<math>\sin(\alpha + k \cdot 360^\circ) = \sin\alpha</math>
sowie
:<math>\cos(\alpha + k \cdot 360^\circ) = \cos\alpha</math>,
wobei <math> k </math> eine beliebige ganze Zahl ist. Es gibt also nicht nur die Symmetrien zu <math>\alpha=0^\circ</math> (cos) bzw. <math>\alpha=90^\circ</math> (sin) und zu <math>(0,^\circ|0)</math> (sin) bzw. <math>(90^\circ|0)</math> (cos), sondern unendlich viele Symmetrieachsen und Symmetriezentren für beide Funktionen.
 
Die Entstehung der Sinus- und Kosinusfunktion aus der Drehbewegung eines Winkelschenkels beginnend bei der <math> x </math>-Achse veranschaulicht folgende Animation. Der Winkel wird im [[Bogenmaß]] gemessen. Ein Winkel von <math>360^\circ</math> entspricht einem Bogenmaß von <math>2 \pi</math>.
[[Datei:Sinus und Cosinus am Einheitskreis.gif|zentriert|Animation zur Konstruktion der Sinus- und Kosinusfunktion]]
 
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=== Motivation durch Taylorreihen ===
[[Datei:Taylorreihenentwicklung des Kosinus.svg|mini|<math>\cos(x)</math> zusammen mit den ersten Taylorpolynomen <math>p_n(x)=\sum_{k=0}^n (-1)^k \frac{x^{2k}}{(2k)!}</math>]]
[[Datei:Sine.gif|mini|Diese Animation illustriert die Definition der Sinusfunktion durch eine Reihe. Je höhergrößer die Zahl <math>N</math> ist, desto mehr Summanden werden in der Reihendefinition verwendet. So ist bei <math>N=2</math> neben der Sinusfunktion zusätzlich das kubische Polynom <math>\sum_{k=0}^21 \tfrac{(-1)^k}{(2k+1)!}x^{2k+1} = x - \tfrac{x^3}{6}</math> eingezeichnet.]]
Durch den Übergang vom Winkelmaß zum [[Bogenmaß]] können Sinus und Kosinus sind als [[Funktion (Mathematik)|Funktionen]] von <math>\R</math> nach <math>\R</math> erklärt werden. EsSie kann nachgewiesen werden, dass siesind beliebig oft differenzierbar sind. Für die Ableitungen im Nullpunkt gilt:
 
:<math>
Zeile 111 ⟶ 110:
0 & \text{wenn } k=2 \\
-1 & \text{wenn } k=3 \end{matrix}\right.
</math>
\qquad
:<math>
\cos^{(4n+k)} 0 = \cos\frac{k\,\pi}2 = \left\{\begin{matrix}
1 & \text{wenn } k=0 \\
Zeile 117:
-1 & \text{wenn } k=2 \\
0 & \text{wenn } k=3 \end{matrix}\right.
</math>.
Die Wahl des Bogenmaßes führt dazu, dass hier die Werte <math>\pm 1</math> auftreten. Die sich daraus ergebenden [[Taylorreihe]]n stellen die Funktionen <math>\sin x</math> und <math>\cos x</math> dar, das heißt:
 
:<math>\sin x = \sum_{n=0}^\infty (-1)^n\frac{x^{2n+1}}{(2n+1)!} = \frac{x}{1!} -\frac{x^3}{3!}+\frac{x^5}{5!}\mp\dotsb</math>
:<math>\cos x = \sum_{n=0}^\infty (-1)^n\frac{x^{2n}} {(2n)!} = \frac{x^0}{0!}-\frac{x^2}{2!}+\frac{x^4}{4!}\mp\dotsb</math>
 
=== Reihenentwicklung in der Analysis ===
In der Analysis geht man umgekehrt von einerden [[Reihe (Mathematik)|ReihenentwicklungReihenentwicklungen]] aus und leitet umgekehrt daraus alles her, indem die Funktionen sin und cos durch die oben angegebenen [[Potenzreihe]]n erklärt werden.
Mit dem [[Quotientenkriterium]] lässt sich zeigen, dass diese Potenzreihen für jede [[komplexe Zahl]] <math>x</math> [[Absolute Konvergenz|absolut]] und in jeder [[Supremum#Existenz des Supremums für beschränkte Teilmengen der reellen Zahlen|beschränkten Teilmenge]] der komplexen Zahlen [[Gleichmäßige Konvergenz|gleichmäßig konvergieren]]. Diese [[Unendliche Reihe|unendlichen Reihen]] verallgemeinern die Definition des Sinus und des Kosinus von reellen auf komplexe Argumente. Auch <math>\pi</math> wird dort üblicherweise nicht geometrisch, sondern beispielsweise über die cos-Reihe und die Beziehung <math>\cos\tfrac{\pi}{2}=0</math> als das Doppelte der kleinsten positiven Nullstelle der Kosinusfunktion definiert. Damit ist eine präzise analytische Definition von <math>\pi</math> gegeben.
 
Für kleine Werte zeigen diese Reihen ein sehr gutes Konvergenzverhalten. Zur [[Numerische Mathematik|numerischen]] Berechnung lassen sich daher die Periodizität und [[Symmetrische Funktion|Symmetrie der Funktionen]] ausnutzen und der <math>x</math>-Wert bis auf den Bereich <math>-\pi/4</math> bis <math>\pi/4</math> reduzieren. Danach sind fürje einenach gefordertegeforderter Genauigkeit nur noch relativ wenige Glieder der Reihe zu berechnen. Das [[Taylorpolynom]] der Kosinusfunktion bis zur vierten Potenz z.&nbsp;B. hat im Intervall <math>[-\pi/4, \pi/4]</math> einen [[Fehlerschranke#Relativer Fehler|relativen Fehler]] von unter 0,05 %. Im Artikel [[Taylor-Formel]] sind einige dieser so genannten Taylorpolynome grafisch dargestellt und man findet eine Näherungsformel mit Genauigkeitsangabe angegeben. Zu beachten ist allerdings, dass die Teilsummen der Taylorpolynome nicht die bestmögliche numerische Approximation darstellen; beispielsweise in [[Abramowitz-Stegun]] finden sich Näherungspolynome mit noch kleinerem Approximationsfehler.<ref>[[Milton Abramowitz]], [[Irene Stegun]]: ''[[Abramowitz-Stegun|Handbook of Mathematical Functions]].'' Dover Publications, New York 1964. ISBN 0-486-61272-4, [{{Webarchiv |url=http://www.math.hkbu.edu.hk/support/aands/page_76.htm |text=''('''4.3.96'''–'''4.3.99''')].'' |wayback=20090201155054}}.</ref>
 
=== Beziehung zur Exponentialfunktion ===
Zeile 136:
\mathrm{e}^{\mathrm{i}x}
&= \sum^{\infty}_{k=0}\frac{(\mathrm{i}x)^k}{k!}
= \sum^{\infty}_{l=0}\frac{(\mathrm{i}x)^{2l}}{(2l)!}
+ \sum^{\infty}_{l=0}\frac{(\mathrm{i}x)^{2l+1}}{(2l+1)!}\\
 
&= \underbrace{\sum^{\infty}_{l=0}(-1)^l \frac{x^{2l}}{(2l)!}}_{\cos x}
+ \mathrm{i} \underbrace{\sum^{\infty}_{l=0} (-1)^l \frac{x^{2l+1}}{(2l+1)!}}_{\sin x}\\
&= \cos x + \mathrm{i} \sin x
\end{align}</math>
 
Dabei wurde verwendet:
:<math>\mathrm{i}^{2l} = (\mathrm{i}^2)^l = (-1)^l\,</math>
:<math>\mathrm{i}^{2l+1} = \mathrm{i}\cdot \mathrm{i}^{2l} = \mathrm{i}\cdot (-1)^l</math>
sowie
<math>\mathrm{i}^{2l+1}= \mathrm{i}\cdot \mathrm{i}^{2l} = \mathrm{i}(-1)^l</math>
 
[[Datei:Sine Cosine Exponential qtl1.svg|miniaturmini|Beziehung zwischen Sinus, Kosinus und Exponentialfunktion]]
Somit ergibt sich die sogenannte [[Eulersche Formel|Eulerformel]]:
:<math>\mathrm{e}^{\mathrm{i} x} = \cos x + \mathrm{i}\cdot \sin x</math>.
 
Für eine reelle Zahl <math>x</math> ist also <math> \cos(x)</math> der [[Realteil]] und <math> \sin(x)</math> der [[Imaginärteil]] der komplexen Zahl <math>\mathrm{e}^{\mathrm{i} x}</math>.
 
Durch Ersetzung von <math>x</math> durch <math>-x</math> ergibt sich:
:<math>\mathrm{e}^{-\mathrm{i} x} = \cos x - \mathrm{i}\cdot \sin x</math>.
Diese und die vorangegangenen Gleichungen lassen sich nach den trigonometrischen Funktionen auflösen. Es folgt:
 
:<math>\sin x = \frac{1}{2\mathrm{i}} \left(\mathrm{e}^{\mathrm{i}x} - \mathrm{e}^{-\mathrm{i}x} \right)</math>
:<math>\cos x = \frac{1}{2} \left(\mathrm{e}^{\mathrm{i}x} + \mathrm{e}^{-\mathrm{i}x} \right)</math>
und
:<math>\cos x = \frac{1}{2} \left(\mathrm{e}^{\mathrm{i}x} + \mathrm{e}^{-\mathrm{i}x} \right)</math>.
 
Diese GleichungGleichungen giltgelten nicht nur für reelle Argumente, sondern für beliebige komplexe Zahlen. Somit ergibt sich eine alternative Definition für die Sinus- und Kosinusfunktion. Durch Einsetzen der Exponentialreihe leiten sich die oben vorgestellten Potenzreihen ab.
 
Ausgehend von dieser Definition lassen sich viele Eigenschaften, wie zum Beispiel die [[Formelsammlung Trigonometrie#Additionstheoreme|Additionstheoreme]] des Sinus und Kosinus, nachweisen.
Zeile 170 ⟶ 168:
Der [[Sinus]] ist die Umkehrfunktion des [[Integralrechnung|Integrals]] zur Berechnung der Bogenlänge <math>s(r)</math>
:<math>s(r) = \int_0^r \frac{\mathrm{d}\rho}{\sqrt{1-\rho^2}}
\qquad \mboxtext{und}\qquad
\int_0^1 \frac{\mathrm{d}\rho}{\sqrt{1-\rho^2}} = \frac{\pi}{2},
</math>
Zeile 176 ⟶ 174:
 
=== Definition über analytische Berechnung der Bogenlänge ===
Die Definition des Sinus und Kosinus als Potenzreihe liefert einen sehr bequemen Zugang, da die [[Differentialrechnung|Differenzierbarkeit]] durch die Definition als konvergente Potenzreihe automatisch gegeben ist. Die [[Eulersche Identität|Eulerformel]] ist ebenfalls eine einfache Konsequenz aus den Reihendefinitionen, da sich die Reihen für <math>\cos</math> und <math>\mathrm i \sin</math> ganz offenbar zur Exponentialfunktion zusammenfügen, wie oben gezeigt wurde. Durch Betrachtung der Funktion <math>x \mapsto \mathrm e^{\mathrm i x}</math>, die das Intervall <math>[0,2\pi]</math> auf die Kreislinie abbildet, ergibt sich die Beziehung zur Geometrie, denn <math>\cos(x)</math> und <math>\sin(x)</math> sind nichts weiter als der Real- bzw. Imaginärteil von <math>\mathrm e^{\mathrm i x}</math>, das heißt die [[Projektion (Mengenlehre)|ProjektionProjektionen]] dieses Punktes auf die Koordinatenachsen.
 
Neben <math>x\mapsto \mathrm e^{\mathrm i x}</math> gibt es auch andere sinnvolle Parametrisierungen des Einheitskreises, etwa
:<math>\gamma(t) = \left(\frac{1-t^2}{1+t^2},\frac{2t}{1+t^2}\right),\quad -\infty<t<\infty.</math>
Geht man von dieser Formel aus, erhält man einen alternativen Zugang. Die [[Länge (Mathematik)|Länge]] dieser [[Funktionsgraph|Kurve]] wird auch als Bogenlänge bezeichnet und berechnet sich alszu
: <math>s(t) = \int_0^t |\dot\gamma(\tau)|\,\mathrm d\tau
=\int_0^t\frac{2\,\mathrm d\tau}{\tau^2+1}.</math>
Zeile 188 ⟶ 186:
:<math>s(t)\colon\mathbb R\to(-\pi,\pi) </math>
ist auch differenzierbar:
:<math>\frac{\mathrm d s}{\mathrm d t} = \frac{2}{1+t^2}</math>.
Weil sie stetig und streng monoton wachsend ist, ist sie auch invertierbar, und für die [[Umkehrfunktion]]
:<math>t(s)\colon(-\pi,\pi) \to \mathbb R </math>
gilt:
:<math>\frac{\mathrm d t}{\mathrm d s} = \frac{1+t^2(s)}{2}</math>.
 
Mit Hilfe dieser Umkehrfunktion <math>t(s)</math> lassen sich nun Sinus und Kosinus als <math>y</math>- und <math>x</math>-Komponente von <math>\gamma</math> analytisch definieren:
 
:<math>\sin s := \frac{2t(s)}{1+t^2(s)}</math>
:<math>\cos s := \frac{1-t^2(s)}{1+t^2(s)}</math>
 
sowie
 
:<math>\cos s := \frac{1-t^2(s)}{1+t^2(s)}</math>.
 
Bei dieser Definition des Sinus und Kosinus über die analytische Berechnung der Bogenlänge werden die geometrischen Begriffe sauber formalisiert. Sie hat allerdings den Nachteil, dass im didaktischen Aufbau der Analysis der Begriff der Bogenlänge erst sehr spät formal eingeführt wird und daher Sinus und Kosinus erst relativ spät verwendet werden können.
Zeile 206 ⟶ 200:
=== Definition als Lösung einer Funktionalgleichung ===
Ein anderer analytischer Zugang ist, Sinus und Kosinus als Lösung einer [[Funktionalgleichung]] zu definieren, die im Wesentlichen aus den Additionstheoremen besteht: Gesucht ist ein Paar [[Stetige Funktion|stetiger Funktionen]] <math>\sin, \cos\colon\R\to\R</math>, das für alle <math>x,y\in\R</math> die Gleichungen
:<math>\sin(x+y) = \sin x\,\cos y+\cos x\,\sin y\;</math> und
:<math>\cos(x+y) = \cos x\,\cos y-\sin x\,\sin y</math>
erfüllt. Die Lösung <math>\sin</math> definiert dann den Sinus, die Lösung <math>\cos</math> den Kosinus. Um Eindeutigkeit zu erreichen, sind einige Zusatzbedingungen zu erfüllen. In Heuser, Lehrbuch der Analysis, Teil 1 wird zusätzlich gefordert, dass
:<math>\sin x</math> eine [[Gerade und ungerade Funktionen|ungerade]] Funktion,
:<math>\cos x</math> eine [[Gerade und ungerade Funktionen|gerade]] Funktion,
:<math>\lim_{x\to 0}\frac{\sin x}{x} = 1</math> und
:<math>\cos 0 = 1</math>
ist. Bei diesem Zugang wird offensichtlich die [[Differenzierbarkeit]] des Sinus inan der Stelle 0 vorausgesetzt; <math>\pi</math> wird in weiterer Folge analytisch als das doppelteDoppelte der kleinsten positiven Nullstelle des Kosinus definiert. Verwendet man den Zugang von [[Leopold Vietoris]]<ref name="Vietoris">Leopold Vietoris: ''Vom Grenzwert <math>\lim_{x\to 0}\tfrac{\sin x}{x}</math>.'' In: ''Elemente der Mathematik.'' Band 12, 1957.</ref> und berechnet die Ableitung des Sinus aus den Additionstheoremen, so ist es zweckmäßiger, <math>\pi</math> auf geeignete Weise analytisch (beispielsweise als Hälfte des Grenzwerts des Umfangs des dem Einheitskreis eingeschriebenen <math>2^n</math>-Ecks) zu definieren und dann die Differenzierbarkeit der Lösung dieser Funktionalgleichung zu beweisen. Als Zusatzbedingung zu den Additionstheoremen fordert man dann beispielsweise:
:<math>\sin\frac{\pi}{2}=1</math>,
:<math>\cos\frac{\pi}{2}=0</math> und
Zeile 221 ⟶ 215:
 
=== Produktentwicklung ===
Die Kreisfunktionen '''Sinus''' und '''Cosinus''' haben folgende zwei Produktentwicklungen:
:<math> \sin{x} = \prod_{k=-\infty}^\infty \frac{x+k\pi}{\frac\pi2+k\pi} = x \prod_{k=1}^\infty \left( 1 - \frac{x^2}{k^2\pi^2} \right) </math>
:<math>\sin{x} = \prod_{k=-\infty}^\infty \frac{x+k\pi}{\frac\pi2+k\pi} = x \prod_{k=1}^\infty \left( 1 - \frac{x^2}{k^2\pi^2} \right) </math>
 
:<math>\cos{x} = \prod_{k=-\infty}^\infty \frac{x+k\pi+\frac\pi2}{\frac\pi2+k\pi} = \prod_{k=1}^\infty \left( 1 - \frac{4x^2}{(2k-1)^2\pi^2} \right) </math>
Die genannte Produktentwicklung für den Sinus zog der schweizerische Mathematiker [[Leonhard Euler]] für den Beweis vom [[Basler Problem]] heran.
 
Der ebenso nach diesem Mathematiker benannte Eulersche Ergänzungssatz für die [[Fakultät (Mathematik)|Fakultätsfunktion 𝚷(n)]] liefert in Kombination mit der Eulerschen Produktdefinition der Fakultätsfunktion direkt die gezeigte Produktformel für die trigonometrische Sinusfunktion:
 
: <math>\sin(x) = \frac{x}{\Pi(x \div \pi) \,\Pi(- x \div \pi)}</math>
: <math>w! = \Pi(w) = \Gamma(w + 1) = \prod_{n = 1}^{\infty} \bigl(1 + \frac{1}{n}\bigr)^{w} \bigl(1 + \frac{w}{n}\bigr)^{-1}</math>
 
Mit dem Buchstaben des kleinen <math>\pi</math> ist hier in der Tat die [[Kreiszahl]] gemeint.
:<math> \cos{x} = \prod_{k=-\infty}^\infty \frac{x+k\pi+\frac\pi2}{\frac\pi2+k\pi} = \prod_{k=1}^\infty \left( 1 - \frac{4x^2}{(2k-1)^2\pi^2} \right) </math>
 
Jedoch steht das große <math>\Pi</math> in der genannten Formel für die Gaußsche Pifunktion also für die kontinuisierte Form der Fakultätsfunktion.
<math>x\;</math> ist dabei im Bogenmaß anzugeben.
 
== Regeln über den Wertebereich ==
== Wertebereich und spezielle Funktionswerte ==
=== Zusammenhang zwischen Sinus und Kosinus ===
:<math>\sin\alpha = -\cos\left(\alpha + 90^\circ \right) = \cos\left(\alpha-90^\circ\right)</math> ([[Gradmaß]])
:<math>\sin\alpha = -\cos\left(\alpha + \pi/2 \right) = \cos\left(\alpha - \pi/2\right)</math> ([[Bogenmaß]])
:<math>\sin^2\alpha + \cos^2\alpha = 1</math> („[[trigonometrischer Pythagoras]]“)
 
Insbesondere folgt daraus <math>|{\sin\alpha}|\leq 1</math> und <math>|{\cos\alpha}|\leq 1</math>. Diese Ungleichungen gelten aber nur für [[Reelle Zahl|reelle]] [[Funktion (Mathematik)|Argumente]] <math>\alpha</math>; für komplexe Argumente können Sinus und Kosinus beliebige Werte annehmen.
Zeile 239 ⟶ 242:
 
{| class="wikitable"
|-- class="hintergrundfarbe8"
![[Quadrant]]
![[Gradmaß]]
Zeile 321 ⟶ 324:
 
{| class="wikitable"
|-- class="hintergrundfarbe8"
![[Quadrant]]
![[Gradmaß]]
![[Bogenmaß]]
![[Bildmenge]]
![[reelleReelle monotone Funktion|Monotonie]]
![[Konvexe und konkave Funktionen|Konvexität]]
!Punkttyp
Zeile 395 ⟶ 398:
|}
 
Für Argumente außerhalb dieses Bereiches lässt sich der Wert des Kosinus – &nbsp;so wie der des Sinus &nbsp;– periodisch mit der Periode 360° (bzw. 2π [[Radiant (Einheit)|rad]]) bestimmen, d.&nbsp;h. <math>\cos(\alpha + 360^\circ) = \cos\alpha</math>. Außerdem gilt <math>\cos(\alpha + 180^\circ) = -\cos\alpha</math>.
 
=== Komplexes Argument ===
[[Datei:Complex sin.jpg|miniaturmini|Der Sinus ist auch für komplexe Eingabewerte definiert. Da sowohl Ein- als auch Ausgabe eine Zahl auf einer ''Ebene'' und nicht nur einem ''Strahl'' sind, schlagen die Versuche eines klassischen Schaubildes fehl, bei dem Ein- und Ausgabe jeweils 1-dimensional war (<math>x</math> und <math>y</math>-Achse). Es kann aber mit Farben nachgeholfen werden: Ein beliebiger Punkt auf diesem Bild ist (ortstechnisch!) die Eingabe. Die angenommene Farbe symbolisiert über einen Farbschlüssel den Wert, den die Funktion annimmt. Die 0 ist schwarz, die Nullstellen <math>0, \pi</math> usw. des Sinus lassen sich ablesen.]]
[[Datei:Complex cos.jpg|miniaturmini|Graph der komplexen Kosinusfunktion]]
[[Datei:complex coloring.jpg|mini|Farbfunktion, die für die beiden obigen Bilder verwendet wurde]]
 
Für [[komplexeKomplexe Zahl|komplexe Argumente]] kann man Sinus und Kosinus entweder über die Reihenentwicklung oder über die Formeln
:<math>\sin z = \frac{1}{2\mathrm{i}} \left(\mathrm{e}^{\mathrm{i}z} - \mathrm{e}^{-\mathrm{i}z} \right)</math>
:<math>\cos z = \frac{1}{2} \left(\mathrm{e}^{\mathrm{i}z} + \mathrm{e}^{-\mathrm{i}z} \right)</math>
Zeile 408 ⟶ 411:
 
Für komplexe Argumente <math>z=x+\mathrm{i}\cdot{y}</math> gilt
:<math>\sin z = \sin\left(x+\mathrm{i}\cdot{y}\right) = \sin x\,\cosh y+\mathrm{i}\cos x\,\sinh y</math>
und
: <math>\cos z = \cos\left(x+\mathrm{i}\cdot{y}\right) = \cos x\,\cosh y-\mathrm{i}\sin x\,\sinh y</math>,
was aus den [[Formelsammlung Trigonometrie#Additionstheoreme|Additionstheoremen]] und den Zusammenhängen <math>\sin\left(\mathrm{i}\cdot{y}\right)=\mathrm{i}\cdot{\sinh y}</math> sowie <math>\cos\left(\mathrm{i}\cdot{y}\right)=\cosh y</math> hergeleitet werden kann, wobei <math>\sinh</math> und <math>\cosh</math> die [[Hyperbelfunktion]]en [[Sinus_hyperbolicus_und_Kosinus_hyperbolicusSinus hyperbolicus und Kosinus hyperbolicus|Sinus und Cosinus Hyperbolicushyperbolicus]] bezeichnen.
 
Sinus und Kosinus sind für reelle Argumente auf [[Bild (Mathematik)|Werte]] aus dem [[Intervall (Mathematik)|Intervall]] <math>[-1, 1]</math> beschränkt; im [[Definitionsbereich]] der komplexen Zahlen <math>\mathbb{C}</math> sind sie dagegen unbeschränkt, was aus dem [[Satz von Liouville (Funktionentheorie)|Satz von Liouville]] folgt. Sinus und Kosinus können für komplexe Argumente sogar beliebige reelle oder komplexe Werte annehmen.
 
Zum Beispiel istgilt:
:<math>\cos\mathrm{i} = \cosh 1 = \frac{\mathrm e^1 + \mathrm e^{-1}}{2} \approx 1{,}54.</math>
Für reelle <math>x</math> nimmt <math>\cos x</math> diesen Wert aber nie an.
 
In den Bildern auf der rechten Seite gibt die Farbe den Winkel des Arguments an, die Farbintensität den Betrag, wobei volle Intensität für kleine Werte steht und bei großen Beträgen ein Übergang zu weiß stattfindet. Die genaue Zuordnung ergibt sich aus nebenstehendem Bild, das jeder komplexen Zahl eine Farbe und eine Intensität zuordnet. An den Bildern zu Sinus und Kosinus ist erkennbar, dass auch im Komplexen Periodizität in <math>x</math>-Richtung vorliegt (nicht aber in <math>y</math>-Richtung) und dass Sinus und Kosinus durch eine Verschiebung um <math>\pi/2</math> auseinander hervorgehen.
 
=== WichtigeSpezielle Funktionswerte ===
 
Da Sinus und Kosinus [[Periodische Funktion|periodische Funktionen]] mit der Periode <math>2 \pi</math> (entspricht im Gradmaß <math>360^\circ</math>) sind, reicht es, die Funktionswerte der beiden trigonometrischen Funktionen für den Bereich <math>[0,2\pi]</math> (entspricht dem Bereich <math>0^\circ</math> bis <math>360^\circ</math>) zu kennen. Funktionswerte außerhalb dieses Bereichs können also aufgrund der Periodizität durch den Zusammenhang
=== Wichtigste Funktionswerte ===
Da Sinus und Kosinus [[periodische Funktion]]en mit der Periode <math>2 \pi</math> (entspricht im Gradmaß <math>360^\circ</math>) sind, reicht es, die Funktionswerte der beiden trigonometrischen Funktionen für den Bereich <math>[0,2\pi]</math> (entspricht dem Bereich <math>0^\circ</math> bis <math>360^\circ</math>) zu kennen. Funktionswerte außerhalb dieses Bereichs können also aufgrund der Periodizität durch den Zusammenhang
:<math>\sin x = \sin(x + 2k \pi)\quad \text{und}\quad \cos x = \cos(x + 2k \pi)</math>
bestimmt werden. In Gradmaß lautet der Zusammenhang analog:
:<math>\sin x = \sin(x + k \cdot 360^\circ)\quad \text{und}\quad \cos x = \cos(x + k \cdot 360^\circ)\,.</math>
 
Hierbei bezeichnet <math>k \in \Z</math> eine [[ganze Zahl]]. Die folgende Tabelle listet die wichtigen Funktionswerte der beiden trigonometrischen Funktionen in einer leicht zu merkenden Reihe auf.<ref>{{Literatur |Autor=Georg Hoever |Titel=Höhere Mathematik kompakt |Verlag=Springer Spektrum |Ort=Berlin/Heidelberg |Datum=2014 |ISBN=978-3-662-43994-4 |Online={{Google Buch |BuchID=jQnvAwAAQBAJ |Seite=25}}}}</ref>
| Autor = Georg Hoever
| Titel = Höhere Mathematik kompakt
| Verlag = Springer Spektrum
| Ort = Berlin/Heidelberg
| Datum = 2014
| ISBN = 978-3662439944
| Online =
{{Google Buch
| BuchID = jQnvAwAAQBAJ
| Seite = 25
}}
}}</ref>
 
{| class="wikitable"
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|}
 
=== Beweisskizzen: der Werte ===
In folgender Liste werden die Beweise für die einzelnen Werte skizziert dargestellt:
* <math>\cos 45^\circ=\sin 45^\circ=\tfrac12\sqrt2</math>, weil das [[Rechtwinkliges Dreieck|rechtwinklige Dreieck]] im [[Einheitskreis]] (mit der [[Hypotenuse]] 1) dann [[Gleichschenkliges Dreieck|gleichschenklig]] ist, und nach [[Satz des Pythagoras|Pythagoras]] gilt <math>x^2+x^2=1^2 \Rightarrow x=\tfrac12\sqrt2</math>.
* <math>\cos 60^\circ=\sin 30^\circ=\tfrac12</math>, weil das rechtwinklige Dreieck im Einheitskreis (mit der Hypotenuse 1) gespiegelt an der <math>x</math>-Achse dann gleichseitig ist (mit Seitenlänge 1) und somit die [[Gegenkathete]] (Sinus) die halbe Seitenlänge beträgt.
Zeile 543 ⟶ 537:
* <math>\cos 36^\circ=\sin 54^\circ=\tfrac14(1+\sqrt5)</math>, weil im [[Regelmäßiges Fünfeck|regelmäßigen Fünfeck]] der [[Goldener Schnitt|Goldene Schnitt]] auftritt, wobei der halbierte [[Innenwinkel]] gleich 54° ist.
* <math>\cos 75^\circ=\sin 15^\circ</math> und <math>\cos 15^\circ=\sin 75^\circ</math> lassen sich mit Hilfe der [[Halbwinkelformeln]] für Sinus und Kosinus herleiten.
Die Fünftel der Werte können unter anderem so ermittelt werden:
 
{| class = "wikitable"
=== Weitere mit Quadratwurzeln angebbare Funktionswerte ===
|Zusammenhang zwischen Sinus und Cosinus:
Über die [[Einheitswurzel#Die fünften Einheitswurzeln|Berechnung der fünften Einheitswurzeln]] mittels einer quadratischen Gleichung ergibt sich
 
:<math>\sin 18^\circbigl(\frac{\pi}{5}\bigr) = \cos 72^\circ=bigl(\frac{3\sqrt{5}-1pi}{410}\bigr)</math>.
 
Verdopplungstheorem des Sinus:
Mit Hilfe der [[Sinus und Kosinus#Additionstheoreme|Additionstheoreme]] lassen sich viele weitere solche Ausdrücke berechnen wie beispielsweise die [[Fünfeck#Seitenlänge|Seitenlänge eines regulären Fünfecks]] über
 
:<math>\cos 54^\circ=\sin\bigl(2\cdot18^frac{\circpi}{5}\bigr) = 2 \sin\bigl(\frac{1\pi}{210}\sqrt{bigr) \cos\bigl(\frac{5-\sqrt{5}pi}{2}10}\bigr)</math>
 
Verdreifachungstheorem des Cosinus:
und <math>\sin 15^\circ</math>, woraus folgt
 
:<math>\cos\bigl(\frac{\sqrt{3}\pi}{210}=\cosbigr) 30^\circ= \cos^2 15^\circ-bigl(\sin^2frac{\pi}{10}\bigr) 15^\circ=bigl[1 -2 4\sin\bigl(\frac{\pi}{10}\bigr)^2 15^\circbigr]</math>.
 
Durch Kombination der drei nun genannten Formeln entsteht diese Gleichung:
Aus <math>\sin 18^\circ</math> und <math>\sin 15^\circ</math> lassen sich dann z.&nbsp;B. <math>\sin 3^\circ</math> und dann rekursiv auch alle <math>\sin(k \cdot 3^\circ)</math>, <math>k\in\Z</math> ermitteln.
 
:<math>2 \sin\bigl(\frac{\pi}{10}\bigr) \cos\bigl(\frac{\pi}{10}\bigr) = \cos\bigl(\frac{\pi}{10}\bigr) \bigl[1 - 4\sin\bigl(\frac{\pi}{10}\bigr)^2 \bigr]</math>
Generell gilt, dass <math>\sin\alpha</math> und <math>\cos\alpha</math> genau dann explizit mit den vier [[Grundrechenart]]en und [[Quadratwurzel]]n darstellbar sind, wenn der Winkel <math>\alpha</math> mit [[Euklidische Werkzeuge|Zirkel und Lineal]] konstruierbar ist, insbesondere also wenn <math>\alpha</math> von der Gestalt
 
:<math>2 \alpha=ksin\bigl(\frac{360^\circpi}{2^np_110}\dotsmbigr) p_r = 1 - 4\sin\bigl(\frac{\pi}{10}\bigr)^2</math>
 
:<math>16\sin\bigl(\frac{\pi}{10}\bigr)^2 + 8 \sin\bigl(\frac{\pi}{10}\bigr) = 4</math>
ist, wobei <math>k\in\Z</math>, <math>n\in\N_0</math> und die <math>p_i</math> für <math>i=1,\dotsc,r</math> [[Fermat-Zahl#Fermatsche Primzahlen|Fermatsche Primzahlen]] sind.<ref>[[Emil Artin]]: ''Galoissche Theorie.'' Verlag Harri Deutsch, Zürich 1973, ISBN 3-87144-167-8, S.&nbsp;85.</ref> In obigem Beispiel von <math>\alpha=3^\circ</math> ist <math>k=1</math> und der Nenner gleich <math>120=2^3\cdot 3\cdot 5</math>.
 
:<math>16\sin\bigl(\frac{\pi}{10}\bigr)^2 + 8 \sin\bigl(\frac{\pi}{10}\bigr) + 1 =5</math>
=== Multiplikationsformeln ===
Die folgenden Ausdrücke gelten für alle <math>n\in\N</math> und komplexen Argumente <math>z</math>:
 
:<math>\bigl[4 \sin{z} = 2^{n-1} \prodbigl(\limits_frac{k=0\pi}^{n-110}\bigr) \sin{\frac{z+k 1\,\pi}{n}}bigr]^2 = 5</math>
 
:<math>4 \cos{z} = 2^{n-1} sin\prod\limits_{k=0}^{n-1} \cos{bigl(\frac{z+\left(k-\frac{n-1pi}{210}\rightbigr) +1 =\,\pi}sqrt{n5}} </math>
 
:<math>\sin\bigl(\frac{\pi}{10}\bigr) = \frac{1}{4}(\sqrt{5} - 1)</math>
=== Fixpunkte ===
|}
[[Datei:Dottie number.svg|miniatur|hochkant=1.5|Fixpunkt der Kosinusfunktion]]
 
Die [[Fixpunkt (Mathematik)|Fixpunktgleichung]] <math>\sin(x) = x</math> besitzt
=== Weitere mit Quadratwurzeln angebbare Funktionswerte ===
 
Der Mathematiker [[Carl Friedrich Gauß]] entdeckte die Tatsache, dass die Sinus- und Cosinuswerte von den [[Siebzehneck|Siebzehnteln]] des Vollwinkels auf rein quadratisch radikale Weise dargestellt werden kann. Damit bewies er, dass das reguläre Siebzehneck mit Zirkel und Lineal alleine konstruiert werden kann. Besonders effizient können die Cosinuswerte des Musters <math>2\pi z \div 17</math> mittels Lösen quadratischer Gleichungen ermittelt werden.
 
Tabellarisch lassen sich so nach Wickner insgesamt folgende Identitäten zusammenfassen:
 
{| class="wikitable"
! Summe
! Produkt
! Radikalische Identität
!Tangentielle Identität
|-
| style="background-color: LimeGreen;" | <math>2\cos\left(\frac{6\pi}{17}\right) + 2\cos\left(\frac{10\pi}{17}\right) =</math>
| style="background-color: Magenta;" | <math>4\cos\left(\frac{2\pi}{17}\right) \cos\left(\frac{8\pi}{17}\right)=</math>
| <math>\frac{1}{4}\left(- 1 - \sqrt{17} + \sqrt{2\left(17 + \sqrt{17}\right)}\right)=</math>
|<math>\tan\left[\frac{1}{4} \arctan(4)\right]</math>
|-
| style="background-color: CornflowerBlue;" | <math>2\cos\left(\frac{12\pi}{17}\right) + 2\cos\left(\frac{14\pi}{17}\right) =</math>
| style="background-color: Yellow;" | <math>4\cos\left(\frac{4\pi}{17}\right) \cos\left(\frac{16\pi}{17}\right) =</math>
| <math>\frac{1}{4}\left(- 1 - \sqrt{17} + \sqrt{2\left(17 + \sqrt{17}\right)}\right) =</math>
|<math>- \cot\left[\frac{1}{4} \arctan(4)\right]</math>
|-
| style="background-color: Yellow;" | <math>2\cos\left(\frac{4\pi}{17}\right) + 2\cos\left(\frac{16\pi}{17}\right) =</math>
| style="background-color: LimeGreen;" | <math>4\cos\left(\frac{6\pi}{17}\right) \cos\left(\frac{10\pi}{17}\right) =</math>
| <math>\frac{1}{4}\left(- 1 - \sqrt{17} + \sqrt{2\left(17 + \sqrt{17}\right)}\right) =</math>
|<math>- \tan\left[\frac{\pi}{4} - \frac{1}{4} \arctan(4)\right]</math>
|-
| style="background-color: Magenta;" | <math>2\cos\left(\frac{2\pi}{17}\right) + 2\cos\left(\frac{8\pi}{17}\right) =</math>
| style="background-color: CornflowerBlue;" | <math>4\cos\left(\frac{12\pi}{17}\right) \cos\left(\frac{14\pi}{17}\right) =</math>
| <math>\frac{1}{4}\left(- 1 - \sqrt{17} + \sqrt{2\left(17 + \sqrt{17}\right)}\right) =</math>
|<math>\cot\left[\frac{\pi}{4} - \frac{1}{4} \arctan(4)\right]</math>
|}
 
Beispielsweise<ref>{{Internetquelle |autor=Eric W. Weisstein |url=https://mathworld.wolfram.com/ |titel=Trigonometry Angles--Pi/17 |sprache=en |abruf=2023-02-04}}</ref> ergeben sich folgende Formeln:
:<math>{\color{magenta} \cos \left(\frac{2\pi}{17}\right)} = \frac{1}{4}\cot\left[\frac{\pi}{4} - \frac{1}{4} \arctan(4)\right] + \frac{1}{4}\sqrt{\cot\left[\frac{\pi}{4} - \frac{1}{4}\arctan(4)\right]^2-4\tan\left[\frac{1}{4}\arctan(4)\right]}</math>
 
:<math>{\color{magenta} \cos \left(\frac{8\pi}{17}\right)} = \sin \left(\frac{\pi}{34}\right) = \frac{1}{4}\cot\left[\frac{\pi}{4} - \frac{1}{4} \arctan(4)\right] - \frac{1}{4}\sqrt{\cot\left[\frac{\pi}{4} - \frac{1}{4}\arctan(4)\right]^2-4\tan\left[\frac{1}{4}\arctan(4)\right]}</math>
 
Diese Formeln gehen aus dem Werk ''Solution to Problem 1562: A Tangent and Cosine Identity'' des Mathematikers John Wickner hervor und erklären die Konstruktion des Siebzehnecks über die Winkelvierteilungen.
 
=== Mit Winkeldreiteilung angebbare Funktionswerte ===
Die trigonometrischen Werte der Siebtel und der Dreizehntel können vereinfacht mittels Winkeldreiteilung dargestellt werden. Daraus folgt, dass das reguläre Siebeneck und das reguläre Dreizehneck mit der Kombination der Werkzeuge Zirkel, Lineal und Winkeldreiteiler dargestellt werden können:
:<math>\sin\left(\frac{\pi}{7}\right) = \frac{\sqrt{3}}{4} \sec\left[\frac{1}{3}\arctan\left( \frac{\sqrt{3}}{9}\right)\right]</math>
:<math>\sin\left(\frac{\pi}{13}\right) = \frac{1}{12}\sqrt{26+6\sqrt{13}}-\frac{1}{6}\sqrt{26-6\sqrt{13}}\,\cos\biggl[\frac{1}{3}\arctan\biggl(\frac{3\sqrt{3}}{5}\biggr)\biggr]</math>
 
== Mulitplikationsformeln und begrenzte Reihe ==
Die folgenden Multiplikationsformeln gelten für alle <math>n\in\N</math> und komplexen Argumente <math>z</math>:
 
:<math>\sin{z} = 2^{n-1} \prod\limits_{k=0}^{n-1} \sin{\frac{z+k\,\pi}{n}}</math>
 
:<math>\cos{z} = 2^{n-1} \prod\limits_{k=0}^{n-1} \cos{\frac{z+\left(k-\frac{n-1}{2}\right)\,\pi}{n}}</math>
Für alle Werte <math>n \in \N</math> gilt auch folgende Summenreihe:
:<math>\sum_{k = 1}^{n} \cos\frac{2\pi k}{n} =0</math>
 
== Fixpunkte ==
[[Datei:Dottie number.svg|mini|hochkant=1.5|Fixpunkt der Kosinusfunktion]]
Die [[Fixpunkt (Mathematik)|Fixpunktgleichung]] <math>\sin x = x</math> besitzt
 
:<math>x = 0</math>
Zeile 584 ⟶ 635:
:<math>x = 0{,}73908513321516\ldots</math> &nbsp; ({{OEIS|A003957}}).
 
Die Lösung dieser Fixpunktgleichung wurde bereits 1748 von [[Leonhard Euler]] untersucht.<ref>{{Literatur |Autor=[[Leonhard Euler]] |Titel=Introductio in analysin infinitorum |Band=2 |Verlag=Marc Michel Bousquet |Ort=Lausanne |Datum=1748 |Seiten=306–308}}</ref> Sie ist ein einfaches Beispiel für einen nichttrivialen global [[Attraktor|attraktiven]] Fixpunkt,. dasDas heißt, die [[Fixpunktiteration]] <math>x_{n+1} = \cos x_n</math> konvergiert für jeden Startwert <math>x_0</math> gegen die Lösung. Mit dem [[Satz von Lindemann-Weierstraß]] kann nachgewiesen werden, dass es sich dabei um eine [[transzendente Zahl]] handelt. Diese [[mathematische Konstante]] wird im englischen Sprachraum auch als ''Dottie number'' bezeichnet und mit dem [[Armenisches Alphabet|armenischen Buchstaben]] ա ([[Ա|Ayb]]) abgekürzt.<ref>{{MathWorld|title=Dottie number|id=DottieNumber}}</ref>
 
== Berechnung ==
Zeile 612 ⟶ 663:
werden Arkussinus bzw. Arkuskosinus genannt. Der Name rührt daher, dass sich deren Wert nicht nur als Winkel, sondern auch als [[Länge (Mathematik)|Länge]] eines [[Kreisbogen]]s (Arcus bedeutet Bogen) interpretieren lässt.
 
In der Analysis ist die Verwendung des Bogenmaßes erforderlichpraktisch, daweil dieandernfalls Winkelfunktionen(beim dortGradmaß) oft die fürIdentität das<math>g^\circ=g\cdot\pi/180</math> Bogenmaßzu definiertberücksichtigen sindwäre.
Die Sinusfunktion
:<math>\sin \colon \left[-\tfrac\pi2, \tfrac\pi2\right] \to [-1,1]</math>
Zeile 626 ⟶ 677:
 
== Zusammenhang mit dem Skalarprodukt ==
Der Kosinus steht in enger Beziehung mit dem [[StandardskalarproduktSkalarprodukt]] zweier zwei- oder dreidimensionaler [[Vektor]]en <math>\vec{a}=\left( a_1, a_2, \dotsc, a_n \right)</math> und <math>\vec{b}=\left( b_1, b_2, \dotsc, b_n \right)</math>:
 
:<math>\vec{a}\cdot \vec{b} = |\vec{a} | \, | \vec{b} | \, \cos \measuredangle (\vec{a},\vec{b})= {a_1}{b_1}+{a_2}{b_2}+\dotsb + {a_n}{b_n}</math>
 
dasDas Skalarprodukt ist also die Länge der Vektoren multipliziert mit dem Kosinus des eingeschlossenen Winkels. In abstrakten [[Prähilbertraum|Skalarprodukträumen]] wird über diese Beziehung der Winkel zwischen Vektoren definiert.
In endlichdimensionalen Räumen lässt sich diese Beziehung aus dem [[Kosinussatz]] ableiten. In abstrakten [[Prähilbertraum|Skalarprodukträumen]] wird über diese Beziehung der Winkel zwischen Vektoren definiert.
 
== Zusammenhang mit dem Kreuzprodukt ==
{{Hauptartikel|Kreuzprodukt}}
 
Der Sinus steht in enger Beziehung mit dem Kreuzprodukt zweier dreidimensionaler [[Vektor]]en <math>\vec{a}</math> und <math>\vec{b}</math>:
zweier dreidimensionaler [[Vektor]]en :<math>|\vec{a}</math>\times\vec{b}| und= <math>|\vec{a}| \, | \vec{b} | \, \sin \measuredangle (\vec{a},\vec{b})</math>:
:<math>|\vec{a}\times\vec{b}|=|\vec{a}| \, | \vec{b} | \, \sin \measuredangle (\vec{a},\vec{b}) </math>
 
== Additionstheoreme ==
{{Hauptartikel|Additionstheoreme (Trigonometrie)}}
 
Die Additionstheoreme für Sinus und Kosinus lauten:
:<math> \sin ( x \pm y ) = \sin x \; \cos y \pm \cos x \; \sin y </math>
:<math> \cos ( x \pm y ) = \cos x \; \cos y \mp \sin x \; \sin y </math>
 
Aus den Additionstheoremen folgt insbesondere für doppelte Winkel
:<math> \sin (2x) = 2 \sin x \; \cos x </math>
:<math> \cos (2x) = \cos^2 x - \sin^2 x = 1 - 2 \sin^2 x = 2 \cos^2 x - 1 </math>
 
== Orthogonale Zerlegung ==
Die harmonische Schwingung
:<math>a(x) = \sqrt{2}A\sin(x+\varphi_a)</math>
wird durch
:<math> a(x) = \frac{1}{B^2}\overline{a(x)b(x)}\cdot b(x) + \frac{1}{B^2}\overline{a(x)b'(x)}\cdot b'(x)</math>
in [[Orthogonalit%C3%A4tOrthogonalität#Orthogonale Funktionen|orthogonale]] Komponenten zur Basis der harmonischen Schwingung
:<math>b(x) = \sqrt{2}B\sin(x+\varphi_b)</math>
zerlegt.
<math>A</math> und <math>B</math> sind [[Effektivwert]]e, <math>\varphi_a</math> und <math>\varphi_b</math> [[Nullphasenwinkel]]. Ihre Differenz
:<math>\varphi = \varphi_a-\varphi_b</math>
heißt [[Phasenverschiebungswinkel]]. Die Ableitung der Basisfunktion
:<math>b'(x) = \frac{\text{d}b(x)}{\text{d}x}</math>
läuft <math>b(x)</math> um eine Viertelperiode voraus. Die in den Zerlegungskoeffizienten enthaltenen [[Gleichwert#Gleichwert bei periodischen Vorgängen|Gleichwerte]] folgen aus einer modifizierten [[Fourier-Analyse]], bei der nicht die Sinus- und Kosinusfunktion, sondern <math>b(x)</math> und <math>b'(x)</math> als Basis dienen. Durch Einsetzen der harmonischen Ansätze ergibt sich schließlich:
:<math> a(x) = \frac{A}{B}\cos\varphi \cdot b(x) + \frac{A}{B}\sin\varphi\cdot b'(x)</math>.
Die Zerlegung gilt auch bei Ansatz von <math>a(x)</math> und <math>b(x)</math> mit der Kosinusfunktion.
 
== Ableitung, Integration und Krümmung von Sinus und Kosinus ==
=== Ableitung ===
Wird <math>x\;</math> im Bogenmaß angegeben, so gilt fürFür die Ableitung der Sinusfunktion gilt:<ref>[[b:Beweisarchiv: Analysis: Differentialrechnung: Differentiation der Sinusfunktion|Wikibooks: Beweisarchiv: Analysis: Differentialrechnung: Differentiation der Sinusfunktion]]</ref>
 
:<math>\sin^\prime x = \cos x</math>
Zeile 678 ⟶ 728:
und daraus schließlich auch alle höheren Ableitungen von Sinus und Kosinus
 
:<math>\sin^{(4n+k)} x = \sin\left(x + k\frac{\pi}2\right) = \left\{\begin{matrix}
\sin x, & \text{wenn } k=0 \\
\cos x, & \text{wenn } k=1 \\
Zeile 684 ⟶ 734:
-\cos x, & \text{wenn } k=3 \end{matrix}\right.</math>
 
:<math>\cos^{(4n+k)} x = \cos\left(x + k\frac{\pi}2\right) = \left\{\begin{matrix}
\cos x, & \text{wenn } k=0 \\
-\sin x, & \text{wenn } k=1 \\
Zeile 690 ⟶ 740:
\sin x, & \text{wenn } k=3 \end{matrix}\right.</math>
 
Dabei ist es wegen <math>1^\circ := \tfrac {\pi}{180}</math> (also <math>\tfrac {\pi}{180^\circ}=1</math>) egal, ob der Winkel <math>x</math> im Grad- oder im Bogenmaß gemessen wird, denn für <math>x=g^\circ</math> gilt nicht nur <math>\sin^\prime x=\tfrac {\mathrm d\sin x}{\mathrm dx}=\cos x,</math> sondern auch <math>\sin^\prime g=\tfrac {\mathrm d\sin g}{\mathrm dg}=\cos g.</math> Nur für die Ableitung <math>\tfrac {\mathrm d\sin x}{\mathrm dg}</math> des Sinus eines Winkels <math>x=g^\circ</math> nach seiner Gradzahl <math>g</math> käme ein störender Faktor <math>1^\circ=\tfrac{\pi}{180} \ne 1</math> hinzu:
Wird der Winkel <math>\alpha</math> in Grad gemessen, so kommt nach der [[Kettenregel]] bei jeder Ableitung ein Faktor <math>\tfrac{\pi}{180^\circ}</math> dazu, also beispielsweise <math>\sin^{\prime}\alpha=\tfrac{\pi}{180^\circ}\cos\alpha</math>. Um diese störenden Faktoren zu vermeiden, wird in der [[Analysis]] der Winkel ausschließlich im Bogenmaß angegeben.
:<math>\frac {\mathrm d\sin x}{\mathrm dg} = \frac {\mathrm d\sin (g \cdot 1^\circ)}{\mathrm dg} = 1^\circ \cdot \frac {\mathrm d\sin g}{\mathrm dg} = 1^\circ \cdot \cos g = \frac {\pi}{180} \cdot \cos x</math>
 
Um dies zu vermeiden, wird üblicherweise in der [[Analysis]] der Winkel ausschließlich im Bogenmaß angegeben.
 
=== Stammfunktion ===
Aus den Ergebnissen über die Ableitung ergibt sich unmittelbar die [[Stammfunktion]] von Sinus und Kosinus im Bogenmaß:
:<math>\int\sin x\,\mathrm{d}x = -\cos x+C</math>
:<math>\int\cos x\,\mathrm{d}x = \sin x+C</math>
 
=== Krümmung ===
Zeile 704 ⟶ 757:
berechnet. Für <math>f(x)=\sin x</math> erhält man damit die Krümmungsfunktion
 
:<math>\kappa(x) = -\frac{\sin x}{\left(1 + \cos^2 x\right)^{3/2}}</math>.
 
und für <math>f(x)=\cos x</math> entsprechend
Zeile 713 ⟶ 766:
 
== Anwendungen ==
=== GeometrieAllgemeines Dreieck ===
[[Datei:Sinussatz Beispiel.svg|right|mini|Skizze zum Beispiel]]
 
Mit der Sinusfunktion können auch im nicht rechtwinkligen Dreieck Größen, speziell die Höhen, berechnet werden; ein Beispiel ist die Berechnung von <math>h_c</math> im Dreieck ''ABC'' bei gegebener Länge <math>a=5{,}4</math> und Winkel <math>\beta=42^\circ</math>:
Zeile 725 ⟶ 778:
 
Andere wichtige Anwendungen sind der [[Sinussatz]] und der [[Kosinussatz]].
 
=== Sektrix ===
{{Hauptartikel|Trisektrix}}
[[Datei:01 Dreiteilung des Winkels-Sinuslinie-Beweis.svg|mini|hochkant=2.5|Teilung des Winkels in <math>n</math> gleich große Teile mithilfe der Sinuskurve]]
Die ''Sinuskurve'' ist eine der bekanntesten Funktionsgraphen. Trotz alledem ist nahezu nichts über ihre Eigenschaft bekannt, einen Winkel in <math>n</math> gleich große Teile zu zerlegen. Das nebenstehende Bild zeigt exemplarisch die Teilung des Winkels <math>\alpha</math> in sechs gleich große [[Winkel]]weiten.<ref>{{Literatur | Autor=Hung Tao Sheng | Titel=A Method of Trisection of an Angle and X-Section of an Angle | TitelErg=4. Xsection of an angle, X = 7 | Sammelwerk=Mathematics Magazine | Band=42, No. 2 | Verlag=Taylor & Francis | Datum=März 1969 | Sprache=en | JSTOR=2689193 | Seiten=79}}</ref>
 
==== Konstruktion ====
Zuerst wird ein Viertelkreis mit Radius gleich <math>1\; [LE]</math><ref><math>[LE]</math> = Längeneinheit</ref> um <math>A</math> gezogen und anschließend der Radius <math>\overline{AB}</math> über <math>B</math> hinaus verlängert. Der Graph der Funktion <math>f(x)=\sin (x)</math>, sprich die Sinuskurve, wird nun z.&nbsp;B. mittels einer [[Schablone]] oder einer sogenannten [[Dynamische Geometrie|Dynamischen-Geometrie-Software (DGS)]] eingetragen. Dabei schneidet die Sinuskurve die Verlängerung des Radius <math>\overline{AB}</math> und liefert so die [[Kreiszahl]] <math>\pi</math> auf der <math>x</math>-Achse.
 
In den nächsten Schritten werden vier Werte des [[Sinus und Kosinus#Wichtigste Funktionswerte|Bogenmaßes]] für den [[Sinus und Kosinus#Verlauf des Sinus in den vier Quadranten|2. Quadranten]] der Sinuskurve auf der <math>x</math>-Achse bestimmt mit jeweils gleichem Abstand zueinander. Es ist in diesem Fall für die Plausibilität von Vorteil, die Bogenmaße mit dem gemeinsamen [[Bruchrechnung#Nenner|Nenner]] <math>8</math> zu bezeichnen. Durch Halbieren des Abstandes <math>|A\pi|</math> ergibt sich das Bogenmaß <math>\tfrac{1}{2}\pi = \tfrac{4\pi}{8}\;\widehat{=}\;90^\circ</math>. Mittels einer [[Orthogonalität|Senkrechten]] und einer [[Parallelität (Geometrie)|Parallelen]] – jeweils zur <math>x</math>-Achse – wird <math>\tfrac{4\pi}{8}</math> auf den Viertelkreis übertragen; dabei trifft <math>\tfrac{4\pi}{8}</math> den Punkt <math>C</math>.
 
Die darauf folgende Dreiteilung des Abstandes <math>|\tfrac{4\pi}{8}\pi|</math> liefert, unter Verwendung des [[Strahlensatz#Formulierung der Strahlensätze|ersten Strahlensatzes]], die Bogenmaße <math>\tfrac{5\pi}{8}</math>, <math>\tfrac{6\pi}{8}</math> und <math>\tfrac{7\pi}{8}</math> sowie die Schnittpunkte <math>D, F</math> und <math>H</math>. Das Übertragen dieser Punkte auf die Sinuskurve erfolgt mithilfe von Senkrechten zur <math>x</math>-Achse; nun bezeichnet mit <math>D_1, F_1</math> und <math>H_1</math>. Anschließend werden diese Punkte mittels Parallelen zur <math>x</math>-Achse auf den Viertelkreisbogen projiziert, nun bezeichnet mit <math>D_2, F_2</math> und <math>H_2</math>. Da die Bogenmaße quasi vom 2. Quadranten der Sinuskurve zum 1. Quadranten des Kreises wechseln, werden sie zu Pendants mit den Bezeichnungen <math>\tfrac{4\pi}{8},\;\tfrac{3\pi}{8},\;\tfrac{2\pi}{8},\;</math> und <math>\tfrac{\pi}{8}</math>.
 
Auf die gleiche Art und Weise werden die Punkte <math>E, G</math> und <math>I</math> bestimmt und schließlich auf den Viertelkreisbogen, nun mit den Bezeichnungen <math>E_2, G_2</math> und <math>I_2</math>, übertragen. Im dargestellten Beispiel ist der Winkel <math>BAI_2</math> der sechste Teil des Winkels <math>\alpha</math>.
 
==== Nachweis ====
Für die betreffenden [[Sinus und Kosinus#Wichtigste Funktionswerte|Funktionswerte]] der Sinuskurve gilt: Der Winkel (Grad) entspricht dem Bogenmaß (Teil von <math>\pi</math> bzw. <math>\pi</math>).
: <math>90^\circ \; \widehat{=} \; \frac{\pi}{2} = \frac{4\pi}{8}</math>; &nbsp;&nbsp; <math>112{,}5^\circ \; \widehat{=} \; \frac{5\pi}{8}</math>; &nbsp;&nbsp; <math>135^\circ \; \widehat{=} \frac{6\pi}{8}</math>; &nbsp;&nbsp; <math>157{,}5^\circ \; \widehat{=} \; \frac{7\pi}{8}</math>; &nbsp;&nbsp; <math>180^\circ \; \widehat{=} \; \pi</math>,
daraus folgt:
* Der Winkel und das Bogenmaß sind zueinander direkt proportional, z.&nbsp;B.: <math>112{,}5^\circ : 135^\circ = \frac{5\pi}{8} : {\frac{6\pi}{8}}.</math>
Dies bedeutet:
* Der ''n''-te Teil des Abstandes <math>|\frac{4\pi}{8}\;\pi|</math> (z.&nbsp;B.: <math>|I\;\pi|</math>) und der ''n''-te Teil des Viertelkreisbogens (z.&nbsp;B.: <math>ABI_2</math>) sind gleich lang.
 
=== Fourierreihen ===
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=== Informatik ===
In der [[Informatik]] wird zur Erstellung von [[Audiodatei]]en (zum Beispiel im [[Audioformat]] [[MP3]]),<ref>Joebert S. Jacaba: {{Webarchiv |wayback=20100613053259 |url=https://www.mp3-tech.org/programmer/docs/jacaba_main.pdf |text=''AUDIO COMPRESSION USING MODIFIEDDISCRETE COSINE TRANSFORM: THE MP3 CODING STANDARD.'' |wayback=20100613053259}}.</ref> [[Digitales Bild|digitalen Bildern]] im [[Grafikformat]] [[JPEG]],<ref>International Telecommunication Union: [https://www.w3.org/Graphics/JPEG/itu-t81.pdf INFORMATION TECHNOLOGY – DIGITAL COMPRESSION AND CODING OF CONTINUOUS-TONE STILL IMAGES – REQUIREMENTS AND GUIDELINES]</ref> Videodateien (zum Beispiel im [[Containerformat]] [[MP4]] oder [[WebM]]) die [[diskrete Kosinustransformation]] oder die [[modifizierte diskrete Kosinustransformation]] verwendet. Zum Abspielen oder Anzeigen solcher Dateien wird die inverse diskrete Kosinustransformation, also die [[Umkehrfunktion]] verwendet.<ref>ITWissen, Klaus Lipinski: [https://www.media-schmid.de/downloads/videokompression.pdf Videokompression]</ref> Bei der [[Digitale Signalverarbeitung|digitalen Verarbeitung]] von [[Akustik|akustischen]] und [[Optik|optischen]] Signalen wird unter anderem die [[Schnelle Fourier-Transformation]] verwendet.<ref>Tomas Sauer, Justus-Liebig-Universität Gießen: {{Webarchiv |wayback=20180709153910 |url=https://www.fim.uni-passau.de/fileadmin/files/lehrstuhl/sauer/geyer/DigiSig.pdf |text=''Digitale Signalverarbeitung'' |wayback=20180709153910}}.</ref>
 
=== Physik ===
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=== Elektrotechnik ===
[[Datei:Leistung-PQS-Zeiger.svg|mini| Leistungszeigerdiagramm und Phasenverschiebungswinkel bei sinusförmigen Spannungen und Strömen in der [[Komplexe Ebene|komplexen Ebene]]]]
 
In der [[Elektrotechnik]] sind häufig elektrische [[Stromstärke]] <math>I</math> und [[Elektrische Spannung|Spannung]] <math>U</math> sinusförmig. Wenn sie sich um einen [[Phasenverschiebungswinkel]]&nbsp;<math>\varphi</math> unterscheiden, dann unterscheidet sich die aus Stromstärke und Spannung gebildete [[Scheinleistung]] <math>S</math> von der [[Wirkleistung]]&nbsp;<math>P</math>.:
:<math>S = U \cdot I \quad ;\quad </math>
:<math>P = U \cdot I \cdot \cos \varphi</math>
 
Bei nicht sinusförmigen Größen (z.&nbsp;B. bei einem [[Netzteil]] mit herkömmlichem [[Brückengleichrichter]] am Eingang) entstehen [[Oberschwingungen]], bei denen sich kein einheitlicher Phasenverschiebungswinkel angeben lässt. Dann lässt sich zwar noch ein [[Leistungsfaktor]] angeben
:<math>\text{Leistungsfaktor }\lambda = \frac{|P|}S\quad,</math>
angeben, dieser Leistungsfaktor <math>\lambda</math> darf aber mit <math>\cos(\varphi)</math> nicht verwechselt werden.
 
== Siehe auch ==
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== Weblinks ==
* {{Internetquelle|autor= |url=https://www.geogebra.org/m/nbfsr7rf |titel=Interaktive Darstellung der trigonometrischen Funktionen am Einheitskreis |werk=[[GeoGebra]] |abruf=2023-05-19 |abruf-verborgen=1}}
{{Wikibooks|Mathe für Nicht-Freaks: Sinus und Kosinus}}
{{Wikibooks|Beweisarchiv: Analysis: Differentialrechnung: Differentiation der Sinusfunktion|Differentiation der Sinusfunktion}}