Vorstellung
Eine Vorstellung oder Imagination ist ein Bewusstseinsinhalt, der in verschiedenen Zusammenhängen vorkommen kann:
- vergangenheitsbezogen als „innerliche“ Imitation ehemals realer Wahrnehmungen, also als (deswegen sogenannte) Erinnerungen. Diese sind meist visueller oder bildhafter Art und können dabei auch zeitlich strukturiert sein, wenn man sie etwa dem tatsächlichen Erleben analog wie vor einem „inneren Auge“ ablaufen lässt (Kino im Kopf); in verschiedenem Ausmaß können sie aber auch andere sinnliche Qualitäten aufweisen, während abstrakte Gedanken oder Ideen (siehe 3.) demgegenüber sprachlich oder als geometrische Figuren u. Ä. vorgestellt werden.
- zukunftsbezogen als Erwartung oder Befürchtung. Beispielsweise kann man gedanklich Situationen, die einem wichtig sind oder die sich kritisch bis bedrohlich entwickeln könnten, simulieren oder durchspielen („sich ausmalen“). Insbesondere sind Planspiele derartige Simulationen ebenso wie einfache „Gedankenspiele“. In konkreter Anwendung als Mentales Training werden auf diese Weise im Sport komplexe Bewegungsabläufe antizipiert.
- ohne zeitlichen oder anderen Bezug zur Realität als abstrakte Idee, ein Begriff, der, abgeleitet vom griechischen Ursprungswort eidos für Bild, eine bildhafte Vorstellung meint.
Hintergrund
Die Quelle einer Vorstellung ist immer eine vorgängig sinnliche Erfahrung, die denkend bzw. „im Denken“, „in der Vorstellung“, „geistig“ oder – wie die umgangssprachlichen Ausdrücke für das Gemeinte sonst noch lauten – als Erinnerung wiederholt oder in irgendeiner Hinsicht verändert wird.
Vorstellungen werden in traditioneller Ausdrucksweise bezeichnet als bewusstseinsinterne Gegenstände des vorstellend zu Einsichten oder zu Erkenntnis von Zusammenhängen gelangenden Denkens. Real bildet der denkende Mensch aus seinem Erinnerungs- oder auch Vorstellungsmaterial sowohl einfache als auch komplexe, sprachlich mitteilbare Gedankenformen oder eben Gedanken, über die er jemand anderen informieren kann, indem er ihm davon erzählt, so dass dieser wiederum seinerseits über das von jenem Gedachte informiert wird. (Eine Information stellt ein bestimmtes Wissen dar.)
Ein mehr oder weniger kohärentes System von Vorstellungen fügt sich zu einer Vorstellungswelt es ist die Gesamtheit dessen, was sich eine Person vorstellen oder imaginieren kann, sich in seiner Gedankenwelt zurechtlegt.[1]
Vorstellungsarten
Die Vorstellung kann in Unterkategorien, in sogenannte Vorstellungsarten beziehungsweise Vorstellungstypen, differenziert werden. Dazu gehören:
- visuelle Vorstellung, siehe auch bildliche Vorstellung, Gedankenbild
- akustische Vorstellung, vgl. Auditive Wahrnehmung
- Vorstellung von Geruch, vgl. Olfaktorische Wahrnehmung,
- gustatorische Vorstellung, vgl. Gustatorische Wahrnehmung (Geschmack)
- taktile Vorstellung, vgl. Haptische Wahrnehmung, Oberflächensensibilität
Analog dieser Differenzierung entsprechen Vorstellungsarten / Vorstellungstypen meist der Vorstellung eines Reizes der fünf Sinne.
Zitate
- „Der Mensch wird durch die Vorstellung eines vergangenen oder zukünftigen Dinges mit dem gleichen Affekt der Lust und Unlust affiziert wie durch die Vorstellung eines gegenwärtigen Dinges.“ (Spinoza)
- „Durch den Verstand werden die Vorstellungen zur Einheit verknüpft.“ (Immanuel Kant)
- „Die Welt ist meine Vorstellung.“ (Arthur Schopenhauer)
- „Ursprünglich Chaos der Vorstellungen. Die Vorstellungen, die sich miteinander vertrugen, blieben übrig, die größte Zahl ging zugrunde – und geht zugrunde.“ (Friedrich Nietzsche)
- „Eine Vorstellung ist kein Bild, aber ein Bild kann ihr entsprechen.“ (Ludwig Wittgenstein) Philosophische Untersuchungen § 310
Siehe auch
Literatur
- John Locke (1690): Versuch über den menschlichen Verstand
- Immanuel Kant (1781): Kritik der reinen Vernunft
- Arthur Schopenhauer (1819): Die Welt als Wille und Vorstellung
- Edmund Husserl (1901): Logische Untersuchungen
Einzelnachweise
- ↑ Gerd E. Schäfer: Prozesse frühkindlicher Bildung. Universität Köln, Köln 2001, S. 86 [1], (ursprüngliche Fassung Bildungsprozesse im frühen Kindesalter. Juventa, Weinheim 1995, 2. Aufl. 2002)