Diakonisse

Mitglied in einer religiösen Dienstgemeinschaft oder Genossenschaft
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Eine Diakonisse (weibliche Form von altgriechisch διάκονος diákonos Diener, Knecht;[1] neugriechisch διάκονος Diakon, διακόνισσα Diakonin; spätgriechisch διακονίσσα diakoníssa; kirchenlateinisch diaconissa‚ [Kirchen-]Dienerin), gelegentlich auch Diakonissin, lebt und dient in einer verbindlichen evangelischen Lebens-, Glaubens- und Dienstgemeinschaft (Schwesterngemeinschaft). Das männliche Pendant ist der diakonische Bruder.

Die Flensburger Diakonisse Käthe Haken, ca. 1910

Merkmale und Besonderheiten des Diakonissendienstes

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In Diakonissengemeinschaften „haben sich Menschen zusammengeschlossen, die ihren Dienst als Auftrag Jesu Christi verstehen und ihn in verbindlicher Gemeinschaft erfüllen möchten“.[2] Sie sind vielfältig in den diakonischen Aufgaben der Kirche tätig: in Gemeinden, Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, Kindergärten, Horten und Kinderheimen, in der offenen Jugendarbeit, in Ausbildungsstätten und anderen diakonischen Bereichen.

Diakonissen in genossenschaftlicher Form

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In der traditionellen Form – heute als „Diakonissen in genossenschaftlicher Form“ bezeichnet – leben Diakonissen in der Regel in einem Diakonissenhaus oder einer Diakonissenanstalt, von dem sie eine Aufgabe übertragen bekommen oder in einen Dienst entsandt werden. Sie verpflichten sich zu einem einfachen Lebensstil, Ehelosigkeit und Gehorsam. Maßgeblich für diese Maxime ist die jeweilige Ordnung der Gemeinschaft. Die Diakonissen werden dabei in einem Einsegnungsgottesdienst unter Handauflegung gesegnet. Sie tragen meist eine Schwesterntracht, die gewöhnlich aus einem dunkelblauen, grauen oder schwarzen Kleid, einer Schürze und einer weißen Haube oder einem weißen Schleier besteht.

Einzelne Schwesternschaften regeln gegenwärtig die Frage nach der Tracht unterschiedlich. So tragen manche Schwestern die Tracht nur noch zu Anlässen der Schwesternschaft oder an den kirchlichen Festen. Ebenso wurde die Vorschrift der Lebensgemeinschaft gelockert. Manche Diakonissen bekommen ein reguläres Gehalt für ihren Dienst und haben auch das Recht auf eine eigene Wohnung.[3]

Diakonissen in genossenschaftlicher Form bleiben ihrem Mutterhaus (Diakonissenhaus) ihr ganzes Leben verbunden. Sie stellen ihr Einkommen bis auf ein monatliches Taschengeld einer gemeinsamen Kasse zur Verfügung. Dafür wird in den Mutterhäusern die gegenseitige Kranken- und Altenpflege im Bedarfsfall sichergestellt.

Diakonissen in neuer Form

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In zahlreichen Diakonischen Gemeinschaften ist in den letzten Jahrzehnten eine neue Form der Zugehörigkeit entstanden. Diese Diakonissen bilden eine Glaubens- und Arbeitsgemeinschaft, jedoch keine Lebensgemeinschaft. Das heißt, sie leben eigenständig, können heiraten, eine Familie gründen und tragen in der Regel auch keine Tracht mehr als Erkennungszeichen, sondern oft eine Brosche oder Kette. Sie verfügen über eigenes Einkommen und eigene Verantwortung für ihre Versorgung. Die Frauen, teilweise auch Männer, übernehmen ein Amt, in das sie durch die Landeskirche eingesegnet werden. Dazu gehört in der Regel eine berufsbegleitende diakonisch-theologische Weiterbildung. Sie arbeiten in herkömmlichen diakonischen Arbeitsfeldern, können aber auch nicht-diakonische Berufe haben. „Heute sind in den Diakonischen Gemeinschaften Männer und Frauen zusammengeschlossen, die bewusst in der Nachfolge Jesu stehen und in seinem Namen hilfebedürftigen Menschen dienen wollen“, so der Kaiserswerther Verband deutscher Diakonissen-Mutterhäuser.[2]

Geschichte

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Diakonissen beim Verteilen von CARE-Paketen der Inneren Mission, 1952

Das Diakonissenamt wird auf das biblische Vorbild der Phoibe von Kenchreä, die im Dienst der urchristlichen Gemeinde von Kenchreä stand (Röm 16,1 EU), zurückgeführt.[4]

Theodor Fliedner reaktivierte nach Kontakten mit den niederländischen Mennoniten und der englischen Reformerin der Gesundheitsfürsorge Elizabeth Fry 1836 in Kaiserswerth den Dienst der Diakonisse nach urchristlichem Vorbild. Um die Diakonissen vor Angriffen zu schützen und ihren Lebensstil zu unterstreichen, gab er ihnen eine Tracht und stellte Richtlinien auf, die den Tagesablauf der Diakonissen strukturieren und reglementieren sollten. Die Lebensumstände von Frauen und die Motivation junger Frauen zu eigenständiger Arbeit im Kontext der Nächstenliebe waren Fliedner ein wesentliches Anliegen. So war im 19. Jahrhundert vielen Frauen neben der geistlichen Motivation auch die Sicherung ihres Lebensunterhalts ein Motiv, in den Diakonissendienst einzutreten. Mit der Entwicklung der Erwerbstätigkeit von Frauen trat diese Motivation jedoch in den Hintergrund.

Mit der allmählichen Entwicklung und Professionalisierung des Gesundheitswesens vor allem zu Beginn des 20. Jahrhunderts erfolgte eine stärkere Abgrenzung und Definition des Diakonissendienstes. Die Gründung des Kaiserswerther Verbandes im Jahr 1916 sowie die Herausgabe einer Zeitschrift, Die Diakonisse, zwischen 1926 und 1941 dokumentieren diese Entwicklung. In dieser Zeit wurde der Diakonissendienst als „biblisch begründete Hingabe“ definiert, die sich nicht mit rationalen Begriffen und Gesetzgebungen fassen lasse. Nach 1945 rückte die Frage nach einer theologischen Qualifizierung stärker in den Fokus.[5]

Im Kaiserswerther Verband sind rund 70 Mitgliedseinrichtungen mit etwa 50.000 Mitarbeitenden, darunter etwa 1.600 Diakonissen und 3.000 Diakonische Schwestern und Brüder, zusammengeschlossen.[2]

Die Kaiserswerther Diakonisse und Pflegehistorikerin Anna Sticker beschäftigte sich mit der Geschichte der Diakonissen und baute das Theodor-Fliedner-Archiv in Kaiserswerth auf, das heute zur Fliedner-Kulturstiftung Kaiserswerth gehört.

Literatur

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  • Paul Philippi: Die Vorstufen des modernen Diakonissenamtes (1789–1848) als Elemente für dessen Verständnis und Kritik. Eine motivgeschichtliche Untersuchung zum Wesen der Mutterhausdiakonie, Habilitationsschrift Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 1963, Neukirchen-Vluyn 1966.
  • Herbert Krimm, Hans von Lehndorff, Gerd Heinz-Mohr: Die Bedeutung der Mutterhaus-Diakonie für die Welt von morgen. Vom Sinn der Barmherzigkeit in der modernen Welt, Verlagshandlung der Anstalt Bethel, Bethel 1979.
  • Gerta Scharffenorth: Schwestern. Leben und Arbeit Evangelischer Schwestern. In: Kennzeichen, Band 10. Burckhardthaus, Offenbach am Main 1984, ISBN 3-7664-0111-4.
  • Sebastian Kranich, Peggy Renger-Berka, Klaus Tanner (Hrsg.): Diakonissen – Unternehmer – Pfarrer. Sozialer Protestantismus in Mitteldeutschland im 19. Jahrhundert. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2009, ISBN 978-3-374-02686-9.
  • Ute Gause, Cordula Lissner (Hrsg.): Kosmos Diakonissenmutterhaus. Geschichte und Gedächtnis einer protestantischen Frauengemeinschaft. Evangelische Verlagsanstalt, 2. Auflage, Leipzig 2005, ISBN 3-374-02267-7.
  • Anne Kitsch: Wir sind so frei… – biographische Skizzen von Diakonissen. Bethel, Bielefeld 2001, ISBN 3-922463-98-3.
  • Silke Köser: Denn eine Diakonisse darf kein Alltagsmensch sein. Kollektive Identitäten Kaiserswerther Diakonissen 1836–1914. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2006, ISBN 3-374-02232-4.
  • Anne Stempel-de Fallois: Von den Anfängen bis zur Gründung des Diakonissenmutterhauses Neuendettelsau (1826–1854). In: Diakoniewissenschaft, Band 2. Kohlhammer, Stuttgart 2001, ISBN 3-17-016266-7 (zugleich Dissertation an der Universität Erlangen-Nürnberg 1998).
  • Jochen-Christoph Kaiser (Hrsg.): Dienerinnen des Herrn. Beiträge zur weiblichen Diakonie im 19. und 20. Jahrhundert. Evang. Verlagsanstalt, 2010.
  • Daniela Schwegler, Susann Bosshard-Kälin: Unter der Haube – Diakonissen erzählen aus ihrem Leben. Huber, Zürich 2011, ISBN 978-3-7193-1567-2.
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Commons: Diakonisse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Wilhelm Gemoll: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. G. Freytag / Hölder-Pichler-Tempsky, München/Wien 1965.
  2. a b c Diakonische Gemeinschaften. Kaiserswerther Verband, abgerufen am 12. November 2018.
  3. Diakonisse werden: Leben. Diakoniewerk RuhrWitten, abgerufen am 12. November 2018.
  4. Christine R. Auer: Geschichte der Pflegeberufe als Fach. Die Curricular–Entwicklung in der pflegerischen Aus- und Weiterbildung. Dissertation Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Heidelberg 2008, S. 118–133.
  5. Norbert Friedrich 100 Jahre Kaiserswerther Verband – eine historische Erinnerung. In: Kaiserswerther Verband (Hrsg.): Du stellst meine Füße auf weiten Raum. Verlag Berlin Brandenburg 2016, S. 17 ff.