„Carlos Latuff“ – Versionsunterschied

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== Themen ==
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Gegenstand seiner Karikaturen sind unter anderem Darstellungen des [[Nahostkonflikt]]s, des [[Irakkrieg]]s, der Lebensbedinungen von Armen in [[Lateinamerika]], des Schicksals der Ureinwohner der USA und der Unterdrückung der [[Tibet]]er. Viele Arbeiten bedienen [[Antisemitismus|antisemitische]] [[Stereotyp]]e.<ref name="Guardian"/> Oft setzt er das Schicksal der Palästinenser mit dem der Juden im [[Holocaust]] gleich. Ein Beispiel dafür ist eine Zeichnung, die einen Palästinenser als Insassen eines [[Konzentrationslager]]s darstellt. Mit dieser nahm Latuff am [[Internationaler Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb|Internationalen Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb]] teil und belegte dort den zweiten Rang.<ref name="SPME">[[Manfred Gerstenfeld]]: [http://www.spme.net/cgi-bin/articles.cgi?ID=1792 Ahmadinejad, Iran, And Holocaust manipulation: Methods, aims and reactions]. Scholars for peace in the Middle East, 10. Februar 2007.</ref> In einem Interview sagte Latuff, dass er grundsätzlich wenig Interesse an der Teilnahme an Wettbewerben hätte, dass der Holocaust-Krikaturen-Wettbewerb aber eine Möglichkeit darstellte, auf das Leiden der palästinensischen Bevölkerung aufmerksam zu machen.<ref>[http://www.salem-news.com/articles/april172010/latuff-interview-kz.php Salem-News v. 17.4.2010] Interview mit Carlos Latuff</ref><ref>[http://www.menassat.com/?q=en/news-articles/5505-carlos-latuff-cartoonist-opinion-maker www.menassat.com]</ref> Im Jahr 2002 veröffentlichte Latuff eine Cartoon-Serie mit Figuren, die erkennbar Gruppen zugehören sollen, die in der Vergangenheit unterdrückt wurden, darunter ein jüdischer Junge im [[Warschauer Ghetto]]. Die dargestellten Figuren rufen jeweils: „Ich bin Palästinenser!“<ref>Steven George Salaita, Peter Gran: [http://books.google.com/books?id=-GSkKXE_EQcC&pg=PA63 The Holy Land in transit: colonialism and the quest for Canaan]. Syracuse University Press, 2006, S. 63ff</ref>
Gegenstand seiner Karikaturen sind unter anderem Darstellungen des [[Nahostkonflikt]]s, des [[Irakkrieg]]s, der Lebensbedinungen von Armen in [[Lateinamerika]], des Schicksals der Ureinwohner der USA und der Unterdrückung der [[Tibet]]er. Viele Arbeiten bedienen [[Antisemitismus|antisemitische]] [[Stereotyp]]e.<ref name="Guardian"/> Oft setzt er das Schicksal der Palästinenser mit dem der Juden im [[Holocaust]] gleich. Ein Beispiel dafür ist eine Zeichnung, die einen Palästinenser als Insassen eines [[Konzentrationslager]]s darstellt. Mit dieser nahm Latuff am [[Internationaler Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb|Internationalen Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb]] teil und belegte dort den zweiten Rang.<ref name="SPME">[[Manfred Gerstenfeld]]: [http://www.spme.net/cgi-bin/articles.cgi?ID=1792 Ahmadinejad, Iran, And Holocaust manipulation: Methods, aims and reactions]. Scholars for peace in the Middle East, 10. Februar 2007.</ref> In einem Interview sagte Latuff, dass er grundsätzlich wenig Interesse an der Teilnahme an Wettbewerben hätte, dass der Holocaust-Krikaturen-Wettbewerb aber eine Möglichkeit darstellte, auf das Leiden der palästinensischen Bevölkerung aufmerksam zu machen.<ref>[http://www.salem-news.com/articles/april172010/latuff-interview-kz.php Salem-News v. 17.4.2010] Interview mit Carlos Latuff</ref><ref>[http://www.menassat.com/?q=en/news-articles/5505-carlos-latuff-cartoonist-opinion-maker www.menassat.com]</ref> Im Jahr 2002 veröffentlichte Latuff eine Cartoon-Serie mit Figuren, die erkennbar Gruppen zugehören, die in der Vergangenheit unterdrückt wurden, darunter ein jüdischer Junge im [[Warschauer Ghetto]]. Die dargestellten Figuren rufen jeweils: „Ich bin Palästinenser!“<ref>Steven George Salaita, Peter Gran: [http://books.google.com/books?id=-GSkKXE_EQcC&pg=PA63 The Holy Land in transit: colonialism and the quest for Canaan]. Syracuse University Press, 2006, S. 63ff</ref> 2004 zeichnete Latuff die Kollektion „Forgiveness“, die Israelis und Palästinenser in Versöhnungssituationen zeigt.


Latuffs Zeichnungen waren u. a. in den brasilianischen Ausgaben von [[Mad (Magazin)|MAD]] oder dem [[Z_Communications#Z_Magazine|Z Magazine]]<ref>Z magazine, Volume 19, Institute for Social and Cultural Communications, 2006</ref> zu sehen. Da er viele seiner Karikaturen unter [[Copyleft]]-Lizenz veröffentlicht, finden sie große Verbreitung im Internet, in [[Blog]]s und Veröffentlichungsplattformen wie z. B. [[Indymedia]]. Ansonsten interessieren sich vor allem arabische Medien für seine Arbeiten. Einige seiner Bilder wurden nach Aussage Latuffs von [[Al Jazeera]] und dem staatlichen iranischen Sender [[Press TV]] gezeigt, was jedoch eher selten sei.<ref name="Salem"/>
Latuffs Zeichnungen waren u. a. in den brasilianischen Ausgaben von [[Mad (Magazin)|MAD]] oder dem [[Z_Communications#Z_Magazine|Z Magazine]]<ref>Z magazine, Volume 19, Institute for Social and Cultural Communications, 2006</ref> zu sehen. Da er viele seiner Karikaturen unter [[Copyleft]]-Lizenz veröffentlicht, finden sie große Verbreitung im Internet, in [[Blog]]s und Veröffentlichungsplattformen wie z. B. [[Indymedia]]. Ansonsten interessieren sich vor allem arabische Medien für seine Arbeiten. Einige seiner Bilder wurden nach Aussage Latuffs von [[Al Jazeera]] und dem staatlichen iranischen Sender [[Press TV]] gezeigt, was jedoch eher selten sei.<ref name="Salem"/>
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Eine von der regierungsnahen ägyptischen Tageszeitung ''Al-Watani al-Youm'' veröffentlichte Karikatur Latuffs, die den [[Ship-to-Gaza-Zwischenfall]] thematisiert und eine Israelflagge mit [[Hakenkreuz]] anstelle des [[Davidstern]]s beinhaltet, führte zu einer Beschwerde des israelischen Konsulats in Ägypten an die Regierung in Kairo.<ref>[http://www.israelnationalnews.com/News/News.aspx/138319 www.israelnationalnews.com]</ref><ref>[http://af.reuters.com/article/worldNews/idAFTRE65R5WV20100628 Nachrichtenagentur Reuters v. 28.6.2010] ''Israeli mission complains over Egypt press cartoon''</ref>
Eine von der regierungsnahen ägyptischen Tageszeitung ''Al-Watani al-Youm'' veröffentlichte Karikatur Latuffs, die den [[Ship-to-Gaza-Zwischenfall]] thematisiert und eine Israelflagge mit [[Hakenkreuz]] anstelle des [[Davidstern]]s beinhaltet, führte zu einer Beschwerde des israelischen Konsulats in Ägypten an die Regierung in Kairo.<ref>[http://www.israelnationalnews.com/News/News.aspx/138319 www.israelnationalnews.com]</ref><ref>[http://af.reuters.com/article/worldNews/idAFTRE65R5WV20100628 Nachrichtenagentur Reuters v. 28.6.2010] ''Israeli mission complains over Egypt press cartoon''</ref>


== Antisemitismus ==
== Antisemitismus-Vorwürfe ==
[[Datei:GazaVerboten.jpg|thumb|„Gaza - humanitarian aid - verboten!“; Karikatur Latuffs von November 2008]]
[[Datei:GazaVerboten.jpg|thumb|„Gaza - humanitarian aid - verboten!“; Karikatur Latuffs von November 2008]]
Viele Bilder Latuffs beinhalten Relativierungen des Holocaust<ref>[http://www.akdh.ch/latuff.htm Bildanalyse] von [[Aktion Kinder des Holocaust]]</ref>, einen „äußerst aggressiven [[Antiamerikanismus]] und Antisemitismus“,<ref name="Hamann">[[Christoph Hamann]]: ''[http://books.google.com/books?id=2LHYiua1QiQC&pg=PA278 Der Holocaust im Nahostkonflikt - Schlüsselbilder als visuelles Paradigma]''. In: Christian Geißler, Bernd Overwien: ''Elemente einer zeitgemäßen politischen Bildung: Festschrift für Prof. Hanns-Fred Rathenow zum 65. Geburtstag''. LIT Verlag Münster, 2009, S. 271ff</ref> sowie eine maßlose Verwendung judeophober Stereotype<ref name="Guardian">Ian Black (Nahostberichterstatter): [http://www.guardian.co.uk/world/2008/dec/18/israelandthepalestinians-pressandpublishing Cartoon symbols of the Israeli-Palestinian conflict], Arab cartoons that use antisemitic images are evidence of the damage done by festering hostilities, guardian.co.uk, 19. Dezember 2008</ref> und Neuformen der [[Ritualmordlegende]]<ref name="Kotek">[[Joel Kotek]]: ''[http://books.google.com/books?id=O3WsXrkhpukC&pg=PA118 Au nom de l'antisionisme]''. L'image des Juifs et d'Israël dans la caricature depuis la seconde Intifada. Editions Complexe, 2005, S. 117ff. 161 et passim.<br> Engl. Übersetzung: ''Cartoons and extremism'', Israel and the Jews in Arab and Western media, Vallentine Mitchell, Edgware 2009.</ref> und des antisemitischen [[Kindestötung|Infantizid]]-Motivs.<ref name="JCPA">[[Manfred Gerstenfeld]]: [http://www.jcpa.org/JCPA/Templates/ShowPage.asp?DBID=1&LNGID=1&TMID=111&FID=381&PID=470&IID=1526 ''Holocaust Inversion: The Portraying of Israel and Jews as Nazis'']. JCPA, 1. April 2007</ref><ref>Manfrad Gerstenfeld: ''[http://www.jcpa.org/phas/phas-043-gerstenfeld.htm The Mohammed-Cartoon Controversy, Israel, and the Jews: A Case Study]'', in: Post-Holocaust and Anti-Semitism 43, 2. April 2006 </ref> Der iranische Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb, bei dem Latuff einen zweiten Platz belegte, wurde u.a. von [[Kofi Annan]], den [[Reporter ohne Grenzen|Reportern ohne Grenzen]] und der [[Anti Defamation League]] kritisiert.<ref name="Hamann"/> Latuffs Beitrag wurde als typisches Beispiel für das antisemitische Darstellungsmotiv der „Umkehrung des Holocausts“ beschrieben.<ref name="JCPA"/> Der Jahresbericht 2003 des [[Stephen Roth Institute]] meint, eine Sharon-Karikatur Latuffs erinnere an die antisemitischen Karikaturen von [[Philipp Rupprecht]] im [[Der Stürmer|Stürmer]].<ref>[http://www.tau.ac.il/Anti-Semitism/asw2003-4/general-analysis.htm ''Antisemitism and Racism'']. Stephen Roth Institute, 2003</ref> Heftig kritisiert wurde auch seine Zeichnung einer [[Israelische Flagge|israelischen Flagge]], in der er den [[Davidstern]] durch ein [[Hakenkreuz]] ersetzte. Latuff sagte dazu, [[israel]]ische Kritik werde ihn nicht abhalten, „weiter meine Cartoons für das tapfere palästinensische Volk anzufertigen“.<ref>[http://www.thejc.com/news/israel-news/33548/egyptian-paper-criticised-nazi-cartoon Egyptian paper criticised for Nazi cartoon]. Jewish chronicle, 29. Juni 2010</ref> Er selbst verneint eine antisemitische Motivation für seine Zeichnungen. Seine Kritik richte sich gegen Israel als politische [[Entität (Politik)|Entität]], insbesondere aufgrund der Behandlung der Palästinenser. Wenn die „Unterdrücker“ Christen, Muslime oder Buddhisten wären, würde er sie ebenso kritisieren.<ref> [http://www.menassat.com/?q=en/news-articles/5505-carlos-latuff-cartoonist-opinion-maker Latuff Cartoonist and opinion-maker]. MENASSAT, 23. Dezember 2008</ref>
Viele Bilder Latuffs beinhalten Relativierungen des Holocaust<ref>[http://www.akdh.ch/latuff.htm Bildanalyse] von [[Aktion Kinder des Holocaust]]</ref>, einen „äußerst aggressiven [[Antiamerikanismus]] und Antisemitismus“,<ref name="Hamann">[[Christoph Hamann]]: ''[http://books.google.com/books?id=2LHYiua1QiQC&pg=PA278 Der Holocaust im Nahostkonflikt - Schlüsselbilder als visuelles Paradigma]''. In: Christian Geißler, Bernd Overwien: ''Elemente einer zeitgemäßen politischen Bildung: Festschrift für Prof. Hanns-Fred Rathenow zum 65. Geburtstag''. LIT Verlag Münster, 2009, S. 271ff</ref> sowie eine maßlose Verwendung judeophober Stereotype<ref name="Guardian">Ian Black (Nahostberichterstatter): [http://www.guardian.co.uk/world/2008/dec/18/israelandthepalestinians-pressandpublishing Cartoon symbols of the Israeli-Palestinian conflict], Arab cartoons that use antisemitic images are evidence of the damage done by festering hostilities, guardian.co.uk, 19. Dezember 2008</ref> und Neuformen der [[Ritualmordlegende]]<ref name="Kotek">[[Joel Kotek]]: ''[http://books.google.com/books?id=O3WsXrkhpukC&pg=PA118 Au nom de l'antisionisme]''. L'image des Juifs et d'Israël dans la caricature depuis la seconde Intifada. Editions Complexe, 2005, S. 117ff. 161 et passim.<br> Engl. Übersetzung: ''Cartoons and extremism'', Israel and the Jews in Arab and Western media, Vallentine Mitchell, Edgware 2009.</ref> und des antisemitischen [[Kindestötung|Infantizid]]-Motivs.<ref name="JCPA">[[Manfred Gerstenfeld]]: [http://www.jcpa.org/JCPA/Templates/ShowPage.asp?DBID=1&LNGID=1&TMID=111&FID=381&PID=470&IID=1526 ''Holocaust Inversion: The Portraying of Israel and Jews as Nazis'']. JCPA, 1. April 2007</ref><ref>Manfrad Gerstenfeld: ''[http://www.jcpa.org/phas/phas-043-gerstenfeld.htm The Mohammed-Cartoon Controversy, Israel, and the Jews: A Case Study]'', in: Post-Holocaust and Anti-Semitism 43, 2. April 2006 </ref> Der iranische Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb, bei dem Latuff einen zweiten Platz belegte, wurde u.a. von [[Kofi Annan]], den [[Reporter ohne Grenzen|Reportern ohne Grenzen]] und der [[Anti Defamation League]] kritisiert.<ref name="Hamann"/> Latuffs Beitrag wurde als typisches Beispiel für das antisemitische Darstellungsmotiv der „Umkehrung des Holocausts“ beschrieben.<ref name="JCPA"/> Der Jahresbericht 2003 des [[Stephen Roth Institute]] meint, eine Sharon-Karikatur Latuffs erinnere an die antisemitischen Karikaturen von [[Philipp Rupprecht]] im [[Der Stürmer|Stürmer]].<ref>[http://www.tau.ac.il/Anti-Semitism/asw2003-4/general-analysis.htm ''Antisemitism and Racism'']. Stephen Roth Institute, 2003</ref> Heftig kritisiert wurde auch seine Zeichnung einer [[Israelische Flagge|israelischen Flagge]], in der er den [[Davidstern]] durch ein [[Hakenkreuz]] ersetzte. Latuff sagte dazu, [[israel]]ische Kritik werde ihn nicht abhalten, „weiter meine Cartoons für das tapfere palästinensische Volk anzufertigen“.<ref>[http://www.thejc.com/news/israel-news/33548/egyptian-paper-criticised-nazi-cartoon Egyptian paper criticised for Nazi cartoon]. Jewish chronicle, 29. Juni 2010</ref> Er selbst verneint eine antisemitische Motivation für seine Zeichnungen. Seine Kritik richte sich gegen Israel als politische [[Entität (Politik)|Entität]], insbesondere aufgrund der Behandlung der Palästinenser. Wenn die „Unterdrücker“ Christen, Muslime oder Buddhisten wären, würde er sie ebenso kritisieren.<ref> [http://www.menassat.com/?q=en/news-articles/5505-carlos-latuff-cartoonist-opinion-maker Latuff Cartoonist and opinion-maker]. MENASSAT, 23. Dezember 2008</ref>

Version vom 17. Juli 2010, 17:11 Uhr

Carlos Latuff (* Carlos Henrique Latuff de Souza, 30. November 1968 in Rio de Janeiro) ist ein brasilianischer Cartoonist und Karikaturist. Er sieht sich selbst als „künstlerischer Aktivist“. Seine Bilder versteht er als „antikapitalistisch und antiimperialistisch“.[1] Seine politischen Karikaturen thematisieren häufig den Nahostkonflikt und wurden vor allem aufgrund ihrer antisemitischen Inhalte wiederholt kritisiert.

Biographie

Latuff ist am 30. November 1968 während der Militärdiktatur in Rio de Janeiro im Stadtteil São Cristóvão geboren. Bereits als Kind begann er mit dem Zeichnen von Karikaturen. Seit 1990 arbeitet er für linke Gewerkschaftszeitungen und verdient sich so seinen Lebensunterhalt. Mit dem Zeichnen von Karikaturen über den Nahostkonflikt, für die er nach eigener Aussage keinerlei Bezahlung annimmt, begann er nach einer Reise ins Westjordanland, die er auf Einladung der Organisation Palestinian Centre for Peace and Democracy im Jahr 1999 unternahm. Danach habe er große Sympathien für die „Sache der Palästinenser“ empfunden. Latuff verwendet auf seiner Website ein Foto auf dem er die Flugzeugentführerin Leila Khaled umarmt[2], die im Westen als Terroristin angesehen und in der arabischen Welt als Befreiungskämpferin verehrt wird. 2009 besuchte er die palästinensischen Flüchtlingslager in Jordanien und im Libanon, die seiner Ansicht nach stellenweise den Slums (Favelas) seines Heimatlandes Brasilien sehr ähnlich sind.

Themen

Gegenstand seiner Karikaturen sind unter anderem Darstellungen des Nahostkonflikts, des Irakkriegs, der Lebensbedinungen von Armen in Lateinamerika, des Schicksals der Ureinwohner der USA und der Unterdrückung der Tibeter. Viele Arbeiten bedienen antisemitische Stereotype.[3] Oft setzt er das Schicksal der Palästinenser mit dem der Juden im Holocaust gleich. Ein Beispiel dafür ist eine Zeichnung, die einen Palästinenser als Insassen eines Konzentrationslagers darstellt. Mit dieser nahm Latuff am Internationalen Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb teil und belegte dort den zweiten Rang.[4] In einem Interview sagte Latuff, dass er grundsätzlich wenig Interesse an der Teilnahme an Wettbewerben hätte, dass der Holocaust-Krikaturen-Wettbewerb aber eine Möglichkeit darstellte, auf das Leiden der palästinensischen Bevölkerung aufmerksam zu machen.[5][6] Im Jahr 2002 veröffentlichte Latuff eine Cartoon-Serie mit Figuren, die erkennbar Gruppen zugehören, die in der Vergangenheit unterdrückt wurden, darunter ein jüdischer Junge im Warschauer Ghetto. Die dargestellten Figuren rufen jeweils: „Ich bin Palästinenser!“[7] 2004 zeichnete Latuff die Kollektion „Forgiveness“, die Israelis und Palästinenser in Versöhnungssituationen zeigt.

Latuffs Zeichnungen waren u. a. in den brasilianischen Ausgaben von MAD oder dem Z Magazine[8] zu sehen. Da er viele seiner Karikaturen unter Copyleft-Lizenz veröffentlicht, finden sie große Verbreitung im Internet, in Blogs und Veröffentlichungsplattformen wie z. B. Indymedia. Ansonsten interessieren sich vor allem arabische Medien für seine Arbeiten. Einige seiner Bilder wurden nach Aussage Latuffs von Al Jazeera und dem staatlichen iranischen Sender Press TV gezeigt, was jedoch eher selten sei.[1]

Eine von der regierungsnahen ägyptischen Tageszeitung Al-Watani al-Youm veröffentlichte Karikatur Latuffs, die den Ship-to-Gaza-Zwischenfall thematisiert und eine Israelflagge mit Hakenkreuz anstelle des Davidsterns beinhaltet, führte zu einer Beschwerde des israelischen Konsulats in Ägypten an die Regierung in Kairo.[9][10]

Antisemitismus-Vorwürfe

„Gaza - humanitarian aid - verboten!“; Karikatur Latuffs von November 2008

Viele Bilder Latuffs beinhalten Relativierungen des Holocaust[11], einen „äußerst aggressiven Antiamerikanismus und Antisemitismus“,[12] sowie eine maßlose Verwendung judeophober Stereotype[3] und Neuformen der Ritualmordlegende[13] und des antisemitischen Infantizid-Motivs.[14][15] Der iranische Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb, bei dem Latuff einen zweiten Platz belegte, wurde u.a. von Kofi Annan, den Reportern ohne Grenzen und der Anti Defamation League kritisiert.[12] Latuffs Beitrag wurde als typisches Beispiel für das antisemitische Darstellungsmotiv der „Umkehrung des Holocausts“ beschrieben.[14] Der Jahresbericht 2003 des Stephen Roth Institute meint, eine Sharon-Karikatur Latuffs erinnere an die antisemitischen Karikaturen von Philipp Rupprecht im Stürmer.[16] Heftig kritisiert wurde auch seine Zeichnung einer israelischen Flagge, in der er den Davidstern durch ein Hakenkreuz ersetzte. Latuff sagte dazu, israelische Kritik werde ihn nicht abhalten, „weiter meine Cartoons für das tapfere palästinensische Volk anzufertigen“.[17] Er selbst verneint eine antisemitische Motivation für seine Zeichnungen. Seine Kritik richte sich gegen Israel als politische Entität, insbesondere aufgrund der Behandlung der Palästinenser. Wenn die „Unterdrücker“ Christen, Muslime oder Buddhisten wären, würde er sie ebenso kritisieren.[18]

Einzelnachweise

  1. a b Salem-News vom 18. April 2010
  2. http://latuff2.deviantart.com/art/Latuff-and-Leila-Khaled-in-WSF-14700239 Foto: Carlos Latuff und Leila Khaled bei deviantART
  3. a b Ian Black (Nahostberichterstatter): Cartoon symbols of the Israeli-Palestinian conflict, Arab cartoons that use antisemitic images are evidence of the damage done by festering hostilities, guardian.co.uk, 19. Dezember 2008
  4. Manfred Gerstenfeld: Ahmadinejad, Iran, And Holocaust manipulation: Methods, aims and reactions. Scholars for peace in the Middle East, 10. Februar 2007.
  5. Salem-News v. 17.4.2010 Interview mit Carlos Latuff
  6. www.menassat.com
  7. Steven George Salaita, Peter Gran: The Holy Land in transit: colonialism and the quest for Canaan. Syracuse University Press, 2006, S. 63ff
  8. Z magazine, Volume 19, Institute for Social and Cultural Communications, 2006
  9. www.israelnationalnews.com
  10. Nachrichtenagentur Reuters v. 28.6.2010 Israeli mission complains over Egypt press cartoon
  11. Bildanalyse von Aktion Kinder des Holocaust
  12. a b Christoph Hamann: Der Holocaust im Nahostkonflikt - Schlüsselbilder als visuelles Paradigma. In: Christian Geißler, Bernd Overwien: Elemente einer zeitgemäßen politischen Bildung: Festschrift für Prof. Hanns-Fred Rathenow zum 65. Geburtstag. LIT Verlag Münster, 2009, S. 271ff
  13. Joel Kotek: Au nom de l'antisionisme. L'image des Juifs et d'Israël dans la caricature depuis la seconde Intifada. Editions Complexe, 2005, S. 117ff. 161 et passim.
    Engl. Übersetzung: Cartoons and extremism, Israel and the Jews in Arab and Western media, Vallentine Mitchell, Edgware 2009.
  14. a b Manfred Gerstenfeld: Holocaust Inversion: The Portraying of Israel and Jews as Nazis. JCPA, 1. April 2007
  15. Manfrad Gerstenfeld: The Mohammed-Cartoon Controversy, Israel, and the Jews: A Case Study, in: Post-Holocaust and Anti-Semitism 43, 2. April 2006
  16. Antisemitism and Racism. Stephen Roth Institute, 2003
  17. Egyptian paper criticised for Nazi cartoon. Jewish chronicle, 29. Juni 2010
  18. Latuff Cartoonist and opinion-maker. MENASSAT, 23. Dezember 2008
Commons: Carlos Latuff – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien