„Diskussion:Italo-Keltisch“ – Versionsunterschied

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Letzter Kommentar: vor 13 Tagen von Florian Blaschke in Abschnitt Keltischer p-Schwund
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:Der Unterschied zwischen P-Keltisch und Q-Keltisch ist erst später entstanden, im Laufe des 1. Jahrtausends v. Chr., als das urindogermanische *''p'' im Keltischen schon längst zu einem Frikativ geworden war. Das Q-Keltische (Goidelisch und Keltiberisch) entspricht der Situation in der urkeltischen Stufe, ist in diesem Punkt also konservativer. Das (geographisch zentralere) P-Keltische (Gallisch, Lepontisch und Britannisch) weist somit eine Innovation auf, die das Keltiberische und anscheinend (wenn wir nicht mit einer nachträglichen Rückbildung rechnen müssen) Goidelische im äußersten Westen Europas nie erreicht hat. Ein urkeltischer Laut *''kʷ'' ist somit einfach zu einem ''p'' geworden und somit ist die Lücke im Lautsystem, die der „P-Schwund“ erzeugt hat, wieder gefüllt worden, also durch ein neues /p/. Im Keltiberischen und (anfangs) Goidelischen ist das (oder eine andere vergleichbare Entwicklung) allerdings ja nicht passiert, und damit die Lücke einfach geblieben: Keltiberisch hat gar kein /p/ (jedenfalls nicht im ererbten Wortschatz).
:Der Unterschied zwischen P-Keltisch und Q-Keltisch ist erst später entstanden, im Laufe des 1. Jahrtausends v. Chr., als das urindogermanische *''p'' im Keltischen schon längst zu einem Frikativ geworden war. Das Q-Keltische (Goidelisch und Keltiberisch) entspricht der Situation in der urkeltischen Stufe, ist in diesem Punkt also konservativer. Das (geographisch zentralere) P-Keltische (Gallisch, Lepontisch und Britannisch) weist somit eine Innovation auf, die das Keltiberische und anscheinend (wenn wir nicht mit einer nachträglichen Rückbildung rechnen müssen) Goidelische im äußersten Westen Europas nie erreicht hat. Ein urkeltischer Laut *''kʷ'' ist somit einfach zu einem ''p'' geworden und somit ist die Lücke im Lautsystem, die der „P-Schwund“ erzeugt hat, wieder gefüllt worden, also durch ein neues /p/. Im Keltiberischen und (anfangs) Goidelischen ist das (oder eine andere vergleichbare Entwicklung) allerdings ja nicht passiert, und damit die Lücke einfach geblieben: Keltiberisch hat gar kein /p/ (jedenfalls nicht im ererbten Wortschatz).
:Ein „B-Keltisch“ oder „G/K-Keltisch“ hingegen gibt es gar nicht. Die suggerierten Querverbindungen sind schlicht inkorrekt. Vielmehr ist urindogermanisches *''gʷ'' schon im Urkeltischen zu *''b'' geworden, aber urindogermanisches *''gʷʰ'' hat im Urkeltischen *''gʷ'' ergeben. Insofern ist bereits das Urkeltische gewissermaßen „B-Keltisch“, aber eine vergleichbare Labialisierung von urkeltisch *''gʷ'' hat nirgendwo im Keltischen je stattgefunden, deshalb ergibt der Begriff keinen rechten Sinn. Die ''stimmhaften'' labiovelaren Verschlußlaute haben sich einfach ganz anders entwickelt als die stimmlosen, nicht in paralleler Weise.
:Ein „B-Keltisch“ oder „G/K-Keltisch“ hingegen gibt es gar nicht. Die suggerierten Querverbindungen sind schlicht inkorrekt. Vielmehr ist urindogermanisches *''gʷ'' schon im Urkeltischen zu *''b'' geworden, aber urindogermanisches *''gʷʰ'' hat im Urkeltischen *''gʷ'' ergeben. Insofern ist bereits das Urkeltische gewissermaßen „B-Keltisch“, aber eine vergleichbare Labialisierung von urkeltisch *''gʷ'' hat nirgendwo im Keltischen je stattgefunden, deshalb ergibt der Begriff keinen rechten Sinn. Die ''stimmhaften'' labiovelaren Verschlußlaute haben sich einfach ganz anders entwickelt als die stimmlosen, nicht in paralleler Weise.
:Die im Artikel erwähnte Fernassimilation von *''p'' ... ''kʷ'' zu *''kʷ'' ... *''kʷ'' ist hingegen sowohl für das Urkeltische als auch für das Uritalische zu rekonstruieren und damit offenbar schon im 2. Jahrtausend v. Chr. vorhanden gewesen, lange vor der Frikativisierung von *''p'' im Urkeltischen. Die Interaktion zwischen der Fernassimilation und dem für das P-Keltische charakteristischen Lautwandel kann scheinbare Ausnahmen vom P-Schwund produzieren, so etwa gallisch ''pempe'' und altwalisisch ''pimp''. Aber es handelt sich natürlich um das „neue P“.
:Die im Artikel erwähnte Fernassimilation von *''p'' ... *''kʷ'', mit dem Ergebnis *''kʷ'' ... *''kʷ'', ist hingegen sowohl für das Urkeltische als auch für das Uritalische zu rekonstruieren und damit offenbar schon im 2. Jahrtausend v. Chr. vorhanden gewesen, lange vor der Frikativisierung von *''p'' im Urkeltischen. Die Interaktion zwischen der Fernassimilation und dem für das P-Keltische charakteristischen Lautwandel kann scheinbare Ausnahmen vom P-Schwund produzieren, so etwa gallisch ''pempe'' und altwalisisch ''pimp''. Aber es handelt sich natürlich um das „neue P“.
:Es handelt sich also um ganz getrennte Lautwandel: die sehr frühe (vor-urkeltische und sogar vor-uritalische) Fernassimilation (vielleicht um 2000 v. Chr.), die Frikativisierung von vorurkelt. *''p'' (und Labialisierung von vorurkelt. *''gʷ'' zu *''b'') schon in der urkeltischen Zeit (vielleicht um 1000 v. Chr.), und die Labialisierung von urkelt. *''kʷ'' zu ''p'' im Gallischen, Lepontischen und Britannischen (vielleicht schon um 700–500 v. Chr. oder teilweise auch erst später, im Inselkeltischen vielleicht unabhängig später, wenn auch vermutlich unter gallischem Einfluß). --[[Benutzer:Florian Blaschke|Florian Blaschke]] ([[Benutzer Diskussion:Florian Blaschke|Diskussion]]) 21:15, 3. Jul. 2024 (CEST)
:Es handelt sich also um ganz getrennte Lautwandel: die sehr frühe (vor-urkeltische und sogar vor-uritalische) Fernassimilation (vielleicht um 2000 v. Chr.), die Frikativisierung von vorurkelt. *''p'' (und Labialisierung von vorurkelt. *''gʷ'' zu *''b'') schon in der urkeltischen Zeit (vielleicht um 1000 v. Chr.), und die Labialisierung von urkelt. *''kʷ'' zu ''p'' im Gallischen, Lepontischen und Britannischen (vielleicht schon um 700–500 v. Chr. oder teilweise auch erst später, im Inselkeltischen vielleicht unabhängig später, wenn auch vermutlich unter gallischem Einfluß). --[[Benutzer:Florian Blaschke|Florian Blaschke]] ([[Benutzer Diskussion:Florian Blaschke|Diskussion]]) 21:15, 3. Jul. 2024 (CEST)



Version vom 3. Juli 2024, 21:16 Uhr

Dieser Artikel ist offensichtlich von der englischen Wiki übersetzt worden, gibt aber eine stark vereinfachte Darstellung im ersten Teil. Was man hier nicht erkennt, ist dass die "gemeinsame Vorstufe" umstritten ist, und dass andere Erklärung der Gruppierung möglich sind. Dass es Italo-Keltische Formen gibt ist allerdings nicht umstritten. --Doric Loon 12:26, 14. Feb. 2010 (CET)Beantworten

Keltischer p-Schwund

Wenn der im Artikel erwähnte keltische p-Schwund etwas mit dem berühmten Unterschied zwischen P-Keltisch (bzw. B-Keltisch) und Q-Keltisch (bzw. G- oder K-Keltisch) (möglicher Ursprung von Britanni bzw. Pritannoi kontra celti, galli, Gälisch, Goidelisch, Cymru, kornobika, en:Cruthin, usw.) zu tun haben sollte, sollte das an der Stelle, wo dieser p-Schwund im umseitigen Artikel thematisiert wird, doch auch erläutert und verlinkt werden. --2003:DA:CF4C:7500:352E:684:3B03:54E3 02:02, 11. Apr. 2020 (CEST)Beantworten

Der P-Schwund ist grundsätzlich gemeinkeltisch und damit schon sehr alt (wahrscheinlich war er schon um 800 v. Chr. oder sogar noch früher vorhanden).
Einschub: Es gibt allerdings Evidenz dafür, daß das Phonem /p/ im ältesten Lepontischen sogar zwischen Vokalen noch nicht vollständig geschwunden ist, und nach *s- auch anderswo im Keltischen nicht; außerdem bleibt es vor *-s- und *-t- als *-x- erhalten, vor *-r- als *-β-, und vor -n- teils als *-w-. Für die urkeltische Stufe ist (nach Schumacher 2004, Die keltischen Primärverben, S. 129ff.) daher am besten noch ein bilabialer Frikativ, der dem [f] ähnliche „Suppenblaselaut“ [ɸ], zu rekonstruieren. (Eine ähnliche Entwicklung von /p/ zu bilabialem Frikativ und schließlich meist /h/ hat zwischen dem Alt- und Neujapanischen stattgefunden.) Es ist daher eigentlich nicht korrekt, von einem „P-Schwund“ zu sprechen.
Der Unterschied zwischen P-Keltisch und Q-Keltisch ist erst später entstanden, im Laufe des 1. Jahrtausends v. Chr., als das urindogermanische *p im Keltischen schon längst zu einem Frikativ geworden war. Das Q-Keltische (Goidelisch und Keltiberisch) entspricht der Situation in der urkeltischen Stufe, ist in diesem Punkt also konservativer. Das (geographisch zentralere) P-Keltische (Gallisch, Lepontisch und Britannisch) weist somit eine Innovation auf, die das Keltiberische und anscheinend (wenn wir nicht mit einer nachträglichen Rückbildung rechnen müssen) Goidelische im äußersten Westen Europas nie erreicht hat. Ein urkeltischer Laut * ist somit einfach zu einem p geworden und somit ist die Lücke im Lautsystem, die der „P-Schwund“ erzeugt hat, wieder gefüllt worden, also durch ein neues /p/. Im Keltiberischen und (anfangs) Goidelischen ist das (oder eine andere vergleichbare Entwicklung) allerdings ja nicht passiert, und damit die Lücke einfach geblieben: Keltiberisch hat gar kein /p/ (jedenfalls nicht im ererbten Wortschatz).
Ein „B-Keltisch“ oder „G/K-Keltisch“ hingegen gibt es gar nicht. Die suggerierten Querverbindungen sind schlicht inkorrekt. Vielmehr ist urindogermanisches * schon im Urkeltischen zu *b geworden, aber urindogermanisches *gʷʰ hat im Urkeltischen * ergeben. Insofern ist bereits das Urkeltische gewissermaßen „B-Keltisch“, aber eine vergleichbare Labialisierung von urkeltisch * hat nirgendwo im Keltischen je stattgefunden, deshalb ergibt der Begriff keinen rechten Sinn. Die stimmhaften labiovelaren Verschlußlaute haben sich einfach ganz anders entwickelt als die stimmlosen, nicht in paralleler Weise.
Die im Artikel erwähnte Fernassimilation von *p ... *, mit dem Ergebnis * ... *, ist hingegen sowohl für das Urkeltische als auch für das Uritalische zu rekonstruieren und damit offenbar schon im 2. Jahrtausend v. Chr. vorhanden gewesen, lange vor der Frikativisierung von *p im Urkeltischen. Die Interaktion zwischen der Fernassimilation und dem für das P-Keltische charakteristischen Lautwandel kann scheinbare Ausnahmen vom P-Schwund produzieren, so etwa gallisch pempe und altwalisisch pimp. Aber es handelt sich natürlich um das „neue P“.
Es handelt sich also um ganz getrennte Lautwandel: die sehr frühe (vor-urkeltische und sogar vor-uritalische) Fernassimilation (vielleicht um 2000 v. Chr.), die Frikativisierung von vorurkelt. *p (und Labialisierung von vorurkelt. * zu *b) schon in der urkeltischen Zeit (vielleicht um 1000 v. Chr.), und die Labialisierung von urkelt. * zu p im Gallischen, Lepontischen und Britannischen (vielleicht schon um 700–500 v. Chr. oder teilweise auch erst später, im Inselkeltischen vielleicht unabhängig später, wenn auch vermutlich unter gallischem Einfluß). --Florian Blaschke (Diskussion) 21:15, 3. Jul. 2024 (CEST)Beantworten

Evidenz und mögliche Gegenevidenz

Die insbesondere von Schrijver (einem angesehenen Keltologen) genannten Argumente für eine ur-italokeltische Vorstufe sind bemerkenswert zahlreich und bedenkenswert (und erschöpfen sich ganz gewiß nicht in den wenigen, immer wieder genannten Standardbeispielen für Übereinstimmungen und Isoglossen). Schrijver hat die Hypothese auch wiederholt bekräftigt und ausgebaut, zuletzt 2016 – vgl. hierzu auch en-Wikipedia. (Nebenbei reproduzieren auch Computermodelle immer wieder eine italokeltische Untergruppe.) Ich nehme sie daher sehr ernst.

Es gibt allerdings einzelne Formen, die dem Ansatz einer italokeltischen Vorstufe entschieden zu widerraten scheinen, insbesondere erstens (nach Schumacher 2004, Die keltischen Primärverben) urkelt. *rig-e/o- ‚gehen‘ aus uridg. *h₁r̥gʰ- (vgl. en-Wiktionary), was implizieren würde, daß Rix’ Gesetz (neben dem Griechischen) zwar im Italischen, aber nicht im Keltischen gilt (größtes Problem); zweitens (nach Matasović) urkelt. *mīros (s-Stamm-Neutrum) ‚Fleisch‘, umgebildet aus uridg. *mēmsrom, woraus lat. membrum ‚Glied(maße), Körperteil‘, was Schrijvers Hypothese widerspricht, daß der regelmäßige Reflex von urig. *-sr- (im Wortinneren zwischen Vokalen) im Keltischen *-θr- sei, ebenso wie es im Italischen der Fall ist (nicht entscheidend; dann muß nur dieses Argument fallengelassen werden); und drittens vergleichbar altirisch sruth ‚Strom‘ aus urkelt. *srutom aus uridg. *srutó-, was zeigt, daß auch *sr- am Wortanfang nicht schon im Urkeltischen zu *θr- geworden ist; vielmehr findet sich der Lautwandel urkelt. *sr- zu *θr- zu fr- offenbar nur im Britannischen und Gallischen.

Aber auch wenn die Entwicklung von *sr nicht relevant ist, so sehe ich doch keine Möglichkeit, die Entwicklung der uridg. Konsonantengruppe Laryngal + silbischer Sonant + Verschlußlaut im Italischen (nach Rix’ Gesetz) mit der im Keltischen (Laryngal fällt einfach aus) in Übereinstimmung zu bringen, denn diese Entwicklung (das dem Griechischen und Italischen gemeinsame Lautgesetz nach Rix) muß ja schon sehr alt sein und in eine Zeit zurückreichen, als Laryngale noch vorhanden waren, lange vor dem Uritalischen und Urkeltischen. Ich halte dieses Problem für unüberwindbar. (Es sei denn, die Laryngale hätten sich doch deutlich länger gehalten, als wir bislang annehmen müssen.) Ich bin mir auch nicht ganz sicher, wie ein ausgewiesener Experte für die historische Phonologie des Keltischen und Italischen wie Schrijver dieses Problem, das mich schon seit Jahren beschäftigt, übersehen konnte.

Klar ist jedoch, daß Italisch und Keltisch in der Vorgeschichte (wie auch in der geschichtlichen Zeit) immer wieder eng miteinander in Kontakt waren oder traten, offenbar schon in der uritalischen Zeit; außerdem scheinen beide konservative, randständige Zweige des Indogermanischen zu sein, die schon früh (nach dem Anatolischen und Tocharischen) den Kontakt zum „kernindogermanischen“ Dialektkontinuum verloren haben (manche, teils eher triviale, Übereinstimmungen sind wahrscheinlich Archaismen, etwa die Mediopassivendungen der 3. Person Singular *-tor und Plural *-ntor). Es gibt auch zumindest in Resten erkennbare antike Sprachen, die dem italokeltischen Umkreis zuzuordnen sind – selbst wenn es nie eine uritalokeltische Stufe gab, so bleibt der Begriff „italokeltisch“ in sozusagen arealtypologischer Hinsicht doch hilfreich. --Florian Blaschke (Diskussion) 20:05, 3. Jul. 2024 (CEST)Beantworten