„Semerchet“ – Versionsunterschied

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== Name und Identität ==
== Name und Identität ==
[[Datei:Semerchetfigur.png|miniatur|left|130px|Nebtiname des Semerchet mit einer schwer identifizierbaren Figurdarstellung<ref>Pierre Lacau & Jan-Phillip Lauer: ''La Pyramide a Degrees'' IV. Band. Abb.37</ref>]]
[[Datei:Semerchetfigur.png|miniatur|left|130px|Nebtiname des Semerchet mit einer schwer identifizierbaren Figurdarstellung<ref>Pierre Lacau, Jean-Philippe Lauer: ''La Pyramide a Degrees'' IV. Band. Abb.37</ref>]]
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[[Datei:Abydos Koenigsliste 7.jpg|miniatur|left|130px|Darstellung der geheimnisvollen Figurgestalt in der Königsliste von Abydos<ref>Vergl. [[Königsliste von Abydos (Sethos I.)|Königsliste von Abydos, Kartusche Nr.7]]</ref>]]


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== Regierungszeit ==
== Regierungszeit ==
Semerchet ließ nahezu alle seinem Vorgänger Anedjib geweihten Gefäße sowie [[Siegel|Tonsiegel]] [[Konfiszierung|konfiszieren]] und überschrieb dessen Namen. Der genaue Grund hierfür ist unbekannt, doch führte dies dazu, dass [[Walter Bryan Emery]]<ref>Walter Bryan Emery: ''Ägypten, Geschichte und Kultur der Frühzeit, 3200-2800 v. Chr''. S. 94-95.</ref> [[Wolfgang Helck]],<ref>Wolfgang Helck: ''Untersuchungen zur Thinitenzeit''. S. 101-102, 116-117, 124, 162, 193.</ref> und [[Michael Rice]]<ref name=MiRi>Michael Rice: ''Egypt's making''. S.127.</ref> Semerchet als einen [[Usurpator]] von nicht-königlicher Abstammung betrachten, welcher von Anedijb in der Thronfolge übergangen wurde. Unterstützt wurden die Vermutungen durch das Fehlen von Gräbern hoher Beamter und Priester des Semerchet in Sakkara. Die Namen aller anderen Herrscher seit König [[Aha (König)|Aha]] sind dort inschriftlich in Beamtengräbern belegt.<ref>David O´Connor: ''The ownership of elite-tombs at Saqqara in the Ist dynasty''. In: Zahi A. Hawass u.a.: ''Studies in honor of Ali Radwan'', Band 2. S.223 - 230; Walter Bryan Emery: ''Ägypten, Geschichte und Kultur der Frühzeit, 3200-2800 v. Chr''. S. 95.</ref> Auch die Tatsache, dass Semerchets Name von dessem Nachfolger Qaa von Jubiläumsvasen <small><ref group="A">Mit „Jubiläumsgefäßen“ oder „-vasen“ sind solche gemeint, auf denen das [[Hebsed]]fest als Ideogramm dargestellt ist</ref></small> heruntergekratzt worden war, schien für einen Usurpator zu sprechen.<ref name=MiRi/>
[[Jean-Philippe Lauer]], [[Walter Bryan Emery]]<ref>Walter Bryan Emery: ''Ägypten, Geschichte und Kultur der Frühzeit, 3200-2800 v. Chr''. S. 94-95.</ref> [[Wolfgang Helck]],<ref>Wolfgang Helck: ''Untersuchungen zur Thinitenzeit''. S. 101-102, 116-117, 124, 162, 193.</ref> und [[Michael Rice]]<ref name=MiRi>Michael Rice: ''Egypt's making''. S.127.</ref> äußerten hinsichtlich Semerchets Herrschaft als legitimer Nachfolger von Anedjib Bedenken, da in Semerchets Abydosgrab einige Steingefäße gefunden wurden, die ursprünglich Anedjibs Namen enthielten, die jedoch Semerchet mit seinem Namen überschreiben ließ.<ref name=W79>Toby A. H. Wilkinson: ''Early Dynastic Egypt''. S.&nbsp;79.</ref> Unterstützt wurden die Vermutungen durch das Fehlen von Gräbern hoher Beamter und Priester des Semerchet in Sakkara. Die Namen aller anderen Herrscher seit König [[Aha (König)|Aha]] sind dort inschriftlich in Beamtengräbern belegt.<ref>David O´Connor: ''The ownership of elite-tombs at Saqqara in the Ist dynasty''. In: Zahi A. Hawass u.a.: ''Studies in honor of Ali Radwan'', Band 2. S.223 - 230; Walter Bryan Emery: ''Ägypten, Geschichte und Kultur der Frühzeit, 3200-2800 v. Chr''. S. 95.</ref> Auch die Tatsache, dass Semerchets Name von dessen Nachfolger Qaa von Jubiläumsvasen <small><ref group="A">Mit „Jubiläumsgefäßen“ oder „-vasen“ sind solche gemeint, auf denen das [[Sedfest]] als Ideogramm dargestellt ist</ref></small> heruntergekratzt worden war, schien für einen [[Usurpator]] zu sprechen.<ref name=MiRi/>


Heute wird diese These nicht mehr so stark vertreten. Gegen einen Usurpator sprechen laut [[Toby Wilkinson]] und [[Jean-Philippe Lauer]] zahlreiche Steingefäße aus den unterirdischen Galerien der [[Djoser-Pyramide]] und aus dem Grab des Königs Qaa. Auf ihnen sind die Geburts- beziehungsweise Nebtinamen der Könige [[Den (König)|Den]], Anedjib, Semerchet und Qaa in der stets gleichen Reihenfolge eingraviert, was gegen eine dynastische Unterbrechung in der Thronfolge spricht.<ref name=W81>Toby A. H. Wilkinson: ''Early Dynastic Egypt''. S. 79 - 81.</ref> Außerdem ließ Semerchet nicht nur Anedjibs Gefäße überschreiben. [[Iorwerth Eiddon Stephen Edwards|I. E. S. Edwards]] und [[Winifried Needler]] machen zusätzlich darauf aufmerksam, dass sich in seinem Grab daneben auch Gefäße fanden, die aus den ursprünglichen Besitztümern der Königin [[Meritneith]] und des Königs Den stammen und von Semerchet überschrieben worden waren.<ref name=IESE/> Dass aus Semerchets Regierungszeit keine Beamtengräber erhalten sind, liegt laut Toby Wilkinson, Günter Dreyer und Jeoffrey Spencer vermutlich daran, dass Semerchet gemäß zeitgenössischen und späteren Quellen nur wenige Jahre regierte und wohl einige Beamte überlebt hatten. Als ein Beispiel dafür wäre der Beamte [[Henuka]] zu nennen, der auf Elfenbeinetiketten der Könige Semerchet und Qaa erscheint.<ref name=W81/><ref>Günter Dreyer: ''Umm el-Qaab I''. S.85 - 87.</ref>
[[Toby Wilkinson]] verneint die „Usurpator-Thesen“, da auf Steingefäßen der [[Djoser-Pyramide]] und aus dem Grab des Königs Qaa die Namen der Könige [[Den (König)|Den]], Anedjib, Semerchet und Qaa eingraviert sind. Zumindest aus der Sicht von Semerchets Nachfolgern lag demnach eine normale Rangfolge vor.<ref name=W79/> Außerdem ließ Semerchet nicht nur Anedjibs Gefäße überschreiben. [[Iorwerth Eiddon Stephen Edwards|I. E. S. Edwards]] und [[Winifried Needler]] machen zusätzlich darauf aufmerksam, dass sich in seinem Grab daneben auch Gefäße fanden, die aus den ursprünglichen Besitztümern der Königin [[Meritneith]] und des Königs Den stammen und von Semerchet überschrieben worden waren.<ref name=IESE/> Dass aus Semerchets Regierungszeit keine Beamtengräber erhalten sind, liegt vermutlich daran, dass Semerchet gemäß zeitgenössischen und späteren Quellen nur wenige Jahre regierte. Der bislang einzig belegte Beamte [[Henuka]] hatte offenbar seinen Herrn überlebt und war möglicherweise auch unter Qaa tätig, da Henukas Name auf Jahrestäfelchen beider Könige erwähnt wird.<ref>Toby A. H. Wilkinson: ''Early Dynastic Egypt''. S.&nbsp;80 mit zusätzlichem Verweis auf Günter Dreyer: ''Umm el-Qaab&nbsp;I''. S.&nbsp;85-87.</ref>


Qaa sah Semerchet offenbar als einen legitimen Vorgänger, denn Elfenbeinetiketten, welche im Eingangsbereich von Semerchets Grab gefunden wurden, zeigen die Königsfigur des Qaa, wie er Semerchet Gedenkopfer bringt und das Grab segnen lässt. Gemäß Toby Wilkinson und Günter Dreyer stärken diese Jahrestäfelchen die Zweifel an einer Usurpierung unter Semerchet.<ref name=W81/> Auch gehen die Namensauskratzungen seitens Qaa nicht über die gewohnten Ausmaße hinaus und beschränken sich weitestgehend auf die Jubiläumsgefäße. Das Phänomen der Austilgung von Vorgängernamen zieht sich außerdem quer durch die gesamten [[Frühdynastische Zeit (Ägypten)|frühen Dynastien]].<ref name=WHG/>
Qaa sah Semerchet offenbar als einen legitimen Vorgänger, denn Elfenbeinetiketten, welche im Eingangsbereich von Semerchets Grab gefunden wurden, zeigen die Königsfigur des Qaa, wie er Semerchet Gedenkopfer bringt und das Grab segnen lässt. Gemäß Toby Wilkinson und Günter Dreyer stärken diese Jahrestäfelchen die Zweifel an einer Usurpierung unter Semerchet.<ref name=W81/> Auch gehen die Namensauskratzungen seitens Qaa nicht über die gewohnten Ausmaße hinaus und beschränken sich weitestgehend auf die Jubiläumsgefäße. Das Phänomen der Austilgung von Vorgängernamen zieht sich außerdem quer durch die gesamten [[Frühdynastische Zeit (Ägypten)|frühen Dynastien]].<ref name=WHG/>
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== Rezeption ==
== Rezeption ==
In der [[Königsliste von Sakkara]] aus dem Grab des Priesters Tjuneroy ([[19. Dynastie]]) werden aus der 1. Dynastie nur die Könige Anedjib und Qaa aufgelistet. Sie werden dort unter ihren (hier leicht verzerrten) Geburts- beziehungsweise Nebtinamen aufgeführt. Alle anderen Herrscher dieser Zeit aber, somit auch Semerchet, werden ausgelassen. Walter Bryan Emery zum Beispiel sieht den Grund hierfür darin, dass Anedjib und Qaa die einzigen Könige sind, deren Souveränität von [[Unterägypten]] anerkannt wurde. Damit waren sie als Herrscher über [[Memphis (Ägypten)|Memphis]] bestätigt. Und die Sakkara-Liste entspricht rein memphitischen Traditionen. Die Königsliste von Abydos und die [[Königsliste von Karnak]] hingegen wiederspiegeln [[Thinis|thinitische]] Traditionen und führen deshalb alle Herrscher der 1. Dynastie auf.<ref> W. B. Emery: Walter Bryan Emery: ''Ägypten, Geschichte und Kultur der Frühzeit, 3200-2800 v. Chr''. S. 19.</ref>
In der [[Königsliste von Sakkara]] aus dem Grab des Priesters Tjuneroy ([[19. Dynastie]]) werden aus der 1. Dynastie nur die Könige Anedjib und Qaa aufgelistet. Sie werden dort unter ihren (hier leicht verzerrten) Geburts- beziehungsweise Nebtinamen aufgeführt. Alle anderen Herrscher dieser Zeit aber, somit auch Semerchet, werden ausgelassen. Walter Bryan Emery zum Beispiel sieht den Grund hierfür darin, dass Anedjib und Qaa die einzigen Könige sind, deren Souveränität von [[Unterägypten]] anerkannt wurde. Damit waren sie als Herrscher über [[Memphis (Ägypten)|Memphis]] bestätigt. Und die Sakkara-Liste entspricht rein memphitischen Traditionen. Die Königsliste von Abydos und die [[Königsliste von Karnak]] hingegen widerspiegeln [[Thinis|thinitische]] Traditionen und führen deshalb alle Herrscher der 1. Dynastie auf.<ref> W. B. Emery: Walter Bryan Emery: ''Ägypten, Geschichte und Kultur der Frühzeit, 3200-2800 v. Chr''. S. 19.</ref>


In den [[Aegyptiaca (Manetho)|Aegyptiaca]] des Historikers [[Manetho]] wird in diversen Abschriften bezüglich Semerchet behauptet, unter diesem habe es "ein großes Unheil" (so [[Sextus Iulius Africanus|Africanus]]), beziehungsweise "viele Geschehnisse und ein sehr großes Unglück" (so [[Eusebius von Caesarea|Eusebius]]) gegeben. In der [[Armenien|armenischen]] Version von Eusebius ist von einer "großen Pestilenz" die Rede.<ref>William Gillian Waddell: ''Manetho (The Loeb classical Library 350)''. S.65 - 69.</ref> Interessanterweise liefert der Palermostein tatsächlich Hinweise auf ungewöhnliche Vorkommnisse: Im ersten Regierungsjahr nach der Krönung wird die ''Zerstörung der beiden Länder'' beschrieben. Leider gehen weder die Aegyptiacae noch der Palermostein näher auf die Umstände des Ereignisses ein, sodass vorerst unbekannt bleibt, welches „Unglück“ Ägypten ereilt haben könnte.<ref name=S71/>
In den [[Aegyptiaca (Manetho)|Aegyptiaca]] des Historikers [[Manetho]] wird in diversen Abschriften bezüglich Semerchet behauptet, unter diesem habe es "ein großes Unheil" (so [[Sextus Iulius Africanus|Africanus]]), beziehungsweise "viele Geschehnisse und ein sehr großes Unglück" (so [[Eusebius von Caesarea|Eusebius]]) gegeben. In der [[Armenien|armenischen]] Version von Eusebius ist von einer "großen Pestilenz" die Rede.<ref>William Gillian Waddell: ''Manetho (The Loeb classical Library 350)''. S.65 - 69.</ref> Interessanterweise liefert der Palermostein tatsächlich Hinweise auf ungewöhnliche Vorkommnisse: Im ersten Regierungsjahr nach der Krönung wird die ''Zerstörung der beiden Länder'' beschrieben. Leider gehen weder die Aegyptiacae noch der Palermostein näher auf die Umstände des Ereignisses ein, sodass vorerst unbekannt bleibt, welches „Unglück“ Ägypten ereilt haben könnte.<ref name=S71/>


== Grabstätte ==
== Grabstätte ==
[[Datei:SemerkhetIvoryLabel-BritishMuseum-August19-08.jpg|thumb|[[Elfenbein]]etikett des Semerchet. Gut zu erkennen: Der Nebtiname ''Semset'']]
[[Datei:SemerkhetIvoryLabel-BritishMuseum-August19-08.jpg|miniatur|[[Elfenbein]]etikett des Semerchet. Gut zu erkennen: Der Nebtiname ''Semset'']]


Das in [[Umm el-Qaab]] (nahe [[Abydos (Ägypten)|Abydos]]) gelegene Grab „U“ gilt als Semerchets Bestattungsort. Es misst 29,2 x 20,8 Meter und ist von sehr einfacher Struktur.<ref name=WBE/> Dennoch weist es eine interessante Weiterentwicklung auf: Die [[Nebenbestattungen|Nebengräber]] sind nun räumlich direkt an das Königsgrab angebaut. Das ist bedeutsam, denn das bestätigte [[Flinders Petrie]], Walter Bryan Emery und Toby Wilkinson in ihren Ansichten, dass der ebenerdig gelegene Oberbau ([[Mastaba]]) nun die gesamte Grabanlage unter sich verbarg. Darin sieht die Forschung einen Beweis dafür, dass die engste Diener- und Verwandschaft fast zur selben Zeit verstarb wie der Herrscher.<ref>Toby A. H. Wilkinson: ''Early Dynastic Egypt''. S. 237.</ref> Als Flinders Petrie das Grab 1912 freilegte, entdeckte er anstatt einer Treppe, wie noch unter König [[Den (König)|Den]] feststellbar, eine schlichte Rampe, die in die Kammern hinabführte. Die Rampe war noch zur Zeit der Ausgrabungen mit [[aroma]]tischem Öl bedeckt, dessen Duft die gesamten Grabräume durchdrungen haben soll.<ref>Ian Shaw: ''The Oxford history of ancient Egypt''. S.69.</ref> In den Grabräumen fanden sich Behälter aus [[Keramik]] und Stein sowie Krugsiegel. Des Weiteren zahlreiche Einlagen und Möbelfragmente (zum Beispiel Standfüße), dekorierte Kästchenteile, Kupferbeschläge, Werkzeuge und Schmuck.<ref>Dreyer, A. Effland, U. Effland, Engel, Hartmann, Hartung, Lacher, Müller, Pokorny: ''Excarvations in the tomb of Semerkhet''. In: ''Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Institut Kairo'' 62. von Zabern, Mainz 2006, S.95 - 96.</ref> Nahe der Grabanlage entdeckte man eine [[Stele]] aus schwarzem [[Quarzit]]-[[Schiefer]], auf ihrer Vorderseite ist der Horusname des Königs eingraviert.<ref name=WBE>Walter Bryan Emery: ''Ägypten, Geschichte und Kultur der Frühzeit, 3200-2800 v. Chr''. S. 95ff.</ref> Im Grab wurden außerdem rund zehn Gefäße entdeckt, die ursprünglich aus [[Syrien]] und [[Palästina (Region)|Palästina]] stammten, was einen regen und erfolgreichen Handel mit diesem Land erkennen lässt.<ref name=W81/>
Das in [[Umm el-Qaab]] (nahe [[Abydos (Ägypten)|Abydos]]) gelegene Grab „U“ gilt als Semerchets Bestattungsort. Es misst 29,2&nbsp;×&nbsp;20,8&nbsp; und ist von sehr einfacher Struktur.<ref name=WBE/> Dennoch weist es eine interessante Weiterentwicklung auf: Die [[Nebenbestattungen|Nebengräber]] sind nun räumlich direkt an das Königsgrab angebaut. Das ist bedeutsam, denn das bestätigte [[Flinders Petrie]], Walter Bryan Emery und Toby Wilkinson in ihren Ansichten, dass der ebenerdig gelegene Oberbau ([[Mastaba]]) nun die gesamte Grabanlage unter sich verbarg. Darin sieht die Forschung einen Beweis dafür, dass die engste Diener- und Verwandtschaft fast zur selben Zeit verstarb wie der Herrscher.<ref>Toby A. H. Wilkinson: ''Early Dynastic Egypt''. S. 237.</ref> Als Flinders Petrie das Grab 1912 freilegte, entdeckte er anstatt einer Treppe, wie noch unter König [[Den (König)|Den]] feststellbar, eine schlichte Rampe, die in die Kammern hinabführte. Die Rampe war noch zur Zeit der Ausgrabungen mit [[aroma]]tischem Öl bedeckt, dessen Duft die gesamten Grabräume durchdrungen haben soll.<ref>Ian Shaw: ''The Oxford history of ancient Egypt''. S.69.</ref> In den Grabräumen fanden sich Behälter aus [[Keramik]] und Stein sowie Krugsiegel. Des Weiteren zahlreiche Einlagen und Möbelfragmente (zum Beispiel Standfüße), dekorierte Kästchenteile, Kupferbeschläge, Werkzeuge und Schmuck.<ref>Dreyer, A. Effland, U. Effland, Engel, Hartmann, Hartung, Lacher, Müller, Pokorny: ''Excavations in the tomb of Semerkhet''. In: ''Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Institut Kairo'' 62. von Zabern, Mainz 2006, S.95 - 96.</ref> Nahe der Grabanlage entdeckte man eine [[Stele]] aus schwarzem [[Quarzit]]-[[Schiefer]], auf ihrer Vorderseite ist der Horusname des Königs eingraviert.<ref name=WBE>Walter Bryan Emery: ''Ägypten, Geschichte und Kultur der Frühzeit, 3200-2800 v. Chr''. S. 95ff.</ref> Im Grab wurden außerdem rund zehn Gefäße entdeckt, die ursprünglich aus [[Retjenu]] stammten.<ref name=W81/>


Semerchets Grabanlage war von 69 Nebengräbern seines Gefolges umgeben. Die Tradition, dass die engste Diener- und Verwandtschaft ihrem Herrscher in den Tod folgen musste, endete erst unter König Qaa.<ref name=S71/>
Semerchets Grabanlage war von 69 Nebengräbern seines Gefolges umgeben. Die Tradition, dass die engste Diener- und Verwandtschaft ihrem Herrscher in den Tod folgen musste, fand letztmals unter König Qaa, gegen Ende der ersten Dynastie, Anwendung.<ref name=S71/>


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Iorwerth Eiddon Stephen Edwards]]: ''Early history of the Middle East (The Cambridge ancient History; Vol. 1, Pt. 2)''. Cambridge University Press, Cambridge 2006, ISBN 0-521-07791-5
* [[Jürgen von Beckerath]]: ''Handbuch der Ägyptischen Königsnamen''. Deutscher Kunstverlag, Berlin, ISBN 3422008322
* [[Thomas Schneider (Ägyptologe)|Thomas Schneider]]: ''Lexikon der Pharaonen''. Albatros, Düsseldorf 2002, ISBN 3491960533
* Hermann Alexander Schlögl: ''Das alte Ägypten''. Beck, München 2008, ISBN 3-406-48005-5
* Toby A. H. Wilkinson: ''Early Dynastic Egypt''. Routledge, London 1998, ISBN 0415260116
* Walter Bryan Emery: ''Ägypten, Geschichte und Kultur der Frühzeit, 3200-2800 v. Chr''. Fourier, Wiesbaden 1964, ISBN 0-415-18633-1
* Walter Bryan Emery: ''Ägypten, Geschichte und Kultur der Frühzeit, 3200-2800 v. Chr''. Fourier, Wiesbaden 1964, ISBN 0-415-18633-1
* Rainer Hannig: ''Grosses Handwörterbuch ägyptisch-deutsch (2800-950 v. Chr.) - Die Sprache der Pharaonen''. von Zabern, Mainz 2006, ISBN 3805317719
* Zahi A. Hawass, Ali Radwan, Khaled Abdalla Daoud, Shafia Bedier, Sawsan ʻAbd el-Fattah: ''Studies in honor of Ali Radwan'', Band 2. Conseil Suprême des Antiquités de l'Égypte, Kairo 2005, ISBN 9773058263
* Zahi A. Hawass, Lyla Pinch Brock: ''Egyptology at the Dawn of the Twenty-first Century: History & religion.'' University Press, Kairo 2003, ISBN 9774247140
* Wolfgang Helck: ''Untersuchungen zur Thinitenzeit''. Harrassowitz, Wiesbaden 1987, ISBN 3-447-02677-4
* Wolfgang Helck: ''Untersuchungen zur Thinitenzeit''. Harrassowitz, Wiesbaden 1987, ISBN 3-447-02677-4
* Jürgen von Beckerath: ''Chronologie des pharaonischen Ägypten''. von Zabern, Mainz 1997, ISBN 3805323107
* William Gillian Waddell: ''Manetho (The Loeb classical Library 350)''. Harvard University Press, Cambridge (Mass.) 2004 (Reprint), ISBN 0-674-99385-3
* Iowerth E. S. Erdwards: ''The Cambridge ancient history''. Cambridge 2000, ISBN 0521077915
* Michael Rice: ''Who's who in ancient Egypt''. Routledge, London 1999, ISBN 0415154480
* Stan Hendrickx, Barbara Adams: ''Egypt at its origins - Studies in memory of Barbara Adams''. Peeters Publishers, Leuven 2004, ISBN 9042914696
* Stan Hendrickx, Barbara Adams: ''Egypt at its origins - Studies in memory of Barbara Adams''. Peeters Publishers, Leuven 2004, ISBN 9042914696
* Zahi A. Hawass, Lyla Pinch Brock: ''Egyptology at the Dawn of the Twenty-first Century: History & religion.'' University Press, Kairo 2003, ISBN 9774247140
* Karl Richard Lepsius, U. Gumpach, Th. H. Martin: ''Zwei chronologische Abhandlungen: "Ueber den Apiskreis" von Prof. R. Lepsius''. Bangel & Schmitt, 1854
* Karl Richard Lepsius, U. Gumpach, Th. H. Martin: ''Zwei chronologische Abhandlungen: "Ueber den Apiskreis" von Prof. R. Lepsius''. Bangel & Schmitt, 1854
* Michael Rice: ''Who's who in ancient Egypt''. Routledge, London 1999, ISBN 0415154480
* Rainer Hannig: ''Grosses Handwörterbuch ägyptisch-deutsch (2800-950 v. Chr.) - Die Sprache der Pharaonen''. von Zabern, Mainz 2006, ISBN 3805317719
* Zahi A. Hawass, Ali Radwan, Khaled Abdalla Daoud, Shafia Bedier, Sawsan ʻAbd el-Fattah: ''Studies in honor of Ali Radwan'', Band 2. Conseil Suprême des Antiquités de l'Égypte, Kairo 2005, ISBN 9773058263
* Michael Rice: ''Egypt's making: the origins of ancient Egypt, 5000-2000 BC.'' Taylor & Francis, London/New York 1990, ISBN 0415050928
* Michael Rice: ''Egypt's making: the origins of ancient Egypt, 5000-2000 BC.'' Taylor & Francis, London/New York 1990, ISBN 0415050928
* [[Thomas Schneider (Ägyptologe)|Thomas Schneider]]: ''Lexikon der Pharaonen''. Albatros, Düsseldorf 2002, ISBN 3491960533
* Hermann Alexander Schlögl: ''Das alte Ägypten''. Beck, München 2008, ISBN 3-406-48005-5
* [[Jürgen von Beckerath]]: ''Handbuch der Ägyptischen Königsnamen''. Deutscher Kunstverlag, Berlin, ISBN 3422008322
* Jürgen von Beckerath: ''Chronologie des pharaonischen Ägypten''. von Zabern, Mainz 1997, ISBN 3805323107
* William Gillian Waddell: ''Manetho (The Loeb classical Library 350)''. Harvard University Press, Cambridge (Mass.) 2004 (Reprint), ISBN 0-674-99385-3
* Toby A. H. Wilkinson: ''Early Dynastic Egypt''. Routledge, London 1998, ISBN 0415260116


== Weblinks ==
== Weblinks ==
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[[Kategorie:Gestorben im 29. Jahrhundert v. Chr.]]
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Version vom 15. Januar 2010, 11:50 Uhr

Namen von Semerchet
Horusname des Semerchet auf einem
Gefäßbruchstück aus seinem Grab bei Abydos.
Horusname
G5
S29 U23
F32
Semer-chet
Vorlage:Unicode
Vortrefflicher der Götterschaft [1]
Nebtiname
G16
A21
Iri-Nebti / Semset-Nebti
Smst-nbtj
Hüter der Beiden Herrinnen /
Gefährte der Beiden Herrinnen [2][1][3][4]
Eigenname
M23
X1
L2
X1
A21

Iri / Semset
Jrj / Smst
Hüter der Göttlichen [3][4] /
Der Gefährte [2][1]
Königspapyrus Turin (Nr.II./18)
V10AS29G17S29G17V11AG7
[5]
Sem-Sem
Smsm
Ältester (des Horus) [6]
Königsliste von Abydos (Sethos I.)
?
(unbekannt)
Griechisch Manetho-Varianten:


bei Eratosthenes:
Africanus: Semempses [A 1]
Eusebius: Semempses [A 1]
Eusebius, AV: Mempses [A 1]

Sempsos[7]

Semerchet (eigentlich Hor-semer-chet) war der siebte altägyptische König (Pharao) der 1. Dynastie (Frühdynastische Zeit), der in einer rund achtjährigen Regentschaft von etwa 2861 bis 2853 v. Chr. herrschte.[8]

Für die Ägyptologie haben sich Fragen und Diskussionen zu Semerchets Namen und seiner familiären Position ergeben, da Auswertung und Deutung zu beidem problematisch ist. Seine vergleichsweise kurze Regierungszeit hat ebenfalls Fragen aufgeworfen, da es unter Semerchets Herrschaft Neuerungen und wichtige Ereignisse gegeben hat. Spätere Quellen weisen außerdem auf eine Katastrophe während seiner Regierungszeit hin.

Name und Identität

Datei:Semerchetfigur.png
Nebtiname des Semerchet mit einer schwer identifizierbaren Figurdarstellung[9]
Darstellung der geheimnisvollen Figurgestalt in der Königsliste von Abydos[10]

Sowohl Horusname als auch Geburts- und Nebtiname des Semerchet sind Gegenstand von Diskussionen und Interpretationen. Besonders aber Geburts- und Nebtiname geben Rätsel auf. Grund hierfür ist die Darstellung eines Mannes in schreitender Pose mit Nemes-Kopftuch, Königsbart und vorspringendem Schurz; die Figur hält einen langen Stab hoch. Bei allen bekannten Darstellungen auf Steingefäßen und Elfenbeinetiketten ist die Ausführung jedoch derart nachlässig, dass nicht mehr genau bestimmbar ist, welches Hieroglyphenzeichen hier tatsächlich zur Verwendung kam.[3] Die ursprüngliche Lesung und Deutung bleibt daher unklar. Im Falle der Königsliste von Abydos wurde das Ideogramm ohne Lautwert in die Königsliste übernommen.[11] Dieselbe Gestalt erscheint in späterer Zeit in Zusammenhang mit dem Butischen Begräbnis mit der Beischrift Iri-Netjer.[12]

Da die hieroglyphische Darstellung teilweise als Bezeichnung eines Priesters betrachtet wird, könnte sie möglicherweise auf eine Karriere des Semerchet als Priester vor seinem Regierungsantritt verweisen.[1] Hermann Alexander Schlögl, I. E. S. Edwards und Nicolas Grimal schlagen eine Lesung als Semset vor, was sie mit Der Gefährte übersetzen. Toby Wilkinson, Steven Quirke und Günter Dreyer lesen dagegen die Figur als Iri-Nebti beziehungsweise als Iri-Netjeru (Hüter der beiden Herrinnen/der Göttlichen).[3][4] Im Turiner Königspapyrus findet sich als Nennung für Semerchet der Name Semsem.[3]

Semerchet ist der erste frühägyptische König, von dem ein Nebtiname direkt nachweisbar ist. Er bezog sich dabei sowohl auf die Kronengöttin Nechbet aus Nechen als auch auf die Schlangengöttin Wadjet aus Buto, die beide als beschirmende Gottheiten des Königs galten. Zu dieser Zeit gab es den Nebtinamen nur als Zusatztitel, der an den Thronnamen geknüpft und somit kein separater Bestandteil der späteren kleinen und großen Königstitulatur war. Erst im weiteren Verlauf des Alten Reiches teilte sich die Namensverbindung in die zwei bekannten Einzeltitel.[2] Auffällig ist, dass Semerchet den von seinem Vorgänger, König Anedjib neu eingeführten Titel „Die Beiden Herren“ (nbwj) offenbar missbilligte und stattdessen den Nesut-Titel und den Nebti-Namen zusammenführte.[3]

Über die Familie des Semerchet ist nichts Konkretes bekannt. Der Kairostein nennt eine Dame namens Bati-rest als Mutter von Semerchet, welche somit vermutlich die Gemahlin von König Anedjib war. Der Name der Gemahlin des Semerchet hingegen konnte bislang nicht ausfindig gemacht werden.[13] Hermann Alexander Schlögl sieht in Semerchet einen jüngeren Bruder des Anedjib, was aber den Eintragungen auf dem Kairostein widersprechen würde und in der Forschung wenig Anklang findet.[2] Als ein potentieller Sohn des Semerchet wird König Qaa in Betracht gezogen,[14] andere wiederum halten Qaa für einen Sohn des Anedjib.[2]

Regierungszeit

Jean-Philippe Lauer, Walter Bryan Emery[15] Wolfgang Helck,[16] und Michael Rice[17] äußerten hinsichtlich Semerchets Herrschaft als legitimer Nachfolger von Anedjib Bedenken, da in Semerchets Abydosgrab einige Steingefäße gefunden wurden, die ursprünglich Anedjibs Namen enthielten, die jedoch Semerchet mit seinem Namen überschreiben ließ.[18] Unterstützt wurden die Vermutungen durch das Fehlen von Gräbern hoher Beamter und Priester des Semerchet in Sakkara. Die Namen aller anderen Herrscher seit König Aha sind dort inschriftlich in Beamtengräbern belegt.[19] Auch die Tatsache, dass Semerchets Name von dessen Nachfolger Qaa von Jubiläumsvasen [A 2] heruntergekratzt worden war, schien für einen Usurpator zu sprechen.[17]

Toby Wilkinson verneint die „Usurpator-Thesen“, da auf Steingefäßen der Djoser-Pyramide und aus dem Grab des Königs Qaa die Namen der Könige Den, Anedjib, Semerchet und Qaa eingraviert sind. Zumindest aus der Sicht von Semerchets Nachfolgern lag demnach eine normale Rangfolge vor.[18] Außerdem ließ Semerchet nicht nur Anedjibs Gefäße überschreiben. I. E. S. Edwards und Winifried Needler machen zusätzlich darauf aufmerksam, dass sich in seinem Grab daneben auch Gefäße fanden, die aus den ursprünglichen Besitztümern der Königin Meritneith und des Königs Den stammen und von Semerchet überschrieben worden waren.[3] Dass aus Semerchets Regierungszeit keine Beamtengräber erhalten sind, liegt vermutlich daran, dass Semerchet gemäß zeitgenössischen und späteren Quellen nur wenige Jahre regierte. Der bislang einzig belegte Beamte Henuka hatte offenbar seinen Herrn überlebt und war möglicherweise auch unter Qaa tätig, da Henukas Name auf Jahrestäfelchen beider Könige erwähnt wird.[20]

Qaa sah Semerchet offenbar als einen legitimen Vorgänger, denn Elfenbeinetiketten, welche im Eingangsbereich von Semerchets Grab gefunden wurden, zeigen die Königsfigur des Qaa, wie er Semerchet Gedenkopfer bringt und das Grab segnen lässt. Gemäß Toby Wilkinson und Günter Dreyer stärken diese Jahrestäfelchen die Zweifel an einer Usurpierung unter Semerchet.[4] Auch gehen die Namensauskratzungen seitens Qaa nicht über die gewohnten Ausmaße hinaus und beschränken sich weitestgehend auf die Jubiläumsgefäße. Das Phänomen der Austilgung von Vorgängernamen zieht sich außerdem quer durch die gesamten frühen Dynastien.[12]

Eine aus dem Wadi Maghara stammende Inschrift, die ein Sohn von Semerchet dort anbrachte, nennt eine Expedition im Auftrag von Semerchet in den Sinai. Die Inschrift untermauert Erwähnungen auf Elfenbeinetiketten, wonach Expeditionen nach Palästina ausgesandt wurden, um Semerchet kostbares Bescha-Öl und begehrtes Zedernholz zu beschaffen.[4]

Inschriften auf Tonsiegeln belegen die Errichtung neuer königlicher Residenzen, wie zum Beispiel Hor-ib-Netjeru (Horus, der Abgeschirmte der Götter).[2] Ein weiteres Tonsiegel nennt die Domäne Hor-djeser-chet.[21] Interessant ist die Aufschrift Hut-Iptiu (Haus der Harems), die auf eine Domäne aus dem Haushalt der Gemahlin des Semerkhet hinweist: Das ägyptische Wort Ipet bedeutet „Harem“ .[22] Auf zwei Jahrestäfelchen ist die alle zwei Jahre stattfindende Steuererhebung in Verbindung mit dem Horusgeleit vermerkt. Aus weiteren Einträgen geht das einmalig gefeierte Sokarfest sowie ein Kultfest für die Ahnengottheit Der große Weiße hervor.[2]

Die teilweise zerstörten Einträge auf dem Palermostein nennen den Anfang und das Ende seiner gut achtjährigen Regierungsdauer:

Jahr [A 3] Ereignisse [2]
Krönungsjahr Erscheinen des Königs von Ober- und Unterägypten. Vereinigung der beiden Länder.
1. Jahr Horusgeleit. Zerstörung von Ober- und Unterägypten.
2. Jahr Erscheinen des Königs von Oberägypten. Geburt (Erstellen der Statuen) von Seschat und Sed (Die Ägypter stellten die Gottheit Sed in Canidenform dar; er war wahrscheinlich Namensgeber des Sedfestes).
3. Jahr Horusgeleit... (Rest zerstört).
4. Jahr Erscheinen des Königs von Oberägypten. Geburt von... (Rest zerstört; wahrscheinlich wieder Herstellung einer Statue).
5. Jahr Horusgeleit... (Rest zerstört).
6. Jahr Erscheinen des Königs von Oberägypten... (Rest zerstört).
7. Jahr Horusgeleit... (Rest zerstört).
8. Jahr Erscheinen des Königs von Oberägypten. Geburt von... (Rest zerstört; wahrscheinlich wieder Herstellung einer Statue).

Im Wadi Maghara auf der Halbinsel Sinai befindet sich das Felsrelief des Königs Hor-Sechemchet aus der 3. Dynastie, das bis zur Entdeckung der Grabstätte des Sechemchet fälschlicherweise König Semerchet zugesprochen wurde.[23]

Rezeption

In der Königsliste von Sakkara aus dem Grab des Priesters Tjuneroy (19. Dynastie) werden aus der 1. Dynastie nur die Könige Anedjib und Qaa aufgelistet. Sie werden dort unter ihren (hier leicht verzerrten) Geburts- beziehungsweise Nebtinamen aufgeführt. Alle anderen Herrscher dieser Zeit aber, somit auch Semerchet, werden ausgelassen. Walter Bryan Emery zum Beispiel sieht den Grund hierfür darin, dass Anedjib und Qaa die einzigen Könige sind, deren Souveränität von Unterägypten anerkannt wurde. Damit waren sie als Herrscher über Memphis bestätigt. Und die Sakkara-Liste entspricht rein memphitischen Traditionen. Die Königsliste von Abydos und die Königsliste von Karnak hingegen widerspiegeln thinitische Traditionen und führen deshalb alle Herrscher der 1. Dynastie auf.[24]

In den Aegyptiaca des Historikers Manetho wird in diversen Abschriften bezüglich Semerchet behauptet, unter diesem habe es "ein großes Unheil" (so Africanus), beziehungsweise "viele Geschehnisse und ein sehr großes Unglück" (so Eusebius) gegeben. In der armenischen Version von Eusebius ist von einer "großen Pestilenz" die Rede.[25] Interessanterweise liefert der Palermostein tatsächlich Hinweise auf ungewöhnliche Vorkommnisse: Im ersten Regierungsjahr nach der Krönung wird die Zerstörung der beiden Länder beschrieben. Leider gehen weder die Aegyptiacae noch der Palermostein näher auf die Umstände des Ereignisses ein, sodass vorerst unbekannt bleibt, welches „Unglück“ Ägypten ereilt haben könnte.[2]

Grabstätte

Elfenbeinetikett des Semerchet. Gut zu erkennen: Der Nebtiname Semset

Das in Umm el-Qaab (nahe Abydos) gelegene Grab „U“ gilt als Semerchets Bestattungsort. Es misst 29,2 × 20,8  und ist von sehr einfacher Struktur.[26] Dennoch weist es eine interessante Weiterentwicklung auf: Die Nebengräber sind nun räumlich direkt an das Königsgrab angebaut. Das ist bedeutsam, denn das bestätigte Flinders Petrie, Walter Bryan Emery und Toby Wilkinson in ihren Ansichten, dass der ebenerdig gelegene Oberbau (Mastaba) nun die gesamte Grabanlage unter sich verbarg. Darin sieht die Forschung einen Beweis dafür, dass die engste Diener- und Verwandtschaft fast zur selben Zeit verstarb wie der Herrscher.[27] Als Flinders Petrie das Grab 1912 freilegte, entdeckte er anstatt einer Treppe, wie noch unter König Den feststellbar, eine schlichte Rampe, die in die Kammern hinabführte. Die Rampe war noch zur Zeit der Ausgrabungen mit aromatischem Öl bedeckt, dessen Duft die gesamten Grabräume durchdrungen haben soll.[28] In den Grabräumen fanden sich Behälter aus Keramik und Stein sowie Krugsiegel. Des Weiteren zahlreiche Einlagen und Möbelfragmente (zum Beispiel Standfüße), dekorierte Kästchenteile, Kupferbeschläge, Werkzeuge und Schmuck.[29] Nahe der Grabanlage entdeckte man eine Stele aus schwarzem Quarzit-Schiefer, auf ihrer Vorderseite ist der Horusname des Königs eingraviert.[26] Im Grab wurden außerdem rund zehn Gefäße entdeckt, die ursprünglich aus Retjenu stammten.[4]

Semerchets Grabanlage war von 69 Nebengräbern seines Gefolges umgeben. Die Tradition, dass die engste Diener- und Verwandtschaft ihrem Herrscher in den Tod folgen musste, fand letztmals unter König Qaa, gegen Ende der ersten Dynastie, Anwendung.[2]

Literatur

  • Iorwerth Eiddon Stephen Edwards: Early history of the Middle East (The Cambridge ancient History; Vol. 1, Pt. 2). Cambridge University Press, Cambridge 2006, ISBN 0-521-07791-5
  • Walter Bryan Emery: Ägypten, Geschichte und Kultur der Frühzeit, 3200-2800 v. Chr. Fourier, Wiesbaden 1964, ISBN 0-415-18633-1
  • Rainer Hannig: Grosses Handwörterbuch ägyptisch-deutsch (2800-950 v. Chr.) - Die Sprache der Pharaonen. von Zabern, Mainz 2006, ISBN 3805317719
  • Zahi A. Hawass, Ali Radwan, Khaled Abdalla Daoud, Shafia Bedier, Sawsan ʻAbd el-Fattah: Studies in honor of Ali Radwan, Band 2. Conseil Suprême des Antiquités de l'Égypte, Kairo 2005, ISBN 9773058263
  • Zahi A. Hawass, Lyla Pinch Brock: Egyptology at the Dawn of the Twenty-first Century: History & religion. University Press, Kairo 2003, ISBN 9774247140
  • Wolfgang Helck: Untersuchungen zur Thinitenzeit. Harrassowitz, Wiesbaden 1987, ISBN 3-447-02677-4
  • Stan Hendrickx, Barbara Adams: Egypt at its origins - Studies in memory of Barbara Adams. Peeters Publishers, Leuven 2004, ISBN 9042914696
  • Karl Richard Lepsius, U. Gumpach, Th. H. Martin: Zwei chronologische Abhandlungen: "Ueber den Apiskreis" von Prof. R. Lepsius. Bangel & Schmitt, 1854
  • Michael Rice: Who's who in ancient Egypt. Routledge, London 1999, ISBN 0415154480
  • Michael Rice: Egypt's making: the origins of ancient Egypt, 5000-2000 BC. Taylor & Francis, London/New York 1990, ISBN 0415050928
  • Thomas Schneider: Lexikon der Pharaonen. Albatros, Düsseldorf 2002, ISBN 3491960533
  • Hermann Alexander Schlögl: Das alte Ägypten. Beck, München 2008, ISBN 3-406-48005-5
  • Jürgen von Beckerath: Handbuch der Ägyptischen Königsnamen. Deutscher Kunstverlag, Berlin, ISBN 3422008322
  • Jürgen von Beckerath: Chronologie des pharaonischen Ägypten. von Zabern, Mainz 1997, ISBN 3805323107
  • William Gillian Waddell: Manetho (The Loeb classical Library 350). Harvard University Press, Cambridge (Mass.) 2004 (Reprint), ISBN 0-674-99385-3
  • Toby A. H. Wilkinson: Early Dynastic Egypt. Routledge, London 1998, ISBN 0415260116
Commons: Semerchet – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. a b c Regierungsdauer: 18 Jahre.
  2. Mit „Jubiläumsgefäßen“ oder „-vasen“ sind solche gemeint, auf denen das Sedfest als Ideogramm dargestellt ist
  3. Die Regierungsjahre wurden auf dem Palermostein noch nach Kalenderjahren aufgeführt. Das Krönungsjahr fiel daher immer in das Jahr des letzten Königs. Das erste offizielle Regierungsjahr begann mit dem dann am 1. Achet I beginnenden Neujahr direkt nach Heriu-renpet.

Einzelnachweise

  1. a b c d N. Grimal: A history of Ancient Egypt. S. 53 - 54
  2. a b c d e f g h i j Hermann Schlögl: Das alte Ägypten. S. 71-72.
  3. a b c d e f g I. E. S. Edwards: The Cambridge ancient history. S. 28-29.
  4. a b c d e f Toby A. H. Wilkinson: Early Dynastic Egypt. S. 79-81.
  5. Alan H. Gardiner: The royal canon of Turin. Bildtafel 1.
  6. Rainer Hannig: Grosses Handwörterbuch ägyptisch-deutsch (2800-950 v. Chr.). S.768.
  7. J. U. Gumpach, K. R. Lepsius, Th. H. Martin: Zwei chronologische Abhandlungen: "Ueber den Apiskreis" von Prof. R. Lepsius. S.20.
  8. Jürgen von Beckerath: Chronologie des pharaonischen Ägypten. S. 26, 39, 166-169, 173, 176, 178, 187 (unter Semempses).
  9. Pierre Lacau, Jean-Philippe Lauer: La Pyramide a Degrees IV. Band. Abb.37
  10. Vergl. Königsliste von Abydos, Kartusche Nr.7
  11. Josep Cervelló-Autuori: Narmer, Meni and the seals of Abydos. In: Zahi A. Hawass, Lyla Pinch Brock: Egyptology at the Dawn of the Twenty-first Century: History & religion. S. 171.
  12. a b Wolfgang Helck: Geschichte des alten Ägypten. S.34., mit Verweis auf Grdseloff in: ASAE Nr. 44. S.284ff.
  13. I. E. S. Edwards: The Cambridge ancient history. S.36.
  14. Michael Rice: Who's who in ancient Egypt. S. 179.
  15. Walter Bryan Emery: Ägypten, Geschichte und Kultur der Frühzeit, 3200-2800 v. Chr. S. 94-95.
  16. Wolfgang Helck: Untersuchungen zur Thinitenzeit. S. 101-102, 116-117, 124, 162, 193.
  17. a b Michael Rice: Egypt's making. S.127.
  18. a b Toby A. H. Wilkinson: Early Dynastic Egypt. S. 79.
  19. David O´Connor: The ownership of elite-tombs at Saqqara in the Ist dynasty. In: Zahi A. Hawass u.a.: Studies in honor of Ali Radwan, Band 2. S.223 - 230; Walter Bryan Emery: Ägypten, Geschichte und Kultur der Frühzeit, 3200-2800 v. Chr. S. 95.
  20. Toby A. H. Wilkinson: Early Dynastic Egypt. S. 80 mit zusätzlichem Verweis auf Günter Dreyer: Umm el-Qaab I. S. 85-87.
  21. Eva Maria Engel: The domain of Semerkhet. In: Stan Hendrickx, Barbara Adams: Egypt at its origins. S.705.
  22. Toby A. H. Wilkinson: Early Dynastic Egypt. S. 124.
  23. Mursi Saad El Din, Ayman Taher, Luciano Romano: Sinai: the site & the history. S. 30.
  24. W. B. Emery: Walter Bryan Emery: Ägypten, Geschichte und Kultur der Frühzeit, 3200-2800 v. Chr. S. 19.
  25. William Gillian Waddell: Manetho (The Loeb classical Library 350). S.65 - 69.
  26. a b Walter Bryan Emery: Ägypten, Geschichte und Kultur der Frühzeit, 3200-2800 v. Chr. S. 95ff.
  27. Toby A. H. Wilkinson: Early Dynastic Egypt. S. 237.
  28. Ian Shaw: The Oxford history of ancient Egypt. S.69.
  29. Dreyer, A. Effland, U. Effland, Engel, Hartmann, Hartung, Lacher, Müller, Pokorny: Excavations in the tomb of Semerkhet. In: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Institut Kairo 62. von Zabern, Mainz 2006, S.95 - 96.


VorgängerAmtNachfolger
AnedjibKönig von Ägypten
1. Dynastie
Qaa