„Steuerabwehr“ – Versionsunterschied

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'''Steuerabwehr''' (oder ''Steuerwiderstand'') ist in der [[Finanzwissenschaft]] und in der [[Steuerlehre]] ein [[Verhalten (Psychologie)|Verhalten]] der [[Steuersubjekt]]e, sich einer ihnen auferlegten [[Steuerart]] wirksam ganz oder teilweise zu entziehen.
Als '''Steuerwiderstand''' bezeichnet man die psychologische Reaktionen, die die Besteuerung beim Steuerpflichtigen hervorruft. Steuerwiderstände ergeben sich aus der steuerlichen Abschöpfung durch den Staat. Der Begriff Steuerwiderstand stammt aus der [[Öffentliche Finanzen |öffentlichen Finanzwirtschaft]] und [[Steuerpsychologie]]. Für die Ausprägung des Steuerwiderstands sind sowohl die [[Steuermentalität]] als auch die Steuermoral im jeweiligen Land sowie das subjektive Belastungsgefühl des Einzelnen ausschlaggebend. Gerade in [[Steuerstaat]]en, die ihre Aufgaben vor allem über Steuern finanzieren, spielen mögliche Steuerwiderstände bei der Gestaltung des [[Steuersystem (Steuerrecht) |Steuersystems]] eine wichtige Rolle.


== Allgemeines ==
Steuerwiderstand kann zur '''Steuerabwehr''' führen, d.&nbsp;h. zu Bemühungen, Steuern zu vermeiden oder die Steuerlast zu verringern. Der Steuerpflichtige kann eine Steuer auf legalen oder illegalen Wegen abzuwehren versuchen. Legale Wege machen Gebrauch von Gestaltungsmöglichkeiten, dazu zählen Steuerausweichung (indem etwa Produkteigenschaften, die [[Steuerbemessungsgrundlage]] sind, angepasst werden), Steuereinholung (etwa Kostensenkungen an anderer Stelle) oder [[Steuerüberwälzung]]. Zu den illegalen Wegen zählen [[Steuerdelikt]]e wie die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung.<ref>{{Internetquelle |autor=Norbert Dautzenberg |titel=Steuerabwehr |werk=Gabler Wirtschaftslexikon Online |datum=2018-02-15 |url=https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/steuerabwehr-41943/version-265299 |abruf=2020-10-03}}</ref>
In der Finanzwissenschaft und in der [[Betriebswirtschaftliche Steuerlehre|Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre]] wird unter [[Besteuerung]] jeder zwangsweise Entzug von [[Geld]] durch den [[Staat]] verstanden, für den keine spezielle staatliche [[Gegenleistung]] erfolgt.<ref>[https://www.google.de/books/edition/Empirische_Betriebswirtschaftslehre/OhnNBgAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Adolf+Lampe+einholung&pg=PA13&printsec=frontcover Leopold L. Illetschko, ''Empirische Betriebswirtschaftslehre'', 1963, S. 11]</ref> Der zwangsweise Entzug von [[Liquide Mittel|liquiden Mitteln]] wird [[Rationalität|rational]] [[handeln]]de [[Wirtschaftssubjekt]]e ([[Privathaushalt]]e, [[Unternehmen]]) dazu veranlassen, die [[liquidität]]s- und [[einkommen]]smindernde Auswirkung der Besteuerung möglichst gering zu halten oder zu vermeiden. Die auf eine Verringerung oder Vermeidung abzielenden Maßnahmen werden in der [[Fachliteratur]] als Steuerabwehr bezeichnet.<ref>[[Fritz Karl Mann]], ''Grundformen der Steuerabwehr'', in: [[Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik]] 3 (65), 1923, S. 497–523</ref>


Die [[Steuerpflicht]] wirkt auf sämtliche Wirtschaftssubjekte [[Kontraktive Geldpolitik|kontraktiv]], weil ihnen in Höhe der [[Steuerzahler|Steuerzahlung]] weniger [[Einkommen]] bzw. [[Gewinn]] zur Verfügung steht und sie deshalb weniger [[Konsum]] bzw. [[Investition]]en vornehmen können ([[Zwangssparen]]). Zudem erhalten sie keine besondere Gegenleistung, und die Verwendung der [[Steuereinnahme]]n durch Staat und Politik weckt nicht selten Unmut.<ref>[https://www.google.de/books/edition/Betriebswirtschaftliche_Steuerlehre/36JsDwAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Betriebswirtschaftliche+Steuerlehre&printsec=frontcover Eberhard Schult, ''Betriebswirtschaftliche Steuerlehre'', 2002, S. 1]</ref> Für Steuerpflichtige gibt es also genügend rationale und irrationale Gründe, sich der Besteuerung zu entziehen.
Empirische Studien haben ergeben, dass als Grundregel folgendes gilt: „Je höher der Steuerwiderstand, desto eher versucht der Steuerpflichtige, der Steuer auszuweichen, sie zu umgehen oder auf die finanzpolitische Willensbildung Einfluss zu nehmen (Steuerabwehr).“<ref>{{Internetquelle |autor=Norbert Dautzenberg, Wolfgang Eggert, Steffen Minter |titel=Steuerwiderstand |werk=Gabler Wirtschaftslexikon Online |datum=2018-02-19 |url=https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/steuerwiderstand-45451/version-268743 |abruf=2020-10-03}}</ref>
== Arten ==
Die Steuerabwehr besteht aus folgenden Arten:<ref>[https://www.google.de/books/edition/Gabler_Kompakt_Lexikon_Volkswirtschaftsl/kFMgBAAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Steuervermeidung+lexikon&pg=PA418&printsec=frontcover Dirk Piekenbrock, ''Gabler Kompakt-Lexikon Volkswirtschaftslehre'', 2009, S. 418]</ref>


{| class="wikitable" style="padding:1em; vertical-align:top; border:2px;"
{{Zitat|Die Kunst der Besteuerung besteht ganz einfach darin, die Gans so zu rupfen, daß man möglichst viel Federn bei möglichst wenig Geschrei erhält.|[[Jean Baptiste Colbert]], Finanzminister unter Ludwig XIV}}
|-
! [[Legalität|legale]] Arten
! [[Illegalität|illegale]] Arten
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| [[#Steuereinholung|Steuereinholung]] <br /> [[Steuerüberwälzung]] <br /> [[Steuervermeidung]] <br /> [[Steuerflucht]] || [[Steuerhinterziehung (Deutschland)|Steuerhinterziehung]] <br /> [[#Steuerumgehung|Steuerumgehung]] <br /> [[Steuerflucht]]
|}


[[Steuerflucht]] kann sowohl legal als auch illegal sein.
Eine aus Steuerwiderstand resultierende Steuerabwehr ist eine Erklärung für die hypothetische Entwicklung des Steueraufkommens in Abhängigkeit vom Steuersatz in Form eines umgekehrten „U“ ([[Laffer-Kurve]]): Erhöht der Staat die Steuersätze, führt dies zu mehr Steuereinnahmen. Allerdings steigt der Steuerwiderstand mit dem Steuersatz. Mit zunehmendem Steuersatz steigen die Steuereinnahmen immer langsamer. Ab einem bestimmten Punkt sind der Steuerwiderstand und die daraus resultierenden Ausweichreaktionen so stark, dass die Steuereinnahmen bei weiter steigenden Steuersätzen sinken.


== Literatur ==
=== Steuereinholung ===
Um ''Steuereinholung'' handelt es sich, wenn ein [[Steuerpflichtiger]] die [[Steuerlast]] durch eine höhere [[Leistung (Rechnungswesen)|Leistung]] (Steigerung der [[Umsatzerlös]]e, [[Arbeitsintensität]], [[Arbeitsproduktivität]] oder [[Kostensenkung]], [[Rationalisierung (Ökonomie)|Rationalisierung]]) wieder ausgleicht.<ref>Verlag Dr. Th. Gabler (Hrsg.), ''Gabler Wirtschafts-Lexikon'', Band 5, 1983, Sp. 1414; ISBN 3-409303839</ref> Er strebt an, einen Ausgleich (''Einholung'') „des Verlustes aus der Steuerzahlung“ zu erzielen.<ref>[[Adolf Lampe]], ''Steuerwirkungslehre'', in: Ludwig Elster (Hrsg.), ''Wörterbuch der Volkswirtschaft'', Band III, 1933, S. 533</ref> Eine echte Steuereinholung setzt voraus, dass der neue [[Gewinn nach Steuern]] <math>NG_n</math> dem alten [[Gewinn vor Steuern]] <math>AG_v</math> entspricht:<ref>[https://www.google.de/books/edition/Deutsche_Finanzwissenschaft_zwischen_191/s1OqEAAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Steuereinholung&pg=PT99&printsec=frontcover Heinz Rieter (Hrsg.), ''Deutsche Finanzwissenschaft zwischen 1918 und 1939'', 1994, S. 99]</ref>
* Karl Georg Holtgrewe ''Das Verhalten des Steuerpflichtigen im Lichte der modernen Psychologie ''
:<math>NG_n = AG_v</math>,
* [[Günter Schmölders]] ''Das Irrationale in der öffentlichen Finanzwirtschaft. Probleme der Finanzpsychologie'', Hamburg 1960
was eine Kostensenkung oder Steigerung der Produktivität voraussetzt.


Privathaushalte können versuchen, die Steuerlast durch [[Mehrarbeit]] zu kompensieren (die aber unter Umständen zur [[Steuerprogression]] führen kann).<ref>[https://www.google.de/books/edition/Finanzwissenschaft/IhNYCoSxwEAC?hl=de&gbpv=1&dq=Steuereinholung&pg=PA299&printsec=frontcover Horst Zimmermann/Klaus-Dirk Henke/Michael Broer, ''Finanzwissenschaft'', 2012, S. 295]</ref>
== Weblinks ==

* [https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/steuerwiderstand-45451 ''Steuerwiderstand.''] In: ''Gabler Wirtschaftslexikon.''
=== Steuerüberwälzung ===
{{Hauptartikel|Steuerüberwälzung}}
Eine ''Steuerüberwälzung'' liegt vor, wenn die Steuerlast vom [[Steuerschuldner]] auf den [[Steuerdestinatar]] oder [[Steuerträger]] übertragen wird. [[Indirekte Steuern]] sind vom Gesetz darauf angelegt<ref>{{Rspr|BVerfGE 31, 8}}, 20</ref>, dass der rechtlich [[Zahlungspflichtiger|Zahlungspflichtige]] die [[Steuer]] wirtschaftlich nicht tragen, sondern sie in der [[Preiskalkulation]] berücksichtigen soll und damit die Steuerlast wirtschaftlich auf den [[Verbraucher]] abwälzt. Dazu gehören die [[Umsatzsteuer]] und alle [[Verbrauchsteuer (Deutschland)|Verbrauchsteuern]]. Die [[Rechtsprechung]] versteht die Überwälzbarkeit als Wesensmerkmal aller Verbrauchsteuern.<ref>{{Rspr|BVerfGE 14, 76}}, 96</ref><ref>[https://books.google.de/books?id=rlR4DwAAQBAJ&pg=PA15&dq=%C3%BCberw%C3%A4lzung&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwifjuHe4OPhAhVNb1AKHYIMD1AQ6AEITTAH#v=onepage&q=%C3%BCberw%C3%A4lzung&f=false Sarah A. König, ''Typusprägende Merkmale der Verbrauch- und Aufwandsteuern'', 2016, S. 19]</ref> Doch auch bei [[direkte Steuer|direkten Steuern]] kann eine Überwälzung gelingen, wenn eine vollkommen unelastische [[Nachfrageelastizität]] (die [[Güternachfrage]] ist vom [[Marktpreis]] unabhängig) vorhanden ist.<ref>[https://www.google.de/books/edition/Volkswirtschaftslehre/VY9dDwAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Steuer%C3%BCberw%C3%A4lzung+unelastische+Nachfrageelastizit%C3%A4t&pg=PA71&printsec=frontcover Alfred Kyrer/Walter Penker, ''Volkswirtschaftslehre: Grundzüge der Wirtschaftstheorie und -politik'', 2000, S. 71]</ref>

=== Steuervermeidung ===
{{Hauptartikel|Steuervermeidung}}
''Steuervermeidung'' (oder ''Steuerausweichung'')<ref>[https://www.google.de/books/edition/Lexikon_der_Volkswirtschaft/NC4Bd2C-MJcC?hl=de&gbpv=1&dq=Steuervermeidung+lexikon&pg=PA656&printsec=frontcover Michael Hohlstein, ''Lexikon der Volkswirtschaft'', 2009, S. 647]</ref> sind alle Maßnahmen eines [[Steuerschuldner]]s, eine ihn treffende Steuererhöhung durch sachliche, zeitliche oder räumliche [[Anpassung (Betriebswirtschaftslehre)|Anpassung]] oder [[Unterlassen (Deutschland)|Unterlassung]] zu vermeiden. Steuerausweichung besteht darin, dass Wirtschaftssubjekte Maßnahmen ergreifen, um durch legale [[Vertragsgestaltung]] oder [[Entscheidung]]en eine günstigere oder keine Steuerlast zu erreichen.
* Unternehmen passen ihre [[Produkt (Wirtschaft)|Produkte]] der [[Steuerbemessungsgrundlage]] an (Getränkehersteller produzieren [[Biermischgetränk]]e als [[Substitutionsgut]] für [[Bier]] mit höherer [[Alkoholsteuer]], wählen eine andere [[Rechtsform]] oder einen anderen [[Standort]] (unterschiedlicher [[Gewerbesteuerhebesatz]] der Gemeinden; [[Steueroase]]n in [[Niedrigsteuerland|Niedrigsteuerländern]]).
* Privathaushalte vermeiden Steuerlasten durch ihr [[Konsumverhalten]] (Kauf von [[Kraftfahrzeug]]en mit geringerem [[Hubraum]] wegen der [[Kraftfahrzeugsteuer (Deutschland)|Kraftfahrzeugsteuer]]) oder bei (hohen) Verbrauchsteuern und verlagern ihren Konsum auf preiswertere Substitutionsgüter ([[Dieselkraftstoff]]/[[Benziner]], [[Kaffee]]/[[Kaffeeersatz]], [[Zigarette]]/[[E-Zigarette]]).
Bei der sachlichen Steuerausweichung werden [[Steuerobjekt]]e durch nicht besteuerte [[Wirtschaftsobjekt]]e ersetzt ([[Bier]] durch [[alkoholfreies Bier]]) oder hoch- durch niedrig besteuerte substituiert (Benzin durch Diesel). Zeitlich wird ausgewichen, wenn bei Ankündigung einer Steuererhöhung vorher [[Hamsterkauf|Hamsterkäufe]] getätigt werden. Zur räumlichen Steuerausweichung kommt es, wenn unterschiedliche [[Steuersatz (Steuerrecht)|Steuersätze]] gelten ([[Steuerwettbewerb]]) und die günstigeren gewählt werden (Steueroasen).<ref>[https://www.google.de/books/edition/Volkswirtschaftslehre_Schnell_erfasst/w3AkBAAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Steuereinholung&pg=PA182&printsec=frontcover Herbert Edling, ''Volkswirtschaftslehre'', 2010, S. 181]</ref>

=== Steuerumgehung ===
''Steuerumgehung'' ist der [[Missbrauch]] von [[Form (Recht)|Formen]] und Gestaltungsmöglichkeiten des Steuerrechts zur Umgehung oder Minderung öffentlicher Abgaben.<ref>[https://www.google.de/books/edition/Kompakt_Lexikon_Steuerlehre_und_Wirtscha/d0ElBAAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Steuerumgehung+lexikon&pg=PA415&printsec=frontcover Springer Fachmedien Wiesbaden (Hrsg.), ''Kompakt-Lexikon Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung'', 2013, S. 415]</ref> Der Steuerpflichtige darf im Rahmen der [[Vertragsfreiheit]] und des [[Gestaltungsspielraum]]s die rechtlich für ihn günstigste Form wählen. Enthält im [[Einzelfall]] das anzuwendende [[Steuergesetz]] eine Regelung, welche auf die Verhinderung einer Steuerumgehung abzielt, und erfüllt der [[Sachverhalt]] diesen [[Tatbestand]], so richtet sich die [[Rechtsfolge]] nach dieser Norm ({{§|41|ao_1977|juris}} Abs. 1 Satz 2 [[Abgabenordnung|AO]]). Ein Missbrauch liegt nach § 41 Abs. 2 AO vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen [[Steuervorteil]] führt. Dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind. Nur in Grenzfällen kann eine Steuerumgehung als Steuerhinterziehung strafbar sein oder als [[Ordnungswidrigkeit]] mit [[Geldbuße]] geahndet werden.

=== Steuerflucht ===
{{Hauptartikel|Steuerflucht}}
''Steuerflucht'' nutzt die internationalen Steuergefälle ([[Hochsteuerland]], [[Niedrigsteuerland]]) und die daraus resultierenden [[Steueroase]]n aus, um durch Verlagerung von [[Geschäftssitz]], [[Wohnsitz (Deutschland)|Wohnsitz]] oder [[Aufenthaltsort]] in andere Staaten die Steuerlast zu senken.<ref>Springer Fachmedien Wiesbaden (Hrsg.), ''Kompakt-Lexikon Internationale Wirtschaft'', 2013, S. 340</ref> Steuerflucht setzt [[Arbeitsmobilität]] und/oder [[Kapitalmobilität]] voraus und ist oft mit einer [[Kapitalflucht]] verbunden. Sie ist illegal und als Steuerhinterziehung strafbar, wenn beispielsweise ein Steuerpflichtiger mit Wohnsitz in Deutschland eine [[Kapitalanlage]] im [[Ausland]] tätigt und den erzielten [[Kapitalertrag]] und den [[Vermögenswert]] dem [[Finanzamt]] verschweigt.<ref>[https://www.google.de/books/edition/%C3%96ffentliche_Finanzen_in_der_Demokratie/VjLq84xNpfMC?hl=de&gbpv=1&dq=Steuerflucht+illegal&pg=PA245&printsec=frontcover Charles B. Blankart, ''Öffentliche Finanzen in der Demokratie'', 2012, S. 245]</ref> Dadurch verletzt er das [[Wohnsitzlandprinzip]].

=== Steuerhinterziehung ===
{{Hauptartikel|Steuerhinterziehung (Deutschland)}}
Die ''Steuerhinterziehung'' ist ein [[Straftatbestand]] des {{§|370|ao_1977|juris}} AO. Der Tatbestand ist bereits erfüllt, wenn der Wohnsitz nur scheinbar aufgegeben wird wie im Fall des [[Boris Becker#Steuerhinterziehung|Boris Becker]].<ref>[[Landgericht München I]], Urteil vom Oktober 2002, Az.: 303 Js 44173/01</ref> Er hatte gegen die „183-Tage-Regel“ verstoßen, wonach er sich weniger als 183 Tage in [[Deutschland]] aufhalten muss, um nach {{§|9|ao_1977|juris}} AO einen [[Gewöhnlicher Aufenthalt|gewöhnlichen Aufenthalt]] im Ausland nachweisen zu können.

== Wirtschaftliche Aspekte ==
Bereits 1728 ging der Steuerpessimist [[Jonathan Swift]] davon aus, dass zu hohe [[Zoll (Abgabe)|Zölle]] die inländische [[Güternachfrage]] beeinträchtigen würden.<ref>Jonathan Swift, ''An Answer to a Paper called ‚A Memorial of the poor Inhabitants, Tradesmen, and Labourers of the Kingdom of Ireland‘'', in: The Works of Dr. Jonathan Swift, März 1728, 1765, S. 240</ref> Danach führe eine Verdopplung der Zölle auf Wein und Seide zu Mindereinnahmen, weil sich die [[Nachfrage]]r die Waren nicht mehr leisten könnten. [[David Hume]] wies 1752 darauf hin, dass zusätzliche Steuern zumindest bei den [[Armut|Ärmeren]] zu gesteigertem [[Arbeitseinsatz]] (Steuereinholung) führten, damit sie wie zuvor leben könnten.<ref>David Hume, ''Political Discourses'', 1752, S. 115 f.</ref> [[Adam Smith]] gelangte im März 1776 zu dem Ergebnis, dass hohe [[Abgabe]]n den Verbrauch der besteuerten Waren mindern und „den [[Schmuggel]] mitunter ermutigen“.<ref>Adam Smith, ''[[Der Wohlstand der Nationen]]'', 1776, S. 759</ref>

Den Zusammenhang zwischen der Steuerlast und den Ausweichreaktionen der Steuerpflichtigen stellt die 1978 veröffentlichte [[Laffer-Kurve]] her.<ref>Jude Wanninski, ''Taxes, Revenues, and the ‚Laffer-Curve‘'', in: National Affairs, 1978, S. 1 ff.</ref> Danach führen höhere Steuersätze nicht nur zu höheren Steuerlasten, sondern sie verändern das [[Steueraufkommen]]. Die Ausweichreaktionen beschränken sich dabei nicht allein auf weniger Güternachfrage und weniger [[Arbeitsangebot]], sie fördern die Steuerflucht ins Ausland oder in die [[Schattenwirtschaft]].<ref>[https://www.google.de/books/edition/Grundz%C3%BCge_der_Finanzwissenschaft/hJYfBAAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Steuerlast+Ausweichreaktionen+laffer&pg=PA163&printsec=frontcover Berthold U. Wigger, ''Grundzüge der Finanzwissenschaft'', 2006, S. 163]</ref> So können [[Lohnsteuer]]n durch [[Schwarzarbeit]] umgangen werden, [[Tabaksteuer]]n durch den Konsum von Schmuggelwaren oder [[Unternehmensbesteuerung]] durch die Verlagerung des Geschäftssitzes ins Ausland. Die Laffer-Kurve geht davon aus, dass die Steuereinnahmen mit steigendem Steuersatz zuerst ansteigen und hinter dem [[Scheitelpunkt]] – wegen Steuerabwehr – wieder abflachen. Am (empirisch unbekannten) höchsten Punkt besitzt die Laffer-Kurve ein [[Extremwert|Maximum]], das aus staatlicher Sicht ein anzustrebendes Einnahmemaximum anzeigt.<ref>[https://www.google.de/books/edition/Rechnungswesen_f%C3%BCr_Schule_und_Ausbildun/SRGBv6Ott9AC?hl=de&gbpv=1&dq=Laffer-Kurve&pg=PA266&printsec=frontcover Heinz J. Aubeck, ''Rechnungswesen für Schule und Ausbildung'', 2003, S. 266]</ref>

Wo der optimale [[Steuersatz (Steuerrecht)|Steuersatz]] liegt, kann nicht bestimmt werden; sicher ist nur, dass es bei einem Steuersatz von 0 % und 100 % keine Steuereinnahmen gibt.<ref>Gustav Dieckheuer, ''Makroökonomik'', 1998, S. 57 FN 24; ISBN 978-3540005643</ref>

Ausgangspunkt der Steuerwirkungslehre ist der [[Jean-Baptiste Colbert]] (Finanzminister unter [[Ludwig XIV.]]) nachgesagte [[Aphorismus]]: „Die Kunst der Besteuerung besteht ganz einfach darin, die Gans so zu rupfen, dass man möglichst viel Federn bei möglichst wenig Geschrei erhält“.<ref>[https://www.google.de/books/edition/Die_besten_Zitate_aus_Wirtschaft_und_Man/pD0uBQAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=%22die+Kunst+der+Besteuerung+besteht+ganz+einfach+darin%22+colbert&pg=PT36&printsec=frontcover Michael Brückner, ''Die besten Zitate aus Wirtschaft und Management'', 2009, S. 36]</ref> Die Steuereinnahmen können demnach solange gesteigert werden, bis Unmut in der Bevölkerung aufkommt. Die Steuerwirkungslehre untersucht [[Günter Wöhe]] zufolge die Wirkungen der Besteuerung auf die [[Unternehmensdaten]].<ref>Günter Wöhe/Hartmut Bieg, ''Grundzüge der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre'', 1995, S. 1; ISBN 978-3800619276</ref> Ein [[Entscheidungsträger]] muss nur dann keine Ausweichhandlungen im Sinne der Steuerabwehr planen, wenn sich das Steuerrecht entscheidungsneutral verhalten würde, was weltweit nicht der Fall ist.

Für die Ausprägung des Steuerwiderstands sind sowohl die [[Steuermentalität]] als auch die [[Steuermoral]] im jeweiligen Staat sowie das subjektive Belastungsgefühl des Einzelnen ausschlaggebend. Gerade in [[Steuerstaat]]en, die ihre Aufgaben vor allem über Steuern finanzieren, spielen mögliche Steuerwiderstände bei der Gestaltung des [[Steuersystem (Steuerrecht)|Steuersystems]] eine wichtige Rolle.<ref>Duncker & Humbolt (Hrsg.), ''Schriften zur Verfassungsgeschichte'', Ausgaben 16 – 18, 1972, S. 28</ref>
== Literatur ==
* Karl Georg Holtgrewe, ''Das Verhalten des Steuerpflichtigen im Lichte der modernen Psychologie'', 1954
* [[Günter Schmölders]], ''Das Irrationale in der öffentlichen Finanzwirtschaft. Probleme der Finanzpsychologie'', 1960.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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[[Kategorie:Finanzwissenschaft]]
[[Kategorie:Steuern und Abgaben]]
[[Kategorie:Steuerrecht]]
[[Kategorie:Steuerrecht]]
[[Kategorie:Sozialpsychologie]]
[[Kategorie:Sozialpsychologie]]

Version vom 13. Juni 2023, 11:46 Uhr

Steuerabwehr (oder Steuerwiderstand) ist in der Finanzwissenschaft und in der Steuerlehre ein Verhalten der Steuersubjekte, sich einer ihnen auferlegten Steuerart wirksam ganz oder teilweise zu entziehen.

Allgemeines

In der Finanzwissenschaft und in der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre wird unter Besteuerung jeder zwangsweise Entzug von Geld durch den Staat verstanden, für den keine spezielle staatliche Gegenleistung erfolgt.[1] Der zwangsweise Entzug von liquiden Mitteln wird rational handelnde Wirtschaftssubjekte (Privathaushalte, Unternehmen) dazu veranlassen, die liquiditäts- und einkommensmindernde Auswirkung der Besteuerung möglichst gering zu halten oder zu vermeiden. Die auf eine Verringerung oder Vermeidung abzielenden Maßnahmen werden in der Fachliteratur als Steuerabwehr bezeichnet.[2]

Die Steuerpflicht wirkt auf sämtliche Wirtschaftssubjekte kontraktiv, weil ihnen in Höhe der Steuerzahlung weniger Einkommen bzw. Gewinn zur Verfügung steht und sie deshalb weniger Konsum bzw. Investitionen vornehmen können (Zwangssparen). Zudem erhalten sie keine besondere Gegenleistung, und die Verwendung der Steuereinnahmen durch Staat und Politik weckt nicht selten Unmut.[3] Für Steuerpflichtige gibt es also genügend rationale und irrationale Gründe, sich der Besteuerung zu entziehen.

Arten

Die Steuerabwehr besteht aus folgenden Arten:[4]

legale Arten illegale Arten
Steuereinholung
Steuerüberwälzung
Steuervermeidung
Steuerflucht
Steuerhinterziehung
Steuerumgehung
Steuerflucht

Steuerflucht kann sowohl legal als auch illegal sein.

Steuereinholung

Um Steuereinholung handelt es sich, wenn ein Steuerpflichtiger die Steuerlast durch eine höhere Leistung (Steigerung der Umsatzerlöse, Arbeitsintensität, Arbeitsproduktivität oder Kostensenkung, Rationalisierung) wieder ausgleicht.[5] Er strebt an, einen Ausgleich (Einholung) „des Verlustes aus der Steuerzahlung“ zu erzielen.[6] Eine echte Steuereinholung setzt voraus, dass der neue Gewinn nach Steuern dem alten Gewinn vor Steuern entspricht:[7]

,

was eine Kostensenkung oder Steigerung der Produktivität voraussetzt.

Privathaushalte können versuchen, die Steuerlast durch Mehrarbeit zu kompensieren (die aber unter Umständen zur Steuerprogression führen kann).[8]

Steuerüberwälzung

Eine Steuerüberwälzung liegt vor, wenn die Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerdestinatar oder Steuerträger übertragen wird. Indirekte Steuern sind vom Gesetz darauf angelegt[9], dass der rechtlich Zahlungspflichtige die Steuer wirtschaftlich nicht tragen, sondern sie in der Preiskalkulation berücksichtigen soll und damit die Steuerlast wirtschaftlich auf den Verbraucher abwälzt. Dazu gehören die Umsatzsteuer und alle Verbrauchsteuern. Die Rechtsprechung versteht die Überwälzbarkeit als Wesensmerkmal aller Verbrauchsteuern.[10][11] Doch auch bei direkten Steuern kann eine Überwälzung gelingen, wenn eine vollkommen unelastische Nachfrageelastizität (die Güternachfrage ist vom Marktpreis unabhängig) vorhanden ist.[12]

Steuervermeidung

Steuervermeidung (oder Steuerausweichung)[13] sind alle Maßnahmen eines Steuerschuldners, eine ihn treffende Steuererhöhung durch sachliche, zeitliche oder räumliche Anpassung oder Unterlassung zu vermeiden. Steuerausweichung besteht darin, dass Wirtschaftssubjekte Maßnahmen ergreifen, um durch legale Vertragsgestaltung oder Entscheidungen eine günstigere oder keine Steuerlast zu erreichen.

Bei der sachlichen Steuerausweichung werden Steuerobjekte durch nicht besteuerte Wirtschaftsobjekte ersetzt (Bier durch alkoholfreies Bier) oder hoch- durch niedrig besteuerte substituiert (Benzin durch Diesel). Zeitlich wird ausgewichen, wenn bei Ankündigung einer Steuererhöhung vorher Hamsterkäufe getätigt werden. Zur räumlichen Steuerausweichung kommt es, wenn unterschiedliche Steuersätze gelten (Steuerwettbewerb) und die günstigeren gewählt werden (Steueroasen).[14]

Steuerumgehung

Steuerumgehung ist der Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des Steuerrechts zur Umgehung oder Minderung öffentlicher Abgaben.[15] Der Steuerpflichtige darf im Rahmen der Vertragsfreiheit und des Gestaltungsspielraums die rechtlich für ihn günstigste Form wählen. Enthält im Einzelfall das anzuwendende Steuergesetz eine Regelung, welche auf die Verhinderung einer Steuerumgehung abzielt, und erfüllt der Sachverhalt diesen Tatbestand, so richtet sich die Rechtsfolge nach dieser Norm (§ 41 Abs. 1 Satz 2 AO). Ein Missbrauch liegt nach § 41 Abs. 2 AO vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind. Nur in Grenzfällen kann eine Steuerumgehung als Steuerhinterziehung strafbar sein oder als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße geahndet werden.

Steuerflucht

Steuerflucht nutzt die internationalen Steuergefälle (Hochsteuerland, Niedrigsteuerland) und die daraus resultierenden Steueroasen aus, um durch Verlagerung von Geschäftssitz, Wohnsitz oder Aufenthaltsort in andere Staaten die Steuerlast zu senken.[16] Steuerflucht setzt Arbeitsmobilität und/oder Kapitalmobilität voraus und ist oft mit einer Kapitalflucht verbunden. Sie ist illegal und als Steuerhinterziehung strafbar, wenn beispielsweise ein Steuerpflichtiger mit Wohnsitz in Deutschland eine Kapitalanlage im Ausland tätigt und den erzielten Kapitalertrag und den Vermögenswert dem Finanzamt verschweigt.[17] Dadurch verletzt er das Wohnsitzlandprinzip.

Steuerhinterziehung

Die Steuerhinterziehung ist ein Straftatbestand des § 370 AO. Der Tatbestand ist bereits erfüllt, wenn der Wohnsitz nur scheinbar aufgegeben wird wie im Fall des Boris Becker.[18] Er hatte gegen die „183-Tage-Regel“ verstoßen, wonach er sich weniger als 183 Tage in Deutschland aufhalten muss, um nach § 9 AO einen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland nachweisen zu können.

Wirtschaftliche Aspekte

Bereits 1728 ging der Steuerpessimist Jonathan Swift davon aus, dass zu hohe Zölle die inländische Güternachfrage beeinträchtigen würden.[19] Danach führe eine Verdopplung der Zölle auf Wein und Seide zu Mindereinnahmen, weil sich die Nachfrager die Waren nicht mehr leisten könnten. David Hume wies 1752 darauf hin, dass zusätzliche Steuern zumindest bei den Ärmeren zu gesteigertem Arbeitseinsatz (Steuereinholung) führten, damit sie wie zuvor leben könnten.[20] Adam Smith gelangte im März 1776 zu dem Ergebnis, dass hohe Abgaben den Verbrauch der besteuerten Waren mindern und „den Schmuggel mitunter ermutigen“.[21]

Den Zusammenhang zwischen der Steuerlast und den Ausweichreaktionen der Steuerpflichtigen stellt die 1978 veröffentlichte Laffer-Kurve her.[22] Danach führen höhere Steuersätze nicht nur zu höheren Steuerlasten, sondern sie verändern das Steueraufkommen. Die Ausweichreaktionen beschränken sich dabei nicht allein auf weniger Güternachfrage und weniger Arbeitsangebot, sie fördern die Steuerflucht ins Ausland oder in die Schattenwirtschaft.[23] So können Lohnsteuern durch Schwarzarbeit umgangen werden, Tabaksteuern durch den Konsum von Schmuggelwaren oder Unternehmensbesteuerung durch die Verlagerung des Geschäftssitzes ins Ausland. Die Laffer-Kurve geht davon aus, dass die Steuereinnahmen mit steigendem Steuersatz zuerst ansteigen und hinter dem Scheitelpunkt – wegen Steuerabwehr – wieder abflachen. Am (empirisch unbekannten) höchsten Punkt besitzt die Laffer-Kurve ein Maximum, das aus staatlicher Sicht ein anzustrebendes Einnahmemaximum anzeigt.[24]

Wo der optimale Steuersatz liegt, kann nicht bestimmt werden; sicher ist nur, dass es bei einem Steuersatz von 0 % und 100 % keine Steuereinnahmen gibt.[25]

Ausgangspunkt der Steuerwirkungslehre ist der Jean-Baptiste Colbert (Finanzminister unter Ludwig XIV.) nachgesagte Aphorismus: „Die Kunst der Besteuerung besteht ganz einfach darin, die Gans so zu rupfen, dass man möglichst viel Federn bei möglichst wenig Geschrei erhält“.[26] Die Steuereinnahmen können demnach solange gesteigert werden, bis Unmut in der Bevölkerung aufkommt. Die Steuerwirkungslehre untersucht Günter Wöhe zufolge die Wirkungen der Besteuerung auf die Unternehmensdaten.[27] Ein Entscheidungsträger muss nur dann keine Ausweichhandlungen im Sinne der Steuerabwehr planen, wenn sich das Steuerrecht entscheidungsneutral verhalten würde, was weltweit nicht der Fall ist.

Für die Ausprägung des Steuerwiderstands sind sowohl die Steuermentalität als auch die Steuermoral im jeweiligen Staat sowie das subjektive Belastungsgefühl des Einzelnen ausschlaggebend. Gerade in Steuerstaaten, die ihre Aufgaben vor allem über Steuern finanzieren, spielen mögliche Steuerwiderstände bei der Gestaltung des Steuersystems eine wichtige Rolle.[28]

Literatur

  • Karl Georg Holtgrewe, Das Verhalten des Steuerpflichtigen im Lichte der modernen Psychologie, 1954
  • Günter Schmölders, Das Irrationale in der öffentlichen Finanzwirtschaft. Probleme der Finanzpsychologie, 1960.

Einzelnachweise

  1. Leopold L. Illetschko, Empirische Betriebswirtschaftslehre, 1963, S. 11
  2. Fritz Karl Mann, Grundformen der Steuerabwehr, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik 3 (65), 1923, S. 497–523
  3. Eberhard Schult, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 2002, S. 1
  4. Dirk Piekenbrock, Gabler Kompakt-Lexikon Volkswirtschaftslehre, 2009, S. 418
  5. Verlag Dr. Th. Gabler (Hrsg.), Gabler Wirtschafts-Lexikon, Band 5, 1983, Sp. 1414; ISBN 3-409303839
  6. Adolf Lampe, Steuerwirkungslehre, in: Ludwig Elster (Hrsg.), Wörterbuch der Volkswirtschaft, Band III, 1933, S. 533
  7. Heinz Rieter (Hrsg.), Deutsche Finanzwissenschaft zwischen 1918 und 1939, 1994, S. 99
  8. Horst Zimmermann/Klaus-Dirk Henke/Michael Broer, Finanzwissenschaft, 2012, S. 295
  9. BVerfGE 31, 8, 20
  10. BVerfGE 14, 76, 96
  11. Sarah A. König, Typusprägende Merkmale der Verbrauch- und Aufwandsteuern, 2016, S. 19
  12. Alfred Kyrer/Walter Penker, Volkswirtschaftslehre: Grundzüge der Wirtschaftstheorie und -politik, 2000, S. 71
  13. Michael Hohlstein, Lexikon der Volkswirtschaft, 2009, S. 647
  14. Herbert Edling, Volkswirtschaftslehre, 2010, S. 181
  15. Springer Fachmedien Wiesbaden (Hrsg.), Kompakt-Lexikon Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung, 2013, S. 415
  16. Springer Fachmedien Wiesbaden (Hrsg.), Kompakt-Lexikon Internationale Wirtschaft, 2013, S. 340
  17. Charles B. Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 2012, S. 245
  18. Landgericht München I, Urteil vom Oktober 2002, Az.: 303 Js 44173/01
  19. Jonathan Swift, An Answer to a Paper called ‚A Memorial of the poor Inhabitants, Tradesmen, and Labourers of the Kingdom of Ireland‘, in: The Works of Dr. Jonathan Swift, März 1728, 1765, S. 240
  20. David Hume, Political Discourses, 1752, S. 115 f.
  21. Adam Smith, Der Wohlstand der Nationen, 1776, S. 759
  22. Jude Wanninski, Taxes, Revenues, and the ‚Laffer-Curve‘, in: National Affairs, 1978, S. 1 ff.
  23. Berthold U. Wigger, Grundzüge der Finanzwissenschaft, 2006, S. 163
  24. Heinz J. Aubeck, Rechnungswesen für Schule und Ausbildung, 2003, S. 266
  25. Gustav Dieckheuer, Makroökonomik, 1998, S. 57 FN 24; ISBN 978-3540005643
  26. Michael Brückner, Die besten Zitate aus Wirtschaft und Management, 2009, S. 36
  27. Günter Wöhe/Hartmut Bieg, Grundzüge der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, 1995, S. 1; ISBN 978-3800619276
  28. Duncker & Humbolt (Hrsg.), Schriften zur Verfassungsgeschichte, Ausgaben 16 – 18, 1972, S. 28